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Das Denken im Internet: Ein Interview

Veröffentlicht am 20. September 201120. September 2011

Eine der Herausforderungen der Woche wird das Hören und das Denken sein. Bekommt der Papst, wenn er nach Deutschland kommt, überhaupt die Chance, gehört zu werden, oder sind die Meinungen schon fertig und gebaut? Und selbst wenn das eine Überzeichnung sein sollte: Haben wir die Kapazität, über einige wenige Schlagworte hinaus zu lesen und zu denken? Und wenn die Antwort darauf “ja” ist, dann gilt die Anschlussfrage: Geht das auch im Internet?

Dazu ein Interview mit jemandem, der das Geschäft schon seit längerem betreibt, ein Berliner Blogger, Autor und ehrenamtlicher Katechet. Der letzte Artikel, den im Blog gelesen habe, hatte über 18.000 Anschläge (Papst der Vernunft), für das Netz schon eine Herausforderung. Ein Interview:

 

Sehr geehrter Herr Bordat, Sie führen ein Blog zu Christentum, Existenzialismus und anderen intellektuell anspruchsvollen Themen. Gibt es dafür im Internet ein Publikum?

 

Ja, offensichtlich schon, denn die Zugriffszahlen entwickeln sich sehr positiv. Ich erhalte auch viele Rückmeldungen zu den Texten in meinem Blog. Das zeigt mir, dass sie wirklich aufmerksam gelesen werden. Allerdings ist es schwierig (zumindest für mich), komplexe, anspruchsvolle Themen wirklich „web-adäquat“ darzustellen, d.h. in der gebührenden Genauigkeit bei gleichzeitiger Berücksichtigung der doch erheblich eingeschränkten Aufmerksamkeitsspanne. Denn das Publikum ist im Internet grundsätzlich ungeduldiger als in der Bibliothek. Ein Kritikpunkt an meinen Texten ist denn auch deren Ausführlichkeit. Ich komme als „digital immigrant“ halt vom klassischen 15-Seiten-Aufsatz und muss mich da manchmal etwas bremsen. Ich will aber auch gezielt einen Gegenpol setzen zu unserer 140-Zeichen-Welt, in der man meint, komplexeste Dinge in einen plakativen Slogan fassen zu können. Ich bemühe mich aber gerade auch bei schwierigen Themen um eine einfache Darstellung. Darin sehe ich auch die Aufgabe des philosophischen und theologischen Bloggens.

 

Sie tun das vor dem Hintergrund Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Pastoral; kann man heutzutage mit intellektuellen Themen punkten? Gibt es dort Raum für Denken und Intellektualität? Oder ist das Pragmatische und Strukturelle nicht zu übermächtig?

 

Das wäre schlimm, wenn die Praxis jede Theorie verdrängen würde! Denn als Katechet habe ich die Erfahrung gemacht, dass Pastoral gar nicht anders geht als dadurch, dass man den Menschen unseren christlichen Glauben katholischer Prägung in seiner ganzen Fülle anbietet. Dazu gehören Praxis und Theorie. Gottesdienst und Bibelkreis, Suppenküche und Kirchenvorstand, fröhliche Geselligkeit und tiefschürfende Gespräche – das ist Katholizismus. Keineswegs also nur äußerliche Dinge, sondern ein großer Raum für Denken und Intellektualität, wie Sie es nennen. Gerade junge Menschen – ich mache ja Firmkatechese mit Jugendlichen – sind sehr offen für (religions-)philosophische und theologische Diskussionen.

 

Man muss natürlich aufpassen, dass es nicht zu kopflastig wird. Die Kirche ist ja nicht in erster Linie ein Debattierclub, wo man über interessante Fragen spricht, um ein wenig Zerstreuung zu haben, ansonsten aber innerlich indifferent bleibt. Nein, unser Glaube verlangt eine Entscheidung, jenseits von Praxis und Struktur, aber auch jenseits der Theorie. Denn Philosophie und Theologie, so klug sie auch sein mögen und so weit sie auch ausgreifen mit ihren Fragen, können den persönlichen religiösen Glauben nicht vollständig einholen, sondern nur reflektierend begleiten. Das muss klar sein. Der Katholizismus hat es ja immer gut verstanden, Reflexion und Devotion zu einen, das muss auch weiterhin so sein. Die Erfahrung, still zu werden, sich ins Gebet zu versenken ist ebenso wertvoll wie die Erkenntnis, die man in intellektuellen Auseinandersetzungen mit Fragen von Schöpfung und Evolution, Heil und Leid, Gnade und Natur gewinnt, aber auch in Gesprächen zu Themen wie der katholischer Soziallehre oder der katholischen Sexualmoral. Da muss man als Katechet offen sein für die Fragen der jungen Menschen, die aber auch offen sein sollten für die Antworten der Kirche.

 

Auch „gestandene Gemeindemitglieder“ suchen immer öfter das Gespräch, um ihren Glauben auf eine höhere Ebene zu hieven und zugleich auf den sicheren Boden der Begründetheit zu stellen. Sie ringen um Rechtfertigung, zumal in der Berliner Diaspora. Das ist gut, denn nur ein Glaube, der durchwebt ist von Wissen und Erkenntnis, kann auf lange Sicht tragen. Glaubenskurse, die etwa die Sakramente der Kirche erklären, und Bibelkreise, in denen kritische Fragen und persönliche Erfahrungen willkommen sind, erfreuen sich großer Beliebtheit. Ich selbst versuche mit einem Philosophischen Café zu der offenen Gesprächskultur in meiner Berliner Gemeinde St. Norbert (Dekanat Schöneberg-Tempelhof) beizutragen. Da diskutieren wir dann über ethische Fragen unserer Zeit und über andere Dinge, die (nicht nur) katholische Christen heute bewegen.

 

Am Donnerstag dieser Woche kommt mit Papst Benedikt XVI. jemand in die Stadt, für den Denken und Glauben zusammen gehören. Wir sehen Sie die Chance, dass über das mediale Gewimmel hinaus seine intellektuellen Inhalte – die ja immer einen gewissen Anspruch haben – gehört und diskutiert werden?

 

Sie sagen es, und genau das ist ja von großer Bedeutung: die Vermittlung von Denken und Glauben, von Religion und Wissenschaft als Modi menschlicher Vernunft. Das brauchen wir heute vielleicht mehr denn je. Gerade hier hat uns der Papst viel zu sagen. Ich hoffe daher, dass die Inhalte seiner Reden und Predigten überhaupt gehört werden, um dann vernünftig diskutiert werden zu können. Zudem hoffe ich, dass diese Diskussion sachlich und konstruktiv ist. Die Medien haben daran freilich einen gehörigen Anteil. Ich hoffe, dass nicht nur über Gegendemonstrationen oder die Speisekarte beim Mittagessen berichtet wird, sondern die inhaltlichen Beiträge ausführlich dargestellt und kompetent rezensiert werden.

 

Ich glaube, dass Benedikt die Gabe hat, seine tiefen Gedanken, die tatsächlich – wie Sie richtig sagen – einen gewissen Anspruch haben, in einer klaren und verständlichen Sprache auszudrücken, die Niemanden ausschließt. Das ist ja die große Chance des Benedikt-Pontifikats, dass ein bedeutender Theologe auf dem Stuhl Petri sitzt und der ganzen Kirche – also nicht nur einigen Intellektuellen, die den Weg in den Hörsaal gefunden haben – den katholischen Glauben vermittelt.

 

Aber man muss sich natürlich auch von Seiten der Rezipienten um Verständnis bemühen, gerade auch als kirchenkritischer Mensch. Dazu gehört, die katholische Position des Papstes auch mal aus Sicht des katholischen Glaubens zu rekonstruieren, dem man sich damit ja noch nicht in allen Aspekten anschließen muss, dem man damit aber vielleicht wieder so respektvoll zu begegnen lernt, wie man Positionen, die man nicht teilt, in einer pluralen Gesellschaft begegnen sollte. Das gilt z.B. für die katholische Sexualmoral, die sich aus der allgemeinen christlichen Ethik und der biblisch fundierten Anthropologie stringent ergibt. Da geht es dann bei genauer Betrachtung eben mehr um Schöpfungstheologie, um Personalität und um Würde als um Lustfeindlichkeit, Gängelung und Macht.

 

Was Benedikt sonst – übrigens schon, als er noch Kardinal Ratzinger war – an vernünftigen Thesen zu Wirtschaft und Politik, aber auch zu Wissenschaft und Kultur in unsere Zeit hinein spricht, ist für alle Menschen von Bedeutung, katholisch oder nicht. Es sollte deshalb besonders aufmerksam gehört und besonders engagiert diskutiert werden. Ich freue mich jedenfalls auf die Beiträge des Heiligen Vaters und auf offene, faire Debatten zu dem, was er uns – uns Katholiken, uns Christen, uns Deutschen – zu sagen hat.

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Kategorien Allgemein, Interview, Kirche und Medien
Schlagwörter Berlin, Blog, Denken, Deutschlandreise, Internet, Papstbesuch, Vernunft

Ein Gedanke zu “Das Denken im Internet: Ein Interview”

  1. Jan sagt:
    26. September 2011 um 15:14 Uhr

    Netter Blog, ich komme ab jetzt regelmaessig

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