Es ist mein Lieblingsthema: Wie geht weltweite Kirche und lokale Kirche in Zukunft zusammen? Wie können wir den universellen – katholischen – Charakter der Kirche vertiefen, neu entdecken, bewahren und gleichzeitig kulturelle Verschiedenheiten wertschätzen und deren Beitrag für andere Kulturen fördern?
Dass das ein nicht einfach zu lösende Aufgabe ist, wurde noch einmal sehr deutlich, als in den vergangenen Tagen die Ergebnisse der Kleingruppenarbeit zusammen getragen wurden. Das bekannte Problem: Wenn die Aussagen zu konkret sind, sind sie von ihren Umständen nicht zu lösen. Wenn sie abstrakt werden, sprechen sie kaum noch zur Wirklichkeit. Und das ist nur das induktive Vorgehen, also von Konkret zu Abstrakt. Wenn man den umgekehrten Weg geht, den deduktiven der Anwendung abstrakter Regeln auf konkrete Umstände, wird es noch schwieriger.
Das Ganze wird sich noch mal zuspitzen jetzt wo die dritte Phase der Synodenarbeit läuft, die Frage nach dem „was tun?“.
Wir sind uns glaube ich schnell einig, dass das Leben der weltweiten einen Kirche nicht schlicht das Ergebnis eine Forderung oder einer Vereinheitlichung sein kann. Dafür ist theologisch die Wirklichkeit zu wichtig.
Es ist auch hier mal wieder eine Frage der Haltung. Der Germanicus – die deutschsprachige Kleingruppe – hat das in ihrem Bericht zur zweiten Phase so gesagt: der Versuchung widerstehen, das wir schon alles wüssten. „Wir sind zuerst Hörende und nicht schon die Wissenden“, so heißt es in dem Text. Das ist auf die Jugend hin gesprochen, gilt aber auch für den weiteren Blick auf die katholische Welt.
Zuerst Hörende
Dass das in die Sprache von „Versuchung“ gepackt ist ist natürlich Papst Franziskus geschuldet, der sehr stark immer wieder auf solche Versuchungen hinweist.
Es ist eine wichtige Betonung. Es ist nicht „falsch“, sondern eine „Versuchung“. Damit schieben wir es aus dem Bereich der Moral in den Bereich der Unterscheidung, vom Bereich ja/nein in den dynamischen Bereich des „welchen Schritt machen wir nun“.
„Versuchung“, das ermöglicht Umkehr.
Beginn der Weisheit
Dann: „nicht schon Wissende“. Es ist weise zuzugeben, dass wir noch gar nicht die Antwort haben. Einsicht ins eigene Nichtwissen haben ja schon die alten Philosophen als Beginn der Weisheit definiert. Da stellt man sich auch nicht vielleicht unnötige Hindernisse in den Weg.
Die Kirche ist keine Addition von Einzelkirchen, keine Föderation. Sie ist eine Kirche. Aber sie ist nicht uniform, gleichförmig. Papst Franziskus benutzt dafür immer wieder das Bild eines Polyeders, eines geometrischen Körpers, dessen Oberflächenpunkte verschiedene Abstände zum Zentrum haben. Die Flächen sind verschieden groß, verschieden geneigt, und so weiter.
Das steht im Weg
Im Vorhinein wissen zu wollen, wie genau diese Einheit in Zukunft konkret aussehen wird, steht dem Blick auf diesen vielseitigen Körper im Weg.
Bei dieser Synode geht es unter anderem auch darum, zu sehen, wie die Kirche der Zukunft aussehen wird, das hat ein Synodenteilnehmer bei einem der Pressebriefings gesagt. Das wird nicht endgültig entschieden, aber die Synode ist ein Beitrag dazu. Und wenn der Beitrag darin besteht, diese Versuchung des jetzt-schon-Wissens zu erkennen, dann ist ein großer Schritt getan.
Zu Ihrem Satz oben über die jetzt anliegenden Aufgaben der Bischofssynode:
„Das Ganze wird sich noch mal zuspitzen jetzt wo die dritte Phase der Synodenarbeit läuft, die Frage nach dem „was tun?“.
Dazu meine ich:
Um möglichst schnell zu konkreten Entscheidungen zu kommen,sind mir als einfache Methoden bekannt:
Die 10 „How To Work Better“ Ratschläge“
und
Das Bibel-Teilen in 7 Schritten
Eine Kurzdarstellung der beiden Methoden, zu denen es jeweils reichlich weiterführende Literatur gibt, siehe unten.
Das Vorgehen nach der Methode „How to Work Better“ erläutere ich hier am praktischen Beispiel des Unfehlbarkeitsdogmas.
Zum Unfehlbarkeitsdogma stelle sich für die Bischossynode die Frage: Kann das jetzt – im Jahr 2018 – weg?
Nach Punkt 5 der Methode „How to Work Better“ ist in dieser Frage zunächst einmal die Unterscheidung von Sinn und Unsinn angebracht.
Zur Klärung dieser Frage bietet sich die Lektüre der Texte (3) und (4) unter Literatur unten an, in denen es auch um den Theologen Joseph Kleutgen, den geist(l)ichen Vater des Unfehlbarkeitsdogmas, geht.
Nach der Lektüre dieser Texte (3) und (4) stehen dann Entscheidungen an. Die Ratschäge zur Entscheidungsfindung nach der Methode “How to work better” sind:
6. Accept change as inevitable
7. Admit mistakes
8. Say it simple
9. Be calm
und nach getaner Arbeit vor allem: SMILE
Literatur:
1) Die 10 „How To Work Better“ Ratschläge
Diese Ratschläge lauten:
1. Mache eins nach dem anderen 2. Erkenne das Problem 3. Lerne zuzuhören 4. Lerne Fragen zu stellen 5. Unterscheide Sinn von Unsinn 6. Akzeptiere Veränderungen als unumgänglich 7. Gib Fehler zu 8. Sag es in einfachen Worten 9. Bleibe ruhig 10. Lächle
2) Das Bibel-Teilen in 7 Schritten
Schritt 1: Begrüßen Schritt 2: Lesen Schritt 3: Verweilen
Schritt 4: Schweigen Schritt 5: Sich mitteilen Schritt 6: Handeln
Schritt 7: Beten
Die Methode des Bibel-Teilens geht auf den langjährige Leiter des Lumko-Institutes und spätere Bischof von Umtata, Südafrika, Dr. Oswald Hirmer, zurück.
3) Joseph Kleutgen
(* 9.4.1811 Dortmund, † 13.1.1883 Sankt Anton, Südtirol)
….trat er unter dem Namen Josef Peters ….1834 ins Noviziat der Jesuiten … ein…. ….Die durch ihn maßgeblich vollzogene Festlegung der katholischen Theologie auf die Scholastik im nachtridentinischen Verständnis …. war eine der verhängnisvollsten Fehlentscheidungen der katholischen Kirche in der jüngeren Zeit……
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118563254.html#ndbcontent
4) Hubert Wolf: Die Nonnen von Sant’Ambrogio
….Besonders den zweiten Beichtvater, den Jesuiten Giuseppe Peters, mit dem sie ebenfalls ein sexuelles Verhältnis verband, verstrickte sie in ihr fingiertes Programm von Visionen, vom Himmel gefallenen Ringen mit Rosenduft sowie einem Brief der Gottesmutter Maria, in dem der Jesuitengeneral aufgefordert wurde, die beiden Theologen Carlo Passaglia und Clemens Schrader in zwei verschiedene Häuser zu versetzen……
….Hinter dem Beichtvater Giuseppe Peters verbarg sich der Jesuit Joseph Kleutgen, einer der wichtigsten und einflussreichsten … Theologen der Neuscholastik, …. Berater der Gruppe von Kardinälen, Bischöfen und Theologen, deren Ziel die Definition der Unfehlbarkeit des Papstes war.
http://www.sehepunkte.de/2013/05/23279.html
Interessant, was da alles steht.
Aber eines sollte man vielleicht doch noch ergänzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Kleutgen
“Für diese Vergehen wurde Kleutgen am 18. Februar 1862 als Häretiker verurteilt, woraufhin er feierlich abschwor.”
Wenn man dann noch bedenkt, dass einer der wichtigsten Gelehrten und Heiligen der Kirche mal den Mob zu einem Mord angestiftet hat (Paulus, Beteilgung an der Steinigung des Stephanus) und der Fels, auf dem die Kirche gebaut ist, phasenweise ein lügender Angsthase war (Petrus, der Jesus aus Todesangst verleugnet, obwohl er nur Stunden zuvor explizit versprochen hatte, dies nicht zu tun), fällt diese ganze Argumentation, dass doch jemand fragwürdigen Charakters an der Formulierung des Unfehlbarkeitsdogmas beteiligt und es deshalb zu ändern sei, sofort in sich zusammen.
Um 8. zu genügen:
Ihr Argument ist Unsinn.
Und nun lächele ich entsprechend 10.
Wenn die Katholische Kirche (im Jahr 2018!) an Diskriminierungen und an dem Unfehlbarkeitsdogma in Zukunft festhalten will, hat ihre Theologie an Universitäten und staatlich anerkannten Hochschulen nichts mehr zu suchen.
Aufgrund der letzten Vorfälle werden jetzt auch öffentlich wieder die Fragen gestellt:
Ist die katholische Theologie überhaupt eine Wissenschaft, die in ihrer kirchenrechtlichen Form und aufgrund des Konkordates an eine staatliche Universität gehört?
Die Liste der bei Päpsten angeklagten katholischen Theologen allein seit 50 Jahren, also nach dem 2. Vatikanisches Konzil, ist endlos lang.
Siehe hierzu auch:
„ Es ist notwendig, die katholische Theologie aus der Bindung ans kirchliche Amt zu befreien und katholische Theologie als „Religionswissenschaft des Christentums und des Katholizismus“ zu etablieren. Dadurch würden es keine theologischen Forschungsverbote mehr geben, etwa zur Unfehlbarkeit des Papstes…………
@Rivr Runner,ich hatte Pater Hagenkord so verstanden, dass es ihm erst mal PRIMÄR AUF HÖREN ankäme.-und nicht schon Rat-Schläge zu “Produzieren”…
meine Erfahrung ist eher so, dass es eine ORGANISCHE ENTWICKLUNG gibt, wenn (Möglichst alle (viele) aufeinander HÖREN!!-
ich denk an ein gutes Orchester mit “SEINEM ” Klang..
und der entsteht wenn die Musiker die UNTERSCHIEDLICHSTEN Instrumente mit ihrem ganzen “Können” spielen
aber Gesamtensemble gehört eben nicht nur das Blech, die Bässe etc, ABER AUCH die Triangel( bzw. Vergleichbares) !
ohne das Ohr auch beim anderen zu haben, ist alles vergebliche Liebesmüh..
Die Dirigentin, der Dirigent soll selbst AUCH als HÖRENDER seinen wichtigen Beitrag leisten-
der vor einigen Jahren verstorbene Claudio Abbado war so “Durchlässig”, der hat wunderbare klänge aus der Partitur ENTSTEHEN LASSEN..
also ich denke NICHT GEBRAUCHSANWEISUNGEN sind Lösungen,
aber fundierte Denkanstöße, die DANN in der Diözese in der Pfarrei usf.
REGIONAL und doch in einem FREIEN GROSSEN GANZEN
GEBOREN und GELEBT werden können..
@ Ullrich Hopfener
Pater Hagenkord hatte doch selbst in seinem Artikel geschrieben, dass sich nach der Phase des Hörens nun die Frage „was tun?“ stellt.
Mit einem „Unfehlbarkeitsdogma“ sehe ich keine “organische Entwicklung”. Ich kann daher Ihrer Argumentation oben nicht folgen.
Und wenn Sie Papst Franziskus mit dem Musiker Claudio Abbado vergleichen, kann ich dem auch nicht folgen, allein in den letzten Tagen ist es ja in Rom zu erheblichen Misstönen gekommen:
„Wären die Diskussionen um Pater Wucherpfennig nicht schon genug, sorgt Franziskus selbst für weiteres Kopfschütteln weltweit. Sein Vergleich von Abtreibungen mit Auftragsmorden löste heftige Reaktionen aus. Mag die katholische Kirche kategorisch gegen Abtreibung sein, so ist ein derartiger Vergleich dennoch inakzeptabel. Einmal mehr hat sich der Papst in der Wortwahl vergriffen.“
http://blog.zdf.de/papstgefluester/2018/10/11/diskussionen-zum-thema-homosexualitaet/#comments
Vor einigen Jahren hatte Papst Franziskus doch selbst gesagt:
“Ich glaube nicht, dass man vom päpstlichen Lehramt eine endgültige und vollständige Aussage zu allen Fragen erwarten muss.”
Da sich Franziskus allein in den letzten Tagen der Bischofssynode zum Thema „Frauen“ und zum Thema „Homosexualität“ offensichtlich geirrt hat, kann er das erzreaktionäre Dogma, das ihm die absolute Befehlsgewalt innerhalb der katholischen Kirche verschafft, doch gleich abschaffen.
Zu weiteren Argumenten siehe auch:
18. Juli 1870 – Papst verkündet das Dogma der Unfehlbarkeit
https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-354.html