Wir Jesuiten wählen uns einen neuen Generaloberen. Das ist insofern ungewöhnlich, als der letzte noch lebt. Auch dessen Vorgänger lebt noch, eigentlich sehen unsere Ordenssatzungen vor, dass dieses Amt auf Lebenszeit vergeben wird. Prinzipienstarre ist aber nicht gerade etwas, was man Jesuiten vorwerfen kann, und so werden die Regeln, die für andere Zeiten und Gesundheitssysteme gemacht waren, anders angewandt als früher.

Die Wahl bekommt eine gewissen Aufmerksamkeit. Zum einen, weil wir der größte Männerorden der Kirche sind, zum anderen, weil der Papst einer von uns ist. In deutschsprachigen Medien habe ich bislang noch wenig gefunden, aber vor allem in angelsächsischen Medien gibt es schon einiges.
Vor allem gibt es Spekulation, wer denn nun Generaloberer werden wird. Und das ist auch eine Frage, die Kollegen wie auch Mitbrüder von jenseits der Alpen ab und zu stellen.
Ganz ehrlich: keine Ahnung. Ich weiß noch nicht einmal genau, wann gewählt wird, das hängt von den inneren Abläufen und den einzuhaltenden Verfahren ab. Wir wählen auf eine sehr merkwürdige Art, wann dabei ein Ergebnis zu Stande kommt, kann man oder besser: kann ich nicht sagen.
Noch unwissender bin ich bei Namen. Ein wenig stolz macht es mich schon, dass ich so gar keine Politik in den vergangenen Monaten erlebt habe. Nicht einmal habe ich gehört, dass jemand einen Namen platzieren wollte oder gar sich selbst ins Spiel gebracht hat. Stolz, weil es zeigt, dass das eben kein anzustrebendes Amt ist.
Eine andere Frage ist die, ob denn jetzt mal jemand aus Asien gewählt wird oder Afrika. Hier fühle ich mich in einer Antwort sicherer: Erstens kann das schon sein. Zweitens aber – und das scheint mir wichtiger – ist das glaube ich ziemlich egal. Die Wähler suchen jemanden, der das geistliche, menschliche und intellektuelle Format für eine solche Aufgabe hat. Woher derjenige dann kommt, ist zwar nicht egal, aber nachrangig. Wir sind glaube ich auf eine gute Weise darüber hinweg, Proporz wichtig zu finden. Jedenfalls ist das mein Eindruck. Unsere Ordensregeln sind sehr anspruchsvoll, dafür jemanden zu finden ist schwer genug.
Vom Ende der Welt oder nebenan
Eine andere Kategorie scheint mir wichtiger. Nimmt man die letzten drei Generalobere des Ordens, dann haben sie eines gemeinsam: sie haben alle in ihnen fremden Kulturen gearbeitet. Pater Nicolás, der jetzt zurück getreten ist, als Spanier in Japan und auf den Philippinen. Der in den Niederlanden geborene Peter-Hans Kolvenbar, Nicolás Vorgänger, war lange Jahre im Libanon uns ist auch wieder dahin zurück gekehrt. Und dessen Vorgänger, der von uns sehr verehrte Pater Arrupe, war auch ein Spanier, der im Osten gearbeitet hat und in Hiroshima den Atombombenabwurf erlebt und überlebt hat.
Das ist eine Kategorie, die ich viel Spannender finde, als die des Herkunftskontinents: Kulturüberspannend.
Viel bekommen wir anderen nicht von den Vorgängen in der Aula mit, fast ausschließlich nur die Stimmung beim Frühstück und dann wieder abends. Das zu beobachten allein ist aber schon spannend. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass die Mitbrüder eine gute Wahl treffen, ob nun vom Ende der Welt oder von nebenan.
Das ist seltsam. Konsequenz darf also umgedeutet werden in Prinzipienstarre. So ist man dann einfach nicht prinzipienstarr, wenn man sich an Vorgaben nicht hält. Fühlt sich gleich richtig gut an.
Sinnvoller wäre aber: Gesetzestreue und gleichzeitig Klugheit bei der Gesetzesänderung.
Bei allem Respekt: das ist Quatsch. Sie verwechseln Prinzip und Regel. Regeln sind dazu da, Prinzipien etc. zu schützen. Wenn sie das wegen sich ändernder Umstände nicht mehr tun, dann muss man um konsequent zu sein die Regel ändern. Lesen Sie die Bibel, das Alte Testament und die Regeln dort. Halten Sie sich daran? An alle? Obwohl kein Iota daran geändert wird? Eben.
Der Orden hatte das Amt als lebenslang eingeführt, weil damals eine Reise von Indien nach Europa zu einer Wahl etwa ein Jahr dauerte. Es hätte den Orden gelähmt, dauernd wählen zu müssen, so alle 8 oder 12 Jahre. Es ging also um die Regierbarkeit des Ordens. In Zeiten technischen Fortschritts (Reisen und Medizin) ist das aber nicht unbedingt mehr nötig, wenn ein Generloberer krank ist (Kolvenbach) oder wegen seines Alters nicht mehr das Amt ausüben kann (Nicolás), dann wäre das blinde Umsetzen der Regel genau das Gegenteil von Konsequenz.
Sie sprechen von Klugheit. Die vermisse ich beim Gegensatz von Konsequenz und Gesetlesstarre, mit dem Sie anfangen.
Der Vergleich mit der Heiligen Schrift wäre nur angebracht, wenn die Ordenssatzung der Jesuiten nicht mehr geändert werden darf. Ist das so?
Wenn nein: warum hält man sich lieber an die eigene Satzung nicht als sie zu ändern? Wenn keine Änderung nötig ist, weil jeder weiß, was gemeint ist: was hat das dann mit Nicht-Prinzipienstarre zu tun?
Also: auf welches Prinzip bezieht sich der Hinweis auf die Nicht-Prinzipienstarre bei der Anwendung der eigenen Satzung? Dass eine Satzung grundsätzlich erst verstanden und dann auch richtig angewendet werden muss, ist selbsterklärend.
“Prinzipenstarre” klingt nach einem Kampfbegriff des Progressismus. “Klugheit” zum Beispiel nicht.
Sie machen viel zu viele Annahmen. Wir halten uns an unsere Satzungen, die zu ändern und wiederholt die Päpste verboten haben. Aus guten Gründen. Aber wie haben Anwendungsbestimmungen, wie jedes andere Gesetzeswerk auch, sei es religiös oder nicht.
Bei einer Kugel ist das Ende bzw. der ‘Rand der Welt’ deren ganze Oberfläche. Diese ist zwar endlich, hat aber keinen Rand, ist also unbegrenzt. Jeder Punkt auf der Oberfläche ließe sich als Mitte definieren. Wenn man dann als Mitte der Welt, von der aus man vermeintlich randständige Weltzonen definiert, z.B. das Land mit der größten Bevölkerungsdichte annimmt, träfe das wohl am ehesten auf China, dem Reich der Mitte, zu. Von dort aus liegt Rom in endlich weiter Ferne.
Das ist zwar alles ganz nett und wahr, “vom Ende der Welt” ist aber ein Zitat, das Papst Franziskus nach seiner Wahl von sich selber sagte.
Ein Papst muss sicherlich eine andere Perspektive auf die Welt haben als ein Mathematiker. Dass die in deduktiver Abfolge gewonnenen Einsichten der Mathematik aber immer und zeitlos gelten und (nach Carl Friedrich von Weizäcker), eingebettet in die Zeitlichkeit, Abbilder der Ewigkeit sind, könnte nicht nur einen Papst staunen lassen, dass sich uns Menschen derartiges überhaupt erschließt.
Mit Verlaub, ich verstehe nicht, was Sie sagen wollen.
Es ist gleichsam eine Einladung, inne zu halten und die zeitlose Schönheit der Mathematik wahrzunehemen, so wie u.a. in diesem Text nahe gebracht wird: https://www.mpg.de/5021579/W001_Zur-Sache_012-017.pdf Dafür braucht man nicht unbedingt Mathematiker zu sein, auch wenn es hilft. Oder wie es Nicolaus von Cues ausdrückte: “Die Mathematik ist ein treffliches Hilfsmittel im Erfassen göttlicher Wahrheiten.” Ob das Papst Franziskus ähnlich sieht?
Das ist alles ganz schön und nett, trotzdem meine Frage: was wollen Sie sagen?
“Jeder Punkt auf der Oberfläche liesse sich als Mitte definieren.” Völliger Unsinn. Wen schon, dann ist der innere Erdkern der Mittelpunkt der Welt (Erde). Demnach ist auch die Theorie von “Corum /Türkei” veraltet.
MfG
“… als deren Mitte definieren” – gemeint ist nicht der Mittelpunkt der Kugel. Die ‘Theorie von Corum’ sagt mir nichts.
Bin wohl nicht der einzige, der sie nicht versteht. Corum in der Türkei sagt ihnen nichts? Sie haben doch Internet – oder?
MfG
Zur Mitte einer Kugeloberfläche können Sie jeden Punkt auf der Fläche erklären, denn für jeden gewählten Punkt ist der Horizont gleich weit entfernt. Die Mitte der Kugel ist derjenige Punkt, von dem aus alle Punkte auf der Kugeloberfläche die gleiche Distanz haben. Wechseln Sie einfach zwischen zwei- und dreidimenionaler Betrachtungsweise, dann verstehen Sie es 🙂 Vielleicht können Sie mir im Gegenzug bezüglich der Theorie von Corum etwas Nachhilfe erteilen bzw. mir eine Internetseite mit fundierten Informationen nennen.
Ich will ja nicht stören, aber irgendwie hat das so gar nichts zu tun mit dem, worum es hier geht. Also beende ich den Thread hier.
Die Zeiten, in denen die Societas Jesu eine Stütze der Kirche und Verteidigerin des Katholischen Glaubens war, sind längst vergangen. Von daher ist es mir egal, wer diese Organisation künftig anführen wird. Ich erwarte nichts Gutes von ihm.
Die Arroganz, mit der sie 15.000 Menschen auf einen Schlag abtun, ist schon bezeichnend. Sie sind nicht konservativ. Zum Glück kann es Ihnen auch egal sein, seien Sie sicher, wir fragen Sie nicht.
Mir ist es lieber jemand strahlt Liebe und Lebensfreude, Lust am Denken und Arbeiten und Hoffnung aus, mag er sich nun Christ nennen oder nicht, als jemand, der giftige Bosheit, Trägheit und Hoffnungslosigkeit ausstrahlt, wie das aus ihrem Beitrag hervorkommt, nennt sich dann aber Katholik, worauf sich das auch immer gründen soll. Die Jesuiten kommen mir wach, frisch und international-universal, friedliebend vor, schonmal etwas Sympathisches.
Stephan
eher persönlich. Weil mir das NUR abstrakte Denken zu weit weg ist…
JA TYPEN habe ich unmittelbar aber meistens mittelbar kennengelernt bzw. in Gesprächen mit anderen: der mutige Pater Árrupe!! Dieser Zeuge des Evangeliums. und darum war er auch zu mancher Herausforderung bereit. -UNERSCHROCKEN –
ich will jetzt keine Liste aufstellen, aber es ist für mich schon beeindruckend, welche ausgeprägte “Originale” ja Individualisten sich in einem Orden doch auch als Gemeinschaft verstehen…!!
eine kurze Momentaufnahme:
bei einem Besuch in St Georgen eine kleine Schlange beim Warten vor dem Nachmittagskaffee -vor mir der (körperlich)kleine Rahner mit dem vertrauten Freiburger Slang und direkt hinter mir dieser wache intellektuelle bescheidene westfälische Greis Pater Nell- Breuning.. und und und…. auch viele Künstler1
ja bei Wiki bei den bedeutenden Jesuiten: ein gewisser Pater Bernd Hagenkord.. dahinter kommen dann nur noch die Heiliggesprochenen.. da sind Sie ja in guter Gesellschaft!! ….
nur diese beiden Patres: Pereira (“Jugend vor Gott”) und Pater Leppich sind mir sehr fremd geblieben..
Last but not least; Mario von Galli! seine lebendigen Berichte vom 2. Vatikanum ..
Zugegeben-vielleicht oberflächliche Streiflichter-aber mit diesen Namen lebe ich auch.