
Die britische Zeitung The Guardian hat diese Bilder das erste Mal gebracht, der Spiegel hat das dann aufgegriffen, wenn ich richtig recherchiert habe. Und dann sind sie durchs Internet gewandert: Die Via della Concialiazione mit acht Jahren Unterschied.
Im Vatikan hält sich das Gerücht, man hätte gemessen, dass der Applaus für den Papst abgenommen habe, obwohl die Anzahl der Menschen zunehme. Der Grund: Die Pilger auf dem Peterplatz haben nur noch eine Hand frei, in der anderen halten sie Smartphone, Tablet, irgendwas um den Augenblick „festzuhalten“. Vielleicht ist es nur „gut erfunden“, wie man in Italien sagt: Si non è vero, è ben trovato. Es ist auf jeden Fall plausibel und gibt die Stimmung wieder: Alle schauen auf den Bildschirm, immer weniger auf das Ereignis selber.

Mir ist das bei der Papstreise ins hochtechnisierte Korea noch einmal aufgefallen, und zwar sehr negativ. Wie viele Menschen wollen den Papst gar nicht sehen, sondern nur durch den Bildschirm. Sie sind einen Meter nah dran, vielleicht etwas weiter, und wollen festhalten. Oder die Steigerung: Ein Selfie. Sie drehen sich weg und fotografieren sich selbst mit dem Papst im Hintergrund.
Von der fotografischen Qualität will ich gar nicht anfangen, das ist alles unterirdisch. Aber es dient ja auch einem anderen Zweck: Dem vermeintlichen Festhalten eines Augenblicks.
Was ist eigentlich aus dem Erzählen geworden?
Es geht gar nicht darum, dabei zu sein, den Moment zu erleben. Die Konzentration wird auf den Bildschirm gelenkt, man bekommt die Nachbarn und ihre Reaktion nicht mit, man bekommt die Nähe nicht mit, man achte auch nicht auf sich selber und die eigenen Reaktionen, es geht nur um das vermeintliche „Festhalten“.
Als begeisterter Fotograf weiß ich, was die Kamera in der Hand macht: sie trennt vom Ereignis. Wer durch die Linse schaut, das Objektiv, macht das Ereignis wortwörtlich zum Objekt. So sehen wir von hinten auf die kleinst-Bildschirme auf hunderte und tausende von Trennschirmen.
Auf der Skala ganz unten steht bei dem allen die Osternacht. Es wird im dunklen Petersdom darum gebeten, beim Einzug des Papstes mit der Osterkerze nicht zu fotografieren. Woran sich natürlich keiner hält, man will den Augenblick ja „festhalten“. Und jedes Jahr dasselbe Schauspiel: Der Papst wird taghell erleuchtet. Blitzlich auf Blitzlicht, das zerstört die Stimmung und die Dramaturgie der Liturgie, auf die es gerade in der Osternacht so sehr ankommt. Man scheitert nicht nur damit, diesen Augenblick „festzuhalten“, man zerstört ihn damit auch.
Was ist eigentlich aus dem guten alten Erzählen geworden? Man trinkt gemeinsam einen Tee und berichtet von seiner Romreise, von der Osternacht oder sonsteinem Ereignis. Warum müssen es schlechte Fotos auf dem Smartphone sein, die den „Fotografen“ vom Ereignis trennen, der also gar nicht wirklich dabei ist, sondern alles nur per Bildschirm mitbekommt? Ich verstehe das nicht. Und ich bin nun wirklich nicht technikfeindlich.
Der Bildschirm zu Hause ist schon zu einem dominierenden Möbel geworden, was da erscheint, wird uns als die Realität verkauft. Und jetzt verwandeln wir – und das freiwillig – auch noch die Realität da draußen als ein Ereignis, das wir nur noch auf Bildschirmen wahrnehmen.
Gruselig.
Danke für diesen Beitrag. Das trifft es auf den Punkt.
Leider ist diese Smartphone-/Tablet-Fotografierwut nicht nur in Rom zu beobachten, sondern in fast allen Kirchen, die von vielen Touristen besucht werden. Aufgestellte Verbotsschilder werden geflissentlich ignoriert. Doch es ist nicht einfach, was dagegen zu machen – ich möchte mich während der Messe ja nicht mit meinem „Nachbarn“ rumstreiten, wenn er die Kamera zückt. Vielleicht hat ja jemand eine Idee?
Bei Schul- und Kindergartenfesten kann man ähnliches erleben. Eltern suchen bei einer Aufführung ihr Kind durch die Kamera und sehen dabei die eigentliche Inszenierung nicht. Und ja, auch ich gehöre manchmal zu den Eltern, die so ein Ereignis digital festhalten um den nicht anwesenden Verwandten beim nächsten Besuch einen Eindruck geben zu können. Die Einschränkung im eigenen Erleben ist mir dabei allerdings bewusst.
Um bei kirchlichen Ereignissen wie z.B. der Erstkommunion das Geknipse zu vermeiden, wird in unserer Pfarrei ein Fotograf engagiert. Er macht seine Arbeit so unauffällig wie möglich und die Gemeinde kann sich auf das Geschehen einlassen.
Im Zusammenhang mit dem Fotografier-„Zwang“ ist mir persönlich auch Lk 2,19 wichtig geworden: „Maria aber bewahrte alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ Für mich eine Aufforderung, die Ereignisse in mir und nicht auf einem Chip zu speichern.
Ja, es ist grauenvoll….Diese Störer und Zerstörer bringen sich mit ihrer Verhaltensweise um das Wesentliche. Wie schön, wenn dann der eine oder andere erleuchtet wird und das Archiv im Herzen/Seele wiederentdeckt und eine Osternacht somit auch ganz anders miterleben kann. Zur Nachahmung empfohlen!
Sollte es jedoch schlimmer werden mit dem Blitzgewitter hier ein Tipp für unseren Papst Franziskus….einfach in der nächsten Osternachtliturgie die Sonnenbrille aufsetzen…. vielleicht begreift man es dann endlich!
Ich finde es gar nicht mal so schlimm am Petersplatz zu stehen und den Papst auf der Leinwand zu sehen und zu hören. Als ich in Rom war, war ich froh den Papst am Petersplatz auf der Leinwand zu sehen, ich hatte zwar eine Karte aber leider waren so viele Leute da das der Platz in der Audienzhalle leider nicht ausreichte um allen Platz zu bieten. Bei der Masse an Menschen, wer weit hinten steht sieht eh nix mehr und kann auch ohne die Technik nix verstehen. Dann ist es vermutlich sehr viel besser die Tables zu haben als nur da zu stehen und sagen zu können ich war mal da und habe eigentlich nix gesehen und gehört. Menschen die in Gottesdienste gehen und sich mehr mit ihrem Handy zu beschäftigen als mit dem Gottesdienst gibt es in normalen Gottesdiensten sicher nicht denn da gehen die wenigsten, denn die die gehen sind eh schon älter und nicht so Handy verspielt und die Jugend spielt lieber mit dem Handy auf der Straße als im Gotteshaus. Wenn bei Papstgottesdiensten so die Handy/Fotoblitzlichter gehen weiss man ja eigentlich dann auch das es nur Touristen sind und keine Menschen die um Gottes Willen an Gottesdiensten teilnehmen und den Papst nur als Popstar sehen und nicht als den Vertreter Christi auf Erden, oder?
Ja, auf der Leinwand beobachten ist etwas anderes als nervös zu versuchen, einen „guten“, aber technisch miserablen Ausschnitt mit dem eigenen Handy zu erhaschen. Wozu gibt es denn Radio Vatikan Video? Dort sind ausgewiesene Filmregiseure am Werk. Ich schaue mir regelmässig Papstgottesdienste an und bin, auch post festum, jeweils überwältigt von seiner über die Körpersprache vermittelten Eindringlichkeit. Übrigens kann man bemerken, wie sie seit Franziskus viel diskreter als früher agieren.
Genau, die Hilfsmittel Table, Handy usw. sind richtig eingesetzt nicht schlecht aber wie überall folgt postum der Missbrauch und es wird ohne Einsatz des eigenen Verstandes nur noch ein Machtinstrument sieht man ja schon wie die extremistischen Ideologien damit umgehen. Jeder einzelne kann nur mit guten Beispiel voran gehen nicht als Fotoapparat sondern als Infomaterial zu benutzen und die Privatsphäre jedes Menschen zu schützen.
Ich war Pfingsten im Petersdom zur Messe, es wurde vor und nach der Messe fotografiert. Im übrigen nicht nur von den Gläubigen sondern auch vom eigenen Personal. Siehe http://www.photovat.com/ ich möchte nur kurz anmerken das bei jedem Event jeder Messe tausende von Fotos vom Papst gemacht werden und zwar vom eigenen Personal. Die Menschen sind respektvoller und andechtiger als hier beschrieben, denn ich hatte das Glück bei mehreren Audienzen und einem Gottesdienst mit feiern zu dürfen. Wie gesagt es wurden Bilder vor und nach dem Ereignis gemacht. Geklatscht haben die Menschen auch nach der Predigt von Franziskus. Während der Messe hatten wir alle das Programmheft in der Hand, Lesung ,DOMENICA DI PENTECOSTE. Ich war so ergriffen das ich nach der Messe völlig vergessen habe mein Handy zu benutzen und ich denke so ging es vielen. Ich kann ihnen nicht ganz zustimmen Pater Hagenkord.