Ein Mann steht auf der Bühne und redet zwei Stunden lang, zwei Mal. Das Ganze wird im TV übertragen und das zweite Mal bekommt der Mann die Traumquote von 39 Prozent Zuschaueranteil. Für zwei Stunden reden. Dass es so was noch gibt.
Der Mann ist Roberto Benigni, der beste Komiker und Schauspieler, den Italien derzeit zu bieten hat, ein „großer Künstler“ wie Papst Franziskus ihn genannt hat, er hat ihn sogar neulich zitiert, aus dem Programm der 2×2 Stunden.
Benigni hat über die zehn Gebote gesprochen. Das ist witzig, intelligent, es ist tiefsinnig und leicht zugleich, es ist respektvoll im Umgang mit dem Text und vor allem ist es mutig. Denn Benigni spricht religiöse Sprache. Er ist nicht fromm, nicht betulich, nicht belehrend. Aber er beginnt damit, den Zuhörern abzuverlangen, zwei Stunden lang an Gott zu glauben. Stellen Sie sich das vor, Sie sitzen in einem Programm und der Moderator sagt, dass wir alle für die kommenden zwei Stunden an Gott glauben. Dass Gott existiert. Das ist weniger dezisionistisch gemeint, als ob man sich aktiv für den Glauben entscheiden könne oder einen Glauben an- und ausschalten könnte, als vielmehr ein Durchbrechen der medialen Selbstverständlichkeiten. Über so was spricht man nicht, das ist zu persönlich, oder man lässt halt den Papst sprechen. Hier aber tut es jemand, der Gebote auslegt. Öffentlich, im TV mit einer riesigen Quote.
Und er schafft damit noch etwas anderes: Er stellt sicher, dass er nicht von außen auf die zehn Gebote schaut und die Zuschauer auch nicht. Sei es auch noch so künstlich für einige der Zuhörer, durch seine zwei Stunden Gottesglauben für alle nimmt er alle mit in die Geschichte hinein. Es ist keine fremde Geschichte mehr für Leute, die dem Glauben selber schon entfremdet sind. Wenigstens für einen Abend nimmt er die Leute mit hinein, oder zurück.
Für zwei Stunden glauben
Wie das geht? Ganz einfach: Sie gehen doch auch ins Kino und sehen sich einen Film an, sagen wir über Robin Hood, so Benigni. Und für zwei Stunden glauben sie, dass es Robin Hood gibt, er ist ja da. Und genau so machen wir es in diesen zwei Stunden mit dem Glauben an Gott. Atemberaubend. Er nimmt den Glauben weg aus der anstrengenden Pädagogik, macht aus ihm etwas leichtes, angenehmes, etwas leicht nachzuvollziehendes, ohne abstrakte Worte, ohne Moral, er bietet uns also einen Eingang in die Welt des Glaubens, die wir vielleicht sonst nicht hätten.Und selbst ich, der ich von mir selber sagen würde, dass ich an Gott glaube, habe mich davon einnehmen lassen. Ich fand es großartig, einfach zuhören zu können, lachen zu können, für zwei Stunden einen einfachen Glauben haben zu können.
„Dal Dio che è al Dio che c’è”, von einem Gott, der ist, zu einem Gott, der hier ist: Ein geniales Sprachspiel, das im Italienischen noch viel besser klingt, mit dem er die Dornbusch-Episode einleitet.
Natürlich bekommt Italien und bekommen die Italiener ihr Fett ab, Benigni bleibt Komiker: Gott liebt die Italiener so sehr, dass er ein Gebot nur für sie gemacht hat. „Du sollst nicht stehlen!“. Und so weiter. Aber das zeigt weniger einen flachen Umgang mit der Materie als vielmehr eine souveräne Verbindung zwischen dem alten Text und der modernen Welt. Wie er das sagt, ist das zum einen komisch, zum anderen wahr. Und wir müssen über uns lachen. Humor hilft, auch das eine Botschaft, die Benigni mit Papst Franziskus teilt. Wer über sich selber lachen kann, wer sich selbst nicht zu ernst nimmt, der gewinnt neu Zugang zu den Zehn Geboten.
Falls Sie Italienisch verstehen: Schauen Sie sich das an! Es lohnt sich wirklich. Ein lockerer Mut, über Gott und Mensch zu sprechen, wie ich es leider in der Kirche selten höre. Philipp Neri hätte seien Spaß gehabt.
Lieber Pater Hagenkord, Ihre Besprechung macht ja Appetit, es auch bald mit deutschen Untertiteln zu sehen.
Könnten Sie uns nicht einen Teil davon übersetzen? Bitte 🙂
Zur Zeit läuft grade „die MEHR“ aus Augsburg…dort ist es ähnlich!
„Gib mir die richtigen Worte, gib mir den richtigen Ton; um deutlich für jeden, von DIR zu reden.
Gib mir genug davon“!
Ja, ja bitte übersetzen, ich liebe Benigni und meinen Glauben auch—–
PS Pater Hagenkord ist nicht ganz ernst gemeint, aber versuchen kann man es mal…. es lohnt sich aber mal kurz reinzuschauen, auch wenn das italienisch nur zum Essen bestellen reicht. Die Gestik und Freude zu sehen ist umwerfend.
Leide spreche ich kein ilalienisch, deshalb würde ich mich über eine Übersetzung freuen. Pater Hagenkord sie versinken sicher in Arbeit, vielleicht haben sie ja irgendwann ein wenig Zeit,uns,die diese schöne Sprache nicht sprechen,dass Meisterwerk zu übersetzen. Es wäre eine große Freude!
Ich habe gerade in den Bericht reingeschaut. Hochinteressant, trotz meiner rudimentären Italienisch-Kenntnisse. So eine Sendung im viel gescholtenem italienischen Fernsehen, auch das ist faszinierend. Es wäre schön, wenn dieser frische, fröhliche Glaubensbeitrag auch im deutschen Fernsehen zu sehen wäre. Leider sind viele – nicht alle – Sendungen der deutschen Fernsehsender entweder tatsächlich zu betulich bzw. im Gegenteil reißerisch oder schon fast glaubensabschreckend.