Das Studium der Kirchenväter hilft, das Konzil zu verstehen und Traditionalismen und Vereinfachungen zu vermeiden. Brian E. Daley SJ, Jesuitenpater, Theologieprofessor und seit Samstag Träger des Ratzinger-Preises für Theologie: Mit ihm habe ich nach der Zeremonie über seine Studien gesprochen, die Preisurkunde hatte er dabei, ein wenig stolz war er aber immer noch überrascht, dass er diese Auszeichnung erhalten hat.
Ganz schnell aber waren wir bei seinem Thema, die Urkunde war sicher im Regal verstaut und er sprach von seinem Studienobjekt, eben den Kirchenvätern.
Der Papst hatte in seiner Ansprache noch einmal seine immer wieder kehrenden Ankerpunkte des Konzils genannt: Den Dialog der Religionen, die Religionsfreiheit und dazu die Ökumene. Das hält der Papst für „entscheidende Bereiche der Kirche“ heute. Als ich das erwähne, wird Daley richtig aktiv und es sprudelt nur so aus ihm heraus: Genau dazu hätten die Alten viel zu sagen.
Wieso das?
Liturgie und Entwicklung
Er erklärt das mit Beispielen: Was das Konzil angehe, streite man heute am heftigsten über die Liturgie. Noch in den 50er Jahren habe man gedacht, dass man eine ewige Form der Liturgie feiere. Bereits zehn Jahr danach stimmte diese Annahme schon nicht mehr. „Viele Änderungen kamen von Forschern, die die Geschichte der Liturgie studiert hatten, die die frühen Formen des römischen Ritus untersucht hatten, frühmittelalterliche wie den karolingischen Ritus und andere. Sie fanden eine Evolution liturgischer Gesten und Texte, die uns besser verstehen lässt, was wir tun und warum wir das tun.“ Und diese Überlegungen würden bei der Unterscheidung helfen, was geändert werden könne und was nicht geändert werden dürfe, so Daley.
Diese Prozess habe allerdings die gesamten 50 Jahre seit dem Konzil angedauert, die erste Reaktion auf das Konzil sei gewesen, dass alles geändert werden könne, erst allmählich habe man ein Verständnis für den Unterscheidungsprozess gefunden. „Unsere Geschichte zu studieren, hilft uns dabei.“
Ökumene, Dialog, Religionsfreiheit
Liturgie ist verständlich, aber was kann man über Ökumene lernen in einer Zeit, in der sich die einzelnen Strömungen der Kirche bekämpft haben? Ökumene als das Verständnis davon, dass Christen mehr gemeinsam haben als sie trennt, sei tief im Denken der Theologen der frühen Kirche verbunden, so Pater Daley. Das gleiche gelte für das Verständnis davon, dass die Lehre sich entwickle: Mit Blick auf die Theologie der ersten Jahrhunderte könne man ein nuancierteres Gespräch führen. Ganz spannend sei das mit Blick auf den interreligiösen Dialog: Bei Justin und Irenäus finde man zum Beispiel den Gedanken, dass jeder ernsthaft nach dem richtigen Leben suche und die vernunfterkennbare Struktur der Welt anerkenne, Kontakt mit Christus habe. Sogar Sokrates habe Jesus gekannt, obwohl er dreihundert Jahre vor ihm gelebt habe, so schreibe Justin. Von jedem Wahrheitssucher könnten Christen sagen, dass er Jesus begegne. Und Ähnliches könne man auch über Religionsfreiheit sagen.
Tradition kennen, Traditionalismus vermeiden
Somit sei das Studium der frühen Quellen etwas Gesundes: Ein gewisser Traditionalismus sei mittlerweile weit verbreitet, gerade junge Leute hätten den Eindruck, vor dem Konzil sei alles besser gewesen. Sie wollen zu dem zurück, was vor dem Konzil maßgeblich gewesen sei. „Das ist ein Fehler und ist natürlich ein großer Schaden, weil das Zweite Vatikanische Konzil genau wie alle anderen Konzilien aus den Bedürfnissen der Zeit gewachsen ist und gut gegründet und durchdacht ist.“ Wenn man die Tradition kenne, würde man die Entwicklung der Theologie des Konzils und auch der Liturgie im Kontext sehen können. Es helfe, die Vereinfachungen zu vermeiden. Die eigenen Meinungen erscheinen weniger wichtig, das Studium ersetzt Meinung durch Wissen und Reflexion.
„Die Kirchenväter setzen die uns interessierenden Dinge in einen Kontext, so dass wir vernünftig darüber reden können.“
Denken und Beten
Theologie beginne für ihn beim Glauben und beim gemeinsam gelebten Glauben, dieser Glaube müsse aber dann das Verstehen suchen, fügt Pater Daley noch hinzu. Genauso wie die Katechese zur Erklärung drängt und nicht nur Sätze wiederholen könne. Der Glaube und die Kirche seien viel gesünder, wenn es fragende und infragestellende Sucher und Denkende gebe, so Daley. Selbstkritik, wenn sie im Bewusstsein der Zugehörigkeit geschehe, von Gebet und Glaube, sei gesund.
Pater Brian E. Daley SJ doziert an der Universität von Notre Dame, USA.
Bravissimo!SJ bürgt mal wieder für Qualität.Man frage, was die jungen Leute aus dem traditionalistischen Bereich suchen und nicht nur junge Leute.Sicherheit?Ich fürchte, dazu ist der Himmel zu beweglich.