„Bei euch aber soll es nicht so sein“: Ein Satz aus der Schrift, aus dem Munde Jesu in den Erzählungen der Evangelien. Und ein Satz, wie er uns Christen eigentlich dauernd nervös machen muss. Wenn der Herr uns etwas für das Zusammenleben und die Organisation als Gemeinschaft und als Kirche mitgegeben hat, dann das. Als Vorgabe und als Frage an das eigene Gewissen.
Und wir müssen sagen, dass das für uns nicht zutrifft. Bei uns ist es so wie bei den anderen. War es und ist es. Leider zu oft und leider auch immer sichtbar.

Papst Franziskus hat gestern – Donnnerstag – in seiner Predigt bei der Liturgie zur Ernennung neuer Kardinäle diesen Satz aufgegriffen. Und das passt ja auch, die höchste Würde für einen Bischof, oftmals in der Vergangenheit „Fürsten der Kirche” genannt – und sich auch so benehmend – ist bei Rang und Würde das Thema besonders angemessen, nicht weil es hier ausgeprägter wäre, sondern schlicht weil es sichtbarer ist.
Wichtigkeiten und Eitelkeiten
Das „so” Jesu, das bezieht sich auf die Welt, die man gewinnen will, wie die Schrift sagt. Eine Gemeinschaft, die zu sehr auf sich selber schaut, die sich mit sich selber befasst und den Würden und Wichtigkeiten und Eitelkeiten und Weltlichkeiten.
Soweit, so gut. Aber dann fügt der Papst noch eine Dimension an. Das Ganze ist nämlich nicht nur eine moralische Frage, sondern eine Frage des Auftrags. Nur wenn ich aufhöre, eigene Interessen in den Blick zu nehmen, biblisch gesagt nur wenn ich mich bekehre, dann ist was ich sage und tue auch wirksam.
Und nur dann ist diese Bekehrung auch kein Selbstzweck, kein Teil der grassierenden Selbstoptimierung, sondern dient einem Zweck. Und Franziskus wäre nicht Franziskus, wenn er nicht auch das Gegenbild zeichen würde: Verweigerer, weil sie dikutieren, wer der Wichtigste sei.
Palastintrigen, Kurienintrigen
Umgedreht: wenn wir das diskutieren, verweigern wir uns dem Auftrag. In den Worten des Papstes: „Was nützt es, die ganze Welt zu gewinnen, wenn man in den Fängen erstickender Intrigen lebt, die das Herz austrocknen und die Mission unfruchtbar machen? In dieser Situation könnte man bereits – wie jemand bemerkt hat – die Palastintrigen, auch innerhalb der kirchlichen Kurien, angedeutet sehen.”
Es gibt aber noch einen zweiten Zusammenhang: Den der Autorität. Und gerade hier wird es spannend, denn Kardinäle sollen ja solche haben. Es ist die Autorität, die aus dem Dienst kommt.
Glaubwürdige Autorität
Es ist ein Wort, dass der Papst hinzufügt, das daraus ein spannendes Projekt macht: glaubwürdige Autorität. Nur Autorität haben reicht nicht, es muss glaubwürdige Autorität sein. Und die kann man nicht herbei-behaupten. Die kann man nicht mit einem roten Hut auf den Kopf setzen. Die kommt von den Menschen.
Dass Autorität in der Kirche Dienst sei, haben wir oft gehört. Leider auch oft gesehen, dass das nicht mit Verhalten zusammen fällt. Das Thema Missbrauch fällt ein, denn auch hier geht es ja um Macht. Aber nicht nur.
Nun also kommt die Frage der Glaubwürdigkeit hinzu. Der Autorität, die ich nicht dekretieren und einfordern kann. Um die ich werben muss. Was nicht Populismus ist, es geht nicht darum zu gefallen und es allen recht zu machen. Aber eine Autorität wie früher, die einfach verliehen wurde, die gibt es nicht mehr. Die braucht heute die Zustimmung der Gläubigen.
Ein update kirchlicher Würde und Autorität also, von Papst Franziskus beim Konsistorium an diesem Donnerstag. Autorität gibt es nicht mehr ohne Glaubwürdigkeit.
„Die braucht heute die Zustimmung der Gläubigen.“
Woran ist ersichtlich, dass irgendwer „die“ Zustimmung der „Gläubigen“ hat?
Das fragt sich alleine schon, weil daran ja erstmal ungewiß ist, wer die „Gläubigen“ sind; und welcher Anteil daran eigentlich zustimmen muss, damit „die“ Zustimmung gegeben ist.
Z.b. wenn ich eine Liste an glaubwürdigen/nicht glaubwürdigen Kardinälen mache, würden andere sicher an der Liste etwas auszusetzen haben; es gäbe also zwischen mir und anderen keine Einigkeit, welche Kardinälte glaubwürdig sind.
Sie fallen schon wieder ins richten: wer kommt auf diese Liste, wer auf jene. Sie wollen wieder Leute gegeneinander setzen, glaubwürdigen/nicht glaubwürdigen Kardinäle. Das ist aber keine juristische Kategorie. Darum muss man dauernd werben, das kann man nicht einfach haben.
„Sie fallen schon wieder ins richten“
Sorry, das haben Sie bzw. der Papst begonnen; wer sagt, es gebe glaubwürdige Autorität kann das nur, wenn er auch glaubwürdige/unglaubwürdige Autorität kennt, also wenn er/sie irgendwann mal gerichtet hat: „Das ist glaubwürdige/unglaubwürdige Autorität“.
Ich finde es vollkommen legitim, denjenigen, der das Unterscheiden in Kategorien vorschlägt/beginnt, hier z.b. glaubwürdige/unglaubwürdige Autorität, zu Klarheit bei den Kriterien aufzufordern.
Ich hingegen habe nicht vorschlagen, zwischen „glaubwürdiger“ und „unglaubwürdiger“ Autorität zu unterscheiden. Für mich haben entsprechende Würdenträger Autorität; was sie damit anstellen, ist was anderes, aber die Autorität haben sie und die habe ich zu respektieren.
Oh nein, das hat der Papst nicht. Sie messen verschiedene Autoritäten miteinander. Und bleiben in den rechtlichen Kategorien: wer hat recht, wem ist zu glauben, etc. Darum geht es mir aber nicht, darum geht es dem Papst auch nicht. Es geht um das Geschehen Gott – Autorität – Volk. Ohne die verschiedenen Autoritäten gegeneinander auszuspielen oder zu messen oder in rechtliche Kategorien zu gießen, was dort nicht hinein gehört.
Jepp …. Die Autorität kommt von den Gläubigen.
Hat es die Lturgie nicht immer schon gewusst?!?
Ein Priester kann das Hochebene noch so oft wiederholen. Wenn die Gläubigen nicht Das amen sprechen vollzieht sich die Wandlung nicht.
Dutzende Bischöfe und Priester können tagelang irgendwelchen Männern Hände auflegen. Wenn wir Gläubigen das Amen nicht sprechen, vollzieht sich keine Weihe.
Jepp, die Autorität in der Kirche kommt von den Gläubigen!
„Autorität gibt es nicht mehr ohne Glaubwürdigkeit.“
Ein sehr interessanter Beitrag zum Thema Autorität in der Kirche. Auctoritas übersetzt hat viele Bedeutungen von Würde über Gewähr, Beispiel bis hin zu Vollmacht, Beschluss, Eigentumsrecht (weitere Bedeutungen kann man an geeigneter Stelle nachlesen).
Um es z. B. in der Organisationslehre handeln zu können, wird es unterteilt in „Autorität qua Amt“, eine mehr funktionale Sichtweise, und „Autorität qua Person“, hier liegt der Fokus eher auf der Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft.
Beides hat seine Berechtigung – auch in der Kirche, wie ich meine. Für einen rechtlichen Vorgang genügt in der Regel als Mindestanforderung die „Autorität qua Amt“. Hierzu zwei Beispiele:
1. Wenn man auf dem Standesamt heiraten möchte, muss dieser vertragliche Akt von einer Person durchgeführt werden, die dazu qua Amt bevollmächtigt ist. Nur dann ist die Hochzeit staatlicherseits gültig mit allen Rechten und Pflichten, die konkret in das Leben eingreifen. Diesen Vertragsschluss kann nicht der Hausmeister vom Rathaus machen, auch wenn er noch so schöne Ansprachen halten kann und der Standesbeamte oder die Standesbeamtin leider sich in banalen Phrasen, wirren Reden oder unangemessenen Kalauern vergaloppiert. Es gilt das Siegel des Standesbeamten und das Jawort des Brautpaares.
2. In der Eucharistie oder Beichte ist die Wandlung bzw. Lossprechung gültig, wenn sie von einem gültig geweihten Priester entsprechend den Vorgaben vollzogen wird und der Ministrant bzw. die Gemeinde das Amen spricht und in der Beichte der Pönitent bereut. Dies gilt auch dann, wenn der Priester ein „Low Performer“ ist, um es nicht weiter auszuführen. Das ist notwendig, weil es die Gläubigen in ihren Rechten und Pflichten schützt, d.h. sie haben Kirchengebote erfüllt, auch wenn der Pfarrer zum Schluss um den Altar hüpft, weil ihm danach ist und die Gläubigen dann meinen, das kann jetzt nicht wahr sein.
Viel interessanter für das Glaubensleben, Pater Hagenkord hat es oben ausgeführt, ist jedoch die „Autorität qua Person“. Er (oder sie) ist dann ein Apostel der Überzeugung, der nicht nur die Gesetzmäßigkeiten kennt, sondern darüber hinaus aus Erkenntnis weiß, über was und wen er spricht.
Das ist nicht mehr allein ein quantitatives Geschehen, hier kommt eine Qualität ins Leben, die nicht mehr so leicht messbar ist. Ein Mensch, der überzeugt, idealerweise vereinigt er „Autorität qua Amt und qua Person“ in sich, bewirkt eine inspirierende, erhebende und aufrichtende Atmosphäre in den Anwesenden. Da gibt es keine aufgesetzte Maskerade mehr, sondern da spricht dann jemand mit „Vollmacht“, wie das in der Heiligen Schrift genannt wird. Da geht es dann eher weniger um Wissen, das auch, aber nicht vordergründig, sondern um ein mehr verborgenes Geschehen in den Anwesenden.
Ich denke, Menschen sehnen sich heute ebenso wie gestern nach überzeugenden und überzeugten Amtsträgern. Wenn man einen trifft, ist es wie Sonntag :-). Aber, ich denke, man tut sich selbst was Gutes, wenn man auch den Werktag nicht gering schätzt, denn eigentlich hat der funktionale Amtsträger den schwereren Teil zu tragen und man kann sehr dankbar sein, für den Dienst, den er täglich tut und man soll für ihn beten, damit er nicht ausbrennt und depressiv wird, sondern dass Gott ihn auch steigen lässt und es dadurch leichter wird für die „Autorität qua Amt“.