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Kategorie: Benedikt XVI.

Alles, was mit Papst Benedikt XVI. zu tun hat – Person, Amt, Theologie

Papst, Reform und Tradition

Veröffentlicht am 6. Mai 20176. Mai 2017

Benedikt XVI. hätte nicht zurück treten sollen. So sagt es der FAZ-Journalist Christian Geyer in der neuesten Ausgabe der theologischen Zeitschrift Communio. Dort werden Stimmen zum 90. Geburtstag gesammelt, eben auch die Stimme von Herrn Geyer.

Sein Grund für diese Überzeugung liegt – wenn man das Stück liest – nur zum Teil in der Wertschätzung für den emeritierten Papst, sondern vielmehr in seiner Kritik an dem, was danach kam. Also an Papst Franziskus. Auch wenn der Name nicht fällt.

Geyer sagt, dass sich Papst Franziskus der argumentativen Vermittlung von Tradition und Reform verweigere. Das Risiko: Das Christentum werde eine „intellektuell belanglose“ Angelegenheit.

Zugegeben, Herr Geyer nennt davor noch zwei andere Gründe für seine Einschätzung des Rücktritts, und beide haben mit Argument drei zu tun: es geht um intellektuelles Nachvollziehen, um Wichtigkeit der Gottesrede und so weiter. Kein langes Stück, aber pointiert.

Der Papst-Kritiker Geyer hebt sich damit wohltuend von vielen anderen Kritikern ab. Man muss das nicht teilen, was er sagt, aber es ist Ernst zu nehmen.

 

Die Maßstäbe Roms

 

Rom setze keine Maßstäbe mehr, sagt er. Und genau da widerspreche ich. Rom – gemeint ist der Papst – setzt Maßstäbe. Nur nicht da, wo er sich das wünscht. Benedikt XVI. hat in seiner eigenen Art, denkend, sprechend, schreibend dafür gesorgt, dass die Vernunft und der Glaube immer beide im Spiel blieben. Dem habe ich ja auch hier an dieser Stelle immer und immer wieder versucht zu nachzugehen.

Das bedeutet aber nicht, dass Papst Franziskus nun daran gemessen werden muss. Die Vermittlung von Reform und Tradition findet sehr wohl auch heute statt, mag ich einwerfen, nur anders. Es ist nicht das intellektuelle Argument, nicht die Tiefe der Kenntnis um Kirchenväter und Philosophien, welche diese Vermittlung kennzeichnet. Dafür ist es medial direkter, erreicht ganz andere Teile der Kirche, ist ein Vorbild an Authentizität und Jesusnachfolge und spricht von einer Freude am Glauben, zu der der Papst noch nicht einmal den Mund öffnen muss, das sieht man einfach.

Das halte ich persönlich für eine sehr effiziente Vermittlung von Reform und Tradition, auch wenn wir uns vielleicht von der Form her erst noch daran gewöhnen müssen.

Auch die Tradition erschöpft sich nicht in Büchern und wird nicht in Bibliotheken gefunden; Tradition ist auch die Tradition der Aufbrüche, des Unfertigen, der Dynamik, all das ist und war immer auch Kirche, nur nicht einer Kirche, die sich in Büchern niederschlägt.

Dies ist auch eine wichtige Vermittlung. Eine Reduktion auf das intellektuelle Argument – so wichtig das auch ist – ist aber letztlich genau so einseitig wie das Gegenteil es wäre.

 

Wer das Stück nachlesen möchte, muss im Heft Communio März/April 2017 auf Seite 212 nachlesen.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Glaube und Vernunft, Papst Benedikt, Papst Franziskus8 Kommentare zu Papst, Reform und Tradition

Papst zwischen den Zeiten

Veröffentlicht am 15. April 201715. April 2017

„Ich gehöre nicht mehr zur alten Welt, aber die neue ist auch noch nicht wirklich da“: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. selbst hat diesen Satz gesagt, im Buch „Letzte Gespräche“. Er sei ein Papst „zwischen den Zeiten“ gewesen, sagt er. Um dann anzufügen, dass man immer erst nachträglich Zeiten und Zeitenwenden erkennen und einschätzen könne.

Zum 90. Geburtstag des emeritierten Papstes an diesem Ostersonntag kann man da nur zustimmen. Einer, der am Konzil teilnahm und der aktiv die kirchliche und theologische Welt prägte, wird alt. Ein Papst, der viele Entwicklungen seiner Vorgänger aufgriff und weiter führte, der in seinen Worten das Alte noch kannte und auf das Neue zuging.

Papst emeritus Benedikt XVI.
Papst emeritus Benedikt XVI.

Aber es ist der zweite Teil des Satzes, den ich beachtlich finde. „Die neue Welt ist noch nicht da“. Es ist der Verdienst des Theologen, Kardinals und Papstes Joseph Ratzinger, sich nie mit Festlegungen auf das, was „das Neue“ bitte zu sein habe, zufrieden zu geben. Oft genug ist er damit angeeckt, auch und vielleicht besonders in den Kirchen deutscher Sprache.

Nehmen wir die Frage nach dem Konzil: dessen Umsetzung ist noch lange nicht fertig, es wäre schädlich, nicht weiter zu fragen und zu entdecken. „Hermeneutik der Reform“ hatte Papst Benedikt das genannt, und gegen die „Hermeneutik des Bruchs“ gesetzt.

 

Das Neue bleibt zu entdecken

 

Viel von dem wird uns weiter beschäftigen, sei es von ihm inspiriert, sei es durch seinen Nachfolger oder Theologen oder andere Quellen. Er hatte als Theologe, Kardinal und Papst seinen Anteil daran, dass das Neue zu entdecken blieb.

Der Satz von der alten und der neuen Welt ist prophetisch. Er kommt unschuldig daher, wie vieles vom Papst gesagte, vor allem in seinen geistlichen Texten und Predigten. Es hat aber eine theologische und spirituelle Dynamik. Die Zeiten wandeln sich, sie lassen sich nicht festhalten, weder in einem Neuerfinden des „Alten“, wie die Traditionalisten es gerne hätten, noch in einem Erfinden des „Neuen“, in dem aber wirklich neue Dinge keinen Platz finden dürfen.

Papst emeritus Benedikt XVI. hat eine gesunde Selbsteinschätzung, wenn er sich dazwischen platziert und doch sich selbst nicht festlegen lässt. Veränderung: das hat er erlebt und dafür steht er. War er deswegen ein Übergangspapst?

Genau nicht. Weil er der Übergang ist, wird er Spuren hinterlassen. Übergänge sind wichtig, er hat dem kirchlichen, dem päpstlichen Übergang seinen Stempel aufgedrückt. Die Kirche wird davon noch lange zehren können.

An diesem Wochenende aber erst einmal ganz herzliche Glück- und Segenswünsche.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Rom, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter 90. Geburtstag Joseph Ratzinger, Papst Benedikt7 Kommentare zu Papst zwischen den Zeiten

Drei-Päpste-Regel

Veröffentlicht am 5. März 2017
Der Ort des Geschehens
Der Ort des Geschehens

Ein Gedanke zum Sonntag und zum Wochenbeginn: Vor einigen Tagen hat mir jemand eine Geschichte über Kardinal Blase Cupich berichtet, den Erzbischof von Chicago. Der habe folgende Kurzformel zu den Päpsten entwickelt.

Johannes Paul II. sei der Papst gewesen, der gesagt habe, was richtig und falsch sei und was zu tun sei.

Benedikt XVI. sei der Papst gewesen, der gesagt habe, warum etwas richtig oder falsch ist und warum man etwas so und so tun soll.

Franziskus ist nun der Papst der sagt „macht es!“

In diesem Sinne, einen schönen Sonntag.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Benedikt XVI., Johannes Paul II., Papst Franziskus37 Kommentare zu Drei-Päpste-Regel

Zwischen den Zeiten

Veröffentlicht am 24. Februar 201724. Februar 2017

Es geht für die deutschsprachige katholische Kirche um nichts weniger, als um die Suche „nach Wegen, in den Ruinen zerbrochener Machtsysteme zu wohnen”. Ein Satz, der mir seit einiger Zeit nachgeht. Er stammt vom Theologen Johannes Hoff, aus einem Buch über Theologie nach der Postmoderne, und ist so schlicht aus dem Zusammenhang gerissen natürlich verzerrend.

Trotzdem fällt er mir immer wieder ein, wenn ich mit unserer Kirche zu tun habe. Vor allem, wenn ich durch deutsche Innenstädte laufe. Oder österreichische, das macht hier keinen Unterschied.

Drei Kirchen auf einem Blick: München, Innenstadt
Drei Kirchen auf einem Blick: München, Innenstadt

Dort sehe ich keine Ruinen. Dort sehe ich schöne Kirchen. Nicht immer sind es noch Kirchen, oft genug sind es Museen, wie auf dem Bild hier. Das Bild ist überhaupt der Anlass für diese Zeilen: Man sieht auf engstem Raum drei Kirchen, drei große Kirchen noch dazu. Die mittlere ist Museum, links und hinten – der Dom in München – sind und bleiben Kirchräume.

Das sind keine Ruinen, im Gegenteil. Aber genauso wie die Innenräume unserer Kirchen nicht für die Liturgie gebaut sind, wie wir sie jetzt feiern, und jedes Mal irgendwie ein Widerspruch in mir drin steckt, wenn ich in einer großen Kirche an einer Messfeier teilnehme, genauso spüre ich den Widerspruch zwischen diesen Kirchen und dem Wort „Ruine” weiter oben.

Vielleicht ist der Satz ja falsch. Vielleicht ist er nur deswegen falsch, weil er – weil ich ihn aus dem Zusammenhang gerissen habe – übertreibt.

 

Dynamik

 

Aber der mindestens gespürte Widerspruch bleibt: ich sehe die Kirchen, ich sehe den Anspruch, ich sehe all das Gute, was die Kirchen machen, die Gemeinden, die offiziellen Vertreter. Und ich sehe den Traditionsabbruch, die leeren Räume, den fehlenden Nachwuchs nicht nur bei Priestern und Ordensleuten, sondern überall in den Kirchen.

Deswegen vielleicht bleibt mir der Widerspruch zwischen den Ruinen hier und den Kirchen dort so sehr bewusst.

Und ein Zweites: ich empfinde das nicht unbedingt als negativ. Das mag jetzt komisch klingen, aber ich glaube, das so beschreiben zu können: Ruine ist ein Zustand. Eine prächtige Kirche ist ein Zustand, ist etwas Festes. Die Spannung dazwischen ist dagegen dynamisch, jedenfalls nehme ich sie so wahr.

Wir mögen alle vielleicht manchmal in die Klage über unsere Kirche einstimmen, über Überforderung und Unterforderung, über Rückzug und Großgemeinden und so weiter. Mindestens bei mir aber überwiegt die Dynamik. Die ist nicht immer angenehm und ich behaupte auch gar nicht, den Ausgang der Geschichte ahnen und daraus Zuversicht gewinnen zu können. Fern davon.

Aber diese Spannung sagt mir auf jeden Fall, dass wie weiter nachdenken, ausprobieren, umkehren, bezeugen, sprechen, schweigen, was auch immer müssen, um eine Kirche für die Zukunft zu sein.

 

Die neue Welt ist noch nicht da

 

Ein wenig Weisheit habe ich beim emeritierten Papst gefunden: „Ich gehöre nicht mehr zur alten Welt, aber die neue ist auch noch nicht wirklich da“: Der Satz gesagt steht im Buch „Letzte Gespräche“. Er sei ein Papst „zwischen den Zeiten“ gewesen, sagt er. Um dann anzufügen, dass man immer erst nachträglich Zeiten und Zeitenwenden erkennen und einschätzen könne.

Zwischen den Zeiten, vielleicht sind wir das ja. Und die Spannung – die Dynamik darin – mag und helfen, darin nicht stecken zu bleiben.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Sprechen von GottSchlagwörter Benedikt XVI., Dynamik, Gemeinde, Kirche, Zukunft der Kirche5 Kommentare zu Zwischen den Zeiten

Immer noch zurück getreten

Veröffentlicht am 11. Februar 20176. Februar 2017

Es ist wieder Jahrestag. Vor mittlerweile vier Jahren hatte Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt. Und auch wenn sich immer mal wieder Leute öffentlich aufregen mögen, darüber dass er immer noch weiß trägt oder Interviews gibt, ist die Tatsache eines nicht mehr amtierenden Papstes langsam normal geworden.

Das gilt auch für die Formsprache des Papstes.

Papst und Emeritus, Februar 2014
Papst und Emeritus, Februar 2014

Es muss sich sicherlich noch einiges einrenken. Etwa die weiße Farbe. Wir guten deutschsprachigen Mitteleuropäer würden natürlich am liebsten sofort eine Regel haben, an die sich zurück getretene Päpste halten müssen. Das war erst neulich wieder mal Thema. Typisch, kann ich als „Römer“ da nur sagen. Da passiert gerade etwas, da kann man sozusagen Kirchengeschichte beim sich Ereignen zuschauen, und was wollen wir? Das regeln!

Dabei hat Benedikt XVI. doch genau das getan, was sein Nachfolger predigt: er hat einen Weg geöffnet. Er hat einen Schritt getan, wie Franziskus nicht müde wird zu sagen. Er hat lange reflektiert – unterschieden – und dann entschieden.

 

Das magische Wort: Unterscheidung

 

Vielleicht liegt ja auch hier der Grund, weswegen die deutschsprachige Öffentlichkeit immer noch nicht so richtig mit dem Rücktritt umgehen mag. Da schwingt – nicht immer, aber öfters – ein „aber er hätte doch auch” und ein „aber er hätte nicht” dürfen, etwa was die Kleidung, den Namen, den Ort seines Ruhestandes, seine Interviews etc. angeht.

Ob der nächste – wer oder wann auch immer das sein mag – das genau so machen wird, ist nicht ausgemacht. Muss es auch nicht. Also mag er vielleicht auch weiß tragen. Oder nicht. Er mag im Vatikan wohnen. Oder nicht. Nur so viel kann man jetzt schon sagen: Die Umstände werden anders sein, die Personen werden anders sein.

Aber dieser 11. Februar wird immer der Beginn eines Weges bleiben. Für Benedikt XVI. persönlich, als Emeritus, aber auch für die ganze Kirche. Es ist ein wichtiger Jahrestag.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter 11. Februar, Benedikt XVI., Papstkleidung, Papstrücktritt, Papstwahl11 Kommentare zu Immer noch zurück getreten

Dafür sein

Veröffentlicht am 19. September 201629. August 2016

„Mir gefällt es nicht, von islamischer Gewalt zu sprechen, denn ich sehe Gewalt jeden Morgen, wenn ich die Zeitung aufschlage, hier in Italien“: Es sind Sätze wie diese, welche die Emotionen ausschlagen lassen. Was sagt er da nur? Vergleicht er häusliche Gewalt oder Mafia-Gewalt mit den Gewaltorgien des sog. Islamischen Staates?

Mit Papst Franziskus fährt am Dienstag jemand zum Friedenstreffen nach Assisi, der immer und immer wieder sehr deutlich macht, dass Gewalt und Religion nichts miteinander zu tun haben und dass Versuche, Religion für Gewalt und deren Legitimation heran zu ziehen, Blasphemie sind. So weit, so gut.

Aber ist das mehr als nur ein hilfloses Zeichen, oder abgespulte Gedenk-Trefferei?

Symbolort Assisi
Symbolort Assisi

Auf jeden Fall. Der Papst – und all die anderen – können gar nicht genug nach Assisi fahren, um dem Dröhnen der Gewalt etwas entgegen zu setzen. Dort hat sich so etwas wie eine gemeinsame Basis herauskristallisiert, seit 1986, mehr noch in den Treffen danach.

Die Assisi Erklärung von 2002 – noch ganz unter dem Eindruck der Terroranschläge in New York von 2001 – wurde anlässlich es Papstbesuches beim Treffen von 2011 wieder aufgegriffen und nennt die Eckpunkte dieser Basis. Da ist erstens der Charakter der Verpflichtung. Das ist keine Übereinkunft, das ist mehr.

„Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart“

 

Dann spricht man von „Kultur der Dialogs“, von „Recht auf ein würdiges Leben“, von „Verzeihung“ in Bezug auf „Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart“. „Wir, Angehörige von unterschiedlichen religiösen Traditionen, werden nicht müde, zu verkünden, dass Frieden und Gerechtigkeit nicht voneinander zu trennen sind“, heißt es abschließend.

Der Verweis auf 2001 ist dabei nicht unwichtig: Damals schon standen die Zeichen auf Konfrontation, auf „Achse des Bösen“ und Einmarsch in Irak und so weiter. Auch heute passt das, der Terror ist kleiner geworden, aber dafür zielt er nicht auf große Gebäude, sondern auf den Alltag hier in Europa. Auch hier steht viel auf Mauer bauen, ausgrenzen, Sicherheit, bis hin zu Gewalt.

Dagegen richten sich die Treffen von Assisi seit nun 30 Jahren.

Die Polemiken dagegen haben seitdem nicht nachgelassen, die ignoriere ich hier einmal, vor einigen Tagen habe ich ja schon was dazu gepostet.

 

Keine Sofortresultate

 

Stattdessen will ich dafür sein. Was ja schwerer zu sein scheint als dagegen zu sein. Natürlich gibt es keine Sofortresultate, was man ja auch daran sieht, dass 30 Jahre nach dem ersten Treffen die Welt noch immer nicht gerettet ist. Trotzdem ist es wichtig, dass sich auch diejenigen zeigen und treffen, die für etwas sind, die keine politischen Pragmatiker sind. Und das an dem symbolischen Ort Assisi tun. Weiterlesen “Dafür sein”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Ökumene, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Assisi, Friedenstreffen, Gebetstreffen, Papst Franziskus, Respekt vor den Religionen29 Kommentare zu Dafür sein

„Mut zur Weite der Vernunft“

Veröffentlicht am 12. September 20168. August 2016

Es ging um Dialog. Wenn man heute irgendwo im kirchlichen oder journalistischen Kontext die „Regensburger Rede“ von Papst (mittlerweile emeritus) Benedikt XVI. erwähnt, ist das Urteil klar: das war Konflikt, Beschwerde, Beleidigung des Islam und danach musste der Papst zu seiner schwierigsten Reise antreten, zu der in die Türkei. Genau zehn Jahre ist das nun her.

Dabei ging es in Wirklichkeit um Dialog. Das ist ironisch und vielleicht sogar tragisch. Man könnte jetzt nachzeichnen, mit wie viel Verspätung den meisten erst aufgegangen ist, wie skandalös das eine Zitat angeblich gewesen ist. Viel von der Aufregung war nachträglich inszeniert, vor allem in den Medien, man hatte einen Griff, mit dem man den Papst mal so richtig schön packen konnte.

Papst Benedikt in Regensburg
Regensburger Rede

Das geht schon damit los, dass der Papst den alten Gedanken der „universitas“ lobt, Fachleute aller Studien- und Lehrrichtungen treffen aufeinander, etwas was der Papst damals schon in der Vergangenheitsform beschrieb. In einer modernen Hochspezial-Universität mit wirtschaftlicher Förderung gibt es so was ja nicht mehr.

Es geht ihm um Dialog, und zwar ganz in seinem Denken verankert. Während Papst Franziskus ebenfalls ein Papst des Dialoges ist, lebt er ihn ganz anders, als „Dialog der Freundschaft“, während des Benedikt XVI. um das nicht minder wichtige Denken geht. Und deswegen hat er wohl diese Gedanken auch an einer Universität geäußert.

 

„Gott hat kein Gefallen am Blut”

 

In diesen universitären Dialog hinein gehört – so fährt die Vorlesung, wie es der Papst selber nennt, fort – auch das Fragen nach der Vernunft und dem Glauben: Das Thema von Papst Benedikt.

Und dann fällt das Zitat, das er selber als „für uns unannehmbar“ bezeichnet, was ihn aber nicht vor Kritik geschützt hat. Ob zu Recht oder nicht, das soll hier erst mal nicht das Thema sein.

Ich zitiere aus der Vorlesung: „Der Kaiser [Manuel II. Palaeologos von Byzanz] begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut”, sagt er, „und nicht vernunftgemäß, nicht „σὺν λόγω” zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider“.“ Wer mag da widersprchen? „Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung”, um noch ein Zitat des Kaisers, das der Papst anführt, zu nennen.

Und dann beginnt der Papst seine Ausführungen zur Frage, ob vernunftmäßiges Handeln und das Wesen Gottes zusammen zu denken sind oder nicht. Er argumentiert theologisch, er argumentiert vor allem auch biblisch, er zeichnet kurz Entwicklungslinien im Christentum nach. Letztlich sagt er, dass das Aufeinandertreffen von griechischer und christlicher Welt kein Zufall war, dass sich Vernunftdenken und biblische Tradition ergänzen und gegenseitig befruchten, dass auch in der Bibel „Aufklärung“ zu finden ist.

 

Plädoyer für den Dialog von Glauben und Vernunft

 

Sehr kritisch geht der Papst mit der Reformation um, die durch „sola scriptura“ die Schrift wieder vom sie auslegenden Denken trennen wollte, so der Papst, das gehört in eine lange Debatte, in die sich Joseph Ratzinger immer wieder eingeschaltet hat.

Damit hat er die beiden Grundpositionen markiert: Gehören Logos-Denken, vernunftgemäßes Denken, und Bibel und Glaube zusammen? Oder nicht? Wie steht es mit der Wissenschaftlichkeit, um den Ort der Vorlesung – die Universität – wieder mit ins Spiel zu bringen? Weiterlesen “„Mut zur Weite der Vernunft“”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Papstreise, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Deutschlandreise, Glaube und Vernunft, Manuel II. Paleologos, Regensburger Rede18 Kommentare zu „Mut zur Weite der Vernunft“

Ein Medienmann ganz ohne Zynismus

Veröffentlicht am 1. August 20161. August 2016

Gestern, mit dem Rückflug aus Krakau und dem Ende der Papstreise nach Polen, endete die Arbeitszeit des Pressesprechers des Papstes, Pater Federico Lombardi SJ. Oder genauer: Gregory Burke übernimmt das Amt des Direktors des Vatikanischen Pressesaals, wie der Job offiziell heißt.

Vorgänger und Nachfolger in Krakau: Greg Burke (l) und Pater Federico Lombardi
Vorgänger und Nachfolger in Krakau: Greg Burke (l) und Pater Federico Lombardi

Eigentlich wollte ich mich an dieser Stelle darüber ärgern, dass die sofortige Reaktion vieler, vieler Journalisten, Christen, Web-Schreiber und leider auch Jesuiten war, dass da jetzt ja wieder ein Opus Dei man komme, es lebe das Vorurteil.

Aber dann habe ich entschieden, das nicht zu tun, sondern einfach mal Pater Lombardi gut zu finden. Sechseinhalb Jahre lang war er mein Chef hier beim Radio, bei zwei Bischofssynoden habe ich als Aushilfe bei ihm im Pressesaal gearbeitet und ihn ganz nah erlebt, seinen Umgang mit Nachrichten, mit Kardinälen, mit Stress, mit Medien-Wahnsinn.

Bei zwei Enzykliken habe ich dann auch mit beiden, Burke wie Lombardi, zusammen gearbeitet und ich bin froh, dass der Job nun in gute Hände gerät.

 

Da geht ein ganz Großer

 

Aber trotzdem: Mit Federico Lombardi geht ein ganz Großer. Und das ist irgendwie auch schade. Einer, der nie die Fassung verloren hat, wie dumm die Zeitungsente auch immer war. Der jede Frage im Pressesaal beantwortet hat, gerne mit dem mittlerweile mythisch gewordenen Satz “sapete bene che non mi risulta”, also “Sie wissen sehr wohl [lächelnder Vorwurf, diese Frage überhaupt zu stellen], dass ich dazu keine Informationen habe [kann/werde ich nicht zu sagen. Oder auch: lasst mich bitte mit dem Quatsch in Ruhe. Immer lächelnd vorgetragen]”. Ein Pressesprecher, der mit der Papstrede Benedikt XVI. in Regensburg seinen Job begonnen hatte und seitdem unter Dauerdruck stand. Der ganz Gentleman nie unfreundlich war. Manchmal klar und direkt, aber nie unfreundlich. Der auch einen manchmal von uns oder mir geschossenen Bock lächelnd korrigieren ließ. Der keine Favoriten kannte, keinen Hofstaat um sich hatte, keine Lieblingsjournalisten.

Wir wohnen quasi nebeneinander, er hat sein Zimmer den Korridor hinunter, und so war es mein Privileg, ab und zu beim Klönsnak auf dem Gang oder spät beim Abendessen noch seine Sicht auf die Dinge zu hören. Das war immer klug, und immer humorvoll. Wie groß der Stress oder der Druck auch immer war – und der war erheblich – abends hat Lombardi immer noch nicht seinen Humor aufgegeben. Ein Medienmann und Pressesprecher ohne Zynismus, wo gibt es das bitteschön heute noch?

Ganz im Ernst, das ist wahrscheinlich der Satz, den ich wählen würde, sollte ich ihn kurz und knapp beschreiben: Loyal, klug, und ganz ohne Zynismus.

Es hat Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten, und da er quasi eine one-man-show war, unglaublich in heutigen medialen Zeiten, dann ist es um so erstaunlicher wie gut diese Jahre verlaufen sind, dann merkt man erst so recht, was die Päpste und der Vatikan diesem Mann verdanken.

Über den Vatikan, die Vatikanmedien die Kirche habe ich von Federico Lombardi viel gelernt. Ich wünsche ihm einen geruhsamen Ruhestand, auch wenn ich vermute, dass er so ruhig nicht sein wird.

Also dann ein anderer Wunsch: arbeite nicht zu viel, Federico!

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Bischofssynode, Franziskus, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter Federico Lombardi, Generaldirektor, Papstsprecher, Radio Vatikan, Ruhestand, Vatikanischer Pressesaal, Zynismus10 Kommentare zu Ein Medienmann ganz ohne Zynismus

Sorgen und Nöte

Veröffentlicht am 28. Juni 201628. Juni 2016

Es ist wieder ein Feiertag für den emeritierten Papst Benedikt XVI., er feiert sein Priesterjubiläum und im Vatikan wird das in kleinem Rahmen, in Anwesenheit von Papst Franziskus, gewürdigt (der eigentliche Tag ist Morgen, das Fest Peter und Paul. Aber die Feierstunde ist heute).

Benedikt XVI. war ein wichtiger Papst und wie ich das schon direkt nach dem Rücktritt gesagt habe sage ich das auch heute noch: Von seinen geistlichen Schriften werden wir noch lange etwas haben, mit seiner Rücktritts-Entscheidung und dem Durchtragen dieser Entscheidung hat er das Amt modernisiert. Und anders als eine zu einfache Presse ihm alles mögliche unterstellt hat und jetzt – je länger seine Amtszeit zurück liegt – wieder vereinfachend unterstellt, um so wichtiger ist es, genauer hin zu sehen. Wer sich denn die Mühe machen will.

Ein Papst geht: Benedikt XVI. im Februar 2013
Ein Papst geht: Benedikt XVI. im Februar 2013

Aber dann gibt es ja noch diejenigen, die sich nach Papst Benedikt zurück sehnen. Oder besser und präziser: nach dem Bild, dass sie sich von Papst Benedikt gemacht haben.

Dabei fehlt natürlich die historische Würdigung, eine solche Sehnsucht hat immer etwas verklärendes, ist immer eine Projektion und geht letztlich an Benedikt XVI. vorbei. Aber sie sind echt, sie kommen immer wieder bei uns und bei Facebook und sonstwie als Rückmeldung an.

Neulich wünschte sich ein Kommentator unter einem Blogeintrag (aus anderen Gründen nicht frei geschaltet), dass Gott ihm eine Rückkehr ins Amt schenken wolle, in einem anderen Post wünschte er sich einen Benedikt XVII herbei, der uns erlösen solle. Kein Scherz, Sprache von Erlösung, wo es doch nur um die Frage geht, wer Papst ist und wer nicht.

Als Grund gibt er eine Frage an: „Warum werden unsere Sorgen und Nöte dort auch noch als Papstnörgelei diskreditiert?“ Und da fange ich an zu stutzen.

 

Die Frage muss erlaubt sein

 

Dass es diese Sorgen und Nöte gibt, kann und will ich nicht bezweifeln. Aber die Frage muss erlaubt sein, was das für Sorgen und Nöte sind. Es müssen ja welche sein, die bei Papst Franziskus nicht ankommen. Hier wäre also ein wirklicher Bruch zu verzeichnen, und zwar einer, der mit Emotionen zu tun hat, nicht mit Theologie oder Lehre oder so.

Nun frage ich mich, was das für Sorgen und Nöte sein können, die Papst Franziskus nicht anspricht. Er, der immer und immer wieder auf alle eingeht, die mit Sorgen und Nöten leben müssen.

Ist es die Liturgie, die weniger ausgefallen ist? Sind das schon Sorgen und Nöte? Oder etwas Anderes?

Papst Franziskus überfordert viele. Anders kann mich mir solche Empfindungen nicht erklären. er steht für keine andere Lehre, für keine andere Kirche, denkt vielleicht anders als sein Vorgänger, aber das ist ja Teil der Geschichte der Papsttums seit Jahrhunderten.

Benedikt XVI. hingegen hat viele mit der Kirche versöhnt, die sich im Abseits wähnten, die nicht das so genannte progressiv-katholische mitgemacht haben, das den emeritierten Papst zur Rede von „Entweltlichung“ und den aktuellen Papst zur Rede von „arme Kirche für die Armen“ geführt hat. Hier liegt eine Lektion. Es gibt viele „Glaubenskulturen“ in der Kirche, eine versöhnte Verschiedenheit. Die aber nicht immer so versöhnt ist, wie wir meinen.

Von daher höre ich von den „Sorgen und Nöten“ mit Unruhe, auch wenn ich da meine Anfragen habe.

Benedikt XVI. hat uns etwas hinterlassen, und Papst Franziskus hat das neulich ausdrücklich gewürdigt. Für den Augenblick aber: Herzlichen Glückwunsch, Papst emeritus Benedikt XVI., zum Priesterjubiläum.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Bruch, Papst Franiskus, Rücktritt des Papstes, Vatikan9 Kommentare zu Sorgen und Nöte

Markenkern und Alleinstellungsmerkmal

Veröffentlicht am 1. Juni 20161. Juni 2016

Nach dem Katholikentag ist vor dem nächsten. Oder zumindest mitten in den Überlegungen, wie es weiter gehen kann und soll. Neben allem möglichen Lob gab es und gibt es auch kritische Stimmen, anmerkende und vorschlagende, aber auch klarere und deutlichere Kritik. Alles gehört dazu. Schließlich gab es und gibt es auch ganz grundsätzliche, und eine solche möchte ich hier aufgreifen, einen Artikel unter der Überschrift „Schamlos Paternalistisch“. Schon der Titel gibt hier die Musik vor.

Mit etwas Abstand bietet der Autor Christian Geyer in seinem Artikel in der FAZ seine Analyse an. Der Kern dieser Überlegungen ist eine „inklusive Gottessuche“, ich übersetze das für mich als ein Denken und Reden von Gott in der Welt, das auf möglichst große Breite setzt. In den Worten des Autors: Wer gibt nun wem das Maß vor, die Welt der Kirche oder umgekehrt? Papst Benedikt XVI. hat in seinem Sprechen von der „Entweltlichung“ einen Vorschlag gemacht, der Autor hier geht aber einen anderen Weg. Er wendet sich dem Theologisieren zu. Wie ist die Sache mit Gott und den Menschen zu sehen? (Ich benutze hier „theologisieren“ bewusst nicht im akademischen Zusammenhang, sondern weiter, als das reflektierende und reflektierte Sprechen und Suchen nach Gott)

Kreuzgang in einem österreichischen Kloster
Links der rechts? Abgrenzung oder Inklusion? Wohin gehen mit meiner Gottsuche?

Was Theologie zu sein hat, kann man ganz gut in einer Kritik an besagtem Artikel entdecken. So vereinnahmt der Autor gleich ganze Kontinente gegen den Papst („die afrikanischen, nordamerikanischen und viele asiatische Bischöfe“). Man sei verstimmt, spätestens seit der autoritativen Führung der Synode. Wenn ich selber während der Synode Kritik gehört habe, dann die, dass der Papst zu wenig das Heft in die Hand genommen und zu viel auf Prozess gesetzt habe. Und selbst wenn es die andere Kritik auch gibt, eine derartige Vereinnahmung ist grob und schädigt letztlich das Argument. Deswegen kann man sagen: Theologie muss im Gegensatz zu den Thesen im Artikel differenzieren. Nicht über einen Kamm scheren. Oder wie mein erster Theologie-Lehrer sagte: Der Teufel liegt im Detail, Gott auch. Das etwas grob geschnitzte und deswegen fehl gehende Argument des Kontinente übergreifenden Aufbegehrens gegen die Theologie des Papstes verführt, erklärt aber nichts.

 

Auch mal prophetisch sein

 

„Es gibt eine gesellschaftliche Suchbewegung nach Alleinstellungsmerkmalen“ sagt Geyer weiter und wendet diesen Satz gegen das theologische Sprechen von der Inklusion. Erstens ist diese Suche zunächst noch wertneutral. Sie kann auch kräftig nach Hinten losgehen, die Wirklichkeiten verachten, ein sich Abschließen von Realität sein. Kann, nicht muss. Das nur als Bedenken. Theologisches Sprechen bedeutet hier eben, auch mal dagegen zu sein. Prophetisch wäre vielleicht schon zu stark, aber man muss den Geist der Zeit auch hier unterscheiden und feststellen, wo man mitgehen kann und wo man widersprechen muss, mit Blick auf den eigenen Glauben und auf Jesus Christus.

Das „Begehren“ nach Christus führt nämlich genau nicht zu Ausschluss, und wenn der Autor einen Jesuiten zitiert, dann tue ich das auch: „Die Welt ist Gottes so voll“, sagt Alfred Delp. Wenn man sich entschieden hat, Gott zu suchen und diese Entscheidung auch in seinem Leben durch trägt, dann lernt man, Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden. Das ist keine Verwässerung des Gottesgedankens, das ist eine geistliche Präzisierung der Suchbewegung. Nicht alles ist deswegen gleich gut, Sünde bleibt Sünde, aber im Erkennen der Sünde erkenne ich eben auch den vergebenden Christus.

Der Artikel ist letztlich ein Plädoyer für „kirchliche Identität“. Das hat durchaus einen taktischen Zug: „Der Markenkern der Kirche wird unscharf, wenn sie ihre Marketingstrategen „Ecce homo“ mit „ja zur gesamten Wirklichkeit des Menschen“ übersetzen lässt.“ Markenkern, das ist so ein Begriff, der irgendwie modern klingt, aber einen Gedanken ins theologische Reden einführt, der da eigentlich nichts zu sagen hat. Kirche ist nicht um ihrer selbst willen Kirche, sondern um Gottes und der Menschen willen. Das Volk Gottes ist nichts in sich, es ist Volk Gottes, weil es als solches gerufen und berufen ist.

Wir könnten der Kirche gar keine Identität geben, selbst wenn wir uns noch so sehr bemühten. Das kann nur Christus. An uns bleibt es, in der menschlichen Wirklichkeit zu entdecken, wo wir seinen Auftrag erfüllen und seine Kirche aufzubauen helfen und auf seine Stimme hören können. Das geht nur durch das Hören, das geht nicht durch Alleinstellungsmerkmal und Markenkerne.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter FAZ, Inklusion, Katholikentag, Kritik, Papst Franziskus, Theologie26 Kommentare zu Markenkern und Alleinstellungsmerkmal

„Allen in Erinnerung gerufen“

Veröffentlicht am 13. Mai 2016

Die Überraschung hat eine lange Vorgeschichte. Als Papst Franziskus an diesem Donnerstag auf die Frage der Diakoninnen einging und eine Studienkommission zur Frage ankündigte, was es in der frühen Kirche bedeutet habe, Diakonin zu sein, war die katholische Welt perplex. Das Thema wird zwar immer wieder diskutiert, nun ist es aber ganz offiziell auf dem Schreibtisch des Papstes angekommen.

Aber wie gesagt, diese Überraschung hat eine lange Vorgeschichte. Im Dezember 2009 hatte Papst Benedikt XVI. das Kirchenrecht geändert. Das Dekret damals hieß „Omnium in Mentem“, „Allen in Erinnerung gerufen“. Es ging um Anpassungen des Kirchenrechts an den Katechismus, das Recht sollte den Glauben widerspiegeln, oder wie es der Papst 2009 selber ausdrückt: die kanonische Norm soll vervollständigt werden. Und in der Tat wird Kanon 1009 ein Absatz hinzugefügt. Dieser Absatz lautet: „Die die Bischofsweihe oder die Priesterweihe empfangen haben, erhalten die Sendung und die Vollmacht, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln; die Diakone hingegen die Kraft, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen.” Damit gibt es eine wesentliche Unterscheidung des Weiheamtes.

Damals hatten wir hier in der Redaktion einen Kirchenrechtler interviewt, Erzbischof Ludwig Schick. Und der wies auf diese Unterscheidung angesprochen darauf hin, dass man die gesamte Geschichte des Diakonats im Blick behalten muss, er machte also schon 2009 das, was Papst Franziskus nun angekündigt hat.

Noch einen Schritt weiter: Papst Benedikt griff in seiner Kirchenrechtsänderung auf den Katechismus der Katholischen Kirche zurück, in dem Papst Johannes Paul II. einen Absatz geändert hatte, damit dieser besser die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils wiedergebe. Dort sagt das Dokument „Lumen Gentium“ (29) über die Diakone, dass sie ihre Weihe „nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen“. Und auch das ist als Zitat früherer Texte angegeben. Eine lange Vorgeschichte.

Worauf Papst Franziskus nun Bezug nimmt, ist eine noch ältere Vorgeschichte, nämlich die, welche im Brief an die Römer vorkommt. Dort spricht Paulus von Phöbe, „die Dienerin der Gemeinde von Kenchreä“, griechisch „οὖσαν καὶ διάκονον τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κεγχρεαῖς” (16:1). Also ‚Diakonin’. Gleichzeitig wird das Wort für denjenigen, den wir gemeinhin als den ersten Diakon bezeichnen, also Stephanus, gar nicht gebraucht. Was das eine nun mit dem anderen zu tun hat, dass soll nun die Kommission ergründen.

 

Ein Fall von Freimut

 

Noch ein Wort zur Überraschung: Der Papst will, dass in der Kirche offen geredet wird, Parrhesia ist sein Stichwort, ‚Freimut’. Ihm ist die Rolle der Frau in der Kirche ein Anliegen, auch in der Audienz für die Ordensoberinnen, in der die Formulierung zu den Diakoninnen gefallen ist, hat er deutlich darauf Bezug genommen, Frauen sollen sowohl in Entscheidungsfindung als auch Umsetzung einbezogen werden. Das sollte auf keinen Fall auf die Frage nach Diakoninnen beschränkt werden, im Gegenteil. Die Weihe ist in der Kirche nicht alles, oder wie es Papst Franziskus in Evangelii Gaudium (102) ausdrückt: „Die Laien sind schlicht die riesige Mehrheit des Gottesvolkes. In ihrem Dienst steht eine Minderheit: die geweihten Amtsträger.”

Also, sprechen wir mit Freimut, aber vermuten wir nichts in die Debatte hinein, was vom eigentlichen Ziel ablenkt.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Diakonin, Freimut, Kirchenrecht, Omnium in Mentem, Papst Benedikt, Papst Franziskus, Weihe25 Kommentare zu „Allen in Erinnerung gerufen“

Die Angst vor der verbeulten Kirche

Veröffentlicht am 25. April 201624. April 2016

Es ist mal wieder so weit: Papst Franziskus hört eine Stunde lang öffentlich auf dem Petersplatz Beichte, und die Kritiker können sich gar nicht mehr beruhigen. Beschädigung des Amtes sei das, er mache das nur für die Kamera, das sei alles ein Ego-Trip, er sei für die Weltkirche da und nicht für billigen Populismus, das sei untheologisch und so weiter und so fort. Zu besichtigen unter anderem in den Kommentarspalten bei uns auf Facebook. Bis hin zu dem Herrn, der tatsächlich Benedikt XVI. als letzten wahren Papst bezeichnet, so wirklich echte Sedisvakantisten trifft man sonst nur selten. Und auch dann nur mit der Auffassung, Pius XII. sei der letzte gewesen, unser Kandidat hier erkennt immerhin noch einige mehr an.

Aber wie gesagt, ob es die Flüchtlinge sind, die der Papst aus Lesbos mitgebracht hat, das Beichte hören, das Sprechen davon, dass alle Menschen „Kinder Gottes“ seien, das treibt Menschen auf die Barrikaden.

Warum nur?

Papst Franziskus hört Beichte auf dem Petersplatz
Einige halten das für gegen die Würde des Amtes: Papst Franziskus hört Beichte auf dem Petersplatz

Bevor ich auf die Motive einzugehen mich traue, möchte ich ein Hilfsmittel zum Verständnis heran ziehen, nämlich den Begriff „Integralismus“. Der umfasst nicht alle Kritiker des Papstes, beileibe nicht, man muss genau aufpassen, aber die oben angesprochenen Exponenten eines Unbehagens mit dem Papst, der sich zu sehr mit dem Gewöhnlichen gemein macht, kann ich damit zu verstehen suchen.

Integralismus in aller Kürze bedeutet eine Selbstbestimmung durch Abgrenzung und Ablehnung, die ihre Weltsicht aus nur einer Quelle bezieht. Sie bedeutet eine Reduktion von Komplexität zugunsten von fixen Fundamenten. Das ist mein Ausgangspunkt.

 

Schon einmal war ein Papst dagegen

 

Integralismus ist also weniger an Gott interessiert, als an Religion als Garanten einer gesellschaftlichen Ordnung. Genau das wurde ihm ja schon in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vorgeworfen, als Papst Pius XI. ihn verwarf und eine Ausprägung – die Action Française – auf den Index setzte. Diese Geschichte hat eine interessante Lehre, denn integralistische „Konservative“ hatten immer auf den Papst als Letztinstanz verwiesen, nun wendete sich dieser aber gegen sie, mit dem Resultat, dass zum einzigen Mal im 20. Jahrhundert ein Kardinal und Unterstützer der Action vom Kardinalsamt zurück trat. Louis Billot, übrigens ein Jesuit.

Integralismus ist eine Form von Fundamentalismus. Man wendet sich vor allem gegen die Normen der modernen Welt, normalerweise als „Zeitgeist“ beschimpft, wobei diese meistens übertrieben dargestellt werden, des besseren Kontrasts wegen. Die Gefahr und der Gegner sind dann ja stärker, um so heroischer wirkt der eigene Widerstand.

Grundsteine sind fixe Sätze, die als unfehlbare Glaubenswahrheiten anzunehmen sind. Ohne die geht es nicht. Aus diesen fixen Sätzen folgt dann eine Omnikompetenz, man hat zu allem was zu sagen. Diese Sätze werden dann auch zu „Testfragen“, an denen man andere Positionen misst, ein Formalismus, der letztlich am Leben vorbei geht.

Als Historiker ist mir persönlich am vergnüglichsten die Reduktion der Geschichte auf selbstgebastelte Thesen, siehe „Messe aller Zeiten“ und so weiter. Zur Legitimierung wird eine Vergangenheit herbei behauptet, die bei genauerer Hinsicht keiner Untersuchung stand hält. Das Vorgehen ist also unhistorisch.

 

Im Kern unhistorisch

 

Wenn man kirchliche Äußerungen zum Thema Integralismus sucht, findet man vor allem Beschreibungen von Reaktionen: Johannes Paul II., Benedikt XVI. bis hin zu meinem Lehrer in Fundamentaltheologie beschreiben das Phänomen als Reaktion auf eine andere Ideologie, den Modernismus oder Progressismus. Ein Zitat nur: „Und solch unkritischer Progressismus weckt dann wiederum seinen Gegenpart, den Integralismus auf“ (Joseph Ratzinger auf dem Katholikentag 1966 in Bamberg). Damit wird das natürlich nicht klarer, denn damit muss man ja erst mal „Modernismus“ oder „Progressismus“ klar bekommen.

Nun helfen uns diese Begriffsbestimmungen nicht unbedingt weiter, wirklich harte und klare Integralismen finden sich zwar lautstark auf ihren eigenen Webseiten, aber in Reinform und Radikalität sind sie dann doch eher seltene Wesen.

Mir scheint deswegen, dass wir da zwischen einem „starken“ und einem „schwachen“ Integralismus unterscheiden würden. Weiterlesen “Die Angst vor der verbeulten Kirche”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Beichte hören, Integralismus, Papst Franziskus, Petersplatz, Würde des Amtes33 Kommentare zu Die Angst vor der verbeulten Kirche

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