Der „Fragebogen“ zieht seit Tagen seine Kreise, die Bischofskonferenz von England und Wales hatte ihn schon online, die FAZ auf deutsch bereits ins Netz gestellt, aber erst heute wurde er offiziell vorgestellt. Es ist ein ausführlicher Text, meine Kollegen in der Redaktion haben ihn ordentlich zusammen gefasst.
Ich möchte dem nur vier Dinge mitgeben.
Erstens ist es „im Kontext der Evangelisierung“. Meine Empfehlung ist, im Nachdenken über das Thema die Überschrift nicht zu übersehen. Es geht um die Weitergabe des Glaubens, nicht um eine Familie im abstrakten sinn, als „an-und-für-sich“. Die Fragen haben immer eine bestimmte Perspektive.
Zweitens: Es ist ein Schritt, es ist noch nicht die Lösung.
Das kann man gar nicht genug betonen. Nicht nur eine Synode, sondern zwei – 2014 und 2015 – werden sich mit dem Thema befassen. Dieses Vorbereitungsdokument ist also genau das, der Beginn eines Prozesses. Die erste Synode wird dann eine Situationsbeschreibung erstellen und die zweite zu „konkrete Leitlinien für die Pastoral der Einzelperson und der Familie“ tagen.
Drittens: Das Thema ist komplexer, als wir vielleicht annehmen. Hier darf ich einmal ausführlicher zitieren: „Unter den zahlreichen neuen Situationen, die die Aufmerksamkeit und den pastoralen Einsatz der Kirche erfordern, möge es genügen, an folgende zu erinnern: konfessionsverschiedene oder interreligiöse Ehen; Familien mit nur einem Elternteil; Polygamie; arrangierte Ehen mit dem daraus folgenden Problem der Mitgift, der manchmal als Kaufpreis der Braut verstanden wird; das Kastensystem; die Kultur des nicht verpflichtenden Ehebandes und der angenommenen Instabilität dieses Bandes; Formen des der Kirche feindlich gesinnten Feminismus; Phänomene der Migration und Neuformulierung des Begriffs der Familie; relativistischer Pluralismus im Eheverständnis; Einfluss der Medien auf die Volkskultur im Hinblick auf das Verständnis von Ehe und Familienleben; Dauerhaftigkeit und Treue des Ehebundes entwertende Denkströmungen, die einzelnen Gesetzesvorschlägen zugrunde liegen; Verbreitung des Phänomens der Leihmütter; neue Interpretationen der Menschenrechte. Vor allem aber ist im kirchlichen Bereich die Schwächung oder die Aufgabe des Glaubens an die Sakramentalität der Ehe und an die heilende Kraft der sakramentalen Buße zu nennen.“ Hier hinein gehört auch die Erinnerung, dass die Kirche eine Lehre zur Familie hat. Hier geht es um das Konzil, um die Frage nach Naturrecht etc.
Viertens: Man will die Realität sehen. Der Fragenbogen fragt nach statistischen Daten, nach Relevanz, nach faktischen Zuständen, nach dem Bewusstsein unter den Getauften etc. Hier spielt sich die Komplexität, die ich eben genannt habe, aus: Was sind genau vor Ort die Herausforderungen und wie sehen sie aus? Und dann die Anschlussfrage: Wie geht die Kirche konkret damit um?
Ja es ist ein erster Schritt, aber schon dieser erste Schritt muss vom Kirchenvolk mitgetragen, die Laien müssen einbezogen werden. Alle, ausnahmslos alle(besonders die, die uns nicht gut gesonnen sind) werden uns dabei auf die Finger kucken….Soweit für den Anfang…
@ Chrisma: Die Illusion, dass man in Rom die Stimmen der Betroffenen konkret hören und wissen möchte, vefliegt schneller, als man schauen kann: Ich zitiere aus einer aktuellen KNA-Meldung: „Die Vatikan-Umfrage zu Familienthemen ist nach Aussage des Vatikansprechers Federico Lombardi nicht an Katholiken weltweit gerichtet. (…) Der Vatikansprecher dementierte damit Medienberichte, wonach erstmals auch Gläubige befragt werden sollen.“
Synodensekretär Baldisseri hat vor drei Wochen das so ausgedrückt: Man will die Basis einbeziehen und damit die Bistümer und Pfarreien gemeint. Alles andere wäre ja auch nicht zu handhaben.
Das bedeutet dann die Bischöfe, ausgewählten Priester und Theologen die dann die „irregulären Ehesituationen“ nicht kennen?
Na ja, wenn es hoch kommt vielleicht noch ein paar handverlesene Gremiumskatholiken, so wie beim Dialogprozess, da wurde kein einziger, „normaler“ Kirchgänger nach seiner Meinung befragt.
Bitte verständlich schreiben! Was wollen sie zum Ausdruck bringen?
Warum nicht? Im Zeitalter von Internet und seinen Möglichkeiten
sollte so etwas doch programmierbar sein..???!!
Baldisseri hat das in seiner Pressekonferenz vor ein paar Tagen spezifiziert und sagt etwas ganz Anderes als Sie:
Er hat in einem Begleitschreiben an die Präsidenten der Bischofskonferenzen aufgefordert, das Dokument an alle Bischöfe weiterzuleiten. Dem Vorbereitungsdokument zur Synode liegt ein Fragebogen zu Themen rund um die Familie bei, den auch und insbesondere die LAIEN in den Pfarreien beantworten sollen. Der Vatikan erwartet die Antworten bis zum kommenden JANUAR.
http://de.radiovaticana.va/news/2013/11/07/d:_erzbischof_gibt_fragenkatalog_f%C3%BCr_bischofssynode_2014_an/ted-744371
@Galahad, ich bin nicht davon ausgegangen, dass nun jeder einzelne Gläubige befragt wird. Aber ich befürchte auch wie @Silvia Brückner weiter unten schreibt, dass nur die „Gremiumskatholiken“ zu Wort kommen, aber ich bin ein hoffnungsvoller Mensch….eine kleine Seitentür ist aufgemacht worden und durch die müssen wir uns nun „durchdrängeln
Ja Chrisma, die, die uns nicht wohlgesonnen sind, werden das Ganze dann mit Häme begleiten und wir müssen uns dann wieder für etwas rechtfertigen, was wir weder zu verantworten haben noch in der geplanten Form gut heißen.
Also ich mag da ja etwas zu ausgebufft denken, aber nachdem die allgemeine Losung unter Benedikt hieß, diese ganzen Familienthemen seien ja nur wichtig für Europa und die USA, in anderen Ländern verstehe man die Diskussionen hier gar nicht, habe ich den Eindruck, dass man nun so weit ist, zuzugeben, dass es sich hier doch um weltweite Anliegen handelt und dass Franziskus ziemlich genau weiß, was die Leute umtreibt und in etwa auch schon eine Vorstellung hat, was am Ende an pastoralen Änderungen rauskommen soll. Da werden ihm die Rückläufe der Fragebögen aus den Bistümern eher als eine Unterstützung gegen die Unbeweglichen im Vatikan und unter den Bischöfen helfen, als dass sie der Kirche erst einmal die Situation zeigen müssten.
Ich fürchte, dass die Ergebnisse bei dieser Vorgehensweise schon so oft gefiltert bei Papst Franziskus, dem Gremium der acht Kardinäle und der Bischofssynode ankommen, dass das, was den Gläubigen an der Basis auf den Nägeln brennt, nicht mehr so reflektiert wird, dass dieses Problem sachlich überhaupt noch zufriedenstellend aufgearbeitet werden kann.
Bitte sehen Sie es mir nach, aber so etwas würde man dann eine Farce nennen.
Heute im High-Tech-Zeitalter gibt es Verfahren, die über Zentral-Server solche ausgefüllte Fragebögen sammeln und nach vorgegebenen Gesichtspunkten auswerten.
Mit den gewonnenen Ergebnissen kann man dann für die relevanten Fallthemen Prognosen und Hochrechnungen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen in Zahlen und Diagrammen darstellen, die dann der Synode der Bischöfe bei wertneutraler und objektiver Moderation, sowohl in kirchlicher als auch in weltlicher Sicht als überzeugende Entscheidungshilfen dienen können.
Sind wir doch mal ganz ehrlich zueinander, Pater Hagenkord hat den Umfang der zu bewertenden und relevanten Themenbereiche sehr ausführlich dargestellt.
Wer von den Bischöfen soll denn dies alles überblicken und in Synthese aufarbeiten und bewältigen können, wenn es nicht vorher von wirklichen PR-Fachleuten aufbereitet, bewertet und anschließend sach- und fachgerecht moderiert wird.
Wenn so eine wichtige kirchliche und menschlich weltliche Notsituation derart di¬let¬tan¬tisch
angegangen wird und die Befragung nur auf handverlesene und in der Hoffnung auf treue kirchenhörige Menschen basierende Fundamente gestellt wird, dann braucht die RKK erst gar nicht damit anzufangen.
Die betroffenen sind wesentliche Teile der kirchlichen Basis.
Es ist nicht damit gedient diese schwerwiegenden Brandthemen in die Läge zu ziehen und in der Zwischenzeit sammeln sich bereits die nächsten Probleme an, die zu bewältigen wären.
So rückständig kann man m. E. in der heutigen Zeit auch in Kirchenhierarchien, wie Vatikan und Diözesen nicht mehr arbeiten.
Ich fürchte viele technisch versierte Gläubige werden das erkennen und aus Frust und Verzweiflung ihren Abschied von der RKK nehmen.
Was wäre,WENN…
– jeder an einer Wortmeldung des Kirchenvolks interessierte Christ sich entschließen würde, UNGEFRAGT an der Beantwortung der Fragen mitzuwirken….
– indem man schnellstens eine Arbeitsgruppe in der eigenen Gemeinde gründet…
– diese Gruppe die Fragen weitgehend verständlich für Laien „herunterbricht“…
– Jeder, den es drängt – nur verantwortlich gegen Gott und das eigene Gewissen – die Fragen beantwortet….
– die Arbeitsgruppe die Antworten und Prozente listet…
– die Ergebnisse z.B. einem ZdK-Mitglied (oder kath. Laienverbänden..) zustellt ….
– ein solches Laiengremium sich bei der nationalen Bischofskonferenz Akzeptanz verschafft, das Wissen des Kirchenvolkes nach Rom zu tragen, d.h. nicht an irgendwen, sondern zum Papst und seinem Kardinalsberatungsstab…
???
In meiner Gemeinde hat es sowohl zum erwähnten Dialogpapier, als auch z.B. zum Kirchenvolksbegehren Laienarbeitskreise gegeben, und es gibt regionale und überregionale Laiengruppierungen, Vereine und Verbände, die das Thema Familie beschäftigen muss.
Das klingt sicher für Einige, die sich bestimmt auch nicht unbegründet hier eher pessimistisch geäußert haben, etwas naiv. Aber wer verbietet dem Kirchenvolk, sich äußern? Und: wieviele Fachleute gibt es nicht auch in den Gemeinden, die mitwirken könnten bei der sachgerechten Formulierung von Fragen für die Laien, bei Auswertung und und und…
@Gabi, nein ich finde Ihre Vorstellungen nicht naiv. So sollte es eigentlich sein. Wenn wir (das Volk) nicht gefragt werden, sollten wir ungefragt Antworten. Ich bin eine hemmungslose Optimistin ( und Romantikerin). Ich glaube daran, dass sich Initiativen bilden werden die diesen Weg versuchen zu gehen, wenn die Bischöfe, wie es sich in München gerade vorsichtig abzeichnet, nur mit Gremienkatholiken (die sind sehr oft, aber auch nicht immer, auf „ Linie“) arbeiten wollen. Ich denke auch nicht, dass das (dumme) Volk nicht imstande ist die Fragen zu beantworten. Das hatten wir doch schon mal –gerade schlägt mein katholisches Herz ein wenig lutherisch. Aber wir sollten nun erst mal abwarten wie die Bistümer, die Bischofskonferenz entscheidet. Vielleicht müssen wir evtl. bei den Bistümern, die ihr Volk einbeziehen Asylanträge stellen??? Ihr Beitrag hat mir viel Freude bereitet….
Liebe @Chrisma, es tut gut, Zuspruch zu bekommen, danke! Das sehe ich auch so, dass man erst mal horchen muss, was die Bischofskonferenz usw. daraus machen will – ob sie es wirklich in der Hand der Kleriker lassen will. Mein Gefühl sagt mir: es ändert sich der Umgang mit den Laien. Dieses Thema ist dafür wie geschaffen, denn es geht ja eigentlich um eine Art Bestandsaufnahme, die am besten von den Betroffenen selbst darzustellen ist .
Die Bischöfe (manche) reden nicht mehr gleichgeschaltet, sondern offen und anders als vor einem Jahr. Mag sein, dass Kard. Marx schon immer so gedacht hat, was er heutzutage laut ausspricht (siehe Hinweis von Silvia Brückner). Ich traue der Bischofskonferenz heutzutage durchaus die Entscheidung zu, auch das „Volk“ den Fragebogen beantworten zu lassen.
Also, bereiten wir uns doch schon mal innerlich auf alle Möglichkeiten der Beteiligung vor!
Hier zur Meinung von Kardinal Marx zu wiederverheiratete Geschiedene:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/wiederverheiratete-geschiedene-kardinal-marx-kritisiert-mueller-a-932404.html
@Liebe Silvia hier erstmal ohne Kommentar die Haltung des Bistum München Freising
e.radiovaticana.va/news/2013/11/07/d:_erzbischof_gibt_fragenkatalog_für_bischofssynode_2014_an/ted-744371