Es wurde aber auch Zeit. In all dem Sprechen über Corona und Kirche war die Betonung lange und viel zu sehr auf der Kirche. Auf Institution und auf den Verantwortlichen. Das ist den Reflexen einer stark institutionalisierten Kirche geschuldet, und durchaus ein ökumenisches Phänomen, wie die Debatte um die Lieberknecht-Kritik zeigt. Es geht aber nicht um die Institution.
Und deswegen kommt jetzt ein anderer Begriff in der Debatte gerade richtig. Er hätte da schon lange hin gehört. Und zwar der des Gewissens. Und der kommt nicht nur in der Corona-Debatte vor, wie etwa das neue Buch von Kardinal Reinhard Marx zeigt.
Es geht aber nicht um die Institution
Dummerweise gibt es in unserem Normalgebrauch der Sprache das Wort fast nur noch in Kombination mit der Qualifizierung „schlecht“. Es ist das ‚schlechte Gewissen‘, das uns vertraut ist. Aber das verzerrt. Es geht nicht nur um die Warnung vor Falschem, sozusagen um die Warnleuchte am inneren Armaturenbrett. Mein Gewissen leitet mich nicht nur, wenn ich falsch liege. Sondern auch sonst.
Nur so ist zu verstehen, dass das Gewissen auch in anderen Debatten der Kirche ein Rolle spielt. Etwa bei Bischof Kohlgraf, mit Blick auf die Macht-Frage: „Im Kern geht es auch um die Frage, ob wir eigenständige Gewissensentscheidungen von Menschen unterstützen und damit den Menschen zugestehen, mit Hilfe des Wortes Gottes und auch mit Hilfe seelsorglicher Begleitung zu eigenen Entscheidungen zu kommen – oder ob wir im letzten die Deutungshoheit beanspruchen, der sich die anderen Menschen dann einfügen.“
Die eigene Entscheidung
Dass es hier nicht um einen falschen Widerspruch von Ich und Wir geht, also um den eigenen Freiheitsdrang gegen die Gemeinschaft und deren Tradition, sollte klar sein. Sollte, ich bin da vorsichtig geworden. In jedem Fall aber finden hier, im Gewissen, die entscheidenden Weichenstellungen für die Kirche der Zukunft statt.
Dazu gehört etwa – in den Worten von Papst Franziskus – dass wir uns nicht von der Angst, sondern vom Stern leiten lassen sollen. Also vom Glauben, der Hoffnung, der Vision, der Gemeinschaft. Das vertreibt die Ängste nicht, nimmt ihnen aber die Macht, uns zu dominieren.
Dazu gehört auch das, was jetzt Kardinal Rainer Maria Woelki in einem Zeitungsbeitrag geschrieben hat: „Nächstenliebe, die Sorge um die Schwachen, ist vor allem durch das Christentum zu einem zentralen Begriff unserer Gesellschaften geworden. Man nennt es heute zumeist Solidarität. Ohne dass wir uns jetzt in dieser großen Not wechselseitig umeinander sorgen, wird aus der Naturkatastrophe eine viel größere, eine menschliche Katastrophe.“ Der Ort dafür ist das Gewissen.
Wo Neues geboren wird
Und damit sind wir beim Festtag heute. Denn was es vor allem anderen braucht, ist Heiliger Geist. Das Gewissen ist nicht autonom in dem Sinn, dass wir dort mit uns alleine sind. Es ist immer auf den Nächsten gerichtet und ohne Gott bleibt es leer. Der Heilige Geist wirkt in uns genau hier, das will am Pfingstfest gefeiert werden und im Rest des Jahres gepflegt werden.
Wenn wir also jetzt in die Debatte um Corona & Co das Gewissen einführen, dann sind wir mit dieser Debatte endlich da, wo Neues geboren werden kann: aus dem Heiligen Geist. Und nur dort.
Danke P.Hagenkord, danke für die Anregungen, mit denen ich kreativ oder schöpferisch umgehen kann..
Ich spüre bei Ihren Beiträgen auch eine Weitung Ihres Denkens
Ist’s wohl die neue Umgebung in M..?
Danke!
PS: hoffentlich bleibt RV seiner Dynamischen Entwicklung treu und restauriert sich nicht nicht in die Vergangenheit zurück ..
Ich kann’s nicht rational begründen, aber ein etwas mulmiges Gefühl( neue Simulation Übersetzerin..)
Also der Pfingst Geist möge ruhig Weiter seinen Raum finden..
Wo bleibt das Gewissen der Elite?.
„Bei der Zulassung, Sicherheit und Kontrolle von Medizinprodukten liegt ein Multiorganversagen vor. Politik und Kontrollbehörden unternehmen nichts, für Patienten ist diese Lethargie lebensgefährlich“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung).
„Pharmaindustrie schlimmer als die Mafia“… „Den Tod in Kauf genommen“. Die Zulassungsbehörden machen einen ziemlich schlechten Job – vor allem die FDA in den USA. In dieser Behörde gibt es eine Menge Interessenkonflikte und Korruption. Im Zweifel entscheide die Behörde eher zugunsten der Pharmaindustrie als zugunsten der Patienten. Weil Studien der Pharmabranche letztlich nur für die Werbung taugten, fordert ein Pharma-Kritiker, dass sie immer von unabhängigen Wissenschaftlern vorgenommen werden sollten. „Wir brauchen eine Revolution im Gesundheitswesen: Unabhängige Medikamenten-Tests, für die die Industrie weiterhin zahlen könnte“ – inklusive Veröffentlichung aller Studiendaten, auch der negativen. (Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2015/02/06/pharmaindustrie-schlimmer-als-die-mafia ).
Was meinen Sie mit “Gewissen der Elite”? Ihr Kommentar lässt mich etwas ratlos zurück.
Das scheint mir der Kommentar eines typischen deutschen Gesamtschülers zu sein. (Für die österreichischen Leser: Gesamtschule = Hauptschule mit Abitur als Abschluß.) Gesinnungsstark und wissenfrei.
Die Berufung auf das eigene Gewissen klingt erst mal gut. Darin schwingen “höhere Werte” mit, denen eigentlich niemand widersprechen kann.
Etwas schwierig wird es dann, wenn man begründen muß, auf welche höheren Werte sich denn das Gewissen beruft. Ist es nur ein wohlfeiler Vorwand für den eigenen Willen, gar den eigenen Egoismus, oder steckt da wirklich mehr hinter?
Das Gewissen bedarf eines Fundamentes und einer stetigen Führung. Da einfach nur darauf zu warten, daß der Heilige Geist es schon richten wird, reicht nicht aus. Was reicht denn dann aus? Welches Fundament ist denn überhaupt tragfähig?
Die Antwort ist ganz einfach: Das Gewissen ist genau dann ein sicherer Wegweiser, wenn seine natürliche Basis, die uns ins Herz geschrieben wurde (Naturrecht), durch den Katechismus der Katholischen Kirche ausgebaut und gefestigt wurde.
Die wenigsten werden sich bei ihren Gewissensentscheidungen am Katechismus orientieren, Aber diejenigen, die es tun, können sich sicher sein, weder ihr Gewissen noch den Heiligen Geist als Vorwand für was auch immer zu mißbrauchen.
Im Prinzip stimme ich Ihnen zu, ich trage Verantwortung für das Gewissen und dessen Formung. Es ist kein Synonym für “ich darf machen, was ich will”. Aber. Und das ist ein großes Aber. Die Lehre der Kirche ist eben nicht dem Gewissen über geordnet. Es war immer eine Versuchung, durch die Hintertür Katechismus, Lehre oder Naturrecht dann doch wieder dem Gewissen vorzuschreiben, was es zu entscheiden habe.
Es ist kein Synonym für “ich darf machen, was ich will”.
Gut geschrieben. Aber wie wollen Sie das nach Ihrem Aber noch abgrenzen?
Mein Einwand zielte nur darauf, keine Klare Hierarchie zuzulassen. Natürlich spielt Lehre, Schrift, Kirche eine Rolle bei der Bildung des Gewissens. Aber weder darf das Gewissen sich über die Kirche, noch die Kirche über das Gewissen erheben. Hier bleibt es notwendigerweise bei einem ständigen Abgleich, hier gibt es kleine immerwährende Zu- und Unterordnung.