Andy Warhols Mao-Bilder sind witzig. Zum einen greifen sie chinesische Macht-Darstellung auf, gleichzeitig unterwerfen sie diese westlichen Werbe-Darstellungen. Und durch die Kopien wird das auch noch ironisiert. Identität im Wandel und in der Brechung, sozusagen.
Wer nun wirklich dieser Mao war, das scheinen uns die Bilder zu sagen, ist nicht klar. Und wir sollten uns da auch nichts vormachen: auch das Ursprungsbild kann uns das nicht sagen. Es ist nicht weniger aufgeladen als die Kopien.
Identität im Wandel
Über Ostern bin ich über einen Essay gestolpert, der schon viel zu lang ungelesen auf dem Schreibtisch lag: das Buch „Es gibt keine kulturelle Identität” des von mir geschätzten Autors Francois Jullien. Wie immer sehr anregend, auch wenn man nicht immer mit allem einverstanden sein muss. Aber darum geht es ja auch nicht, es geht ums Denken. Warum das mit Ostern zu tun hat, darauf komme ich gleich noch zurück.
Die These und der Titel des Buches sind natürlich provokant gewählt. Sie sind politisch.
Zu viele politische Akteure ziehen mit einer fixierten Vorstellung von kultureller Identität auf Stimmenfang, es ist sozusagen die Flöte aus dem Märchen. Sie sind das Gegenteil zu dem, was Warhol in seinem Spiel mit Identitäten macht. Sie sind Festleger von kultureller Identität, als ob es so etwas gäbe.
Kultur ist nicht fixiert
Dabei ist Kultur nichts, was ich habe oder was es gibt. Nichts Fixiertes. Das zu behaupten führt auf Holzwege. Kultur ist Wandel, war es immer schon und muss es auch sein. „Eine Kultur, die sich nicht länger verändert, ist tot“, lautet Julliens Urteil. Transformation ist Ursprung und Motor des Kulturellen, Fixierungen sind ihr fremd.
Oder in den Worten des Papstes: es handelt sich bei dem Begriff um „die charakteristische Weise ihrer Glieder, miteinander, mit den anderen Geschöpfen und mit Gott in Beziehung zu treten“. „Beziehung“ ist hier das Stichwort, nicht etwa Status (Evangelii Gaudium, 115). So verfüge das Christentum nicht über ein einziges „kulturelles Modell“.
Jullien greift uns hier unter die Arme, er spricht von „Abständen“ und weist die Vorstellung von „Distanzen“ zurück. Letztere würden feste Standpunkte voraussetzen oder entstehen lassen, je nach Perspektive. Abstände hingegen haben was von Interesse, Abenteuer, Neugierde, eben Begegnung. Nur dort entsteht Raum für Neues, und damit Kultur.
Raum für Neues
Was auch bedeutet, dass wir nicht alle gleich sind, gleich denken, und gleich ausdrücken, gleich glauben. Das ist ja das Schöne an Kultur. Eine Kultur kann nicht als Identität besessen werden, sie werde ausschließlich als Ressource genutzt. Für weiteren Wandel.
Und dann kommt noch einmal ein politischer Satz Julliens, nämlich dass Kultur niemandes Eigentum sei. „Sie gehört dem, der sich die Mühe macht, sie zu aktivieren“. All die Rattenfänger die mit Angst spielen, erdrosseln Kultur, weil sie sich nicht entwickeln darf.
Beim Papst heißt das dann „Sakralisierung der eigenen Kultur“, mit dem Resultat eines Fanatismus, der wirkliche Verkündigung unmöglich macht (EG 117). Und hier sind wird dann beim Osterfest, oder besser bei den Begegnungen mit dem Auferstandenen. Denn nach der Auferstehung gibt es keine Heilungen mehr, keine Lehre, keine Gleichnisse. Nur noch Begegnungen. Und den Auftrag zur Verkündigung. Und das hat mit Kultur zu tun.
Nicht festhalten, nicht in Identitäten fixieren die letztlich leblos sind. Ostern bricht auf, verwirrt, stößt in jeder der Erzählungen auf Unglauben und auf Zögern. Ostern ist das Anti-Populismus-Fest. Das Fest das uns zeigt, dass ich Christentum nicht festlegen darf, nicht benutzen darf. Der Auferstandene kommt entweder durch abgeschossene Türen und durch Wände, oder er sendet aus bis an die Enden der Erde. Abgrenzungen sind das letzte, was dieser Auferstandene uns zeigt.
Eine sehr aktuelle Botschaft für heute.
Text: Francois Jullien, Es gibt keine kulturelle Identität. Edition Suhrkamp
Der Heilige Geist lässt guten Platz zum freien theologischen Spinnen (frei nach Eugen Biser)
Bei Mao sollte man zunächst zB an folgendes erinnern. Vermutlich an die 45 Millionen Opfer allein mit einem wahnsinnigen Programm, und es war nicht das einzige Verbrechen eines Diktators. Mit Kultur hat das nix zu tun, auch wenn Warhol was macht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Sprung_nach_vorn
Was auch immer Populismus ist. Man wird schnell schubladisiert. Man darf als Christ an der EU Kritik üben, ohne in die Schublade „rechts“ zu gelangen. Z.B. wenn man die Ethik und die Kriegsbilanz der letzten 30 Jahre anspricht.
Manchmal hieß es in der Kirche „vox populi = vox dei“
Eigentlich will ich aber bei dem schweren Text einen Appell zum vernünftigen Diskutieren loswerden.
Die Dreifaltigkeit, vor allem der Heilige Geist, lassen sehr viel Spielraum für ein gutes Miteinander.
Zuerst muss es aber unbestritten sein dass Gottvater der Schöpfergott des Alten Testamentes ist, der uns die 10 Gebote gegeben hat. Jetzt ganz vereinfacht.
Auch müssen wir zum Gottessohn (also auch Gott), Jesus, vertrauen, dass er eben in der Inkarnation uns entgegen kam. Und egal wie man es dreht und wendet, Folterung und Kreuzigung waren schrecklichst aber notwendig, damit er in das Totenreich hinabsteigt und uns dort den Weg ausleuchtet. Wieder extrem verkürzt.
Bei Jesus wird es schon schwierig.
Aber man soll es als Chance nehmen. Es kann jeder seine Gotteserfahrung und Gottesnähe im Heiligen Geist ausleben. Gott ist nicht umschreibbar.
Wenn jetzt jemand aber glaubt, er muss deshalb Menschen opfern oder Tiere in Brand- und Sühneopfer zu Hauf dem Gott darlegen (was vor 3000 Jahren scheinbar noch üblich war), dann braucht es schon die Dogmatiker der Kirche, die da Einhalt gewähren.
So würde ich mir das wünschen.
Meine Tochter hatte eine sehr bemühte Religionslehrerin in der Volksschule, die sich wirklich bemühte. Sie war etwas schräg. Aber sie regte die Kinder zum Mittun an, das allein ist schon eine Leistung.
Sie erzählte den Kindern, sie geht oft in den Wald, umarmt die Bäume und kann das jedem empfehlen, weil im Wald spürt sie am besten den Heiligen Geist (und Gott). Finde ich nicht schlimm, eigentlich ist das super. Solange man das nicht als Zwang im Missionierungseifer anderen als Muss vorschreibt, vor allem Kindern. Was wichtig ist, die Lehrerin war super beliebt und hat über Gottvater und Jesus bestimmt viel Richtiges vermittelt.
Vielleicht kann das viel Streit in der Kirche verhindern, wenn man im Heiligen Geist etwas „Spinnerei“ zulässt. Ich lese das Evangelium so, dass Jesus sich über die Spinner bei seinen Jüngern oft sehr gefreut hat.
Ich frage mich immer wie Schubladen überhaupt zu Stande kommen, denn jede Kategorie von Schublade entspringt einem differenzierten Denken! Diese Schubladen sind also nicht die Denker an sich sondern sie sammeln die Gedanken derer, die einer gleichen Denkweise anhängen. Damit verurteilt man im Denken an sich keine Person, man strukturiert deren Denkweisen aus vielen Personen um besser damit umgehen zu können, sie besser lehren zu können, aus dem Wissen zu schöpfen, das das ganze Potential des Denkens anbieten kann.
Wer aber hat die Potenz des Denkens erfunden und wie kann dieser Mensch sich in das Leben einbringen, ohne Macht auszuüben sondern einfach nur im Denken zu lehren?
Die Menschheit ist das intelligenteste Wesen, das es je geben wird, doch sie zersetzt sich selbst indem sie diese Tatsache auf einige angeblich Auserwählte reduziert, die für die Mehrheit die Vorgaben festlegen sollen, um sie im Leben durchzubringen. Dass das nicht funktioniert, das hat bereits Jesus aufgezeigt und heute zeigt es uns der Zustand der Erde. Jeder einzelne Mensch, der dieser Menschheit angehört, der will und muss sich selbst einbringen und weiß das auch, damit er Teil bleibt, was dabei herauskommen kann.
Kein Mensch weiß genau was das ist, doch wir wissen alle, so wie es bisher gelaufen ist, kann es nicht weitergehen. Also sollten wir uns auf etwas Neues einlassen, den Herrn, der uns dazu herausfordert selbst zu denken und uns in diesem Denken zu vereinen indem wir es auf unser aller Wohl konzentrieren und es nicht auf das Wohlwollen einzelner Personen reduzieren „lassen“.
Natürlich ist es schwer die richtige Wahl zu treffen, wenn es darum geht wer in Zukunft die Politik für unser gemeinsames Wohl in die Hand nehmen soll, doch es ist für ein intelligentes Wesen nicht schwer in einer Zeit der digitalisierten Welt mit der Politik gemeinsam einen Zustand herbeizuführen, der Zeugnis darüber ablegen kann, dass sich das Leben auf der Erde für alle Menschen verbessert, insbesondere für die, die bis heute zurückgelassen wurden, um den Wohlstand zu erarbeiten, der sich dort angesiedelt hat, wo personifizierte Macht ihre Interessen durchsetzt, egal wer dafür mit seinem Leben bezahlen muss.
“Zu viele politische Akteure ziehen mit einer fixierten Vorstellung von kultureller Identität auf Stimmenfang, es ist sozusagen die Flöte aus dem Märchen.
…
Abgrenzungen sind das letzte, was dieser Auferstandene uns zeigt.”
Das sieht mir sehr nach einem politischen Artikel aus, Pater Hagenkord !
Eine Diskussion des politischen Inhalts des Artikels möchte ich momentan hier aber nicht beginnen.
Ich spreche über den Auferstandenen, und die Implikationen, die ich dort sehe.
Es sind dieselben Begriffe (Populismus, kulturelle Identität, Abgrenzung), die momentan auch in der politischen Diskussion eine ganz hohe Bedeutung haben. Deswegen ist die Gefahr allzu groß, dass Ihre Kennzeichnung der Haltung Jesu, die ich als solche nachvollziehen kann, 1:1 auf die aktuelle Realität für die Politik – insbesondere von gläubigen Menschen – übertragen wird und die aktuelle Realität zuvor nicht umfassend analysiert wird.
Wünsche Ihnen, Allen und mir einen schönen Sonntag, so wie wir Christen diesen ersten Tag der Woche nach Gottes Willen gestalten sollen !
Natürlich sind das politische und gesellschaftliche Begriffe, mit Bedeutung und vor allem auch mit Funktion in der Debatte. Umso wichtiger ist es, sich deren Bedeutung auch aus christlicher oder anderer Perspektive deutlich zu machen.
Und Ihr Einwand, das die Haltung Jesu nicht an sich sondern nur nach Abwägung und unter Einbeziehung der analysierten Relität übertragen werden kann, ist auch das Argument gegen Bergpredigt, gegen Jesu Gebote, gegen die Beziehung von Regeln auf Jesu Aussagen schlechthin.
Bergpredigt? Das ist eine wortreiche Paraphrase der beiden Sätze: Ich bin verloren. Ihr seid verloren. Ich werde gekreuzigt. Euer Tempel wird zerstört und Ihr in alle Welt zerstreut…
Pardon, aber diese Antwort verstehe ich nicht.