Hilfe ist immer konkret. Oder sie ist keine Hilfe. Und die beste Hilfe ist die Selbsthilfe. Wenn Edina Margarida Pitarelli unterwegs ist, dann will sie genau das. Während unserer Reise in Amazonien begleitet sie uns ein Stück, und erzählt von der Arbeit des Cimi, für den sie tätig ist. Also der kirchlichen Organisation, die sich für die Rechte der Indigenen einsetzt.
Als sie am Rio Maderinha, auf dem wir unterwegs sind, angefangen hat wollten viele indigene gar nicht mehr kämpfen, sagt sie. Das sei gar nicht so lange her, vor vier Jahren erst. Sie hätten nicht gesehen, wie sie gegen die Viehbauern, den Bau von Staudämmen, den Staat, die Zerstörung von Wald und Kultur ankommen könnten. Sie hatten mit nichts Erfolg. Und das entmutige.
Beste Hilfe ist die Selbsthilfe
Jetzt sei die Situation anders, auch dank der Cimi-Hilfe. Der erste Schritt: Gemeinsamkeiten herstellen. „In dem Moment, in dem wir anfangen, vor Ort für die Rechte der indigenen Bevölkerung zu arbeiten, beginnen diese zu erkennen, dass sie sich mit anderen Dörfern zusammenschließen müssen, dass sie sich am gleichen Kampf beteiligen müssen, denn das Problem des einen ist praktisch das Problem aller. Und so war es auch: sie haben sich vereint und eine Bewegung geschaffen.“
Der zweite Schritt: informieren. „Sie haben zum Beispiel den Abbau von Mineralien einfach so hingenommen, bis sie wussten, was ihre Rechte waren.“ Erst dann hätten sie sich begonnen zu wehren. Indigene wüssten oft nicht, was ihre Rechte seien, weil niemand ein Interesse hätte, ihnen das zu sagen.
„Zuerst versuchen wir, einem Dorf zuzuhören: Sehen, was die Menschen denken, was sie fühlen, welche Probleme sie haben. Und von dem Moment an, in dem sie beginnen, die Probleme zu erzählen, beginnen wir mit der Information darüber was das Gesetz ihnen garantiert, den indigenen Rechten – wie wir sie nennen. Wir erklären ihnen auch, wie der brasilianische Staat arbeitet, damit sie wissen, wo sie ihre Rechte geltend machen können.“
Workshops in Sachen Recht und Gesetz
Also sind sie unterwegs, die Leute vom Cimi, in wackeligen kleine Booten oder auch mit dem Wagen, und schulen, informieren, ermutigen, helfen. Sie machen Workshops zu Rechten und zu den Instanzenwegen. Und das stärke dann wiederum den ersten Schritt: „Und von dem Moment an, in dem sie sich ihrer Rechte bewusst werden, beginnen sie, sich untereinander zu stärken, sich zu vereinen und Dinge zu sehen, die sie vorher nicht gesehen haben.“
Immer wieder taucht bei der Reise die Frage auf, ob sich die Kultur der Indigenen nicht ohnehin ändern würde, sie gehen zur Schule, haben Berufe, wollen sie wirklich so weiter leben, wie sie es im Augenblick tun? Zum Beispiel die Mura, bei denen wir zu Gast sind und denen Edina Pitarelli hilft?
Der Volk der Mura entdeckt sich erst
„Ich denke schon, denn sie entdecken, dass sie ohne das Land, ohne die Sprache und ohne die Kultur als Volk aufhören zu existieren“, erklärt sie.
Sie bemerke, dass im Einsatz für die eigenen Rechte sich auch die Identität als Indigene stärke und die Wertschätzung der eigenen Kultur als etwas Wertvolles wachse. Man lerne sich als Volk erst richtig kennen, wenn man gemeinsam für die Rechte kämpfe.
„So haben sie uns beispielsweise bereits um einen Workshop gebeten, der ihnen hilft, das gemeinsame Gebiet zu kartieren, nicht mehr nur das individuelle Gebiet jedes Dorfes. Deshalb glaube ich, dass sie anfangen, mehr als Volk zu leben“. In diesem Jahr gebe es auch bereits die dritte Versammlung aller Mura, auch das etwas Neues. Und sie zeigen sich: am vergangenen Karfreitag hätten sie einen Protestmarsch in Autazes organisiert, als Indigene, um für sich und ihre Rechte einzutreten.
Die beste Hilfe ist halt die Selbsthilfe.