Ein Schiff, voller Menschen, überquellend voll, Menschen überall, auf jeder Oberfläche, an der Seitenwand, im Wasser. Flüchtlinge und Schiff und Mittelmeer. Ein Foto. Erinnern Sie sich? Nein, ich meine nicht die Bilder aus diesen Jahren, ich meine ein Foto, das 1992 (!) viel Aufsehen erregt hat.
Die Firma Benetton hatte damals mit Skandalbildern Werbung gemacht. Besonders dieses Flüchtlingsschiff mit Menschen aus Albanien löste große Debatten aus, ob man das dürfe, ob das für Werbung zulässig sei, was ist mit der Würde der Menschen, und so weiter.
Flucht und Schiff, ein altes Motiv
Das Bild selber habe ich nicht rechtefrei gefunden, also hier per Link zum ZHK Zürich. Mittlerweile hängt das Foto in Museen.
Die 90er Jahre waren auch die Zeit, als mit Kampagnen wie „Das Boot ist voll“ gegen angeblichen Asylbetrug Stimmung gemacht wurde. Damals war auch viel von der „Festung Europa“ die Rede, Schengen wurde gerade eingerichtet und damit kamen auch die Außengrenzen in den Blick.
Lange ist das her. Aber wenn ich die Debatten von damals wiederlese, dann doch nicht zu lange. Wir haben wenig gelernt, scheint mir. Und wer glaubt, 2015 sei das Jahr mit der Krise gewesen, der schaue auf die überdrehten Debatten von 1992 zurück.
49 Flüchtlinge
Erst am vergangenen Sonntag musste Papst Franziskus öffentlich für 49 auf dem Mittelmeer auf Schiffen treibende Flüchtlinge das Wort ergreifen, weil sich die Regierungen nicht einigen können. Oder besser: weil sich damit schön Politik und Angst machen lässt.
Wie 1992 schon. Die Debatten darum, ob man mit so einem Foto Werbung machen darf, klingen im Rückblick geradezu harmlos. Die Frage heute ist, ob man damit Politik machen darf. Darf man, meinen einige. Dem ist zu widersprechen. Und zwar deutlich.
Lampedusa ist der symbolische Anti-Ort zum Foto von damals. Der Ort an dem der Papst die Frage in den Raum warf, wer eigentlich um die vielen Toten weine. Das ist viel menschlicher als Werbung mit ihnen zu machen. Oder Politik.
Nein, um auf die Frage des Stückes zu antworten.
Woher stammt das Foto wirklich, das ist die andere Frage. Bzw.: ist es “echt” /authentisch oder wurde es “gestellt” oder zumindest nachgearbeitet. Denn 1992 tobte bereits der Jugoslawienkrieg. Und im Krieg wird gelogen ohne Maß. Propaganda kann man das auch nennen. Könnte ja auch eine Inszenierung des Geheimdienstes sein.
Frei nach einem berühmten Schüttelreim eines amerikanischen Toppolitikers und Alltagsphilosophen, RUMSFELD, in anderem Kontext (z.B. die berühmten Fotos zu den Massenvernichtungsdepots vor dem Irakkrieg 2002 und 2003):
Es gibt Ereignisse, zu denen machen wir Bilder, die wir unverändert veröffentlichen.
Es gibt Ereignisse, zu denen machen wir Bilder, die wir verändert veröffentlichen.
Es gibt Ereignisse, zu denen haben wir Bilder, die wir nicht veröffentlichen.
Es gibt Ereignisse, zu denen machen wir keine Bilder.
Es gibt Ereignisse, zu denen machen wir Bilder, manipulieren diese und halten sie vor, wenn wir sie mal brauchen.
…
Das führt aber dann zur Umkehr-Frage: welche Bilder werden zurück gehalten??? Und was wird nicht fotografiert.
ich bringe ein ziemlich trauriges Beispiel, das definitiv ein Superskandal ist: es behaupten ganz viele, von Polizei und Militär auf EU-Raum wird GEFOLTERT, z.B. in geheimen Folterkammern in Polen, Rumänien ggf. auch Ostdeutschland. Das wird von so vielen Quellen genannt, dass was dran sein muss. Bestimmt ist alles dem “Kampf gegen den Terror” unterworfen. Wer hat die Fotos und wo sind sie?
Es gab im 20. Jh sehr gute Literatur, was alles mit Computerisierung und Technik passieren kann: angefangen bei Paul Watzlawick “wie wirklich ist die Wirklichkeit” oder ein den Büchern von Erich Fromm. Was die wohl heute sagen würden.
Vieles ín Politik, Werbung und Propaganda ist völlig außer Kontrolle. ich bin ja zur Ehtik Journalismus eher kritisch, ich meine, es wird nie mehr besser. Der Ausweg wäre nur mehr die absolute Demut und die Reduktion auf ein Minimum (das beißt sich jetzt bei den zurückgehaltenen Fotos von Skandalen).
Die Aufgabe der Kirche (insbesondere RV) muss hier nur sein, massiv auf die Bremse zu steigen und zu warnen.
Ich bleibe da sehr skeptisch. Der Kampf um die Ethik im digitalen Zeitalter ist längst verloren.
Im 19. Jh, las ich mal, gab es einen massiven Aufschrei, als ein Journalist sich in das Krankenzimmer von Bismarck schlich und ein Foto vom Krankenbett des Staatsmannes brachte. Heute schreit da keiner mehr.
Oder es gibt die Heldengeschichten im Skandal der Belgier um die Gewalt bei der Eroberung der Kautschukbäume im Zentralafrika. Damals bewegten die ersten Bilder von “abgehackten Händen” etwas.
Heute sind wir abgestumpft.
Pater Hagenkord und Sie, Dietmar, sagen es schon richtig.
Heute sind wir abgestumpft.
Dietmar, das Beispiel Kongo Kautschukbäume, habe ich schon aufs Korn genommen.
Unsere Futtergeld-Empfänger des EU Parlaments gehen empathielos an den Gedenkstätten Leopold II.
( https://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_II._%28Belgien%29 ) vorbei ohne ihre Speicheldrüse zu aktivieren.
Wir Nachrichten Konsumenten haben die geistige Gabe zu analysieren verloren.
Das abgebildete Schiff ist ein schönes Beispiel, seine Wasserkante ist schmutzig. Sie ist am Heck erheblich aus dem Wasser gehoben. Was sagt das? Bei Betrachtung der Fenster sieht man keine Personen im Fahrgastraum. Bei solchen Manövern kann leicht das Schiff kentern.
Der Befehl lautete, alle Mann an Bord, der nächste Befehl, alle Mann von Bord.
Das ist ein bösartig manipuliertes Bild. Danke für das Aufzeigen Pater Hagenkord.