Und gleich noch mal das Thema Barmherzigkeit: Es ist halt das Thema des Heiligen Jahres. Und die Debatten hier auf dem Blog haben gezeigt, dass das ganz und gar kein harmloses Thema ist.
Im Oktober werden sicherlich zu den Herbstferien noch einmal viele Pilger nach Rom kommen, unter anderem ganze Bistumsfahrten, etwa aus den Bistümern Köln und Essen. Und sich die Frage stellen, was es denn in ihrem Leben mit der Barmherzigkeit so auf sich hat.
Im Sommer habe ich einfach mal herum gelesen, Autoren, Theologen, und natürlich in der Bibel. Bei einer Stelle musste ich laut auflachen, sie ist mir fast zufällig in die Hände gerutscht, als ich das Wort „Barmherzigkeit“ nachgeschlagen habe.

David hat mal wieder gesündigt, ein nicht wirklich seltene Situation. Statt auf Gott zu setzen hat er das Volk zählen lassen, er hat kalkuliert statt zu vertrauen. Volkszählungen sind – das wissen wir nicht erst seit Big Data – Machtfragen, und hier hat er dann doch lieber auf seine eigene als auf die Gottes vertraut, berichtet die Bibel.
Nun bekommt er es mit dem Propheten Gad zu tun (2 Samuel 24:11-14): „Als David am Morgen aufstand, war bereits folgendes Wort des Herrn an den Propheten Gad, den Seher Davids, ergangen: Geh und sag zu David: So spricht der Herr: Dreierlei lege ich dir vor. Wähl dir eines davon! Das werde ich dir antun. Gad kam zu David, teilte ihm das Wort mit und sagte: Was soll über dich kommen? Sieben Jahre Hungersnot in deinem Land? Oder drei Monate, in denen dich deine Feinde verfolgen und du vor ihnen fliehen musst? Oder soll drei Tage lang die Pest in deinem Land wüten? Überleg dir sehr genau, was ich dem, der mich gesandt hat, als Antwort überbringen soll. Da sagte David zu Gad: Ich habe große Angst. Wir wollen lieber dem Herrn in die Hände fallen, denn seine Barmherzigkeit ist groß; den Menschen aber möchte ich nicht in die Hände fallen.” Also entscheidet er sich für die Pest.
Lieber die Pest als der Mensch
Eine krasse Stelle. Aber die Sinnspitze ist eindeutig – und auch ein wenig ironisch. Lieber auf Gott setzen, denn auf die Barmherzigkeit der Menschen. Denn auf die kann man nicht bauen, meint David. Wenn die Feinde einen erst einmal verfolgen und dazu drei Monate Zeit von Gott bekommen, dann ist es abschließend mit der Barmherzigkeit nicht weit her.
Barmherzigkeit ist ein „Name Gottes“, wir vermuten beim Nächsten eher weniger davon. Einsicht in das menschlich-allzu-Menschliche? Lebensweisheit? Oder wie bei David Angst? Immerhin geht es ja auch bei Gott um Strafe, oder um eine Konsequenz aus dem eigenen Fehlverhalten, die David sich „auswählen“ muss.
Vielleicht liegt hier die eigentliche Ironie der Geschichte. Er, der auf sich selbst – also einen Menschen und menschliche Fähigkeiten und Macht – gebaut hatte, will was die Konsequenzen seines Tuns angeht dasselbe lieber nicht haben. Bloß nicht! möchte man mit ihm ausrufen. Als er sich stark fühlt, streckt er die Brust raus und lässt die Macht spielen. Als das schief geht, geht es kleinlaut Heim zu Gott.
Der Welt ginge es besser, wären wir barmherziger, so viel ist sicher. Bei Gott hingegen kann man auf diese Barmherzigkeit bauen, wie der Psalmist sagt: „Sei mir gnädig, Gott, nach deiner Gnade; tilge meine Vergehen nach der Größe deiner Barmherzigkeit!“ (Psalm 51,3)
Schön! und ja so ist es.
Zur Ergänzung: das steht schon in Psalm 2 „Besser sich zu bergen beim Herrn, als auf Menschen zu bauen. Besser sich zu bergen beim Herrn, als auf Fürsten zu bauen!“
Wie viel Leid haben Menschen über Menschen gebracht, gerade weil sie doch die Lage der Menschen insgesamt verbessern wollten und deshalb, irgendwann an den Punkt kamen, Macht zu haben und anfingen all die zu massakrieren, die ihnen, angeblich oder auch wirklich, im Wege standen.
Das Böse ist keine eigenständige Kategorie, es ist das schlecht gewordene Gute und manchmal frage ich mich, ob die Buddhisten mit ihrer Idee, „am besten ist es keine Handlungen mehr zu setzen, die Folgen haben!“ nicht einfach resigniert haben, aufgrund der Erfahrung wie viel Leid aus dem Versuch es gut zu machen folgen kann.
Von daher ja ist es besser Gott in die Hände zu fallen, der einfach so gut ist, dass seine Güte nicht schlecht werden kann,
Aber was geschehen ist, als Gott sich in die Hände der Menschen begeben hat, das feiern wir in jeder Eucharistie, und unter diesem Gesichtspunkt, müssten einem bei jeder Kommunion, die Hände zittern, wenn man DEN HERN dahinein empfängt.
Das haben Schön formuliert, Ester, besonders den letzten Abschnitt.
..“und gleich nochmal das Thema Barmherzigkeit“
JA und nochmal JA!
Barmherzigkeit ist nun mal die VISITENKARTE des gelebten Evangeliums- UNTRENNBAR verbunden- mit dem „Grundgesetz“ des Evangeliums – also den Seligpreisungen!
„kein Mensch hat Gott je gesehen..“
auch Jesus kannten UNMITTELBAR nur seine Gefährtinnen und Gefährten , so auch seine damaligen Widersacher ja und die ,welche ihn einfach nur zur Kenntnis nahmen..
wenn man selber die Seligpreisungen „erfahren“ hat, ja dann bildet sich auch das „Gesicht“ Jesu heraus -vielleicht hat schon jemand einen Bildhauer bei der Arbeit beobachten können..
und diese „Litanei“ von Franziskus,uns das immer wieder zu wiederholen und zu variieren – ( an die Ränder gehen usf. usf.) – ist deswegen DAS LEBENSELEXIER DES CHRISTEN!!
und manchmal hat man auch hier den Eindruck-besonders bei einigen „Rechtgläubigen“ dass irgendwelche anderen „Formalien“ wichtiger seien..
Ich muss schon sagen …..
Je öfter Sie mich auf dieses Thema stoßen, um so mehr erahnen ich, wie wirklich es wohl ist.
Zur Zeit beschäftigt mich der Umgang mit mir sebst. Ich durfte in meinem Urlaub erfahren, wie wohltuend es ist meine eigenen Ansprüche an mich selbst mal los zulassen.
Ich glaube ich muss nich unbedingt anderen Menschen in die Hände fallen. Ich kenne es von mir, wie unbarmherzig ich mit mir sebtumgehen kann. Wahnsinn …..
@Eskilcgn: DIESE Offenheit und Ehrlichkeit gefällt mir!
Na jetzt bekomme ich aber rote Ohren.