Er feiert seinen ersten Geburtstag: vor einem Jahr, am ersten Advent, hat die Kirche den Synodalen Weg begonnen. Zum Lösen der Knoten. Und bei aller Schwierigkeit sah es auch nach einem guten Start ins Leben aus. Bis dann Corona kam. Der Synodale Weg holpert seitdem, es ist nicht mehr so ganz klar, wie und vor allem wann es weiter geht. Die geplante zweite Vollversammlung musste ein erstes Mal verschoben werden, stattdessen gab es Regionalkonferenzen. Die zwar in der Geschäftsordnung oder Satzung nicht vorgesehen sind und deswegen keine Beschlusskompetenz haben, aber anders war eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen nicht möglich.
Nun gibt es schon wieder eine Verschiebung, wieder ist Corona der Grund. Das Ersatz-Format ist anders, aber fest steht, dass wieder keine Abstimmungen formaler Natur stattfinden können. Wie gesagt, der Weg ist holperig geworden. Und der erste Geburtstag, der eigentlich sowas wie die Halbzeit einleiten sollte, lässt vermuten, dass das Ganze noch viel länger dauern wird.
Der Synodale Weg holpert
Dabei ist es aber nicht so, also ob im vergangenen Jahr nichts geschehen sei. Da ist schon ziemlich viel Wegstrecke zurück gelegt worden, positiv wie auch negativ. Negativ, weil sich immer mehr mehr Menschen abwenden von „ihrer“ Kirche. Das wird auch di Synodalität nicht auf einen Schlag wieder gut machen können.
Weiter gekommen sind wir in der Debatte um den Missbrauch, so schräg das gerade in diesen Tagen auch klingen mag. Was ich damit meine: vor einem Jahr gab es noch den konzertierten Versuch, den Auslöser des Prozesses, die MHG-Studie, zu deletimieren. Und damit den Synodalen Weg auch. Gerade die traurigen Ereignisse um die Kölner Studie und den Umgang damit haben aber sehr deutlich gemacht, dass der Missbrauch und die damit zusammenhängenden Phänomene in den Prozess hinein gehören. Wir können kein Forum „Macht in der Kirche“ machen, ohne über den Missbrauch von Macht zu sprechen.
Nicht nur Text
Weiter gekommen sind wir auch als geistlicher Prozess. Wobei gerade hier – in meinen Augen – die größte Gefahr für den Synodalen Weg lauert. Wenn wir diese Dimension nicht für voll nehmen und nur Texte verabschieden wollen, dann passiert gar nichts. Weswegen die Bischöfe sich auch klar in ihrer Vollversammlung dahinter gestellt haben, die Laien im ZDK haben den Synodalen Weg und damit diese Frage gar nicht besprochen.
Im Rahmen der Pressekonferenz zum Abschluss der DBK Herbstvollversammlung hat Bischof Georg Bätzing die Debatte der Bischöfe zusammen gefasst und gesagt: „Das Evangelium so in den Mittelpunkt des synodalen Weges stellen, dass es ein geistlicher Weg wird.“ Und später: „Viele Bischöfe wünschen sich, dass die beiden geistlichen Begleiter noch viel pro-aktiver werden.“ Sie sollen nicht ‚Gebetsanimateure‘ sein, sondern „darauf achten, dass wir miteinander auf einem geistlichen Fundament unterwegs sind. Da wünschen wir uns auch mehr Interventionen, wenn die Wahrnehmung da ist, hier gleitet etwas vielleicht ab“.
„Hier gleitet etwas vielleicht ab”
Mir scheint, dass sich unter dem Begriff „geistlicher Prozess“ verschiedene und teils widersprüchliche Vorstellungen versammeln. Auch sind die geistlichen Elemente, wie wir sie vorbereitet hatten, teilweise zum Ort des Streits geworden, etwa wenn Leute den Raum verlassen oder gar nicht erst zur gemeinsamen Messe kommen. Aber trotzdem ist das ein Fortschritt, weil darüber gesprochen wird.
Nur kurz möchte ich hinweisen auf die vielfältige Beschäftigung mit dem Thema, sei es bei Tagungen oder auch in Fachzeitschriften. Auch das bringt uns weiter.
Jetzt also wieder eine Verschiebung. Schon aus der ersten haben wir gelernt, wir brauchen das Risiko zur Offenheit und dürfen uns nicht durch das Format vor der Realität verbergen.
Das Präsidium möchte – richtigerweise, wie ich finde – aus der Not der erneuten Verschiebung eine Tugend machen: Das sei eine „Chance, mit unterschiedlichen Formaten, Geschwindigkeiten und Prozessen neu Synodalität in unserer Kirche zu erlernen – eine Synodalität, die hoffentlich über den bisher geplanten Rahmen des Synodalen Weges hinaus Bestand hat“, heißt es in dem Brief an die Mitglieder des Synodalen Wegs. Das ist schon auch ein geistlicher Schritt: sich nicht an Formate festklammern.
Der Weg ist halt anders, als wir gedacht hatten.