Ein Abendessen mit Kollegen anderer Sender hat mit Gelegenheit gegeben, meine Eindrücke zu Korea abzugleichen. Und unter allen diesen Eindrücken herrscht einer nach einigen Tagen hier vor: Wir sind erstaunt bis entsetzt, wie gespalten diese Gesellschaft ist. Und davon, wie offen und direkt jeder und wirklich jeder in Interviews und anderen Unterhaltungen darüber spricht.
Da ist das Fährunglück vom April dieses Jahres, 300 Menschen starben, darunter viele Kinder. Das hat das Ausmaß an Korruption im Land sichtbar werden lassen, seitdem zeigt sich die politische Klasse unfähig, das aufzuklären. Die Menschen leiden und sie leiden öffentlich, sie protestieren auf der Straße. Wir hatten ja keine Ahnung, wie tief der Schock und der Zorn über das Unglück und die Unfähigkeit der Politik sitzt.
Die Mutter aller Spannungen sei der Nord-Süd-Konflikt ist die allgemein akzeptierte These. Aber abgeleitet davon werden alle Menschen, die Veränderung werden allgemein als „Kommunisten“ abgestempelt. Konflikt und offiziell vertretene Feindschaft hat die Gesellschaft vergiftet, der offene Konflikt, die Gegnerschaft sind normal geworden. Und das hat auch die Auseinandersetzungen zu anderen Themen geprägt.
„Unheilbar“, „destruktiv“, „ohne Ausweg“ sind nur einige der Begriffe, die ich dazu gehört habe. Es hat uns alle überrascht, wie stark diese Wahrnehmung der eigenen Gesellschaft ist. Der Papst mit seiner Botschaft der Versöhnung wird vor diesem Hintergrund von den Menschen verstanden werden. Und alle hoffen, dass irgend ein Impuls kommt, um aus der Selbstblockade heraus zu kommen.