„Das ist nicht das, wofür wir stehen“: Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, war sehr deutlich in einer Ansprache beim einer Demo für Lebensschutz. Er wendete sich ausdrücklich gegen die „Benedict Option“, einem Buch entnommen, das für eine katholische Gegenkultur spricht.
Moment einmal, Option Benedikt? Etwa: Entweltlichung? Nein, mitnichten. Benedikt ist in diesem Fall Benedikt von Nursia, der Klostergründer und Mönch. Das Buch hat die These, dass es ein Abwenden von der moralisch dekadenten Welt braucht, um noch christlich leben zu können.
Dekadenz-These
Und Kardinal Cupich ist dagegen. Danke Kardinal Cupich. Abgesehen von der sehr schlichten Einsicht, dass so eine Gegenkultur genau das Gegenteil von dem ist, was der Auftrag Jesu enthält, beruht die Annahme des Buches auf einem beliebten aber trotzdem falschen Mythos: nämlich dem, dass Benedikt sich von der moralischen Dekadenz der Römer abgewandt habe, die schlussendlich zum Untergang des römischen Reiches geführt habe.
Die These ist alt, aber falsch. Kulturkritiker können nicht von ihr lassen, sie ist einfach zu verführerisch. Witzigerweise gründet sie auf dem englischen Historiker Edward Gibbon, bei ihm ist es ausgerechnet das Christentum, welches das Imperium Romanum geschwächt habe. In Abwandlung ist das die Dekadenz-These, der wir gerne begegnen.
Der Untergang des römischen Reiches hatte viele Gründe und war Ergebnis einer Entwicklung, die nicht auf einen Grund zurück zu führen ist. Schon gar nicht auf die angebliche moralische Dekadenz.
Engagement
Und deswegen hatte auch der Rückzug Benedikts andere Gründe. Und deswegen taugt er nicht als Pate für eine Option, die für die Abwendung von der Welt wirbt. Fragen Sie einen x-beliebigen Benediktiner, oder besser noch einen Missionsbenediktiner, im Kloster leben heißt nicht sich von der Welt trennen.
Ich würde sogar behaupten, dass die beschworene Benedikt-Option letztlich nichts anderes ist als Resignation. Es ist keine positive, keine kreative Antwort auf den Ruf Christi in unserer Zeit, sondern der Versuch, zu retten was zu retten ist, weil man irgendwie mit den Herausforderungen von heute nicht klar kommt. Und Resignation scheint mir keine christliche Tugend zu sein.
Warum sage ich das hier? Spielt das hier überhaupt eine Rolle? Vielleicht nicht in der überzogenen Argumentationslogik des Autors des Buches über die angebliche „Option Benedikt“. Aber das herab schauen auf die Welt, das sich trennen wollen von angeblichen antichristlichen Strömungen, das eine innere Trennung voraussetzende Klagen über die Welt, das gibt es überall. Dagegen setzt Kardinal Cupich das Engagement. Und nicht nur er. Und das ist gut so.
Gerade in vielen Benediktinerklöstern fühle ich mich bei Besuchen sehr gut aufgehoben. In deren Atmosphäre spüre ich im Gegenteil eine herzliche Zugewandtheit zu den Menschen, die aber nichts mit Anbiederung an einen Zeitgeist zu tun hat. Gästehäuser, der Besuch einer Messe in der Abteikirche, das Stöbern in der Buchhandlung und auch Essen in der Gaststätte bringen wieder eine Ruhe, die in den Verpflichtungen des Alltags oft untergeht.
Noch dazu habe ich Benediktinerpatres als Seelsorger kennengelernt, von deren Humor, Bodenständigkeit und Authentizität sich der ein oder andere (nicht nur) Pfarrer ein positives Beispiel nehmen könnte.
Gelesen haben Sie das Buch aber nicht, nein?
Teile davon. Nicht ganz, aber das Argument wird sehr schnell deutlich.
Ich denke auch, dass Benediktiner eher sehr nüchterne Ordensleute sind. Sie sehen die Welt, so wie sie eben ist: bestehend aus Schattenseiten und Glücksmomenten. Bei anderen Orden hab ich eher einen anderen Geist entdeckt: Die zwei Franziskanerinnen, die ich kennen gelernt habe, waren immer so überzuckert und duzten einen viel zu schnell und Dominkanerinnen sind meist doch etwas zu sehr idealistisch verortet, irgendwie liebevoller als Benediktinerinnen – aber kann man das ein Leben lang durchhalten? Mein momentanes Fazit ist, dass dieses benediktinische Maß-Halten im Grunde das ehrlichsten Ordensleben abbildet. Der Mensch ist kein Überwesen. Irgendwie gehen die Benediktiner damit ganz gut um. Diese Nüchternheit wirkt sehr weise und ist eben alles andere als weltabgewandt.
Die Lektüre des Buches („The Benedict Option“) des amerikanischen Publizisten ergibt ein ganz anderes Bild des Inhalts des Buches. Dreher geht es nicht um Rückzug aus der Welt, sondern um die Frage, wie Christen unter dem von der säkularen Welt ausgehenden Assimilationsdruck Christen bleiben können, um ihren Auftrag in der Welt fortzusetzen. Das Buch enthält viele durchaus kreative Beispiele dafür, wie das gelingen kann.
Das ist immer zu begrüßen. Aber ich würde schon das Wort „Assimilationsdruck“ bestreiten. Als ob Christen gezwungen werden müssten, in die Welt zu gehen. Das ist Auftrag. Dass es Widersprüche gibt und Druck steht außer Frage, aber daraus folgt noch nicht, dass jeder neue Weg oder jede neue Maßnahme gleich Unterwerfung oder Assimilation sein muss. Vielleicht hat die Welt uns ja was zu sagen? Vielleicht spricht Gott ja durch die Welt zu uns Christen, weil wir etwas verpassen? Die berühmten Fenster aufzureißen ist auch heute noch eine Option, die durch Worte wie „Assimilation“ eher verhindert denn gefördert wird.
Lieber P. Hagenkord,
ich glaube Sie verstehen den Begriff „Assimilationsdruck“ völlig falsch.
Ich fühle tatsächlich einen Druch sich anpassen zu müssen, wenn heutzutage objektiv sündhaftes Verhalten gesetzlich erlaubt und sogar noch mit Millionen Euro gefördert wird.
Da kommt der freie, selbst denkende Christ doch schnell auf den Trichter: „Sollte ich nicht lieber der veröffentlichten Meinung folgen um keinen Ärger zu bekommen?“.
Wir kommen alle – von unserer europäischen Geschichte her – aus der Erwartung eines christlich geprägten Gemeinwesens. Das ist es nicht mehr. Die Traditionen gibt es noch, aber vieles entscheidet sich heute anders. Wir können rechststaatliche Fragen nicht mit Verweis auf objektiv sündiges Verhalten kommentieren. Letzteres hat mit innerchristlichen Dingen zu tun. Ersteres mit demokratischen Entscheidungen. Ich glaube aber nicht, dass es schwieriger wird. Es wird anders schwierig als in der Vergangenheit, als viele sich christlich gaben, aber völlig unchristlich gehandelt haben. Das vermeintlich christliche Gemeinwesen war dann doch eher nicht ein solches. Das Christentum war viel zu assimiliert, die Lösung davon kann auch Gutes bringen.
Nach dieser Antwort verstehe ich nun allerdings gar nicht mehr, was Sie an der „Benedict Option“ auszusetzen haben. Genau das sagt der Autor schließlich auch.
Das lese ich aber ganz anders.
Nun, in dem Fall wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, doch länger in dem Buch zu lesen als bis zu dem Punkt, an dem Sie Ihre vorgefasste Meinung bestätigt zu sehen meinten.
Ich vermute einmal, dass nicht ich es bin, der hier eine feste und vorgefasste Meinung hat. Wenn ich eine These anders lese als Sie, dann muss es also ich sein, der eine vorgefasste Meinung ha? Hmmm.
Lieber Pater Hagenkord,
bitte entschuldigen Sie – ich sehe ein, dass der Tonfall meiner vorigen Antwort etwas streitlustig gewirkt haben mag. Ich wollte Sie aber nicht persönlich angreifen.
Worauf ich mich bezog, war Ihre eigene Aussage, Sie hätten die „Benedict Option“ nur in Teilen gelesen und dabei den Eindruck gewonnen, „das Argument“ werde „schnell deutlich“. Möglicherweise war das ein Irrtum. Könnte doch sein.
Da ich das Buch ins Deutsche übersetzt habe, werden Sie mir hoffentlich glauben, dass ich es sehr gründlich gelesen habe.
Das glaube ich Ihnen gerne, dass Sie das Buch besser kennen als ich.
„Wir können rechststaatliche Fragen nicht mit Verweis auf objektiv sündiges Verhalten kommentieren.“
Ich finde wir können das. So sind wir Christen in der Welt. Auch bei Fragen des Rechtsstaats muß es erlaubt sein mit christlicher Ethik zu argumentieren und seinen christlichen Lebensentwurf öffentlich zu leben, wie es Rod Dreher vorschlägt (mit einer starken Gemeinschaft im Rücken, die einen stützt).
Wenn man sich das nicht mehr traut, dann hat man sich tatsächlich dem „Assimilationsdruck“ gebeugt.
Wie wollen Sie in einer Gesellschaft, die sich auf Meinungsfreiheit beruft ein „objektives Urteil“ finden und dabei auch noch Kirche und Staat trennen?
Im Namen des Volkes wird ein Urteil gesprochen. Wie kann man „das Volk“ erkennen, denn viele berufen sich auf das Volk und stellen es dann doch unter ihr eigenes Wort.
Würde ist ein allen Rechten vorangestellter Begriff, doch wer kann sich ihr unterwerfen ohne den Verlust seiner Identität?
Alles Fragen an Sie Dan, denn was hilft eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig nicht als solche anerkennt?
Ich glaube, ich kann nachvollziehen was sie mit „Assimilationsdruck“ meinen, denn auch ich habe vor Jahren einen Zwang verspürt, der mich anpassen wollte an Vorgaben eines Familienbildes, dem ich meine Identität nicht abgewinnen konnte.
Mein ureigenes, hart erkämpftes Leben schien in fremde Hände zu entgleiten, nur weil ich geheiratet und wir zwei Kinder zu erziehen hatten. Vielleicht wäre es mir anders gar nicht aufgefallen, doch durch diesen neuen Tatbestand stürzten Einflüsse durch Dritte auf mich als Mutter ein, mit denen ich nichts zu tun haben konnte/wollte.
Ich unternahm alles mir mögliche der Mutter gerecht zu werden, die in mich gelegt ist, um nicht ein Opfer zeitgemäßer Vorstellungen zu werden und darin mein Leben zu verlieren.
Ich glaube all das hat etwas mit Würde zu tun, wenn man diesen Druck erfährt und dann selbst für eine Verbesserung gerade stehen muss, um ihn wieder loszuwerden und damit den Folgen zu entkommen, die an Ignoranz und Desinteresse wachsen und nur an Würde scheitern, weil sie den nötigen Widerstand aufbringt.
Sich selbst in das Recht des Lebens zu stellen, das bereits selbstbestimmt ist und nicht in Händen von Menschen liegt, die seine Bestimmung an sich reißen indem sie die Rechte ihrer Mitmenschen und deren Würde für eigene Zwecke missbrauchen, das erfordert viel Disziplin und einen unglaublichen Willen, der mich in eine echte Beziehung mit Jesus eintreten ließ.
Wir in Deutschland haben starke Grundrechte, es gibt ein Völkerrecht und weltweit existieren Menschenrechte. Solange Würde nicht als Lebenssinn in der Menschheit anerkannt wird, der sich durch Gott mit jeder Person als Mensch erschließt, denke ich, wird es sehr schwierig Gott/den Glauben als Konsens zu finden, durch den jeder Mensch den Teil des Lebens erfüllen kann, der ihm ins Herz gelegt ist.
Wenn jeder Mensch das Leben dienend mitgestaltet, dann kann sich daraus etwas Einzigartiges entwickeln, dem jeder gerne beiwohnt, weil für alle genug vorhanden ist. Durch Würde erwachsen ganz neue Perspektiven, in denen sich der Wert der Gegenwart aus ihrem ganzen Reichtum entfalten kann, weil er als gemeinsame Vergangenheit in eine friedliche Zukunft kommuniziert werden kann.
Als ob es eine Entscheidung wäre Christ zu sein?! Wer Gegenwart für sich beansprucht, der ist Christ, ob er das wahrhaben will oder nicht, das liegt doch auf der Hand, denn wir leben alle aus seiner Anwesenheit durch Gott, was automatisch ein Leben nach Christus mit mehr oder weniger Bewusstsein für die Zeit vor Christus in einer gemeinsamen Verbundenheit mit Christus ergibt.
Die Welt mag ein wissenschaftliches Konstrukt sein, doch das Leben ist eine Tatsache aus der jeder Mensch seine eigenen Schlüsse ziehen kann. Diese tägliche Auseinandersetzung mit dem Leben beruht auf den Differenzen zwischen dem Vortag und dem was der Glaube für sich gewinnen kann.
Das erzeugt in der Öffentlichkeit oft ein Bild, dessen Eindrücke wir täglich lautstark miterleben, weil Glaube nicht als Zugang zur Transzendenz anerkannt sondern im Denken um die Unendlichkeit und ihr zeitgemäßes Wissen als notwendiges Übel der Gegenwart angenommen wird.
Was nützt es einer Person in der Transzendenz anzukommen ohne diese Gotteserfahrung mit all denen zu teilen, die sie mit Sinn und Verstand für alle fördern können?
„Aber ich würde schon das Wort „Assimilationsdruck“ bestreiten.“
Fände es fasziernierend, wenn sie hierin nicht einen zumindest leichten Assimilationsdruck sehen würden:
http://www.cccb.ca/site/eng/media-room/statements-a-letters/4865-canada-summer-jobs-cccb-concerns-and-statement
„Employment and Social Development Canada posted information on its website, dated 19 December 2017, announcing a major change to its requirements regarding applications for federal funding under its Canada Summer Jobs program for youth employment. Attestation must now be included that „both the job and the organization’s core mandate respect individual human rights in Canada, including the values underlying the Canadian Charter of Rights and Freedoms as well as other rights. These include reproductive rights and the right to be free from discrimination on the basis of sex, religion, race, national or ethnic origin, colour, mental or physical disability, sexual orientation or gender identity or expression.““
Auf deutsch, für Zuschüsse für ein Sommerjobprogramm für Studenten sind die beantragenden Organisationen verpflichtet anzugeben, dass ihr „Kernmandat“ nicht gegen die Kanadische Grundrechtscharta und damit nicht gegen das darin vermeintlich enthaltene Recht auf Abtreibung bis zum Eintritt der Geburtswehen aus jedem Grund gerichtet ist.
Verständlicherweise sind die kanadischen Bischöfe irritiert darüber, denn ggf. wirft es Fragen auf, wenn z.b. eine katholische Gemeinde angeben soll, dass ihr „Kernmandat“ nicht gegen das Recht auf Abtreibung sei:
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P86.HTM
„Als Folge der Achtung und des Schutzes, die man dem Ungeborenen vom Augenblick 578 seiner Empfängnis an zusichern muß, muß das Gesetz die geeigneten Strafmaßnahmen für jede gewollte Verletzung seiner Rechte vorsehen“
Dass die kanadische Regierung den Text momentan so lassen will, sieht man daran, dass das momentane explizit vom Premierminister verteidigt wird:
http://www.cbc.ca/news/politics/justin-trudeau-winnipeg-town-hall-1.4513399
Wirklich ernst gemeinte Frage:
Stellt eine Verknüpfung von staatlichen Zuschüssen mit einer Zustimmung, dass das eigene „core mandate“ nicht gegen das Recht auf Abtreibung sei, nicht zumindest ein bißchen Assimilationsdruck dar?
Nur wenn ich unbedingt staatliche Zuschüsse haben will.
Dann ist man zumindest gezwungen, sich so zu organisieren, dass man ohne staatliche Zuschüsse zurecht kommt, also an staatlichen Strukturen ggf. in gewissem Maße vorbei.
So viel zum Thema, meine Beiträge seien Ablenkung vom Thema.
Dreher hat natürlich vollkommen recht, WENN die Gesellschaft sich so entwickelt, wie er das fürchtet.
Ob das so sein wird, keine Ahnung; das kann sich vielleicht auch hierzulande und in anderen Ländern unterscheiden; aber WENN sie sich so weiterentwickelt, wie es sich an einigen Stellen andeutet, dann bleibt für ein christliches Leben als von der Gesellschaft in gewissem Maße getrennte/distanzierte Strukturen.
Niemals waren Christen in unseren Breiten so frei wie sie es heute sind, frei von Vereinnahmung, frei von Unterdrückung, frei von Bevormundung. Dieses ständige Reden von Gefährdung geht an sehr vielen anderen Entwicklungen schlicht vorbei.
Dass Kardinal Cupich:
https://www.ncronline.org/news/people/cardinal-cupich-rejects-benedict-option-calls-engagement-world
„Instead, Cupich said, Catholics should go out and engage the world, much like Jesus‘ disciples after Pentecost, or those who fought Hitler in World War II.“
militärische Metaphern vermutlich verwendet hat ist Ihnen aufgefallen?
Ich frage nach, da ich meine, dass Sie sich mal explizit gegen die Verknüpfung von militärischer Rhetorik mit dem christlichen Ringen in der Welt ausgeprochen haben.
Danke. Wenn Sie noch mehr in diesem Fall unwesentliche Details zur Ablenkung vom Thema finden, lassen Sie es mich wissen.
Als Priester und Benediktineroblate rollen sich mir bei solchen Thesen die Zehennägel hoch. Als ob es das Vat.II nie gegeben hätte…
Nach meiner Erfahrung liegt diesem Drang, sich aus der vorgeblich bösen, antichristlichen modernen Welt zurückzuziehen, eine fehlende lebendige Gottesbeziehung zugrunde, wie sie Ignatius mit seinem geistlichen Weg erreichen wollte. Deshalb denke ich, bevor wir jemanden auffordern, sich als Christ mutig der Welt zu stellen, müssten wir erst mal dieses Defizit beseitigen, das uns die volkskirchlichen Strukturen eingebrockt haben. Sonst sind die Menschen schlicht überfordert. Und versuchen, sich in „klare“ schwarz-weiß Strukturen zurückzuziehen.
Lieber Herr Gottschlich,
Ihre Aussage „bevor wir jemanden auffordern, sich als Christ mutig der Welt zu stellen, müssten wir erst mal dieses Defizit beseitigen, das uns die volkskirchlichen Strukturen eingebrockt haben. Sonst sind die Menschen schlicht überfordert“ finde ich sehr zutreffend. Das Interessante ist, dass man genau diesen Gedanken auch als Kernthese des Buches „The Benedict Option“ bezeichnen könnte. Daher meine Nachfrage: Wo genau kräuseln sich Ihnen da die Fußnägel?
Genau, es ist absolut richtig seinen christlichen Glauben öffentlich zu leben.
Und es ist auch sehr gut eine starke Gemeinschaft im Rücken und als Rückzugsort zu haben, damit man sich stärken kann.
Das ist übrigens auch der Vorschlag von Rod Dreher.
Das machen Benediktineroplaten auch so.
Sie sind der Benedict Option näher als Sie denken.
Ich glaube, letztlich liegt der Kern des Unterschiedes in der Frage, ob christen sich als Teil dieser Welt verstehen oder ihr letztlich in Oposition gegenüber sehen. Nicht in einzelnen Fällen, sondern grundsätzlich. Rückzugsort: auch der ist von Zeit, Welt, Mentalität, Wirtschaftsordnung, Kommunikationsmitteln und so weiter geprägt.
„Ich glaube, letztlich liegt der Kern des Unterschiedes in der Frage, ob christen sich als Teil dieser Welt verstehen oder ihr letztlich in Oposition gegenüber sehen.“
Da sehe ich eine falsche Reduzierung einer komplexen Wirklichkeit; es gibt mehr als diese 2 Optionen.
Alleine schon, weil sich die Welt ändern kann; mal kann sie mehr so sein, dass man gut ein Teil davon sein kann; mal kann sie mehr so sein, dass man nahezu Fundamentalopposition betreiben muss.
Abgesehen ist man sowieso immer Teil der Welt und ist als Christ auch immer dazu angehalten mit der Botschaft des Lebens gegen die immer in dieser Welt präsenten Botschaften des Todes zu opponieren.
Ich sehe mich nicht als Teil einer Welt, die Missbrauch übt, Waffen produziert und in der gegenseitigen Unterdrückung ihr Heil sucht. Es gäbe noch viele Dinge aufzuzählen, denen ich mich ganz und gar nicht verbunden fühle. Einzig die Hoffnung, dass diese Welt aussterben wird hält mich am Leben, denn meine Zeit ist unbegrenzt und diese Welt scheint begrenzt auf Menschen, die sie zu verantworten haben.
Was also macht diesen Unterschied und wie gewinnt man eine Welt für sich, die so am Abgrund zu stehen scheint, ohne Gott zu spielen? Zunächst gilt es zu unterscheiden, wer diese Welt hervorruft und wo er dieses Recht hernimmt. Dann gilt es konsequent zu richten, was diese Fehlinterpretation von Recht und Ordnung aus der Welt schaffen kann, um auch dieser Welt eine Chance zu geben, sich wieder an der Gemeinschaft zu akklimatisieren, die dies mit offenen Augen und gesundem Menschenverstand erkennen kann.
In uns Menschen steckt alles, was wir für eine gesunde Umwelt brauchen, seien es die Abwehrkräfte, die Lösungen, die Zuversicht, die Hoffnung und nicht zuletzt die Liebe zu unseren Kindern. All diese Eigenschaften warten nur darauf endlich gelebt zu werden, doch es gibt eine Welt, die erlaubt es offensichtlich einzelnen Menschen all diese positiven Eigenschaften zu unterdrücken, zu erniedrigen und zu ignorieren, um damit die eigenen, negativen Kräfte als eine Macht auszuspielen, die für alle Menschen Entscheidungen trifft, die nur wenige verkraften können, die ihnen unterworfen werden sollen.
Das Volk ist dabei leicht erkennbar, denn es wird unterdrückt von Regierungen, die sich anmaßen die Lösungen für sein Fortkommen in der Welt zu kennen. Die Welt ist ebenfalls sehr leicht definierbar, denn sie steht am Abgrund und versucht sich an denen festzuhalten, die sie sich aufgebaut haben.
Was nur sehr schwer zu finden ist sind Menschen, Personen, die sich für ein Miteinander einsetzen, das sich in einem System aufgebaut hat, dessen Strukturen an den Lösungen wachsen, die sie anzubieten haben. Diese Menschen arbeiten fleißig an den Gemeinsamkeiten, die auch mit der Welt bestehen, die sich abgrenzen will, ohne dabei die Endgültigkeit zu berücksichtigen, die das mit sich bringt.
Gott sagt, er sucht sein Volk und ich glaube, er hat es gefunden, zumindest in dem Zusammenhang, der das gesamte Potential bietet, das wir brauchen, um der Erde die Früchte abzugewinnen, die uns gesund ernähren können ohne dabei an der Potenz zu verlieren, aus der sie sich selbst regenerieren kann.
Ich will keine vorhersehbare Zukunft, die sich auf Zahlen beruft, weil sie mit ihnen berechnen kann was sie selbst als Mensch in sie hineinlegt. Meine Intention liegt in einer Zukunft, die auf die Gegenwart bauen kann aus der sie unendlich wachsen kann, weil sich diese Gegenwart nicht auf einzelne Macher beruft sondern mit Herz und Verstand handelt und darin ihr offenes Potential erkennt, das sie für eine gemeinsame Zukunft einsetzen kann.
Jesus ist für mich die Person an der als Menschheit wächst was seine Güte erreicht, um daraus zu entwickeln, was aus Einheit in Liebe erzeugt werden kann indem es seine Potenz aus dem Leben und der Erde gewinnt, die mit Adam und Eva vom Schöpfer im Bewusstsein seiner eigenen Unerschöpflichkeit angelegt sind.
@Liudger Gottschlich:
ich DANKE Ihnen Sehr!! für diesen Post
die OSB „Geschwister“. die ich kenne sind sehr deutlich NICHT
Welt-Fremd
ich denke -pars pro toto- an Altabtprimas Notker WOLF ;
nicht nur weil er auch ein super Flötist ist und sich auch in Pop und Rock auskennt..
Nein er ist ein Mensch aus „Fleisch und Blut“ der einen wunderbaren trockenen Humor hat…
Wenn ich mich im dt. Internet umsehe muss ich feststellen, dass die Benedikt-Option weit von der Beachtung weg ist, die sie in Amerika hervorgerufen hat… Meine Sichtweise ist folgende:
Rod Dreher plädiert in seinem Buch dafür, den christlichen Glauben durch einen Rückbezug zu moralisch und spirituell authentischer Tradition konsequent (in Gemeinschaft) zu leben. Das ist gut! Er fragt aber umgekehrt nicht, welchen „Dreher“ (Achtung Wortspiel;) man der christlichen Tradition heute geben müsste, damit diese dem modernen Menschen auch authentisch erscheint!
Wir haben heute im Westen einen rationalen Zeitgeist. Und ein rationaler Zeitgeist erfordert idealerweise eine möglichst rationale Religion, um von den Menschen angenommen werden zu können. In der Moderne geht es kaum noch um so ohne weiteres objektivierbare Glaubensinhalte, die automatisch von den „rechtgläubigen“ Christen angenommen werden, sondern um die Selbstvergewisserung eines jeden Einzelnen. Genau an diesem Punkt offenbaren sich die grundsätzlichen Spannungen zwischen Tradition und Moderne, zwischen unhinterfragter „katechetischer“ Akzeptanz und dem Zweifel eines skeptischen Zeitgeistes. Man denke nur an die unzähligen Vernunftstolpersteine in einem kath. Gottesdienst…
Mir scheint, Dreher spielt den hohen Stellenwert, den die Vernunft in der Moderne innehat, herunter. Zwar zitiert er stark: „Der Tod einer Kultur beginnt damit, dass ihre normsetzenden Institutionen es nicht mehr schaffen, Ideale so zu kommunizieren, dass sie innerlich verpflichtend bleiben.“ Aber ’so zu kommunizieren‘ bezieht Dreher nicht auf schlüssige Erklärungen. ZB über das so wichtige Thema der sexuellen Zurückhaltung sagt er: „“Junge Leute wird man nicht mit Argumenten von der christl. Keuschheit überzeugen oder mit moralistischen Maximen einschüchtern. Schönheit und Güte, verkörpert in großer Kunst und Literatur wie auch im Leben einfacher Christen, verheirateter wie alleinstehender, sind das einzige, was wirklich überzeugen kann.“
Die eigentliche Lösung liegt meine ich (wie immer) in der Mitte. Ein nach moralischer und spiritueller Religion strebender moderner Mensch mag sich auf das Authentische seiner Tradition rückbesinnen, aber auch das Althergebrachte muss sich soweit möglich reformieren (wie bereits angedeutet v.a. im Sinne von: sich der Vernunft zugänglich machen), damit sich eine weitläufige Identifikationmöglichkeit auftut und eine solche Benedikt-Option in die Tat umgesetzt werden kann.