Skip to content
  • Home
  • Über mich
  • Jesuiten

PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

powered by Logo des Jesuitenordens

Exerzitien, Wahl und der Papst

Veröffentlicht am 22. November 2015

Der vergangene Sonntag mit dem Papstbesuch in der lutherischen Gemeinde in Rom hat eine Menge Aufsehen erregt. Dabei war aber nicht nur die Antwort des Papstes auf die Frage nach Kommunionempfang und das Gastgeschenk des Kelches interessant, sondern auch die Predigt.

Das Schicksal oder die evangelische Leseordnung der Schrift wollten es, dass der Papst einen seiner Lieblingstexte aus der Schrift für diese Predigt vorgelegt bekam, die Gerichtsrede im Matthäusevangelium (Mt 25). Der Text ist repetitiv, nach den ersten zwei Fragen „wann haben wir dich hungrig gesehen…“ und so weiter will man gleich einwerfen „jaja, habe verstanden“, aber der Tat geht weiter und exerziert alle Beispiele durch: hungrig, nackt, im Gefängnis und so weiter.

Der Papst spricht sehr gerne über diese Textstelle. Wir werden an diesem Verhalten gemessen werden, gerichtet werden. Wie wir uns in solchen Situationen verhalten, unserem Mitmenschen gegenüber und in diesem Mitmenschen Christus, bestimmt unser Verhältnis zu Gott. Nichts anderes. Und selbst wenn ich nicht weiß, dass ich mich da auch um Christus mühe, selbst dann oder vielleicht sogar besonders dann ist das das von Jesus gewünschte Verhalten.

 

Eine Wahl treffen

 

In der Predigt vom vergangenen Sonntag hat der Papst nun ein Wort hinzu gefügt, das er  wenig nennt: „scelta“, auf dt. „Wahl“. Dieses Wort klingt bei einem Jesuiten und bei allen, die in dieser Spiritualität zu Hause sind, sofort an und deswegen ist es mir auch aufgefallen, als ich der Predigt zugehört habe. Für mich was das der Schlüssel für die Gedanken des Papstes.

Eine Wahl zu treffen ist der Kern der geistlichen Übungen, der Exerzitien, liegt im Herzen des geistlichen Rückrades, so dass ich die Gelegenheit hier ergreifen möchte, mir dieses Wort einmal vorzunehmen.

Papst Franziskus predigt in der lutherischen Kirche
Papst Franziskus predigt in der lutherischen Kirche

„Jesus hat immer gewählt“, sagt der Papst. In seiner Predigt zählt er jede Menge Situationen auf: die Jünger wollen Feuer vom Himmel regnen, lassen, er sagt nein. Er wählt das verlorene Schaf, er weist die Mutter der Jünger zurecht, welche die Plätze zu seiner Rechten und Linken sichern will. Jesus begleitet die Jünger nach Emmaus, er lässt sie sehen und dann umkehren, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn des Wortes. „Das ist eine Wahl Jesu“, so der Papst in seiner Predigt.

Diese Wahl, die Wahl die in Matthäus 25 beschrieben ist, nennt der Papst dann die „letzte Wahl“. „Und was werden die Fragen sein, die der Herr an jenem Tag stellen wird? Bist du zur Messe gegangen? Hast du eine gute Katechese gehalten? Nein, es geht in den Fragen um die Armen, denn die Armen stehen im Zentrum der Frohen Botschaft. … Jesus ist Gott? Das ist wahr. Er ist der Herr? Das ist war. Aber er ist ein Diener und seine Wahl hat er dazu getroffen. Hast du dein Leben für dich oder für den Dienst benutzt? Um dein Leben mit Mauern vor den Anderen zu schützen oder sie mit Liebe aufzunehmen? Das ist die letzte Wahl Jesu.“ Wozu habe ich mein Leben benutzt, wozu setze ich es ein?, das ist die Wahl, wie sie auch in den Exerzitien vorkommt.

Ein wenig Hintergrund: Exerzitien sind geistliche Übungen, um eine Wahl zu treffen, so definiert Ignatius selber in seinem Übungsbuch das, was man unternimmt. Und „Wahl“ ist erst einmal ganz wörtlich zu verstehen. Will ich in einen Orden oder nicht? Will ich Priester werden oder nicht? Wohin geht mein Leben, was soll ich machen, was will Gott von mir? Das sind die Fragen, zu denen man eine „Wahl“ treffen kann und wozu die Exerzitien helfen wollen.

 

Eine innere Haltung

 

Die Wahl ist aber nicht dasselbe wie eine Entscheidung. Das klingt etwas haarspalterisch, ist aber wichtig. In den Exerzitien bin ich nicht der, der entscheidet, sondern wenn man übt, betet, meditiert, dann entdeckt man – idealerweise – den Willen Gottes für sich. Die Wahl ist also eine Entdeckung, kein Situation in der ich Vorteile und Nachteile abwäge und dann selber entscheide. Die Wahl ist letztlich die Entdeckung, dass das, was ich wirklich will, dasselbe ist wie das, was Gott für mich will.

Und dieser Wahl begegnen wir auch in den Worten des Papstes in der Predigt. Es geht nicht darum, sich hin zu setzen und zu überlegen, was jetzt besser ist. Das ist hilfreich, der Verstand ist genauso Geschenk Gottes wie das Herz, aber letztlich ist es der Wille Gottes, den es zu entdecken gilt. Der zeigt sich ganz klar in Jesus und darin, wie er sich verhalten hat.

In den Exerzitien geht es dann noch weiter, die „Wahl“ wird idealerweise im weiteren Leben zu einer Haltung, also zu einer Grunddisposition, die immer wieder aktualisiert werden muss, die mich aber in allen Situationen des Lebens ohne dass ich groß nachdenken muss grundsätzlich in Richtung Evangelium tendieren lässt. Ich lasse mich also in den geistlichen Übungen bewusst formen, ich bin entschieden, ich habe gewählt. Ich lasse zu, dass zukünftig nicht mehr alle Optionen offen sind und alle Möglichkeiten gleich viel wert sind. Ich lasse mich und meine innere Haltung prägen.

Wenn man also als Jesuit nach zehn bis fünfzehn Jahren im Orden noch einmal Exerzitien in ihrer Vollform, also vier Wochen lang, macht, dann kann die „Wahl“-Option nicht sein, ob man im Orden bleibt oder geht. Hier ist die Bitte an Gott, die bereits getroffene Wahl zu bestärken. Auch das ist eine Wahl, die Bitte um die Formung meiner inneren Haltung.

Das ist die „letzte Wahl“, die wichtigste Wahl, die grundsätzliche Wahl, von der der Papst in der Predigt spricht. Es ist nicht die spontane Entscheidung, das Richtige zu tun. Es ist die Grundhaltung, sein Leben formen zu lassen vom Willen Gottes, der mit den Armen zu tun hat und mit der eigenen Offenheit für den Dienst.

Wofür lebe ich? Für mich selber oder für den Dienst? Wie Jesus? Dann ist klar, wie die Wahl ausfallen wird, wenn ich mich nur darauf einlasse.

 

  • teilen 
  • twittern 
  • teilen 
  • teilen 
  • E-Mail 
Kategorien Allgemein, Franziskus, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott
Schlagwörter Exerzitien, Ignatius, Jesus, Papst Franziskus, Wahl, Wille Gottes

5 Kommentare zu “Exerzitien, Wahl und der Papst”

  1. Rosi Steffens sagt:
    22. November 2015 um 11:08 Uhr

    Eine Entscheidung ist das, was das Leben fordert, eine Wahl ist die innere Einstellung zu dieser Entscheidung, die Gott hervorruft, um das Gewissen über die Zeit hinaus zu retten. Dieser innere Kampf um die eigene Person trägt den Menschen in seine wahre Bestimmung.

    Ich finde ihren Beitrag auch sehr interessant für den Blick auf die Ehe zwischen Mann und Frau, denn dabei trifft man aus einem inneren Impuls heraus eine Entscheidung, die immer wieder auf den Anfang, diesen Impuls zurückführen sollte, damit man aus dieser Entscheidung heraus eine Wahl treffen kann, die sie in die Gewissheit führt, die sie braucht, um im Leben bestehen zu können.

    Antworten
    1. Pater Hagenkord sagt:
      22. November 2015 um 11:40 Uhr

      Sie haben natürlich Recht, das gilt bei allen Wahlen, auch für die Ehe. Mein Blick ist da vielleicht etwas zu verengt, meiner eigenen Lebensentscheidung geschuldet. Danke also für die Erweiterung.

      Antworten
  2. 1234556 sagt:
    22. November 2015 um 17:48 Uhr

    Weltweit können viele – auch Christen – bei d. Ehe nicht wählen, trotzdem sind nicht alle dauerhaft nur unglücklich.

    Antworten
  3. Beate Hattinger sagt:
    23. November 2015 um 10:49 Uhr

    Gute Entscheidungen treffen, eine gute Wahl treffen; dies ist für mich ein faszinierendes Thema, gleichzeitig erfordern diese Fähigkeiten einen langen Lernprozess, womöglich einen Lebenslangen. Demnach braucht es viel Übung und somit auch viele Übungsmöglichkeiten.

    Wenn ich Sie richtigverstanden habe, lieber Pater Hagenkord, ist eine Wahl einer “einfachen” oder doch nicht so einfachen Entscheidung übergeordnet. Während eine Entscheidung mehr oder minder selbst getroffen wird, bindet sich eine Wahl an einen anderen bzw. höheren Willen, in Ihren Beispielen an den Willen Jesu. Dies führt, wie Sie es weiter beschreiben, zu gewissen Einschränkungen; nicht mehr alle möglichen Optionen stehen zur Wahl, da aus der Wahl eine innere Haltung geworden ist.

    Sehr gut, denke ich, insoferne dies freiwillig geschieht. Ansonsten fangen in meinem Kopf sämtliche Alarmglocken zu läuten an. Wie oft, all zu oft, heißt es: “Ich habe keine Wahl”, “Es gibt keine Alternative”. Und wie oft trifft dies tatsächlich zu? Könnte es daran liegen, dass Entscheidungen oder sogar eine Wahl zu treffen, manchmal so mühsam ist, oder die Möglichkeiten dies ausführlich zu üben einfach nicht angeboten werden, – mit oder ohne Absicht?

    Besteht nicht die Gefahr, die menschliche Freiheit zu gunsten eines determinismus aufzugeben? Mir scheint, dass deterministische Tendenzen wieder stärker werden; die moderne Hirnforschung spricht davon, aber auch in den Religionen ist immer wieder davon die Rede; leider. Nun, ich klinge wohl etwas besorgt, doch wenn sich jemand nicht Jesus bzw. einem barmherzigen Gott anvertraut, sondern sonst jemand oder etwas, kann dies böse enden. Deswegen, das eigene Denken, die eigene Freiheit lieber nicht so einfach abgeben, denn Entscheidungen frei und eigenständig zu treffen, ist, so bin ich gewiss, ein hohes Gut.

    Abschließend noch zwei Lese-Tipps für Englisch-Lesende und Englisch-Hörende:

    1. Ein Buchauszug aus
    What Is Ignatian Spirituality? by David L. Fleming, SJ.
    http://www.ignatianspirituality.com/making-good-decisions/an-approach-to-good-choices/how-ignatian-spirituality-gives-us-a-way-to-discern-gods-will

    Kurzlink:
    http://is.gd/sJqwXF

    2. Ein für mich ganz tolles Buch, das ignatianische Spiritualität vorstellt; hier in einer Version zum Lesen und Hören. Zwar ist der folgende Link ein kommerzieller Amazon-Link, doch die Entscheidung ob … ist natürlich frei. 🙂

    The Jesuit Guide to (Almost) Everything: A Spirituality for Real Life [Kindle Edition]
    James Martin
    http://www.amazon.de/dp/B00395ZYWW/ref=pe_386171_48771151_TE_M1T1DP

    Kurzlink:
    http://is.gd/eLnCqr

    Herzlichst, Euer entscheidungsfreudiger und freiheitsliebender Lese-Esel

    Antworten
  4. Pingback: Andliga övningar, val och påven | Signum

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Links

  • Helfen Sie meinem Blog
  • Radio Vatikan
  • RV-Newsletter bestellen

Neueste Beiträge

  • „Wohin auch immer das führen wird“
  • Respekt!
  • Selbstkritik
  • Sammelpunkt der Dynamik des Zuhörens

Kategorien

  • Allgemein
  • Benedikt XVI.
  • Bischofssynode
  • Die deutschsprachige Kirche
  • Franziskus
  • Geschichte
  • Glaube und Gerechtigkeit
  • Glaube und Vernunft
  • Interview
  • Kirche und Medien
  • Kunst, Kultur und Können
  • Neulich im Internet
  • Ökumene
  • Papstreise
  • Rom
  • Spiritualität / Geistliches Leben
  • Sprechen von Gott
  • Vatikan
  • Zweites Vatikanisches Konzil

Artikelarchiv

  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020
  • April 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • Dezember 2019
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • September 2019
  • August 2019
  • Juli 2019
  • Juni 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Februar 2019
  • Januar 2019
  • Dezember 2018
  • November 2018
  • Oktober 2018
  • September 2018
  • Juli 2018
  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • September 2017
  • August 2017
  • Juli 2017
  • Juni 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Januar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • Oktober 2016
  • September 2016
  • August 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
  • Dezember 2013
  • November 2013
  • Oktober 2013
  • September 2013
  • August 2013
  • Juli 2013
  • Juni 2013
  • Mai 2013
  • April 2013
  • März 2013
  • Februar 2013
  • Januar 2013
  • Dezember 2012
  • November 2012
  • Oktober 2012
  • September 2012
  • August 2012
  • Juli 2012
  • Juni 2012
  • Mai 2012
  • April 2012
  • März 2012
  • Februar 2012
  • Januar 2012
  • Dezember 2011
  • November 2011
  • Oktober 2011
  • September 2011
  • August 2011
  • Mai 2011

Schlagwörter

Barmherzigkeit Benedikt XVI. Bischofssynode Deutschland Deutschlandreise Dialog Evangelii Gaudium Familie Flüchtlinge Franziskus Frieden Gebet Generalaudienz Gesellschaft Glaube Glauben Gott Internet Jahr des Glaubens Jesus Kirche Kommunikation Kuba Liturgie Medien Missbrauch Neuevangelisierung Papst Papst Franziskus Papstreise Politik Predigt Radio Vatikan Reform Religion Rom Sommerreise Spiritualität synodaler Weg Synode Theologie Vatikan Verkündigung Öffentlichkeit Ökumene
  • paterberndhagenkord.blog
  • Kontakt / Impressum
  • Datenschutzerklärung
Der Blog von Pater Bernd Hagenkord   |   2011 bis 2023