Wenn sich am Samstag die beiden Päpste – der emeritierte und der amtierende – in Castelgandolfo treffen, dann sehen wir zwei verschieden Welten. So viel ist schon über den neuen Stil gesagt worden und so viel Erwartungen knüpfen sich an Papst Franziskus.
Wir dürfen aber nicht erwarten, dass westeuropäische alles-wird-anders Phantasien von diesem Papst bedient werden. Auch der Heilige aus Assisi war eine sehr sperrige Gestalt, und ist es noch, wenn man ihn wirklich Ernst nimmt. Es wird keine Wohlfühlspiritualität, die uns Papst Franziskus anbietet, sondern auch und vielleicht vor allem den prophetischen Spiegel. Und hier trifft er sich mit Benedikt XVI.. Er greift zum Beispiel das Wort auf, mit dem sein Vorgänger das sein eigenes Pontifikat überschrieben hat: Die Diktatur des Relativismus.
„Rückfall“ denken jetzt vielleicht einige. Nein, das ist kein Rückfall, das passt bestens zu unserem Papst und der Notwendigkeit, auf die dunklen Seiten unserer Kultur hinzuweisen. Aber neben dem Mahner-Sein will dieser Papst auch den Dialog. Einfach wird der aber nicht. Assisi ist kein Ausflugsort für die Innerlichkeit, Dialog bedeutet, sich selber kritisch zu betrachten. Im prophetischen Spiegel sozusagen.
Aus der Ansprache des Papstes heute an das diplomatische Corps, den beim Vatikan akkreditierten Diplomaten:
Wie Sie wissen, gibt es mehrere Gründe, warum ich bei der Wahl meines Namens an Franziskus von Assisi gedacht habe – eine Persönlichkeit, die über die Grenzen Italiens und Europas hinaus und auch bei denen, die nicht den katholischen Glauben bekennen, wohlbekannt ist. Einer der ersten Gründe ist die Liebe, die Franziskus zu den Armen hatte. Wie viele Arme gibt es noch in der Welt! Und welchen Leiden sind diese Menschen ausgesetzt! Nach dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi hat die Kirche immer versucht, sich in jedem Winkel der Erde um die Notleidenden zu kümmern, sie zu behüten, und ich denke, dass Sie in vielen Ihrer Länder das großherzige Wirken jener Christen feststellen können, die sich engagieren, um den Kranken, den Waisen, den Obdachlosen und allen Ausgegrenzten zu helfen, und die so daran arbeiten, menschlichere und gerechtere Gesellschaften aufzubauen.
Doch es gibt auch noch eine andere Armut! Es ist die geistliche Armut unserer Tage, die ganz ernstlich auch die Länder betrifft, die als die reichsten gelten. Es ist das, was mein Vorgänger, der liebe und verehrte Benedikt XVI., „Diktatur des Relativismus“ nennt und was jeden sein eigener Maßstab sein lässt und so das Zusammenleben unter den Menschen gefährdet. Und damit komme ich zu einem zweiten Grund für meinen Namen. Franziskus von Assisi sagt: Arbeitet, um den Frieden aufzubauen! Aber es gibt keinen wahren Frieden ohne Wahrheit! Es kann keinen wahren Frieden geben, wenn jeder sein eigener Maßstab ist, wenn jeder immer und einzig sein eigenes Recht einfordern kann, ohne sich gleichzeitig um das Wohl der anderen – aller – zu kümmern, angefangen von der Natur, die alle Menschen auf dieser Welt verbindet.
Einer der Titel des Bischofs von Rom ist Pontifex, das heißt Brückenbauer – Brücken zu Gott und zwischen den Menschen. Ich wünsche mir wirklich, dass der Dialog zwischen uns dazu beiträgt, Brücken zwischen allen Menschen zu bauen, so dass jeder im anderen nicht einen Feind, einen Konkurrenten sieht, sondern einen Bruder, den er annehmen und umarmen soll! Außerdem drängt mich meine eigene Herkunft dazu, Brücken zu bauen. Wie Sie wissen, kommt ja meine Familie aus Italien; und so ist in mir stets dieser Dialog zwischen Orten und Kulturen lebendig, die voneinander entfernt sind – zwischen dem einen und dem anderen Ende der Erde, die heute einander immer näher rücken, voneinander abhängig sind, es nötig haben, einander zu begegnen und wirkliche Räume echten Miteinanders zu schaffen.
Wenn der Papst den Ortskirchen mehr Selbständigkeit einräumt, sodass man innerhalb der Weltkirche die jeweiligen Kulturen mehr berücksichtigen kann, brauchen wir uns in Mitteleuropa nicht zu fürchten.
Ihr Beitrag klingt für mich stellenweise wie das berühmte „Pfeifen im Walde“, so, als ob Sie sich vor den – möglichen – Veränderungen unter dem neuen Papst fürchten würden.
Dann habe ich mich falsch ausgedrückt; Furcht – Nein. Ganz im Gegenteil. Aber wie schon Benedikt XVI. uns in unserer Kultur nicht in Ruhe gelassen hat, so wird uns auch Franziskus nicht in Ruhe lassen. Ich glaube, dass man die Selbstständigkeit der Ortskirchen nicht mit einer neuen Form des innerkirchlichen Relativismus verwechseln darf.
P.Hagenkord, wie darf ich das verstehen, darin auch ein Franz v.Assisi eine „sperrige Gestalt“ war, bzw. immer noch ist, wenn man ihn ernst nimmt? Und: wie sehen Sie dieses „ernst nehmen…“?
Franziskus wird leider oft reduziert auf jemanden, der frei lebte, der die Natur und die Tiere lebte und so weiter. Dass dahinter aber eine Umwälzung lag, die die Kirche auf immer veränderte, das wird oft übersehen. Man lese einmal seine Schriften im Original. Das ist ganz und gar nicht eingängig, das erschließt sich nicht beim ersten Lesen. Deswegen „sperrig“.
Ja, dann verstehe ich das „sperrig“ an Franz v. Assisi. Für Nichtkenner der Lebensgeschichte dieses Heiligen sicherlich eine schöne Umschreibung für das was Franziskus ausgemacht hat. Aber worin ist eine „Umwälzung“ der Kirche zu erkennen…? Bezieht sich diese Umwälzung der Kirche „nur“ auf die heute bestehende caritative Einrichtungen der Kirche oder auch auf ein Umdenken der Kirche, darin diese selbst arm ist, bzw. wird? Eine diesbezügliche Umwälzung der Kirche kann ich nicht erkennen. Insoweit hoffe ich auf den Papst Franziskus, der vielleicht dahingehend eine diesbezügliche Umwälzung so nach und nach vielleicht zu Wege bringt: diese Umwälzung erst in Gang bringt von welcher Sie sprechen…
Die Kirche besteht ja nicht nur aus Deutschland. Das Thema Tierschutz ist in bestimmten gut katholischen Ländern ein Fremdwort. Ich weiß es aus eigener trauriger Anschauung.Bei uns wäre das Thema „Nutztiere“ ein langes Kapitel. Was die Umwelt angeht, da sind alle angesprochen. Franziskus war Ordensgründer..das sind alles andere als Softies.Und, wer je versucht hat, den Tieren zu predigen, weiß, da gehört eine starke Seele zu.Die Legende sagt, dass in Franziskus Umgebung Tiere geheilt wurden.
Ja, Teresa_v_A., da mögen Sie Recht haben. Es ist wohl heute eher umgekehrt so, darin uns eigentlich die Natur predigt, wir aber -im Gegensatz zu jenen Fischen, bzw. jener berühmten Vogelpredigt in der Fioretti- dieser Predigt nicht zuhören…bis es eben dann einmal vielleicht zu spät ist und wir dann wirklich merken, dass wir „Geld nicht essen können“. Trotz allen Differenzen wünsche ich Ihnen von Herzen Pax et bonum….und lauschen wir gemeinsam jener wortlosen Predigt der Schöpfung, bevor diese laut und uns zum heulen und greischen bringt vor lauter Angst derer furchtbaren Gewalt….wenn wir nicht auf sie hören.
Guardianus, nicht ,was uns trennt, wollen wir beachten, sondern was uns verbindet.Heute bin ich ins Geschäft und denke, warum verkauft man Ostersachen, es ist doch Weihnachten? Berlin hoch voll Schnee.Frühling läßt sein blaues Band..nichts läßt er.Ich hoffe, dass wenigstens der Papst nicht umsonst predigt.Der Spruch, dass man Geld nicht essen kann, ist alt. Ich war damals Studentin und habe gesagt..mein Vater kann Geld essen.Ich stamme aus eine profitgierigenFamilie und habe den heiligen Franziskus allein aus dem Grund schon immer geliebt.Stigmata sind ein Zeichen von großem Leid oft.
Erst mal abwarten und sehen. Nach hundert Tagen ist die übliche Einarbeitungsfrist zu Ende, nach der man ein Fazit zieht. Nach meiner Ansicht darf Papst Franziskus auch ein ganzes Jahr Einarbeitungszeit haben. Hauptsache, er bleibt seiner Linie treu und Gott behütet ihn vor Bösem.