Kalter Krieg und Russland, Flüchtlingskrise, US-Wahlkampf: Eigentlich ist es keine themenarme Zeit, die wir in den Medien verfolgen. Und dennoch ist Papst Franziskus und seine Reise nach Mexiko sehr prominent vertreten. Ich sage „dennoch“, denn vor genau einem Jahr, bei der Reise nach Ostasien, war das nicht der Fall. Das hat wenige medial bewegt, was war fast unsichtbar.
Mit der Voraussage, dass das Treffen in Kuba mit Patriarch Kyrill direkt vor Mexiko die Reise danach in den Schatten stellen wird, habe ich auch falsch gelegen. Zwar hat das eine ganze Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen, durchaus auch kritisch und mit Blick auf die Situation um Russland, Syrien, die Ukraine und Präsident Putins Verhältnis zu seiner Kirche, aber das hat nicht zum Abfall des Interesses danach geführt. Im Gegenteil. Ich lerne also mal wieder dazu.
Dabei liegt der mediale Schwerpunkt auf Dingen, die mich persönlich erstaunen. Papst kritisiert scharf – diese Floskel ist Journalisten wohl nicht mehr auszutreiben, wann darf jemand eigentlich mal kritisieren, ohne „scharf“? – Papst mahnt, Papst wird deutlich.
Papst Franziskus wird als gesellschaftliche und moralische Autorität wahrgenommen, der die Dinge anspricht, die in Gesellschaft und Moral nicht gut laufen. In Zeiten der europäischen Krise, wo außer der Kanzlerin kaum jemand in der Politik nach Prinzipien zu handeln scheint und viele auf die Ängste der Menschen mit Zäunen reagieren, wird der Papst als jemand gesehen, der sich nicht einschüchtern lässt.
Und wie in Sri Lanka oder auf den Philippinen im vergangenen Jahr, wie in Korea und in Jordanien und Israel, wie auf Kuba und in den USA gibt es in den gesuchten Gesellschaften viel, was angesprochen werden will. Wir haben von Gefängnisrevolten in Mexiko gelesen, besser muss man wohl sagen, dass dort rechtsfreie Räume voller Gewalt ab und zu überquellen. Drogenkrieg, der wirklich ein Krieg ist und nicht nur von wortschwachen Kollegen so genannt wird, Entführte Studenten, Proteste der Indigenen gegen feudale Politikerfamilien, alles mögliche gilt es anzusprechen.
Unpolitischer Politiker
Dabei ist der Papst aber nicht der übliche Politiker. Er ist sozusagen das Gegenteil eines Politikers. Er sieht sich als Hirte und spricht geistlich, er nennt die Dinge, die genannt werden müssen und die jeder seiner Zuhörer auch versteht. Zitieren will ich nur ein Stück, aus den anderen Reden an die Politische Elite des Landes oder an die Bischöfe könnte man Ähnliches zitieren. Dies ist aus der Ansprache zum Angelusgebet an diesem Sonntag: „Ich möchte euch heute auffordern, an vorderster Front zu stehen, Vorreiter zu sein in allen Initiativen, die dazu beitragen, dieses gesegnete mexikanische Land zu einem Land der Chancen zu machen, wo es nicht nötig ist auszuwandern, um träumen zu können; wo es nicht nötig ist ausgebeutet zu werden, um arbeiten zu können; wo es nicht nötig ist, die Verzweiflung und die Armut vieler zum Opportunismus einiger weniger zu machen. Ein Land, das nicht Männer und Frauen, Jugendliche und Kinder beweinen muss, die zugrunde gerichtet in den Händen der Händler des Todes enden.“ Da ist alles drin. Wer Ohren hat, zu hören … .
Ich finde es erstaunlich, dass diese Worte des Papstes mal sehr viel Aufmerksamkeit finden, wie zur Zeit in Mexiko, dann aber auch mal gar keine, wie bei anderen Reisen. Dabei hält er sich doch immer an sein eigenes Vorgehen, trifft Menschen vom Rand der Gesellschaft und liest die Gesellschaft von dort her, er versucht keine politischen oder medialen Punkte zu sammeln, keinen Applaus, aber wer genau hin hört, der hört eben, dass dieser Papst kein Schönwetterpapst ist, der durch Potemkinsche Dörfer – innerlich wie auch geographisch – geführt wird.
Noch mal ein wenig Kollegenschelte: „kritisiert scharf“, „geißelt“, das sind die Worte, die sich dann in der Berichterstattung wieder finden. Und die alles in die Schubladen einpassen, in die wir diese Dinge halt innerlich einordnen. Und die dem Papst aber nicht gerecht werden, weil wir zu verstehen meinen, wo wir noch nicht einmal richtig hingehört haben.
Ich finde sehr spannend, was der Papst derzeit bei dieser sehr langen Reise alles tut und sagt. Wo er hinfährt alleine liest sich wie eine eigene Predigt: Ecatepec, Chiapas, Ciudad Juarez, das sind Brennpunkte der mexikanischen Gesellschaft. Und genau da soll die Kirche hin.
Manchmal finde ich es angebracht seine Rede durch „kritisiert scharf“ zu verstärken. z.B. wenn er das Elend durch Drogen, Korruption usw anspricht. Sie könne es Schubladen nenn ich finde sie in diesem Zusammenhang richtig. http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/papst-prangert-drogenkriminalitat-an
Es ist so etwas von wahr! Heute morgen habe ich den Bericht über ein Verhältnis vom Hl. J-P II mit einer Frau gelesen. Ja, dürfen wir Frauen denn keine freundschaftliche Beziehungen zu einem Priester haben? Wenn es einen Mann gewesen wäre, hätte die Presse kein Wort darüber verloren. Auch wir Frauen brauchen Priester, die uns an die Hand nehmen, ohne Sex! Verzeih ihnen, Vater, denn sie wissen nicht was sie tun.
Aber können solche Reisen und Besuche in Elendsviertel die Probleme
auch nur ein wenig verbessern? Wir müssten uns alle auf eine etwas
einfacheres Leben einlassen. Wohlstand auf unserem Niveau wird es
für 8 Milliarden Menschen nicht geben können. Dazu sind die
Ressourcen zu begrenzt. Wir schlachten weltweit in nur einem Jahr
65 Milliarden Nutztiere, und beanspruchen gleichzeitig für uns selbst Barmherzigkeit. Ob wir damit Erfolg erwarten dürfen?
Franz von Assisi sagte einst:
Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers – unsere Brüder.
Wenn wir eine Tages Gerechtigkeit üben, wird sie auch uns zuteilwerden.
Ich bin glücklich über diesen Papst und danke Gott für ihn.
Vergessen wir nicht, für ihn zu beten, denn sein Dienst ist schwer.
Leider finden wir es ganz schön, wenn er andere Leute mahnt – solange er unser eigenes Wohlbefinden nicht ankratzt.
Papa Francesco ist die einzige unzweifelhaft ethische, globale, prophetische Stimme unserer Zeit! Oft frage ich mich, ob seine mächtigen Worte überhaupt gehört werden – aber doch, sie werden gehört, wie manche Gespräche, auch mit Kirchenfernen, belegen.
Er ist der einzige, der „den Menschen“ in den Mittelpunkt stellt, wie es auch Jesus getan hat – denn in ihm ist Gott „für den Menschen“ gekommen, und nicht, um die Einhaltung eines religiösen Regelwerks einzufordern. Sinn, Inhalt und Mittelpunkt göttlichen Handelns in Jesus Christus ist der Mensch, im Besonderen: der leidende Mensch. Franziskus hat das verstanden und bezeugt es in seinen Worten und Werken.
Sinn, Inhalt und Mittelpunkt des Handelns der Politikerkaste – und leider auch vieler kirchlicher „Würdenträger“ – ist das Streben nach Geld, Ruhm und Macht, sie sind sozusagen dem Teufel auf den Leim gegangen.
Wie schon zahlreiche Reden und Predigten zuvor, sind auch die Ansprachen, die Franziskus bisher in Mexiko gehalten hat, im wahrsten Sinne des Wortes „unerhört“. Sie werden gehört, aber werden sie „erhört“? Haben wir den Mut, solche prophetischen Worte in unserem Leben wirksam werden zu lassen??? (…wenn selbst die Herren Bischöfe von Mexiko lieber gelangweilt auf ihren Smartphones herumspielen und Selfies machen, anstatt geist(l)ich präsent zu bleiben, während der Pontifex bei der Jungfrau von Guadalupe sich ins Gebet versenkt).
Manchmal hofft man, die katholische Kirche wäre in der Lage, als einzige wirklich weltumspannende Organisation, die immer schiefer werdende schiefe Ebene, auf der wir uns gerade befinden, wieder gerade zu richten – manchmal muss man verzweifelt feststellen, dass auch sie dazu offenbar nicht in der Lage ist, weil es am Ende doch nur ein paar Wenige sind, die es vermöchten, der Rest aber genauso gleichgültig bleibt wie der andere Rest…
..ja@F.H. das will ich gerne ALLES unterstreichen!!!
ganz besonders haben mich auf dieser bisherigen Reise 3 Begegnungen ganz BESONDERS berührt:
1. die lange Meditation in der „Cassetta“ mit der „Morinita“..
der Ausdruck dieses Gesichtes, insbesondere ihrer Augen-sie schauen mich so „sprechend „an- ist so stark.. ich hatte den Eindruck, da sitzt nicht nur „unser“ Franziskus aber auch Jorge Bergoglio ganz persönlich..
2. Das Kinderkrankenhaus.. das gesungene Ave Maria des krebskranken Mädchens.. ich kann nicht mehr dazu sagen..
3. die Messe mit den Indigenen.. JA. Das ist die Antwort auf Orban und seine verhärteten Zeitgenossen. ich begreife es einfach nicht: diese Menschen haben doch Jahrzehnte lang den eisernen Vorhang erlebt- und jetzt tun sie das Gleiche..
JA Gott hat uns diesen „Vater“ in dieser so dramatischen geopolitischen Lage gesandt! ob sein Beispiel auch gehört wird??
Welch ein großes Herz, welche Treffsicherheit, welche Ehrlichkeit, welche Glaubwürdigkeit dieses Papstes.Ich bin (wieder) dankbar,Christ sein zu dürfen. Es mag ja jeder für sich entscheiden,ich möchte mich schon an den Ohren ziehen. Das allein wird aber nicht genügen.
Übrigens:ausgezeichnete Kommentare!
Nun, es ist Papst-Reise und das bedeutet für mich eine Art Ausnahmezustand. Öfters muss ich überlegen, welcher Tag gerade ist, gestern oder doch schon heute, bedingt durch die Zeitverschiebung. 🙂
Dieser Tage bleiben meine Lieblingszeitungen NZZ und Standard mehr oder weniger ungelesen. Jedoch gestern, also den 15. Februar habe ich beim raschen durchblättern der Rubrik International der NZZ folgenden für mich sehr lesenswerten Artikel entdeckt, der die Entwicklung in Chiapas während der letzten Jahrzehnte sehr gut und nachvollziehbar beschreibt.
„Der Papst in Mexiko
Auf den Spuren des Bischofs der Maya
Der Gliedstaat Chiapas ist das Armenhaus Mexikos. Bei seinem Besuch in der Region wird Papst Franziskus heute ein deutliches Zeichen setzen.“
von Nicole Anliker 15.2.2016, 05:30 Uhr
Kurzlink:
http://is.gd/I7214x
Vor allem die Entwicklung in den 90er Jahren habe ich mit großen Interesse mitverfolgt, auch im Zusammenhang mit dem In Kraft treten der NAFTA, also des Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko, sowie weiterer geplanter Freihandels- und Investitionsabkommen, die jedoch letztlich nicht zu Stande gekommen sind.
Der soeben zitierte NZZ-Artikel lässt sich auch sehr gut ergänzend zu Folgendem lesen:
Mexiko: „Die Indigenen sind die Ärmsten dieses Kontinents“ (RV)
Das ist der zweite Teil des Gesprächs von Gudrun Sailer mit Bernd Klaschka.
Kurzlink:
http://is.gd/GHwjU4
Herzlichst, Euer Lese-Esel
…und wieder sind es die berührenden Gesten die mich wiederholt besonders berühren-und das sind schon eindeutige Botschaften:
das in einer 2.Ehe verheiratete Paar.-ich vermute, das das nachsynodale Papier keine „abrufbare“ Lösung anbieten wird..
mir scheint,dass Franziskus eher solche Zeichen setzt(vgl. den Wink bei der Frage nach der Eucharistie in einer ökumenischen Ehe.)
ich vermute,Franziskus setzt stärker als die Vorgänger auf das persönliche Gewissen..)
die Umarmung des“alten Ehepaares“: diese so entspannten Franziskus Augen gerade in dieser Szene..-ich hab das jedenfalls so wahrgenommen-
schließlich der „Großvater“ der das kleine Kind auf seinem Schoß zärtlich in seinen Armen hält..
DAS SIND EINDEUTIGE PREDIGTEN
wie auch beim Jugendtreffen die beiden jungen Mädchen(mit Down Syndrom)..
und hier werden solche Kinder mittels PID immer mehr Opfer einer unmenschlichen Selektion. Und gewissenlose Ärzte, die nicht mehr der hippokratischen Schule verpflichtet sind, sind daran beteiligt !!