Bischofssynode, Tag 4, Donnerstag Nachmittag
In der Nachmittagssitzung am sprach unter anderen Kardinal Joachim Meisner, er nahm Bezug auf den Apostel Philippus, den der Geist Gottes an die Straße führt und der die Fragen eines reisenden Regierungsbeamten beantworten soll, der in einer Schriftrolle liest. Ein Auszug aus den Ausführungen des Kardinals:
Heute sind die meisten Christen froh, wenn ihnen niemand eine Frage stellt. Von fünf Menschen, die wir auf den Straßen des Alltags treffen, sind drei auf dem gleichen Weg wie der äthiopische Regierungsbeamte (Apg 8:31), auf dem Rückweg von irgendeiner religiösen Sozialisation in ihr gegenwärtiges Leben. Sie sind beladen mit einer Auskunft über den Sinn ihres Lebens aus ihrer Vergangenheit, an der sie nun traurig herumbuchstabieren, ohne zu verstehen, was das mit ihrem Leben zu tun hat. Sie haben gleichsam ein Stück biblischer Botschaft eingekauft, so wie dieser Reisende eine Jesaja‑Rolle, aber sie haben niemanden, der sie anleitet, der eine Brücke zwischen dem Wort des Glaubens zu ihrem alltäglichen Leben schlägt. Es gehört offenbar für viele Zeitgenossen zur Modernität, an religiösen Fragen nicht interessiert zu sein.
Aber in Wirklichkeit schlägt sich ein übenwiegender Teil der Menschen, zumindest in Europa, mit Fragen herum, von denen er nicht weiß oder wahrhaben will, dass es religiöse Fragen sind. Darum ist die Straße in unseren Städten und Dörfern der Ort für die Weitergabe des Glaubens. Und es braucht dabei nicht das Engagement eines hauptberuflichen Christentums, um Gottes Aufruf gehorsam zu sein. Ein kleines Stück Weggenossenschaft genügt schon viel; es kann vielleicht alles sein, wie wir das bei Philippus sehen. Wir lassen uns oft nicht auf die Probleme eines anderen Menschen ein, weil wir meinen sie für ihn lösen zu müssen. Vielleicht braucht er aber nur ein wenig Zuhören, Mitdenken und die Wohltat, dass sich einer in seine Lage hineinversetzt, in den Wagen seines Lebens einsteigt und seine Fragen ernst nimmt. Das bedeutet, dort anzufangen und mitzudenken, wo der andere steht. Zeugenschaft für Jesus Christus braucht nicht zuerst eine komplette und kirchlich genehmigte Christologie, sondern etwas viel Wichtigeres: Sie braucht immer einen Deckungspunkt in der eigenen Existenz, und sei es nur ein einziger, ganz kleiner. Das zählt!
NB: Diese Stücke kommen immer mit etwas Verspätung, weil wir nicht immer überall sein können. Und ich berichte lieber etwas verspätet als vorschnell.
Kardinal Meisner ist sehr kontaktfreudig.Man kann ihm per mail Fragen stellen, die dann über seinen Sekretär beantwortet werden. Das ist eine Seite, die ich sehr an ihm schätze. Denn unbedingt Zeit hat er auch nicht mehr als andere.
Ich bin viel mit der Bahn unterwegs und es fällt mir auf, dass nicht wenige mit der Heiligen Schrift in der Hand oder sogar mit dem (großen) Stundenbuch unterwegs sind. Ich glaube, dass die “Nachfrage” eigentlich sehr groß ist, was dieses Thema angeht. In meiner Arbeit bei der Bahnhofsmission vor vielen Jahren, kamen oft Menschen, die einfach nur über den Glauben reden wollten und über die Gedanken, die sie sich dabei machten. Als ich diese Besucher auf Pfarreien oder entsprechende Stellen verwies, lehnten diese das ab mit der Begründung, dass sie einfache Menschen und keine Theologen wollten…
Über diese Antwort war ich dann doch sehr überrascht und nicht wenig verwundert. Kardinal Meisner hat wohl die Situation richtig erkannt…
ich nehme gerade an einem gesprächsabend über das johannesevangelium teil bei protestanten. die pfarrerin ist auffallend fromm und gebíldet. diese kombination liegt mir am meisten.es wird gelesen und jeder sagt seine gedanken zum thema.am ende wird ein schlussgebet gesprochen.