Als ich noch Jugendseelsorger war, gab es bei den Grundschulungen für junge Jugendleiter eine Übung: Sie sollten sich „den idealen Leiter“ basteln. Augen vorne und hinten, die auch durch Zeltwände schauen können; Leiter, die keinen Schlaf brauchen, die stundenlang zuhören könne, die gleichzeitig Fußball spielen, singen und durch Ringe springen können. Immer ein Wort der Ermutigung, des Trostes, aber auch immer klare Grenzen setzend, partnerschaftlich, etc. etc.
Sie wissen, worauf ich hinaus will: Diese „idealen Leiter“ repräsentieren nie die notwendigen Fähigkeiten, sondern immer die Erwartungen anderer. Und für Jugendleiter was das auch immer sehr wichtig, sich dieser Erwartungen bewusst zu werden, um die eigenen Schwächen kennen zu lernen.
Und genau das beobachten wir gerade mit den Wünschen an den neuen Papst. Die Nachrichtenagenturen spucken einen nach dem andern mit seinen Erwartungen aus, kaum jemand, der nicht gefragt wird. Kaum eine Gruppe, die nicht eine Meinung hat. Ob es nun Kontinent, Alter, Erfahrung, irgendeine theologische Schublade oder sonst etwas ist: Alles wird auf den „der nächste Papst muss …“ projiziert. Dabei hat uns Benedikt XVI. doch gerade erst gezeigt, wie menschlich auch der Inhaber dieses Amtes ist. Und schon wieder wird das Amt aufgeladen, vorzugsweise mit eigenen Steckenpferden, aber auch mit durchaus legitimen Ansprüchen.
Aber all das ist zu viel. Diese Erwartungen, wenn sie zu Forderungen werden, haben automatisch die Enttäuschung zur Folge, worauf wiederum eine Aussage des Erwartungshabers folgt, es sei ja von Rom eh nichts zu erwarten gewesen. Eine psychologisch erklärbare aber nicht sehr schöne eigene Realität entsteht, die mit dem Papst – dem alten wie dem neuen – nichts zu tun hat.
Die Kirche steckt in einer schwierigen Situation, vor Ort wie auch im Vatikan. Da braucht es keine Idealisierungen, da braucht es einen klaren Blick, Angstlosigkeit und – ceterum censeo – das Sich-selbt-nicht-so-wichtig nehmen. Mehr denn je.
Lieber Pater Hagenkord, danke für diesen Kommentar und für alle anderen Beiträge der vergangenen Tage, die ich verfolgen konnte, vor allem im Fernsehen – immer konzentriert und besonnen, immer ausgewogen und doch deutlich, immer entmythologisierend gegenüber alten und neuen Mystifikationen. Viel Kraft und Segen weiterhin!
Sie sprechen ein Thema an, das wohl bis in die Kreisen der Kardinäle geht. Aber sich einen „idealen Papst basteln“ lässt wohl unser geistiges Auge abschweifen und ablenken von dem, was uns Benedikt wie auch dessen Vorgänger immer wieder ans Herz legt, darin wir auf Jesus Christus schauen. Er ist das Maß aller Dinge, bzw. dessen Wort, welches Er uns sagt. Somit denke ich, dass wir mit einem solchen „Basteln“ aufhören, bzw. erst gar nicht beginnen sollten, sondern eben einfach damit anfangen, die gesprochene wie auch geschriebenen Worte gerade eines Benedikt in die Tat umzusetzen: „Fleisch und Blut“ werden zu lassen.
Die Kirche braucht Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstanden Herrn. Keinen Papst.
Braucht Rom keinen Bischof? Soll das alles abstrakt bleiben, ohne Tradition, damit auch ohne Bibel, ohne alles?
Sie haben Recht, dass wir Jesus Christus, d.h. Seinen Geist brauchen. Da muss man sehr viel in Frage stellen. Am meisten: sich selber. 😉
Benedikt XVI. hat ja gerade die Person Jesu Christi in seinen drei epochalen Büchern versucht aus der Abstraktion herauszuholen und uns Christen zu präsentieren und präsent zu machen. Christus hat aber auch seine Jünger ausgesandt und einen davon zum Baumeister und Grundstein für seine Kirche bestimmt. Wir brauchen also beides, Christus und einen Pontifex zwischen uns und Ihm. Der Relativismus, vor dem Josef Ratzinger immer gewart hat lässt grüßen!
Das wir Menschen uns was zusammenbasteln ist meines erachtens schon uralt, da stimme ich Ihnen zu P. Hagenkord. Das wir, lieber Guardianus, Christus brauchen steht denke ich auch ausser Zweifel und doch bastelt sich auch da der Mensch oftmals seinen eigenen Christus so wie er ihn gerne möchte. Manchmal denke ich mir jeder möchte eigenständig sein, sein eigener Herr und doch sucht jeder nach einer individuellen Vorbildfunktion und wehe dem das Vorbild ist nicht so wie man es gerne möchte.
Da muss ich Ihnen leider recht geben, obwohl dass diese Bastelei eigentlich garnicht nach zu vollziehen ist, da wir um das „Aussehen“ und das Leben des Geistes Gottes: Jesus Christus wissen: was die Früchte dieses Geistes sind und sich somit so mancher sich selbst in die Irre führt…..Der Geist Gottes ist somit allen offenbar: es muss nichts gebastelt. wohl aber geglaubt werden.
Warum müssen Sie mir da „leider“ recht geben? Da gebe ich Ihnen auch recht basteln müsste man nichts jedoch das Glauben ist so schwer. Ich denk weil man oft nur glaubt was man sieht.
Leider deswegen KRP, dass es so ist, wie Sie es eben sagen und es eigentlich nicht so sein müsste. Das ist das traurige an der ganzen Sache. Und warum ist an und in Jesus Christus glauben so schwer, wenn wir Ihn als die Wahrheit in Person haben erkennen dürfen und diese Wahrheit eben auch absolut und somit auch unveränderbar – ewig ist? Oder hat Jesus Christus im Laufe der Generationen und der Zeit jeweils Seine Botschaft und Sein Wort geändert: sich der Zeit und den Generationen anpassend? Das „Leider“ bezieht sich also nicht darauf, dass ich Ihnen Recht geben muss, sondern eben auf die Tatsache, dass dies festzustellen ist, dass sich so mancher seinen eigenen „Jesus“ bastelt – Religionen nicht ausgenommen und somit offenbar der gleiche Fehler gemacht wird, wie ihn unsere „Väter“ in der Wüste gemacht haben, darin diese sich eben ein Standbild von Gott gemacht haben. Und wenn, nach Paulus, uns dieses „alte Volk Gottes“ uns als Mahnung und Warnung dienen soll:“uns, die das Ende der Zeit erreicht hat“ (Paulus), dann sollten wir uns eben immer wieder in Frage stellen lassen, damit eben jener Fehler nicht (mehr) begangen oder korrigiert wird. Und da ist jeder einzelne von uns gefragt, nicht weniger aber auch eine Glaubensgemeinschaft an sich. Das ist meine Meinung zu solch` einer Bastelei. Und das nicht „nur“ auf Gott bezogen, sondern eben auch auf jeden Menschen, von dem man sich oft genug gar vorschnell ein „Bild“ macht und darin „gefangen gehalten“ wird, darin ein solcher Mensch dann eben nach dem selbst gemachten Bild behandelt wird, nicht aber in der Wahrheit und Wirklichkeit seines Seins, welches dann nur schwerlich die Möglichkeit hat, sich zu offenbaren. Solche „Bastelei“ ist also eine sehr gefährliche Sache, weil diese eben die Wahrheit von der Wirklichkeit trennt und eigentlich „nur“ Bilder dient.
Auf der HP des Erzbistums Berlin ist eine sehr anschauliche Geschichte zum Thema Papstwahl. Da wird dann auch vom Tränenraum gesprochen..ich bastele mir keinen Papst zusammen, ich wünsche ihm viel Unterstützug und Verständnis seitens der Weltkirche.