Was jetzt in der Not beschlossen ist, das wird auch nach der Krise weiter wirken. Und das nicht nur positiv. So lautet die Warnung, welche der Historiker Yuval Noah Harari am vergangenen Sonntag über die Financial Times äußerte. Sofort übersetzt in der NZZ als „Totalitarismus bekämpfen und Bürgersinn stärken“. In welcher Welt wollen wir leben, wenn die Krise vorbei ist?
Harari ist nicht der einzige, der darüber nachdenkt, auch öffentlich gibt es viele Stimmen. Und das ist gut so, das Denken sollten wir nicht einschränken.
In welcher Welt wollen wir leben?
In welcher Welt wollen wir leben, wenn die Drucksituation der „Großschadenssituation“ vorbei ist?
Krisen „spulen historische Prozesse im Schnellgang vorwärts“, sagt Harari. Und er warnt. Vor dem alles überwachenden und immer modernere Mittel nutzenden Überwachungsstaat und vor isolierenden und abgrenzenden Nationalismen.
Das schöne daran: Wenn man die beiden Entscheide, so wie er sie beschreibt, genau ansieht, dann berühren sich die jeweils positiven Dinge: Solidarität und Ermächtigung der Bürger.
Solidarität und Ermächtigung der Bürger
Die Überwachung durch Staat und vor allem von Firmen diskutieren wir seit Jahren, jetzt sind wir aber nicht nur dagegen, sondern nennen auch die Alternative.
„Wenn die Bürger die wissenschaftlichen Fakten kennen und wenn sie den Regierungen glauben, dass sie ihnen diese Fakten offenlegen, dann tun sie das Richtige, ohne dass ihnen Big Brother über die Schulter schauen müsste. Eine eigenverantwortliche, aufgeklärte Bevölkerung bringt gewöhnlich viel mehr zustande als eine unwissende und gegängelte“, sagt Harari.
Was natürlich Vertrauen voraus setzt, ein Vertrauen, dass die großen Zertrümmerer in der Politik wie Trump und dergleichen fleißig zerstört haben.
Einsicht, nicht Zwang
Gerade habe ich ein wunderbares Buch über den menschlichen Körper gelesen, und der Autor macht denselben Punkt wie Harari: die einflussreichste Erfindung für die Gesundheit der Menschen war der Gebrauch von Seife. Also: Hygiene. Und das hat sich durch Einsicht und nicht durch Zwang durchgesetzt.
Ich schließe mich dem Plädoyer für informierte und verantwortete Entscheidungen an. Maßnahmen sind Maßnahmen, und sie waren in den gegebenen Umständen wohl auch nötig. Nur langfristig hilft das nicht, sondern nur Verantwortung.
Verantwortung hilft, nicht Zwang
Dass es dazu ökonomische Hilfe braucht, ist selbstverständlich, alleine können Familien das nicht tragen. Und damit sind wir beim zweiten Punkt: Solidarität. Was im Kleinen gilt, also die gesellschaftliche Hilfe von Menschen, welche diese brauchen, muss auch im Großen gelten. Sich nur um die eigene Gruppe oder Familie – Stichwort Hamsterkäufe – oder nur das eigene Land – „make it great again“ – zu kümmern, zerstört die Grundlage dessen, was uns gemeinsam stark macht.
Solidarität ist nicht wirklich hoch im Kurs, unsere Wirtschaft baut auf andere Prinzipien, was nicht zuletzt auch der Papst sehr deutlich beklagt hat. Ein Wiederentdeckung und ein Stärken dieser Solidarität ist angesagt. Im Kleinen sehen wir das dauernd: Nachbarschaftshilfe, Respekt durch Distanz, Hilfen zwischen Städten, Krankenhäusern, Ländern.
Solidarität wieder entdecken
Artikel wie der von Harari können uns beim Denken helfen. Auch wenn sie etwas zu sehr dramatisieren. Aber das ist für einen prophetisch gemeinten Artikel ist das ok. „Wenn wir uns aber für die globale Solidarität entscheiden, trägt uns das nicht nur den Sieg gegen das Virus ein, sondern gegen alle Epidemien und Krisen, die die Menschheit im 21. Jahrhundert treffen können.“
Klingt fein, oder? Aber wenn wir auf das große Versagen der Solidarität schauen, auf die Grenze von Türkei und Griechenland, auf Syrien, auf das Horn von Afrika, dann sehen wir, was für einen Weg wir da noch vor uns haben.
Der 31-jährige österr. Kanzler Kurz hat eine plakative Umschreibung für die praktische Umsetzung aller Not-Maßnahmen. So deutlich hab ich das bei Söder, Spahn oder Merkel noch nicht gehört:
“Verhalten Sie sich so, als wären Sie infiziert”. Nachsatz – es gibt wirklich nur 3-4 schwere Gründe, die Quarantäne zu verlassen.
Die viel spannendere Frage wird am Ende sein. Ich hab also die Beweislast, dem System (das ist mehr als der Staat) zu zeigen, dass ich nicht mehr infiziert bin. Die Regeln (digital und faktisch), wird das System definieren.
Die WHO ergänzt das passend: Testen, Testen, Testen!
Dort sind wir. Der (individuelle) Mensch als Risikofaktor für das System. Die EDV wird als Standardwert “infiziert” vorbelegen.
Ich wohne in einem Mehrfamilienhaus. Z.Zt. müssen wir Nachbarn uns gegenseitig aus dem Weg gehen. Ich frage mich daher, ob das auch nach der Krise noch so sein wird, weil wir schon bisher nur ein distanziertes Verhältnis zueinander hatten, man hat sich gegrüßt, mehr nicht.
Die Krise, die wir derzeit den Vorgängen in der Mikrowelt schulden, werden wir voraussichtlich mit Solidarität und Wissen bewältigen können. Aber hülfe das auch, wenn ein kilometergroßer Asteroid ohne hinreichende Zeit, ihn technisch abzulenken, unwiderruflich ein Gebiet wie China, den indischen Subkontinent oder Teile Nordamerikas verwüsten und auf lange Zeit unbewohnbar machen würde? Wie solidarisch wären wir, wenn sich eine Milliarde (!) Menschen gleichzeitig und verzweifelt in Windeseile auf dem Weg nach einem sicheren Ort aufmachen würde, um dem verherrenden Einschlag zu entkommen? http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/13691277. So verschieden die Katastrophen, die von der Mikro- und Makrowelt ausgehen, auch sind, klar ist, je dichter wir die Erde bevölkern, desto folgenreicher ist es in beiden Fällen für uns. “Seid fruchtbar und mehrt euch und regt euch auf Erden, daß euer viel darauf werden.” Kann man sich das Wort, das dem Noah und seinen Söhnen vor Jahrtausenden auf den Lebensweg mitgegeben wurde, heute noch ohne Bedenken zueigen zu machen?
@Theodoros. Mikro und Makro. Interessant.
Dieses Portal ist ja nun mit den Detailseiten Sars-COV-2 sehr bekannt.
Suchen Sie mal auf der ersten Seite, im unteren Bereich, eine wahrlich große Pandemie, die wir aus den Augen verlieren.
Also es kann ja sein, dass externe Intelligenz, oder für die Leser dieses Blogs, der Herrgott,
die Panedemien anders bewerten (als z.B. die WHO oder Herr Kurz)
https://www.worldometers.info/de/
Ich empfehle das Gebet der hl. Tereza von Avila für die Reiferen. Gott helfe mir, nicht zu spekulieren.
Ich finde ja auch die alte Handwerksregel gut, die dem Schuster empfiehlt, bei seinen Leisten zu bleiben. Und so weiss ein guter Historiker, dass er erst nach Öffnung der Archive tätig werden wird – und das Lernen aus der Geschichte nicht zu seinem Fach gehört. Das ist was Anderes. Wenn er vernünftig ist, weiss er, dass die Geschichte und die Gegenwart 2 Paar schuhe sind und er weiss, dass seine Methoden sehr begrenzt und fragwürdig sind, falls er weise ist. Ich will sagen, man muss jetzt nicht von Totalitarismus sprechen, wo es doch um Vernunft geht.
Das Wort Solidarität hat einen bitteren Beigeschmack. Es hat immer einen fordernden Unterton, der etwas haben will, was er ohne moralische Erpressung nicht erhält.
Wenn ich das Wort Solidarität höre oder lese, geht meine rechte Hand umgehend an die hintere Hosentasche, um sich zu vergewisseren, daß der Wortspender mein Portemonnaie noch nicht geklaut hat.
Unabhängig davon ist die Situation tatsächlich sehr ernst. Wir leben in einer zweifachen Bedrohung: Die Bedrohung unserer Gesundheit durch das Virus und die Bedrohung unserer Freiheit durch den Staat, der sich seinen Paternalismus noch teuer bezahlen lassen wird. Wahrscheinlich hilft hier wirklich nur noch Beten. Leider haben es unsere Bischöfe aber zugelassen, daß dieses Beten in den privaten Raum abgedrängt wird.
Beim Wort “Solidarität” zuerst an sich selbst zu denken ist doch genau das Problem. Das ist keine moralische Erpressung, das ist eine menschliche Grundhaltung. Das ist Menschlichkeit.
Das Wort ist ein Instrument. Im christlichen Kontext haben wir das Wort Nächstenliebe und sollten das auch verwenden. Überlassen wir das Wort Solidarität lieber den Bolschewisten als Kampfbegriff.
Bolschewisten? Im Ernst? Sowas Dummes habe ich hier lange nicht gelesen.
So, wie Sie Solidarität verstehen, hat Pater Hagenkord das sicherlich nicht gemeint. Er meint damit z.B. das Verhalten eines jungen Menschen, dem das Virus wahrscheinlich nichts anhaben kann, gegenüber den Schwachen, für die das Virus tödlich sein kann. Wenn der junge Mensch hier auf ein wenig Selbstverwirklichung verzichtet, dann ist das ein Ausdruck der Nächstenliebe, den man getrost als Solidarität bezeichnen kann.
Natürlich wird der Begriff Solidarität auch instrumentalisiert. Wenn jetzt die überschuldeten Eurosüdländer wieder das Geld und die Altersvorsorge der deutschen Sparer fordern, rufen sie wie selbstverständlich nach “Solidarität”. Aber das ist die politische (linke) Solidarität, nicht die christliche.
Sie hantieren mit Vorurteilen, mit “überschuldeten Eurosüdländern”. Ja, die sind überschuldet. Aber wer ist der Nutznießer? Der Norden. Weil das den Wert des Euro nach unten drückt und Deutschland deswegen zu künstlich günstigeren Werten exportieren kann. Wären wir noch alleine, wäre die D-Mark so stark, dass es ein schwerer Nachteil wäre. Wir profitieren also wirtschaftlich von der Schwäche anderer. Wenn wir über europäische Solidarität sprechen, dann muss auch das auf den Tisch. Das hat nichts mit “Links” zu tun, sondern mit Ehrlichkeit.
Zur vollen Wahrheit gehört auch, dass die Eurosüdländer den Euro um jeden Preis einführen wollten, damit sie sich zu günstigeren Konditionen verschulden konnten. Das ist über viele Jahre gutgegangen. Die Deutschen haben ihnen während dieser Zeit ihre Autos und Maschinen auf Pump verkauft. Das kann man ihnen vorwerfen und das war blöd von ihnen, da haben Sie völlig recht. Das Geld werden sie nie wiedersehen.
Aber jetzt diesem schlechten Geld noch gutes hinterherzuwerfen, wäre vielleicht solidarisch, tatsächlich aber noch viel blöder.
Es waren übrigens zwei deutsche Regierungen – Kohl und Schröder – die Griechenland unbedingt im Euro haben wollten. Der Wille war nicht nur im Süden. Die einseitige Schuldzuschreibung funktioniert hier nicht, auch wenn die Zeitung mit den großen Buchstaben das immer wieder behauptet.
Außerdem werden wir diese und alle anderen kommenden Krisen, ganz zu schweigen vom wirtschaftlichen Druck aus China, nur zusammen durchstehen. Alleine und getrennt haben wir keine Chance. Es ist also auch in unserem Interesse, Europa zusammen zu halten. Das ist kein schlechtes und gutes Geld. Das ist verantwortungsbewusste Politik.
“Die Deutschen haben ihnen während dieser Zeit ihre Autos und Maschinen auf Pump verkauft. Das kann man ihnen vorwerfen und das war blöd von ihnen, da haben Sie völlig recht. Das Geld werden sie nie wiedersehen.”
Die Deutschen haben zweimal einen Weltkrieg begonnen, einmal in totaler Alleinschuld. Schulden haben wir dabei NIE zurückbezahlt. Also seien Sie mal lieber still, Johanna, ehe Sie von Solidarität und deren Instrumentalisierung labern.
Und das soll christlich sein? Wenn ich so etwas lese wird mir angst und bange, mehr als vor dem Virus.
Ich frage mich nur weshalb Solidarität oft nur im kleinen, nahen Umfeld funktioniert. Wenn es im wirtschaftlichen Bereich genauso funktionieren würde wäre es sicher für alle Nationen, für Europa sehr viel besser für das gesamte Ökonomie.