Drei Mal war ich in diesem Jahr in München und Freising, um jeweils einen Einkehrtag zu geben, die beiden ersten Male habe ich meinen Text danach hier eingestellt, das will ich – mit etwas Verspätung durch die Synode -mit diesem Impuls ebenfalls tun.
Ein Drittel: Das ist in etwa der Umfang des Kapitels „Die soziale Dimension der Evangelisierung“, also des vierten Kapitels, in Evangelii Gaudium. Damit ist es das längste Einzelkapitel des gesamten Textes.
Das mag erst einmal nicht überraschen, haben wir den Papst doch als jemanden kennen gelernt, dem die soziale Komponente – ganz allgemein – sehr am Herzen liegt. Ein Papst der ins Gefängnis geht und jungen Menschen die Füße wäscht, der Menschen mit Behinderung umarmt und dessen erste Reise nach Lampedusa ging, um die Flüchtlinge zu besuchen.
Und in diesem langen Kapitel sind Sätze wie „Diese Wirtschaft tötet“ und die vier Neins zur sozialen Ungleichheit noch nicht einmal dabei. Wenn wir also die vielen Gedanken, die zu diesem Punkt noch dazu gehören, einbezieht, dann wird dieser Umfang also noch einmal beträchtlich erweitert. Die soziale Dimension ist einer der Schwerpunkte dessen, was Papst Franziskus uns mit Evangelii Gaudium auf den Weg geben will.
Und dem möchte ich mich in diesem Impuls annähern.
Evangelisieren ist ein Tun
Eine kleine begriffliche Unterscheidung vorab: Papst Franziskus spricht nicht von der sozialen Dimension des Evangeliums, sondern von der sozialen Dimension der Evangelisierung. Ein kleiner, feiner und für uns hier heute wichtiger Unterschied. Er verweist auf uns selbst zurück, wir sprechen nicht analytisch oder exegetisch über die Lehre Jesu, sondern über unser Tun. Über uns. Es geht um uns.
Vielleicht ist das überhaupt die Grundlinie, von der aus der Papst seine Gedanken spielt. In den ersten beiden Treffen hier habe ich das ja bereits auszulegen versucht, wer das nachlesen möchte, der kann das gerne auf meinem Blog tun. Wenn der Papst mir mal eine Atempause lässt, schaffe ich es vielleicht sogar einmal, ein Buch daraus zu machen. Aber das ist Zukunftsmusik. Zurück zu unserem Thema.
Ich möchte in diesem Impuls die einzelnen Elemente aufgreifen, die uns verstehen lassen können, worum es dem Papst geht. Aber wie ich am Anfang schon gesagt habe, dass es um unser Tun geht, muss ich jetzt anfügen, dass das Verstehen nicht ausreicht. Papst Franziskus will uns zum Tun und Denken und Handeln und Beten und schlichtweg zu einer Umkehr einladen. Evangelii Gaudium ist wie Jesus, der den Menschen zuruft „Metanoete, metanoete! Kehrt um!“ Evangelii Gaudium hat mir beim Beten und Meditieren sogar das Bild dieses zur Umkehr einladenden Jesus verwandelt: Ich sehe keinen Propheten mehr, ich sehe einen lächelnden Jesus: Evangelii Gaudium.
Jenseits bürgerlicher Religion
Beginnen möchte ich nicht bei Evangelii Gaudium, sondern bei uns, unserem Glauben, unserer Religion.
Unsere Religion ist bürgerlich. Sie ist nicht arm, sie lebt von Strukturen und Steuern, von Regelungen und mag es nicht, aufgerüttelt, reformiert, in ihren Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt zu werden. Und das gilt für sich selbst konservativ Nennende genau so wie für so genannte Progressive. Dabei verwechseln wir manchmal – ich zitiere hier Johann Baptist Metz – bürgerliche Unnahbarkeit mit evangelischer Freiheit. „Diese bürgerliche Religion fordert nichts, tröstet aber auch nicht. Gott ist in ihr zwar zitierfähig, aber kaum mehr anbetungswürdig.“ (Johann Baptist Metz, Jenseits bürgerlicher Religion).
Wir haben Krankenhäuser und Armenstellen, wir kümmern uns und lassen kümmern, aber wir bleiben in unserem Schutzraum der Bürgerlichkeit. Hier hilft nur eine bis in die Wurzeln gehende Umkehr, die auch die ökonomischen Grundlagen unseres gesellschaftlichen Lebens einbezieht.
Johann Baptist Metz spricht davon, dass das eucharistische Tischtuch zwischen uns und den armen Kirchen zerrissen wird, „weil wir ihnen in ihrem Elend und in ihrer Unterdrückung nicht mit unserer Umkehr beistehen und weil wir uns weigern, auf das zu hören, was als Prophetie des gemeinsamen Aufbruchs aus diesen armen Kirchen zu uns dringt.“
Soziale Umkehr
Mit diesem Aufbruch bekommen wir es in Papst Franziskus zu tun. Er spricht von der Freude, er beschimpft die Fehlformen des Glaubens und der Kirche – und er ist ein großartiger Beschimpfer – er ruft auf und lobt und freut sich, letztlich steht dahinter aber immer der Aufruf zur Umkehr. Und diese Umkehr muss auch sozial sein, sie muss ökonomisch sein, sie muss an die Wurzeln gehen. Das ist unangenehm. Und deswegen hat der Papst gerade mit dieser Botschaft auch angeeckt. Lesen Sie die üblichen US-amerikanischen katholischen Blogs, lesen Sie Texte katholischer Unternehmer, hier wird die Verwirrung deutlich, die der Papst anrichtet. Und die er anrichten will.
Zwei Grundströmungen prägen das Denken und Sprechen des Papstes, auch und vor allem in Evangelii Gaudium:
Erstens: Wirklichkeit
Sein Denken ist am konkreten Menschen ausgerichtet, an den Begrenzungen und der Entwicklung, kurz: Am Menschen, wie er ist. Die Welt ernst nehmen, erst einmal wahrnehmen und nicht gleich am Ideal, an der Idee, messen. Das sehen, was ist, nicht das, was sein sollte und dann defensiv werden. „Die Wirklichkeit steht über der Idee. Das schließt ein, verschiedene Formen der Verschleierung der Wirklichkeit zu vermeiden: die engelhaften Purismen, die Totalitarismen des Relativen, die in Erklärungen ausgedrückten Nominalismen, die mehr formalen als realen Projekte, die geschichtswidrigen Fundamentalismen, die Ethizismen ohne Güte, die Intellektualismen ohne Weisheit.“ (EG 231)
Zweitens Wir, nicht Ich
Gott „hat die Wahl getroffen, (uns) als Volk und nicht als isolierte Wesen zusammenzurufen“, als Volk Gottes, nicht als Einzelwesen, erlangen wir das Heil. Da lohnt sich ein Blick in die Volk-Gottes Theologie, in die Psalmen, die Propheten, wir werden sein Volk sein und er wird unser Gott sein, es geht um ein „Uns“, nicht um ein „Ich“ (EG 113).
Dieses „Wir“ ist immer kulturell geprägt, und muss es auch sein. Bewahre uns vor einem Glauben, der die Kultur nicht prägen und durch die Kultur nicht geprägt werden will, der schön separat und sauber bleiben will. Selbstumkreisung nennt das der Papst, das in sich selbst verkrümmte Herz nennt es Augustinus, unfruchtbarer Samen nennt es der Herr.
Es geht nicht darum – und Papst Franziskus warnt ausdrücklich davor – mit dem Evangelium die eigenen Kulturformen durchsetzen zu wollen. Aber ohne dieses konkrete, gesellschaftliche, soziale, ökonomische, politische, kulturelle Wir gibt es keinen gelebten Glauben.
Ein Drittes: Hierarchie
„Wenn die gesamte Kirche diese missionarische Dynamik annimmt, muss sie alle erreichen, ohne Ausnahmen. Doch wen müsste sie bevorzugen? „Die Armen sind die ersten Adressaten des Evangeliums“ (EG 48)“
Hier geht es um eine innere Steigerung oder Hierarchie: die Bevorzugung. Unter zwei guten Dingen gibt es wichtig und wichtiger, opciòn perferenciàl, wie die lateinamerikanische Theologie es nennt, Option für die Armen.
Papst Franziskus geht es vor allem darum, dass wir eine Unterscheidung treffen. „Es gilt zu klären, was eine Frucht des Gottesreiches sein kann“, sagt er dazu, es geht um eine Unterscheidung der Geister. Was hilft? Was hilft mehr? Was ist gut? Was ist besser? Gut reicht eben nicht. Dieser spirituelle Komparativ begegnet uns schon im Evangelium, „Du wirst Größeres sehen“ sagt der Herr dem Natanael. Dem entspricht die innere Unruhe, die der Papst immer wieder anspricht. Und das Gegenstück: „die Sünde des „man müsste tun““ (EG 96), sich zufrieden geben, Pläne machen aber nicht handeln, nicht aufbrechen, nicht unruhig sein. Nur wer unruhig ist und nicht bereit, sich zufrieden zu geben oder zufrieden stellen zu lassen, wird das „Mehr“ erkennen können.
Vier plus drei „Nein“
Das sind meine drei Grundströmungen: Orientierung an der Wirklichkeit, „Wir“ nicht „ich“ und das „Mehr“, also die innere Unruhe. Damit wollen wir uns jetzt der sozialen Dimension etwas genauer zuwenden.
Das möchte ich tun mit den „Vier plus Drei Neins“.
Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung
Nein zu einer Vergötterung des Geldes
Nein zu einem Geld, das regiert statt zu dienen
Nein zu einer sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt
Diese ersten vier „Neins“ beziehen sich direkt auf das, was wir Soziallehre nennen könnten, die soziale Dimension in der Art und Weise, wie wir „sozial“ im normalen Sprachgebraucht nutzen. Ich möchte sie ganz kurz skizzieren.
Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung: Hierhin gehört das Zitat von der Wirtschaft, die tötet. Denn genau das ist diese tötende Wirtschaft, eine ausschließende Wirtschaft. Der Mensch wird Konsumgut, wir leben in einer Gesellschaft, die andere wegwirft, junge Menschen ohne Perspektiven, alte Menschen, Ungeborene. Und das alles, weil wir in einer Ökonomie des Profits leben. Das naive Vertrauen in das Wirtschaftswachstums führe zu der „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, von der der Papst zuerst auf Lampedusa gesprochen hatte, die aber auch in Evangelii Gaudium wieder vorkommt. Und dann brauchten wir den Wohlstand, um uns zu betäuben. Oder der Wohlstand betäube uns, so dass wir dies zuließen.
Nein zu einer Vergötterung des Geldes: Es ist die alte Frage der Götzen – wer gibt Orientierung vor? Der Mensch oder der Konsum? Autonome – das heißt ethisch nicht geregelten – Märkte, ein virtuelle Tyrannei, Korruption und Steuerhinterziehung, das alles sind Zeichen für diese Vergötterung des Geldes.
Und daran schließt sich das dritte „Nein“ an: Nein zu einem Geld das regiert, statt zu dienen. Geld ist nicht in sich schlecht. Es gibt zum Beispiel einen Brief des Papstes an den Leiter des Finanztreffens in Davos, und auch hier in Evangelii Gaudium spricht der Papst über Finanzreform. Er ist kein Radikaler, kein Idealist, sondern ein Pragmatiker. Aber während er im ersten Geld-Nein über innere Haltungen sprach, geht es hier um praktische, finanzielle, politische und ökonomische Regelungen.
Nein zur sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt: Hier geht es um das Böse, das sich in den Strukturen des Gesellschaft eingenistet hätten. Der Papst spricht von Konsumismus und von Ungleichheit, die sich gegenseitig potenzierten. Hier wird noch einmal die Verbindung von Geistlichem und Struktur, vom Sprechen über das „Böse“ und die Organisation gesprochen.
Soziale Dimension innerhalb der Kirche
Alle diese vier „Neins“ sind einsichtig, ich glaube es gibt unter uns niemanden, der gegen eines davon ernsthaft Einspruch erheben könnte.
Interessant sind für uns hier aber auch die drei anderen „Neins“, die nicht direkt mit der Welt des Sozialen zu tun haben scheinen, sondern eher innerkirchlich sind.
Nein zur egoistischen Trägheit
Nein zu sterilem Pessimismus
Nein zum Krieg unter uns
Nein zur egoistischen Trägheit: Wir weichen den Verpflichtungen aus, weil es unserer Freiheit, unsere Freizeit, beeinträchtigen könnte, sagt der Papst (EG 81), weiter spricht er von einer „schlecht gelebten Aktivität ohne Spiritualität“. Er warnt vor dem „grauen Pragmatismus des kirchlichen Alltags“, ein Zitat, das er sich bei Joseph Ratzinger ausgeliehen hat. Grabespsychologie, Mumien-Christen, das Klammern an die „hoffnungslose und süßliche Traurigkeit“ als Versuchung, das sind alles Beschreibungen, dessen, dem das „Nein“ hier gilt.
Daran schließt sich das Nein zum sterilen Pessimismus an: Referenz ist hier Papst Johannes XXIII. in seiner Eröffnungsrede zum Konzil, wider die Unglückspropheten. Es geht um neue Beziehungen zwischen den Menschen, nicht um das Herbeireden des Untergangs.
Und letztens: Nein zum Krieg unter uns. Zum Thema Eifersucht und den innerkirchlichen, innerpfarreilichen, innerdiözesanen Auseinandersetzungen können wir alle Bände erzählen, für uns hat man ja sogar – halb ironisch – den Begriff der invidia clericalis geprägt. Die Frage des Papstes „Wen wollen wir mit diesem Verhalten evangelisieren?“ (EG 100) Wir müssen uns den Versuchungen dieser Auseinandersetzungen entziehen, um verkünden zu können.
Einige „Ja“
Nun geht es ja nicht nur um die Neins, wenn die im Sinne des Wahrnehmung der Wirklichkeit auch der Ausgangspunkt sind. Wir sollen uns nichts vormachen und klar eine Grenze setzen, wo das, was wir tun abweicht von dem, was wir Glauben.
Aber es geht ja weiter, es sollte zu „Jas“ kommen, zu Positivem, zur Ermutigung, zur Freude. Und hier entwickelt der Papst in Evangelii Gaudium einige Schritte, einige Wege.
Lösungsschritte hin zur Verwirklichung der sozialen Dimension der Verkündigung
Der erste Weg ist der der Bildung. Der Papst nennt zum Beispiel die Moral und die Ethik, in der Auseinandersetzung um Sterbehilfe erfahren wir das gerade hier in Deutschland. Den Begriff des moralischen Relativismus, der von Benedikt XVI. häufig bemüht worden war, aufgreifend beklagt er: „Wir leben in einer Informationsgesellschaft, die uns wahllos mit Daten überhäuft, alle auf derselben Ebene, und uns schließlich in eine erschreckende Oberflächlichkeit führt, wenn es darum geht, die moralischen Fragen anzugehen. Folglich wird eine Erziehung notwendig, die ein kritisches Denken lehrt und einen Weg der Reifung in den Werten bietet.“ (EG 64) Erziehung zum kritischen Denken, das ist ein erster Weg.
Der zweite Weg ist der der Begeisterung. Die kann man nicht einfordern oder schlimmer noch produzieren, aber ohne sie geht es auch nicht. „Der praktische Relativismus besteht darin, so zu handeln, als gäbe es Gott nicht, so zu entscheiden, als gäbe es die Armen nicht, so zu träumen, als gäbe es die anderen nicht, so zu arbeiten, als gäbe es die nicht, die die Verkündigung noch nicht empfangen haben. Es ist erwähnenswert, dass sogar, wer dem Anschein nach solide doktrinelle und spirituelle Überzeugungen hat, häufig in einen Lebensstil fällt, der dazu führt, sich an wirtschaftliche Sicherheiten oder an Räume der Macht und des menschlichen Ruhms zu klammern, die man sich auf jede beliebige Weise verschafft, anstatt das Leben für die anderen in der Mission hinzugeben. Lassen wir uns die missionarische Begeisterung nicht nehmen!“ (EG 80) Sehr viel Negatives, sehr viel Beschreibung dessen, was ich zu Beginn bürgerliche Religion genannt habe, und ein Weg, der kein Rezept ist. Ich würde anfügen, da hilft nur Beten und Reden.
Der dritte Weg ist der des Risikos: EG 88: „Viele versuchen, vor den anderen in ein bequemes Privatleben oder in den engen Kreis der Vertrautesten zu fliehen, und verzichten auf den Realismus der sozialen Dimension des Evangeliums. Ebenso wie nämlich einige einen rein geistlichen Christus ohne Leib und ohne Kreuz wollen, werden zwischenmenschliche Beziehungen angestrebt, die nur durch hoch entwickelte Apparate vermittelt werden, durch Bildschirme und Systeme, die man auf Kommando ein- und ausschalten kann. Unterdessen lädt das Evangelium uns immer ein, das Risiko der Begegnung mit dem Angesicht des anderen einzugehen, mit seiner physischen Gegenwart, die uns anfragt, mit seinem Schmerz und seinen Bitten, mit seiner ansteckenden Freude in einem ständigen unmittelbar physischen Kontakt.“ (EG 88) Begegnung ist immer Risiko, wir könnten zurück gewiesen werden, die Armut die wir erfahren könnte uns verändern, könnte unser Leben wandeln, da ist immer ein Risiko. Der Papst schließet diesen Gedanken so: „Der Sohn Gottes hat uns in seiner Inkarnation zur Revolution der zärtlichen Liebe eingeladen.“ (EG 88)
Bekehrung ist nicht nur ein geistlich‘ Ding
Sie sehen, meine Darstellung der Wege, die Papst Franziskus in Evangelii Gaudium aufzeigt, ist sehr geistlich. Aber genau das ist ja sein Aufruf zur Umkehr und zur Freude: Es ist ein zutiefst geistliches und gerade eben deswegen ein zutiefst menschliches und weltliches Ding, was wir hier besprechen. Spiritualität, beten, geistliche Dinge sind nicht etwas, was dann auch noch kommt, sondern sie finden als erstes statt, zu Beginn, sie begründen unser Tun und Denken und Beten und Handeln und unsere Gemeinschaft.
Unsere persönliche Bekehrung muss dann auch in einer soziale Bekehrung münden. Wenn wir die Wirklichkeit wahrnehmen, wenn wir die Versuchungen und all das erkennen, was dem Reich Gottes nicht förderlich ist, dann müssen wir uns ändern und dann müssen wir dadurch auch die Welt ändern. Morgens beten und dann weitermachen geht nicht.
Nun ist das alles ja gut und schön, aber jetzt werfen sie mir die Frage entgegen: „Jetzt machen Sie doch mal ein Beispiel“, werden Sie konkret. Brauche ich nicht, das macht Papst Franziskus ebenfalls, nämlich im gesamten vierten Kapitel, überschrieben mit „die soziale Dimension der Evangelisierung“. Alles, was ich bisher zitiert habe, ist nicht aus diesem Abschnitt. Den Abschnitt, der eigentlich unser Thema umfasst, den überlasse ich Ihnen. Ich habe versucht, einen Leseschlüssel zu geben.
„Unsere Bekehrung muss dann auch in eine soziale Bekehrung münden. Wenn wir die Wirklichkeit wahrnehmen,wenn wir die Versuchung und all das erkennen,was dem Reich Gottes nicht förderlich ist,dann müssen wir uns ändern und dann müssen wir dadurch auch die Welt ändern….“
Wenn ich also den Leseschlüssel mir erlaube zu benutzen, dann stellt sich für mich die Frage, ob es dem Reiche Gottes förderlich, wenn sich die Kirche (Kunst-)Schätze anhäuft, sammelt und dies`als „Kulturgüter“ entschuldigt, die unbedingt der (Nach-)Welt erhalten werden müssen, obgleich das Wort Gottes im ganz Besonderen dessen Nachfolger gebietet,alles zu verkaufen….auf alle weltlichen Güter zu verzichten, um einen Schatz im Himmel zu haben, bzw. dieses schwere und verantwortungsvolle Amt (eines Apostels/eines „Petrus“) wirklich und ungehindert wahrnehmen zu können?
Was Sie hier aufzeigen, P.Bernd Hagenkord, ist ohne „wenn“ und „aber“ zuzustimmen, aber wenn „Petrus“ die Schlüssel des Himmelreiches hat, dann hat er dieses gefälligst nicht „nur“ aufzuschließen, sondern jenes Tor auch zu öffnen….und nicht „zu verstopfen“ durch eben diese scheinbar ach so kostbaren Kulturgüter, dessen Ansammlung, bzw. schon dessen Inbesitznahme das Wort Gottes gerade dem Apostelamt nicht aufgetragen hat. „Wer nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet (also auch auf dessen eigenes Leben -> Selbstverleugnung?!), der kann nicht mein Jünger sein…und schon gar kein Apostel. Morgens beten und entsprechend predigen, aber aus fadenscheinigen Gründen an allem, was man besitzt, bzw. zu besitzen glaubt, kleben zu bleiben, das geht nicht.
Wenn sich „Petrus“ wieder an diese Worte des Fleisch gewordenen Wortes erinnert und danach handelt, dann wird sich auch in der Welt nicht „nur“ etwas ändern, sondern: alles!
Ist also der Reichtum, die Anhäufung von Schätzen dem Reiche Gottes förderlich, um dessen Kommen es einem „Petrus“ allein gehen soll?
Der wahre Schatz, so denke ich, ist das Wort Gottes, welches dem Menschen Heil und Heilung bringt….und das kostbarer ist als alle Schätze der Welt zusammen (wenn „man“ überhaupt diesbezüglich einen Vergleich ziehen darf) Es ist unmöglich zwei Schätze zu lieben.
Ja ich weiß schon, P. Bernd Hagenkord, ich muss bei mir selbst anfangen, aber: ich wollte ja nicht „Petrus“ werden. Dieser muss aber Vorbild sein….und Nach-bzw. Befolger des Wortes Gottes, in dem er seiner Berufung und Erwählung gerecht wird. „Nur“ den Schlüssel zu haben und diesen nicht dessen Bestimmung zuzuführen,dafür hat der Herr nicht diesen unermeßlichen Schatz „Petrus“ anvertraut…
Vielleicht sollten Sie lernen, den Menschen als Menschen zu mögen und ihn nicht an irgendwelchen Idealen zu messen. Wie haben nun mal eine Geschichte und die gehört zu uns. Da gibt es viele Schatten und viel Licht. Warum soll ich das über Bord werfen? Das bringt niemandem etwas. Und Ihre Geringschätzung von Kultur Teile ich auch auf keinen Fall.
Geehrter P.Bernd Hagenkord, vielen Dank für diese „brüderliche Zurechtweisung“ (würde jetzt Franz von Assisi sagen), selbstverständlich „haben wir nun einmal diese Geschichte“, ob es aber die Geschichte nach dem Willen Gottes ist, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Und was die Kultur angeht, P.Bernd Hagenkord, von der Sie (fälschlicher Weise) der Meinung sind, dass ich diese gering schätze, so könnte ich Ihnen vorhalten, dass Sie das Wort Gottes gering schätzen, in dem Sie noch nicht einmal glauben, dass es bei Gott nicht darauf ankommt Kulturschätze zu horten etc, ….sondern eben darauf auf alles (zumindest als Apostel/Stellvertreter Gottes auf Erden) zu verzichten…..und somit das Bessere (das Beste!) zu wählen.
Meine Einstellung zur Kultur hat nichts mit deren Geringschätzung zu tun, sondern meine (Glaubens-)Kultur ist, auf das Kommende und somit Ewige hinzuarbeiten. Das ist m.E. erwas ganz anderes. Und auch wenn Sie diese Bestrebung auf keinen Fall mit mir teilen, so halte ich mich strikt an jene „Nein“ der sozialen Dimension auch innerhalb der Kirche. Und übrigens: wo messe ich „Petrus“ an „irgendwelchen Idealen“ als ob das Wort Gottes ein „irgendetwas“ ist. Und warum alles über Bord werfen?
Vielleicht dehalb, um etwas Besseres zu bekommen, weil eben „gut“ nicht ausreicht. Glauben Sie doch wenigstens das, was Sie selber schreiben…..
Dass ich das Wort Gottes gering schätzen würde, nur weil ich ihrer Auslegung desselben nicht Folge, ist schon harter Tobak. Damit befasse ich mich gar nicht erst.
….warum die Geschichte über Bord werfen? Vielleicht deshalb, P.Bernd Hagenkord, damit der ganze Platz an Bord der Zukunft gehört…! Mit Ihrer Einstellung werden Sie nie das „mehr“ erkennen, wenn/weil Sie eben zufrieden sind…“bürgerlich“ möchte ich fast sagen, hingegen der Glaube aus dem „Morgen, weil vom „Himmel“ kommt….der wahrhaft Glaubende zwar in aber nicht von der Welt: dessen Heimat und Schatz im Himmel ist.
Insoweit haben Sie recht ob meiner Geringschätzung irdischer Kultur. Aber auch nach der Meinung des Papstes, soll ich mich ja mit dem „Guten“ nicht zufrieden geben, wenn ich „etwas besseres“ haben kann….! So überlasse ich Ihnen das „Gute“ auf jeden Fall..und Sie mögen mir auf jeden Fall nicht böse sein, wenn ich mich nach dem Besten ausstrecke und mir trotz allem Christus als Maßstab nehme, auch oder trotz der Gewißheit, Ihn nie erreichen zu können: der Weg ist das Ziel.
Wenn der Mensch, gemäß der Worte eines Apostels Paulus, dessen Geist und Sinn erneuern und den neuen Menschen anziehen soll, dann muss er wohl den alten Geist und Sinn: den alten Menschen ablegen….über Bord werfen! Wenn Sie der Meinung sind, dass dies niemand etwas bringt…..Ich kann auf jeden Fall diese Meinung nicht teilen und will es auch nicht, da es mir persönlich „etwas“ gebracht hat; u.a. das Unverständnis Roms….wie Sie es selbst durch sich (als „Römer“) erfahren. Aber mit dem kann ich leben.
Ihre Radikalität ist sehr verächtlich. Und klingt deswegen im meinem Ohren nicht wirklich nach dem Apostel.
Das nehme ich Ihnen sogar ab. Für Sie ist das verächtlich und falscher Radikalismus, bzw. falscher Eifer, welchen Franziskus unter die „5 Plagen“ zählt.
Gut. Das ist Ihre persönliche Empfindung. Darüber jetzt zu streiten wäre genau das, was wir tunlichst unterlassen sollen.Solange keiner von uns etwas Verächtliches in den Augen und Ohren Gottes tut, ist alles in Ordnung.
…vielleicht beruhigt Sie die Tatsache, dass diese „Runderneuerung“ nicht irgendwo stattgefunden hat, sondern mitten im Kreise der Brüder des Franz von Assisi. …die damals wie heute (noch) mir mit sehr viel Unverständnis ob dieses Wechsels gegenüber stehen.
Franz von Assisi hätte mich sicher verstanden, ob es der heutige Franzikus tun würde? …
Franziskus hätte sie verstanden? Hä gibt es bei Ihnen aber nich eine ganze Menge Mensch, den Sie über Bord gehen lassen müssen.
Stimmt, P.Bernd Hagenkord, stimmt ganz genau. Da spürt der Mensch dann die ganze Dimension der Evangelisierung….in, mit und durch das Wort Gottes, durch das alltägliche Leben mit den vielen „Nein“ und dem einen radikal treuem „Ja“.
Ihre Aussage ob des „über Bord gehens…“ meinerseits spricht für sich. Aber auch dafür „Danke“ ob Ihrer Ehrlichkeit. Solche Menschen mag ich, die -so sagt der Bayer- „groad aus“ sind. Ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber doch sozial verträglich, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat.
Interessante Gedanken pater Hagenkord.
Gestern hat Unser Gemeindepfarrer ganz anders gepredigt. Der Streit auf der Synode hat eines offenbart, was sowieso schon bekannt war.
Ein RISS, der durch die Kirche geht. Und den sollte man nicht unterschätzen. Er geht durch ganz normale Gemeinden, landauf, landab.
Auch wenn die Bischöfe etwas anderes von sich geben.
Hier gehts um ganz ganz normale Gläubige die den GROSSEN heiligen Johannes Paul den II und den nun seligen Paul VI. verehren.
Man könnte Stalin zitieren:
KEINEN SCHRITT…in diesem Fall „VORWÄRTS“!
Im Klartext. Diskussionen über die Bedeutung undInhalt der Dogmen erübrigen sich für viele Kardinäle, Bischöfe, Priester und einfache Laien.
Das „stille Schisma“ wie es Jean- Marie Guénois in Le Figaro ausdrückt (nicht nur er!) wird von Tag zu Tag offentsichtlicher.
Gut so. Und es sind breite Kreise der konservativen Priesterschaft, die sich gegen diese „Öffnung“ wehren, keine Extremisten.
Man sehe sich die Kommentatoren der grossen Tageszeitungen an…
Radio Vatikan sollte dies wenigstens zur Kenntnis nehmen.
Kardinal Kasper gab neulich ein sehr interessantes Interview für die Welt.
„Sein“ Vorgehen im nächsten Jahr wird sein:
1) Die schwarzen oder „widerspenstigen“ Bischöfe auf Kurs bringen (finanzielle Mittel der deutschsprachigen Kirche werden dabei vielleicht auch „helfen“?)
2) Die Zusammensetzung der nächsten Synode so gestalten, dass das Ergebniss in „seinem“ Sinne verläuft.
3) Die Position des Papstes scheint durch seine Personalpolitik auch relativ in Richtung „Öffnung“ zu gehen…also die „Kasper“-Linie zu verfolgen.
…wollte die intellektuelle Idylle hier ansonsten nicht weiter stören.
Die „liberale Fraktion“ folgt Rom an der Basis schon lange nicht mehr.
Die „konservative Fraktion“ wird oder tut es bei Aufweichung der Ehemoral, Sakramentenempfang für „wiederverheiratete“ „Geschiedene“ und Fragen in Sachen der Homosexualität auch nicht mehr.
Rom und Radio Vatikan solte sich vielleicht weniger im intellektuellen Elfenbeinturm einschliessen, sondern das zur Kenntnis nehmen.
Der Papst kann noch so sehr auf sein Primat gegenüber der konservativen Fraktion aus der Mitte der Kirche pochen.
Es hat Grenzen. Er ist Stellvertreter, nicht Haupt der Kirche.
Christus sprach klare Worte bezüglich Ehe, Paulus ebenfalls…daran kommen Kasper und Papst nicht vorbei. Diskussion überflüssig.
War nur eine Einschätzung der Lage. Schöne Woche.
Mit christlicher Wertschätzung und Verbundenheit
„Rom und der Vatikan“ haben sich viel zu lange im so genannten „intellektuellen Elfenbeinturm“ eingeschlossen und sind gerade dabei, diesen zu verlassen.
@Argus Und genau da liegt doch der Hase begraben. Ich denke nicht das die hier mitlesende, wie Sie schreiben intellektuelle Gemeinde das nicht versteht. Anstatt sich Gedanken zu machen was man dagegen tun könnte setzt man nur auf Prophezeiungen, Szenarien.
Zu diesem/einem „Schisma“ von dem Sie schreiben kann es meines erachtens nur kommen und wird es kommen wenn keine der Parteien sich aufeinander zu bewegt, weiter macht wie bisher. Annäherung ist das Stichwort, soweit annähern das jeder Gläubige damit leben kann. Nicht Prophezeiungen, Szenarien sondern handeln sind angesagt und zwar jeder einzelne in den Gemeinden und nicht nur auf den Klerus, die Bischöfe verlassen.
…oder auf dem Papst, der Papst soll, muss, darf und wenn´s schief geht dann war es ja der Vatikan, der Klerus, der Papst nur man selber ist unschuldig.