Es ist ein schreckliches Wort, „Glaubensgehorsam“. Hier scheinen zwei Dinge aufeinander zu prallen, die so gar nicht zusammen passen wollen. Da ist zum einen der Glaube, der frei mach, der das frei setzt, was Gott in uns hinein gelegt hat. Und da ist der Gehorsam, der genau das Gegenteil zu wollen scheint. Jedenfalls hören wir heute die beiden Begriffe so. Gehorsam, das hat einen bösen Klang.
Der Begriff stammt vom Apostel Paulus und Papst Benedikt XVI. griff ihn an diesem Mittwoch auf, um bei der Generalaudienz seine Katechesereihe über den Glauben fortzusetzen. Glaubensgehorsam – das Hören unserer Sehnsuch auf die Antwort Gottes.
Die Katechese des Papstes
Zu Beginn dieser Audienz haben wir einige Verse aus dem 1. Kapitel des Paulusbriefs an die Epheser gehört, diese Verse, die wir gehört haben, sind ein Loblied auf den Heilsplan Gottes für uns Menschen. In Christus – so sagt uns Paulus – hat Gott uns seinen „gnädigen Ratschluss“ offenbart, den er von Ewigkeit her für die Menschheit gefasst hat: „das „Geheimnis seines Willens, dass die Menschen durch Christus, das fleischgewordene Wort, im Heiligen Geist Zugang zum Vater haben und der göttlichen Natur teilhaftig werden“ (Dei Verbum 2).
Gott kommt unserer tiefen Sehnsucht nach Sinn und Erfüllung unseres Lebens zuvor und eröffnet uns die unbegrenzte Weite der Gemeinschaft mit ihm. Er will uns Anteil an seiner Natur, an seiner Weise des Lebens schenken.
Dann entsteht die Frage, welche Rolle spielt dabei der Glaube? Er ist die Antwort des Menschen auf die Offenbarung Gottes, der uns nicht irgend etwas sagt, sondern sich selber zeigt und einer von uns wird, damit wir zu ihm gehören können. Antwort auf Gottes Sich-Zeigen ist Gehorsam des Glaubens, eine Haltung, in der sich der Mensch in Freiheit anerkennt, dass die Liebe Gottes das Ziel seines Lebens ist; dass zu Ihm „Ja“ zu sagen für ihn nicht Zwang ist und eine ungeklärte Sache, sondern dass dieses „Ja“ das Wesen seines Menschseins ausdrückt. Und dass er dann, wenn er sich mit Verstand und Willen Ihm anvertraut wirklich er selbst wird.
Ein solcher Glaube, in dem der Mensch sich dem Herrn übergibt und mit ihm so inwendig eins wird, führt schließlich zu einer Veränderung in uns selber. Gott ergreift uns und ziehen uns an sich. Der Glaube lässt uns teilhaben an der Wahrheit und Weisheit Gottes. So können wir uns von ihm recht führen lassen. Durch ihn erhalten wir Standfestigkeit in unserem Leben. So ist das Festhalten an Gott und am Glauben ein Schutz vor dem Fallen in der Haltlosigkeit und in die Beliebigkeit.
(..) Öffnen wir, wie die selige Jungfrau Maria, in dieser Adventszeit in gläubiger Liebe Christus unsere Herzen, damit sein Licht durch uns hell in diese Welt strahlen kann.
Der Mensch sucht Gott, Gott sucht den Menschen.Beide hören aufeinander, beide halten einander fest. Da muss ich mir das ungut besetzte deutsche Wort Gehorsam nicht antun.
Habe ich die Katechese des Papstes richtig verstanden? Er sagt NUR im Gehorsam (=hören auf Gottes Wort) KANN der Mensch frei werden. Oder war das ganz anders gemeint?
So habe ich das verstanden: Hören auf Gottes Wort heißt nichts anderes als das Hören, was mir in meinem Menschsein auch entspricht. Von Gott kommen die freimachenden Worte. Gehorsam ist biblisch zu verstehen und hat nichts mit Abgeben des eigenen Willens zu tun. Wie gesagt, so verstehe ich den Papst.
Lieber P. Hagenkord, ich denke eine Frage an den Papst, wäre hier angebracht. Das Wort Gottes hören und dem nachgehen, ist korrekt. Der Satz aber, eigenen Willen nicht aufgeben, überzeugt mich nicht. Sonst, wie komme ich zum Wachstum und zur Reife, wenn ich nicht zulasse, meinen Willen zu korrigieren?
Und da stimme ich mit dem Satz aus Ihrem nächsten Beitrag überein, mit kleinem Wortschatztausch:
„Herzensbildung ist doch genau das: Das Gottesgehorsam im Verhalten, in Tugend und Selbstbeherrschung. Nicht als Zwang, den man sich auferlegt, sondern eben genau als Bildung, als persönliche Entwicklung.“
Liebe(r) AM, ich verstehe das etwas grundsätzlicher: Den eigenen Willen nicht aufgeben, sondern ihn formen lassen. Vielleicht ist das einfach nur unglücklich formuliert, aber Wachstum und Reife können ja auch nur passieren, wenn man einen Willen hat.
aber dann redet der papst wieder vom geführt werden..was meiner meinung nach nicht in den anderen text hineinpaßt. der mensch ist in den anderen teilen des textes sehr aktiv. sich anvertrauen, was für eine leistung!
Den eigenen Willen so lange „formen lassen“ bis er passt? Eine verklausulierte Form von „sich so lange verbiegen lassen, bis der Wille dessen der formt, mit meinem Willen deckungsgleich ist“? Das ist doch nur eine verbrämte Form des jesuitischen Kadavergehorsams! Es führt anscheinend keine noch so geschickte Formuöierung daran vorbei, dass Gott, bzw. natürlich seinem Stellvertreter, absoluter Gehorsam geschuldet wird und jeder Widerstand
Genau da widerspreche ich, der berühmte Kadavergehorsam wird missverstanden. Wille ist mehr als nur eine menschliche Entscheidung, er bezieht – im Verständnis des Wortes, wie er in der Gehorsamsdebatte benutzt wird – Gefühle mit ein, Prägungen etc. Wenn ich das verbiege und anpasse, dann komme ich eben nicht zu mir selbst, dann werde ich entfremdet. Um meinen eigentlichen Willen, der gleichzeitig Gottes Wille für mich ist, finden zu können, muss ich üben. Es geht genau nicht um Anpassung und Willenlosigkeit, es geht um das Entdecken dessen, was Gott in mich hinein geschaffen hat, um mein Ebenbild-Gottes sein.
Warum üben? Weil es nicht einfach ist, eben wie Musik machen. Es will eingeübt werden, weil nur das mir Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die ich sonst nicht habe.
Den Willen nicht durch den, der formt anzupassen, zu ändern, sondern das Wort Gottes soll formen. Den Willen, der aus „krankem“ Ich, aus dem „Ego“, das nicht ausreichend gebildet ist. Deshalb ist es so wichtig, dass der der formt ein gesundes „Ich“ hat, und nicht diktiert, sondern die Impulse gibt, um das Wort Gottes zu verstehen.