Teil 2 einer kleinen Reihe
Das zweite Element, das ich unter dem Begriff des Franziskus Effektes sehe, ist die Reform, das Lieblingsthema unsere Medien, wenn es um den Papst geht. Damit wird meist die Kurienreform gemeint, Kardinäle, Vatileaks, Bürokratie, Vatikanbank und so weiter. Und das ist auch alles richtig und wichtig und gut. Aber es geht an der eigentlichen Absicht des Papstes vorbei.
Lesen Sie die Rede von Kardinal Bergoglio beim Vorkonklave: Wir müssen die Türen der Kirchen aufmachen, um Jesus hinaus zu lassen, hatte er damals gesagt.
Hören Sie nach, was er auf Lampedusa gesagt hat: 20.000 Menschen sterben, und wir weinen noch nicht einmal mehr. Oder jetzt, vor einigen Tagen, auf den Philippinen: nur mit Augen, die von Tränen gereinigt sind, erschließt sich die Welt. Das klingt in unseren Ohren vielleicht sprachlich pathetisch, ist aber nicht von der Hand zu weisen. So in etwa hat er sich auch letztes Jahr in Yad Vashem ausgedrückt.
Oder nehmen wir das jüngste Reform-Beispiel: Die 15 Krankheiten. Nehmen wir gleich die erste, nämlich die, sich für unentbehrlich zu halten, keine Selbstkritik zu üben. Ich zitiere den Papst: „Ein gewöhnlicher Friedhofsbesuch könnte uns dazu verhelfen, die Namen vieler Menschen zu sehen, von denen einige vielleicht auch meinten, unsterblich, immun und unentbehrlich zu sein!“.. und so weiter. Abgesehen davon, dass ich mehrere Beichtväter kenne, die einen Friedhofsbesuch gerne empfehlen, um den eigenen Hochmut zu kurieren und der Papst hier also eine pastorale Perspektive hat, und abgesehen von dem Witz, der auch da drin steckt, sieht man deutlich, wo Reform ansetzt: Bei mir. Nicht in bei denen, nicht dort, nicht da wo wir immer schon das Üble vermutet haben, sondern bei mir. Das gilt auch für die Kurie, das gilt auch für Klerikalismus und so weiter.
Jenseits bürgerlicher Religion
„Deshalb sollten wir auch jenen Mangel an Bußfertigkeit und Selbstkritik, den wir in der Kirche, speziell bei unseren kirchlichen Amtsträgern, beklagen, wenigstens bei uns selbst überwinden.“ Das ist nicht Papst Franziskus, das ist Johann Baptist Metz 1980, also europäische Theologie. Oder hier: „Das eucharistische Tischtuch zwischen und und den armen Kirchen (ist) zerrissen, weil wir ihnen in ihrem Elend und ihrer Unterdrückung nicht mit unserer Umkehr beistehen und weil wir uns weigern, auf das zu hören, was als Prophetie des gemeinsamen Aufbruchs aus diesen armen Kirchen zu uns dringt.“ Wieder Johann Baptist Metz aus seinem Buch „Jenseits bürgerlichen Religion“. Das klingt wie O-Ton Franziskus und fasst das auch sehr gut zusammen: Wer Jesus nicht mit den Augen der Armen sieht, versteht ihn nicht, versteht Gottes Selbstoffenbarung nicht. Wir müssen auf all die Dinge achten, die uns daran hindern, das zu tun.
Als da sind: Karrierismus, Korruption, Neo-Gnostizismus, Neo-Pelagianismus, Marta-ismus also Aktivismus ohne Geist, Versteinerung, Ästhetizismus, Funktionalismus, NGO-sein, und die Lieblingssünde des Papstes: Gerede, Klatsch und Tratsch.
Da geht es zuerst um mich, oder anders formuliert: Das ist zuerst ein zutiefst geistliches Sprechen, was wir hören.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Reform der Kurie samt Vatikanbank und so weiter ist wichtig, ohne Zweifel und die Wahl von Kardinal Bergoglio hat viel damit zu tun, dass die Kardinäle einen starken Mann wollten, der dort reformiert. Es hat ein Reformprogramm. Aber dahinter steckt eine geistliche Botschaft, ohne die das alles funktionalistisch wäre, leer.
Eine theologische Grundeinsicht, die bei Papst Franziskus dominant ist, möchte ich hier anführen. Sie ist zutiefst biblisch und deswegen nicht neu, wir brauchen sie aber, um die das zu verstehen: Gott ist immer der zuerst Handelnde. Nochmal: Das ist nicht wirklich originell, sondern eine der Grundlagen christlichen Denkens und Betens, aber es scheint dem Papst notwendig, es immer und immer wieder zu erwähnen.
Reform zuerst in mir selbst
Dahinter steckt eine geistliche Einsicht: Allzu gerne verlassen wir uns auf uns selber oder lassen unsere eigenen Wünsche in den Vordergrund rücken. Im Innern ahnen wir, dass das alles uns überfordert und das sich Einlassen auf Gott scheint zu unsicher, da verlassen wir uns doch lieber auf uns selber. Dabei ist genau der Ort der Schwäche der Ort der Begegnung mit Gott, in einer Predigt zum Beginn des Advent nannte Papst Franziskus das den „Dialog zwischen unserer Schwäche und Gottes Treue“. Dorthin kommt Jesus, um zu erlösen, nicht zu unseren Stärken, sondern zu unseren Schwächen, der Sünde. Franziskus benutzt dazu ein erfundenes Wort, Buenos Aires ist berüchtigt für die Kunst, Worte zu erfinden. Er nennt es primarear. Oder klassisch-theologisch formuliert: Gnade.
Alles vom Papst Kritisierte, die vielen -ismen die Fehlformen des Glaubens wie geistlicher Subjektivismus oder der Glaube an die eigenen Fähigkeiten, all das ist letztlich nichts anderes als ein sich abwenden von diesem Prinzip des Vorrangs der Gnade. Es sind geistlich gesprochen Versuchungen, in die wir fallen. Weil es aber Versuchungen sind, können wir sie erkennen und geistlich Gegenmaßnahmen ergreifen.
Ganz besonders deutlich wird das beim Sprechen über die Themen, welche die meiste Aufmerksamkeit erhalten haben, eben den Reformthemen. So begeistert wir auch über Reform sprechen, so betont der Papst immer und immer wieder, dass sich alles am Willen Gottes für uns und damit letztlich an der Weitergabe der Frohen Botschaft ausrichten muss.
Die radikalere Reform
Das dient nicht der Ruhigstellung, sondern ist im Kern noch viel radikaler als das, was wir uns selber ausdenken können. Radikaler, weil es über die innerweltlichen Taktiken und Notwendigkeiten hinaus geht und zu Kreativität aber auch zum Risiko einlädt. Das Wort Gottes trägt in sich Anlagen, die wir nicht voraussehen können (EG 23), wir werden überrascht von der „beständigen göttlichen Kreativität“ (EG 11). In Evangelii Gaudium spricht Franziskus auch von gesprengten Schablonen des Denkens und übertroffenen Prognosen. Jede Veränderung geht also nur mit ständigem Bezug auf Gottes „Zuerst“, wenn sie wirklich radikal und umfassend sein soll und über unsere eigenen Vorstellungen hinausgehen will.
Wer wirklich verändern will der kann das nur von Gott her tun, aus der Begegnung mit Jesus Christus. Und diese Begegnung hat dann eine Kraft, die wir selber nicht mehr kontrollieren können: „Der Sohn Gottes hat uns in seiner Inkarnation zur Revolution der zärtlichen Liebe eingeladen“ (EG 88).
Was ist hier die Wirkung?
Werden wir missionarische Jünger? Gelingt es uns, uns selbst wandeln zu lassen? Von Gott, nicht selbst? Diese Fragen kommen mit Wucht auf uns zu und wenn wir sie ignorieren, ignorieren wir das, wofür dieser Papst steht.
Ich bin mir nicht sicher, ob es Ignatius war, von dem der Satz stammt, man müsse so handeln, als ob alles an einem selber liege, aber dabei wissen, dass alles an Gott liegt. Ich denke, dass ist eine der wichtigsten Einsichten, die die reformatio der Kirche und des einzelnen Kirchengliedes ausmacht. Nur wenn ich mich ganz frei mache für Gott, dann kann Gott sein ganzes Wirken auch in der Kirche entfalten.
Ja, dass stimmt! Nur dann wenn man sich frei macht für Gott, kann ER sein Wirken in der Kirche ganz entfalten. Aber warum lassen wir Gott, ich eingeschlossen, so wenig Entfaltungsraum in unserer Kirche? Unsere“ Kirche ist lustfeindlich, frauenfeindlich, undemokratisch, hierachisch unterdrückend, veraltet, Romzentrisch.“ (M.Lütz). Das fatale an diesen Argumenten, man braucht noch nicht einmal Beweise zitieren. Es ist eben so! Und das schon lange so. Es braucht noch nicht einmsl neue Argumente und so demotieren wir nicht nur unsere Kirche, uns selbst, sondern auch Gott! Dies geschieht ohne das dies uns vielleicht selbst bewusst wird oder eine schlechte Absicht haben. Aber es geschieht. Im Grunde genommen ist unsere Kirche eine “ Vaterlose“ Kirche geworden. Eine Kirche die lieber alles selber in die Hand nehmen will, als auf Gott zu vertrauen. ER ist es der unsere Kirche leitet. Und schon höre ich denn Chor der Intoleranz der Toleranten schreien: Aber wir müssen doch etwas tun, sonst ändert sich nie etwas“. Das mag zum Teil auch stimmen. Was mir Ängste bereitet, dass sich innerhalb unserer Kirche eine Art „Brechstangenmentalität“ etabliert hat. Kirchliche Probleme werden immer schneller zu Lösungsorientierung verwandelt. Wer bleibt auf der Strecke? Nicht nur unsere Institution, wir selbst sondern auch Gott.
Lieber @Konstantin: eine vaterlose Kirche????? Gott ist unser Vater, den können Sie nicht mal soeben streichen!!!! Ich habe also einen ewigen Vater und unsere Kirche auch. Nix für ungut….
Lieber Chrisma, ich verstehe ihre erste Reaktion. Aber verstehen Sie mich bitte, dieses „Vaterlos“ habe ich nicht von ungefähr in Anführungszeichen gesetzt.Bitte lesen Sie das Vaterlose im Kontext des ganzen Kommentares. Mein ganzer Kommentar ziehlt darauf hin, dass wir eben nicht ohne den Vater im Himmel das „Schiff Kirche“ steuern können. In diesem Sinn, einen schönen Sonntag.
NACHTRAG
Es gibt eben in unserer Kirche unbestritten Tendenzen, die die Kirche selbst in die “ Hand nehmen wollen“, ohne auf die Botschaft des Vaters zu hören. Dies nenne ich „Vaterlos“. Ich nenne in unserer Kirche Strömungen „Brechstangenmentalitä“, und meine damit, dass rücksichtslos ohne auf das Wort des Vaters und somit auch der Kirche, neue gesellschaftliche Tatsachen auch in die Kirche übernommen werden sollen. Beispiele gibt es genung und die vergangene Bischofssynode hat gezeigt, welche Erwartungshaltung viele Gläubigen haben, die aber auf Grund der katholischen Prinzipien, sie konnen such sagen der Glaubenslehre, diametral entgegenstehen. Und trotzdem versucht man die unsere Kirche „gleich zu schalten“. Das geht nicht! Die Kirche ist keine Demokratie, dass man mal so eben schnell z.B. den Zölibat abschafft, gleichgeschlechtliche Verbindungen einfach mal zu Ehen erklärt. Und ich ich habe keine Homophobie……….Menschen die mit „biegen und brechen“ all dies einfach mal so in unserer Kirche ändern wollen, obwohl es wirklich Probleme unserer Zeit sind, aber manchmal die Verantwortung vor Gott und der Lehre unserer Kirche , auf den Kopf stellen, dass nenne ich Vaterlos. Man löst sich los von der Kirche und man löst sich los vom Vater – Vaterlos.
@Konstantin Das Kirche keine Demokratie ist klar aber weshalb könnte sie denn keine sein? Wenn ich mir so die Geschichten, Gleichnisse ansehe die Christus seinen Jüngern sagt meine ich das sein Bemühen doch sehr demokratisch ist. Weshalb denken sie das manche die Lehr auf biegen und brechen ändern wollen und so manches komplett abschaffen, könnte nicht alles nebeneinander bestehen, könnte Gott nicht wollen das alle Menschen glücklich sind indem sie so leben wie sie es gerne möchten. Jedem seinen freien Willen.
Noch etwas sind es wirklich Probleme unserer Zeit? Das denke ich nicht es sind Probleme aller Zeiten, jeder Generation es stellt sich nur in jeder Generation etwas anders da, immer dem Entwicklungsstand gemäß.
Reform in uns selber, ja in jedem einzelnen sollte sie beginnen und der Reformator ist Gott. Von Ihm her kommt das gelingen und vollbringen. Hier in Europa und weltweit. Wie ich immer schreibe ist dieser Reformprozess ein langer Weg jedes Einzelnen und ist dann abgeschlossen am Friedhof, am Ende des Lebens.
Jedoch kann ich das so nicht sehen weder in Europa, Deutschland noch sonstwo wird dieser Franziskus Effekt so verstanden. Genauso wie es diese Art von Reformeffekt auch bei Benedikt XVI gab und nicht verstanden wurde. Liegt sicher daran das die Menschen nicht ernstgenommen werden bzw. nur ernstgenommen werden wenn sie in ihrer Armut und Schwachheit noch mehr Armut produzieren. Eine europäische Armut ist wer darauf pocht das Bundesrecht gültiges Recht ist und Kirchenasyl sollte abgeschafft werden. Schafft man damit nicht auch Kirche ab, gilt die deutsche Kirche nur für deutsche und ihre Kultur? Hat man da Franziskus verstanden mit dem gehen an die Ränder, auf Lampedusa, das Mitweinen oder bin ich nun schon wieder zu naiv und komme von einem andern Stern.
@KRP So klar scheint es nicht, dass die Kirche keine Demokratie ist. Sonst würde es nicht immer und immer wiederholt und betont. Zuletzt tat dies auch Papst Franziskus. Und die Befürworter tun dies auch und das schon seit Jahren. Ich erinnere mich nur an den Entwurf von 1999 „Verfassung für die kath. Kirche“. Nachzulesen unter
http://www.wir-sind-kirche.de. Dieses Positionpapier hat Aktualität nichts verloren. Das die RKK ein Demokratiedefizit hat ist tief verwurzelt und scheint in den „Genen“ unserer Kirche zu leben. Ich stimme Ihnen völlig zu, dass „nicht alles nebeneinander bestehen…..jedem nach seinem freien Willen“. Für mich bleibt es aber eine Utopie, weil diese Gedanken so fantastisch sind, dass sie niemals verwirklicht werden können. Wie lange reden wir den schon über z.B: über eine „gerechte „Gesellschaft“, „alle Menschen sind gleich“ u.s.w. Papst Franziskus wird nicht müde seit 2013 die Würde des Menschen, insbesondere die am Rande unserer Gesellschaft anzumahnen. Ich bin einer, der das Glas Wasser immer halb leer sieht. Es wird eine Utopie bleiben und das ist gut so, denn sonst würden eines Tages vielleicht aufgeben und das „Handtuch werden“, wenn wir nicht immer und immer wieder dieser Utopie „hinterherjagen“. Der Mensch steht sich selbst im Weg mit seinen Allmachtsphantasien! Schauen sie sich die geopolitische Situation in Europa an. Sie birgt den Sprengstoff eines neuen Krieges in sich. Schauen sie sich die Flüchtlingsströme weltweit an. Sie verlieren ihr Leben nicht nur im Meer, eines Tages werden sie uns „überrollen“. Das alles hat auch mit unserem Demokratieverständnis zu tun und von welcher Demokratie sprächen wir? Schauen sie sich doch die Demokratien unser Welt an. Demokratie definiert sich doch in grossen teilen über Mehrheitsverhältnisse. Eine gute Demokratie muss eine Gesellschaftsordnung sein, in der Entscheidungen nicht nur mit Mehrheitsabstimmungen gefunden wird. Wenn nicht, ist es eine Dikatur oder nur ein System um unterschiedliche Gross-Gruppen-Interessen zu regeln auf Kosten der Kleinen, der Armen, der Randgruppen, der Menschen an der “ Peripherie“. Eine Demokratie braucht eine Werte-Ausrichtung auf das ganze der Gesellschaft. Viele in unserer Kirche meinen (zum Teil zu recht) das die Kirche nicht auf der Höhe der zeit und ihre Strukturen und Autoritätverständnis auf die Menschen gängelnd, bevormundend und wenig hilfreich für die Probleme und Fragen der menschen unserer Zeit sind (zum teil stimme ich dem auch zu). Die Kirche müsste zeigen, dass echte Demokratie eine Glaubenssache darstellt.Das es dabei um universelle Werte gehen muss, die niemanden ausschliessen, die also eine ähnliche Struktur haben müsste, wie das „Katholische“(das Allumfassende) des christlichen Glaubens. Die Realitäten sehen aber anders aus. Nehmen wir Europa, da wird der christliche Glaube zur zeit Stück für Stück „demontiert.“ Schauen sie sich die Austrittszahlen an. In unseren europäischen Demokratien kann der Mensch nicht nach seinem freien Willen und Glauben leben. Der Glaube wurde und wird mehr und mehr beschnitten, er fällt in die Bedeutungslosigkeit von mehr und mehr Menschen.Es gibt ein christliches „Land Utopia“, aber nicht gebaut auf einer Demokratie – Glaubensdemokratie??????
Nachtrag
Das keine Missverständnisse aufkommen, was meinen doch langen Kommentar anbetrifft. Ich sehe die Herausforderungen unserer Kirche. Ich sehe auch, dass es tiefgreifende, strukturelle Reformen in unserer Kirche geben muss!!!! Ich hoffe, dass Papst Franziskus nicht scheitert mit seinem pastoralem Ansatz, an Probleme heranzugehen (ich hoffe mit weniger „Fettnäppchen“). Ich habe Befürchtungen, dass dies ihm verunmöglicht wird aus den „eigenen Reihen“. So hat mich heute z.B. sehr gefreut, das der Papst sagte, die Kirche sei weiblich. Aber das nur so neben bei.
Wieso soll es in der Kirche nicht möglich sein demokratische Strukturen zu haben? Das verstehe ich nun nicht wirklich. Weshalb soll es eine Utopie sein. Ist bei Gott nicht alles möglich und ist das dann nicht der Grund das der Mensch bzw. wir alle zu wenig Glauben haben um eine bessere Welt zu schaffen. Weshalb ist die katholische Lehre die allgemein richtige muss so eine Ausssage nicht automatisch zu Unstimmigkeiten führen mit anderen Glaubensrichtungen. Verstehen kann ich das nicht weshalb die Kirche nicht demokratisch sein kann…meines erachtens ist der Rücktritt von P. Benedikt sehr demokratisch und ein ganz großer Schritt in diese Richtung zu einer demokratischen Kirche. Genauso wie die ganzen doch so gewaltigen Predigten und Reden (Franziskuseffekt) genau in die Richtung geht ganz demokratischer zu werden, in dem jeder Einzelne damit anfängt. Ein Anfang wäre das jeder den anderen seinen Lebensweg gehen lässt, zur homogenen Ehe, zur gleichgeschlechtlichen oder auch zum Zöllibat , wie auch zum verheirateten Priester oder zu Frauen in ein kirchliches Amt. So ganz kann ich Ihnen nicht folgen in Ihren Ausführungen, hat Gott eine Utopie erschaffen? Das glaube ich nicht eher der Mensch.
@KRP Vielleicht habe ich mich zu undeutlich ausgedrückt. Die Utopie, von der ich spreche ist n i c h t bezogen auf das Thema der Demokratie. Ich bringe das Wort Utopie in Zusammenhang einer gerechteren Welt, die mit einer Demokratisierung der Kirche nicht zu verwirklichen ist, meine ich. Demokratie ist ein politisches System, mit freien Wahlen und einem Mehrheitsprinzip. das ist der Ausgangspunkt meiner Argumentation. Ich habe die Befürchtung, dass eine demokratische Kirche auf Mehrheitsentscheidungen beruht. Das widerspricht meiner Vorstellung von Glauben und Kirche. Natürlich ist bei Gott alles möglich, aber sehen Sie genau hin, was bei uns Menschen nicht möglich ist. Nehmen wir die Bergpredigt Jesu. Diese Ansprüche die Jesus dort an uns Menschen stellt, werden immer eine wunderbare Utopie bleiben, die immer nur zum Teil verwirklicht werden können, weil der Mensch nicht kann oder sogar nicht will, dass diese Verheissungen in Erfüllung gehen. Das „Betriebssystem Gott, wird durch das Betriebssystem Mensch“ ersetzt. Denn Demokratie kann auch eine Diktatur der Mehrheit sein. Sehen Sie auf uns beide, wir haben, so glaube ich verschiedene Grundwerte oder die Vorstellung davon. Grundwerte und die davon abgeleiteten Grundrechte dürfen nie durch Mehrheitsentscheidungen in Frage gestellt werden. Wenn es unserer Kirche gelingen würde, dass echte Demokratie eine Glaubenssache darstellt und es dabei immer um universelle Werte geht bin ich sofort dabei. Die Kirche müsste Vorbild sein, wie man eine Gemeinschaftsordnung entwickelt und diese nach aussen überzeugend dargestellt. Aber ich sehe das Gegenteil davon. Unsere Kirche „zerfleischt“ sich gegenseitig, weil grundlegende Regeln eines christlichen Lebens nicht eingehalten werden. Weil jeder auf sein individuelles Recht pocht. Sie selber zählen Probleme unserer „europäischen Kirche“ auf, die man immer wieder mantraartig aufzählt. haben wir den wirklich keine anderen Probleme als diese zu lösen. Gut, dass wir einen Papst haben, der vom „anderen Ende der Welt kommt“. Er zeigt uns auf welche Probleme dort zu lösen sind, wirklich existenzielle Probleme. Probleme die Menschen in ihrer Existenz bedrohen!!!!! Und wir streiten darüber ob WvG zur Kommunion gehen können. Ich würde keinen mit leeren Händen wieder zürück in die Bank schicken. Männer und Frauen sollen ihre Sexualität ausleben können, aber Ehe nenne ich es nicht. Alleine schon daher weil dieser Begriff historisch besetzt ist für eine ganz bestimmte Lebensform, die von Mann und Frau. Oder wie will man dies in Einklang mit der Bibel bringen. Darüber Abstimmen, wie in einer Demokratie. Die Utopie einer gerechteren Kirche, einer gerechteren Welt, nicht gebaut auf Sand sondern auf Fels. Deswegen bin ich noch dabei, bei dieser Kirche!
Ich selber habe nur aufgezählt was Sie oben schon aufgezählt haben. Ich denke Sie haben mich nicht verstanden und im übrigen habe ich ja auch geschrieben das es an den Menschen liegt das so vieles nicht funktioniert in dieser Welt. Deshalb sollte es auch so sein das die Reform in uns, in jedem Einzelnen beginnt.
Was ich immer aus den Predigten, Ansprachen von Papst Franziskus hinaushöre, ist die Bergpredigt. Und… was auch ganz wichtig ist, krempelt mal die Aermel hoch, helft denen die Hilfe brauchen. Es ist eine riesige Aufgabe, doch es lohnt sich, mal anzufangen….man fühlt sich angesteckt und hört nicht auf!
Das eine Tun, aber auf keinen Fall das Andere lassen. Wir müssen bei uns selbst anfangen und nicht ständig mit dem Finger auf die Kirche zeigen. Aber – und hier greife ich den Gedanken von Kardinal Marx auf: die Treppe wird von oben gefegt. Dank Franziskus hat es begonnen: das Pastoral der Zukunft. Sie stellen uns Pater Hagenkord Johann Baptiste Metz vor und damit die politische Theologie. Für mich die europäische Schwester der Theologie der Befreiung/Armut /der Teología del pueblo – verschiedene Gestalten, aber die grundsätzliche Aussage, dass sich die biblische Botschaft der Erlösung im armen Jesus von Nazareth ereignet hat und dass sie «gute Nachricht» vor allem für die Armen und Notleidenden ist. Richtig verstanden, hat ein kirchliches Engagement für die Armen, für Menschenrechte und Menschenwürde immer auch politische Konsequenzen. Das ist lebendig, wenn auch nicht konfliktfrei, in den Basisgemeinden in Lateinamerika, in meinem Leben war und ist es Peru. Jesus – das ist meine persönliche Erfahrung- ist dort näher, direkter bei den Menschen und der Ausdruck des Glaubens wesentlich fröhlicher und zupackender. Die Bibel warnt uns davor, Gottes Segnungen in Anspruch zu nehmen, ohne unsere Verpflichtung anzuerkennen, Gott so gut wie möglich zu dienen. Wir können nicht nur herumhängen und erwarten, dass Gott schon alles für uns erledigen wird. Wer sich von Jesus helfen lässt, der wird zu einer Hilfe für andere Menschen. Anderen helfen und mir von Jesus helfen lassen, das sind die beiden Pole meines Lebens. Das eine geht nicht ohne das andere. Jesus ist für uns doch eigentlich immerwährend sichtbar, bei uns alle Tage. Wir müssen ihn nur wieder „sehen lernen“.
Dieses verschwollene Gesicht,
schmutzig,
schweißbedeckt,
gezeichnet von Stürzen oder Schlägen –
ist es das Gesicht eines Trinkers, eines Bettlers,
oder stehen wir gar auf dem Kalvarienberg
und blicken dem Gottessohn ins heilige Antlitz?
(aus: Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen, Zürich 1981, 47)
Ich bin nicht damit einverstanden, wenn die von Papst Franziskus benannten Krankheiten auf alle Katholiken bezogen wird. Er hat diese Rede vor den Vertretern der Kurie gehalten, nicht vor dem Kirchenvolk. Er hat auch mit keinem Wort erwähnt, dass seine Rede allen gilt. Er hat die gemeint, die vor ihm saßen – und sonst niemand.
Und das liebe ich an diesem Mann. Er ist deutlich, nicht interpretationsbedürftig. Er spricht aus praktischer Lebens-Erfahrung und nicht nur mit theoretischem Katheder-Blick. Er ist kein reine-Lehre-Fetischist bis in die äußersten Verästelungen hinaus, sondern schlicht ein Mensch, dem nichts menschliches fremd ist.
Das stimmt so nicht. Er hat deutlich gesagt, dass das für alle Bistümer, Pfarreien und Gemeinschaften gilt. Übrigens auch schon in Evangelii Gaudium, wo er ähnliche Töne anschlägt.
„Liebe Brüder, diese Krankheiten und Versuchungen sind natürlich eine Gefahr für jeden Christen und jede Verwaltung, Gemeinschaft, Orden, Pfarrei und kirchliche Bewegung und können sowohl beim Einzelnen als auch in der Gemeinschaft vorkommen.“ (Übersetzung Radio Vatikan 23.12.2014)Dieser, der einzige, Satz kommt kurz vor Schluss. Vorher aber ist die Rede eindeutig adressiert. Eine „Gefahr“ und „können vorkommen“ bedeutet für mich und für die genannten eine Abschwächung, eine Möglichkeit die eintreten kann oder nicht. Die 15 Krankheiten werden im Absatz zuvor eingeleitet durch „Die Kurie ist gerufen, sich zu bessern, immer zu verbessern … Und wie jeder menschliche Körper ist sie (die Kurie) auch Krankheiten ausgesetzt, der Erkrankung und der Fehlfunktion. Hier möchte ich einige dieser möglichen Krankheiten nennen, kuriale (!) Krankheiten und Versuchungen …“. Hier steht also eine Diagnose eines kranken Körpers, genannt Kurie.
Sie verkennen das Genre des Textes: Das folgt einem klassischen Beichtspiegel. Die Krankheiten, die er nennt (er nennt sie übrigens „mögliche Krankheiten“) dienen zur Verbesserung. Hier geht es um die Aufforderung an den Einzelnen und die Institutionen, sich selbst gegenüber Rechenschaft abzulegen und dann zu sehen, wo Schwächen liegen.