„Es muss nun daran erinnert werden, dass die liturgische Verkündigung des Wortes Gottes … das Gespräch Gottes mit seinem Volk ist“ sagt Papst Franziskus in Evangelii Gaudium (Nr. 137). Es geht in dem Abschnitt um die Predigt und der Papst will sicher stellen – wie auch an anderen Stellen im Text – dass das nichts Theoretisches bleibt, sondern praktisch wird.
Ab und zu haben wir seine Form, das praktisch werden zu lassen, auf dem Petersplatz erlebt. Wenn er zum Beispiel bei Audienz oder Angelusgebet Fragen stellt und dann von den Versammelten Antworten erbittet, in Form von Zuruf oder gemeinsamen Gebetsruf. Er schließt die Menschen in sein Denken und Sprechen ein, lässt sie nicht nur Zuhörer sein sondern Mitmacher.
Das kann man noch für rhetorische Mittel halten oder für einen eigenen oder kulturell geprägten Predigtstil. Aber Franziskus kann noch mehr, er kann in seine Predigten kleine angeleitete geistliche Übungen einbauen, ohne die Zuhörer und Mitfeiernden zu überfahren oder zu überfordern.
Eine dieser Predigten möchte ich noch einmal hier zitieren, sie ist etwa einen Monat her aber beschäftigt mich seitdem: Die Papstpredigt bei einem Pfarreibesuch in Rom am 19. Januar:
„Und jetzt lade ich euch ein, etwas zu tun: Wir wollen die Augen schließen und uns jene Szene dort am Ufer des Flusses vorstellen: Johannes tauft, und Jesus kommt auf ihn zu. Und wir hören die Stimme des Johannes: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“ Wir wollen Jesus anschauen, und im Stillen möge jeder von uns aus seinem Herzen heraus etwas zu Jesus sagen. Im Stillen. [Augenblick der Stille]. Der Herr Jesus, der sanft ist, der gut ist – der ein Lamm ist –, der gekommen ist, um die Sünden hinwegzunehmen, begleite uns auf dem Weg unseres Lebens. So sei es.”
Sehr geehrter Pater Hagenkord. Ich weiß, das ist nicht genau das Thema, aber irgendwie schon, da es ja um Franziskus’ Predigten geht: ich vermisse eine Zusammenfassung der Morgenpredigt vom Dienstag auf Radio Vatikan. Das Tagesevangelium schien mir so spannend, es wäre schön zu lesen was er daraus gemacht hat. Kommt da eventuell noch was?
Dienstag war Feiertag im Vatikan, Gründung des Staates der Vatikanstadt. An diesen Tagen feiert der Papst – wie Mittwochs vor der Generalaudienz und Samstags – nicht öffentlich die Messe, deswegen gibt es auch keine Predigt von diesen Tagen.
Ach so! Danke für die prompte Antwort.
Lieber Pater Hagenkord,
die Predigt vom 19. Januar, die Sie zitiert haben, zeigt auf, dass Papst Franziskus hier nach der Methode aus dem Bibliodrama gepredigt hat.
Rollen in diesem Bibliodrama können dabei haben:
– die in der Erzählung genannten Personen (z.Bsp. Apostel, Pharisäer, Zuschauer)
– Tiere, Pflanzen und Dinge
– sowie Gefühle, Reaktionen (z.Bsp. die Angst, die Neugier, das Warten auf Jesus, die Zurückhaltung, die Nähe..)
Bei der Identifikation geht es darum, sich eine oder (nacheinander) mehrere Rolle(n) auszuwählen und sich in die entsprechende Person, das Ding, das Gefühl hineinzuversetzen. Aus der Identifikation heraus kann man dann die Szene als Petrus, Neugier, Stein… nacherleben. Zum Abschluss sollte man sich bewusst aus der Rolle verabschieden und sich vergewissern, was durch diese Übung deutlich geworden ist.
Solch eine Erschließung mit einer Bibelstelle durfte ich einmal an einem Kontemplativen Wochenende erfahren.
Hinterher war ich ein “anderer” Mensch! Ich habe mir die Szene “Die Frau am Jakobsbrunnen” ausgesucht und durfte durch diese “gedachte Konversation mit Jesus“ erfahren, dass Gott für mich einen Plan hat und dass mein Blick hierfür durch diese Betrachtung erst geöffnet wurde! Papst Franziskus weiß, wie man die Menschen auch ohne erhobenem Zeigefinger zu Jesus führen kann…
Klasse!
Die Methode kenne ich und schätze ich, aber das dem Papst nahezulegen halte ich für etwas gewagt. Es ist eine Vorstellungübung, die er macht. Aber selbst das ist für ein Predigt beachtlich.
Diese Predigt fand ich ganz wunderbar. Das kann unser Papst sehr gut: frei predigen, in einfachen, aber eindrucksvollen und verständlichen Worten. Dieser “Mitmachteil” war sehr berührend; so stellt Franziskus mit einfachen Mitteln eine unschlagbare Nähe her zwischen Volk, Priester und Gott. Das ist es, was viele Menschen suchen, brauchen, vermissen. Zum Glück kann man sich die Videos von diesen Ereignissen immer wieder anschauen. Unser Papst scheint ein instinktives Wissen darüber zu haben, was wir einfachen Menschen brauchen, um zu begreifen, dass Christus uns stets nahe ist und wir ihn ansprechen können in jedem Augenblick. Es tut so gut, einen Menschen wie unseren Papst zu erleben, der nicht mit Autorität droht, sondern mit Güte einlädt. Das überzeugt.
Wie lebendig wird durch diese Art die Predigt. Dadurch wird man regelrecht hineingezogen, wie schön das ist. Diese Art ist auch bei den Generalaudienzen und beim Angleus zu beobachten. Wunderschön, Franziskus erreicht damit absolute Aufmerksamkeit. Empathie, Danke und ich freu mich auf weitere Predigten.
Hier ein paar Gedanken zu den Exerzitien von Papst Franziskus
“…Gott gibt sich dem Propheten Jeremia mit diesen Worten zu erkennen: „Ich bin der Mandelzweig.“ Und die Mandelblüte ist die erste Blume, die im Frühling blüht. Sie blüht immer als erste. Johannes sagt: Gott hat uns zuerst geliebt. Darin besteht also die Liebe, dass uns Gott zuerst geliebt hat. Jede religiöse Erfahrung, die nicht diese Portion Verwunderung, die Erfahrung der Überraschung, des Überwältigenden in der Liebe, in der Barmherzigkeit in sich birgt, ist kalt, sie bindet uns nicht ganz ein. Es wäre eine distanzierte Erfahrung, die uns nicht auf die transzendente Ebene führt. (…) Exerzitien, bei denen man Kassetten über religiöses Verhalten hört, um darin Anregungen für eine Antwort zu suchen, taugen nichts. Sie geben der Seele keine Ruhe. Die Begegnung mit Gott muss von innen her kommen. Ich muss mich in Gottes Gegenwart begeben (…). Meines Erachtens muss es (…) eine Erfahrung des Nachgebens, der Hingabe sein, in der unser ganzes Wesen in die Gegenwart Gottes eintritt. Dort kommt dann der Dialog zustande, das Hören, die Verwandlung. Es bedeutet: Gott anschauen, aber vor allem: sich von Ihm angeschaut wissen. (…) Manchmal schlafe ich ein, während ich da sitze und mich anschauen lasse. Ich fühle mich, als wäre ich in den Händen eines Anderen, als würde mir Gott die Hand reichen….”
Sich von Gott anschauen und verwandeln lassen auf ihn hören heisst stille werden vor ihm mit ihm in Dialog treten ins Gespräch kommen jeder für sich, die Beschäftigung mit mir selber ist der Weg zu Gott und zum Nächsten kenne ich mich kenne ich den anderen und Gott der in jedem Menschen wohnt. Suchst du Gott dann suche ihn in Dir.