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Kategorie: Papstreise

„Vergebung, Herr!”

Veröffentlicht am 8. Juli 201811. November 2018
Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus

Auf den Tag fünf Jahre sind es her, dass Papst Franziskus mit seiner ersten Reise einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hat: Er war auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.

Er wollte Flüchtlinge treffen und er wollte diejenigen betrauern, die auf dem Meer umgekommen sind. 2013 war das, damals schauten die Länder nördlich der Alpen noch gerne weg, wenn Italien und Griechenland klagten, sie würden alleine gelassen. Lange vor 2015.

Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus
Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus

Der Papst wollte aber nicht nur das Flüchtlingsthema stark machen, er wollte Flüchtlinge selber treffen. Damit ist auch seine Perspektive klar ausgedrückt gewesen: Den Menschen ins Gesicht schauen, menschlich handeln und trauern.

Der Papst erklärt es nicht, er zeigt es nicht, er fuhr selber hin. Und er fuhr nach Lesbos, und er fuhr nach Mexiko an die Grenze zu den USA und er wäscht Flüchtlingen am Gründonnerstag die Füße.

Und gestern – Samstag – war der Papst in Bari, um dort am Meer noch einmal wie auf Lesbos schon ökumenisch zu beten und zu sprechen, es ging beim Treffen vor allem um die Christen im Nahen Osten.

 

Der Schrei, gegen den wir Mauern bauen wollen

 

„Frieden: Das ist der Schrei vieler Menschen, der Abels von heute, der zum Thron Gottes aufsteigt,“ dieser Satz stammt von gestern, aber der biblische Bezug ist für den Papst nicht neu: „Wo ist dein Bruder?“, diese Frage hatte der Papst schon auf Lampedusa gestellt und dann eindrücklich in Yad Vashem wiederholt.

Noch einmal aus der Predigt von Lampedusa: „Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern? Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“

Stimmt. Wir weinen nicht. Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt, Zäune zu bauen, damit auch ja keiner zu uns kommen kann. Und damit, die zu verhaften, die helfen wollen. Und dann behaupten wir auch noch, das sei christlich.

 

Ökumene gegen Gleichgültigkeit

 

Immer wieder macht der Papst genau diese Begegnungen – siehe Bari, siehe Lesbos – ökumenisch. Das verdeutlicht, dass hier nicht der Westen auf den Osten schaut, sondern der Osten – die orthodoxen und orientalischen Kirchen – dabei sind. Also die Kirchen aus den Gegenden, von wo die Flüchtlinge aufbrechen und wo die meisten von ihnen auch als Vertriebene bleiben.

Das ist ein Zeichen der Solidarität, wider die weltweite Gleichgültigkeit. Solidarität, weil das sich abgrenzen ja wieder stärker wird und offensichtlich keine Erklärung mehr braucht, das finden viele offensichtlich gut. Wider die Gleichgültigkeit, weil das Leiden offensichtlich recht erfolgreich ausgeblendet werden kann.

Und so bleibt das Schlussgebet des Papstes von 2013 auf Lampedusa immer noch gültig:

„Herr, wir (bitten) um Vergebung für die Gleichgültigkeit gegenüber so vielen Brüdern und Schwestern, wir bitten dich, Vater, um Vergebung für den, der sich damit abgefunden, der sich im eigenen Wohlstand eingeschlossen hat, der zur Betäubung des Herzens führt; wir bitten dich um Vergebung für alle, die mit ihren Entscheidungen auf weltweiter Ebene Situationen geschaffen haben, die zu solchen Dramen führen. Vergebung, Herr!”

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Sprechen von GottSchlagwörter Flüchtlinge, Flüchtlingskrise, Gebet, Gleichgültigkeit, Lampedusa, Mittelmeer, Not, Ökumene, Papst Franziskus, Solidarität23 Kommentare zu „Vergebung, Herr!”

Verlust

Veröffentlicht am 27. Juni 201811. November 2018
Papst Franziskus beim Weltkirchenrat in Genf Papst Franziskus beim Weltkirchenrat in Genf

Verlustangst: Liest man Analysen der Unsicherheit der Gegenwart, der Motive für den Erfolg des Populismus und für anderes, findet man immer wieder diese Begründung. Wir haben Angst, etwas zu verlieren. Abzusinken.

Die automatische Reaktion lautet meistens, dass das ein Gefühl ist, dass man sich die Fakten genauer anschauen muss, dass unterm Strich mehr rauskommt obwohl es sich nach weniger anfühlt und so weiter. Schlicht: dass das Verlustgefühl „nur” ein Gefühl ist.

Und das ist dann der Moment, in dem die gesellschaftliche Debatte und dann die politische Debatte einsetzt.

 

Kultur, Tradition, Identität

 

Der Schutz des Eigenen, der eigenen Kultur, der eigenen Tradition, ja, auch des eigenen Christlichen, steht hoch im Kurs. Je größer der Druck wird, je mehr man glaubt (und ich benutze das unpersönliche „man“ hier sehr bewusst), desto wichtiger scheint dieser Schutz zu werden. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es echter oder nur wahrgenommener Verlust ist, er ist in jedem Fall ‚wirklich‘, er hat Wirklichkeit, er hat Konsequenzen.

So können denn Menschen sich gegen andere Menschen einsetzen, und als Zeichen das Kreuz wählen. Das Kreuz, Zeichen der Hingabe, wird zu einem Zeichen der Abgrenzung.

Aus der eigenen Logik mag das vielleicht konsequent sein, man verteidigt ja angeblich das so genannte „christliche Abendland“ gegen den Verlust von Identität.

 

Abgrenzung oder Hingabe

 

Die christliche Botschaft wird dabei aber uminterpretiert, das „Mein Nächster ist ein Österreicher“ aus dem Wahlkampf entspricht dabei dem politischen „die italienische Regierung hilft Italienern“ des neuen Innenministers hier in Italien.

Zwei Dinge: erstens der Satz, der hier kommen muss. Mit Christentum hat das wenig zu tun, die Abgrenzung von „wir“ und „die“ sind keine biblischen Kategorien mehr, Paulus macht das sehr klar. Dieser Einsatz (Soldaten an die Grenzen, Staatsversagen, angeblicher „Asyltourismus“) für eine Identität kann sich nicht auf das Christentum berufen. Weiterlesen “Verlust”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Botschaft, Identität, Papst Franziskus, Politik, Populismus, Tradition, Verlust24 Kommentare zu Verlust

Chiles Bischöfe beim Papst – und jetzt?

Veröffentlicht am 18. Mai 201811. November 2018
So sah das aus: Das Treffen der Bischöfe mit dem Papst So sah das aus: Das Treffen der Bischöfe mit dem Papst

Das war alles? Nach all den Polemiken, nach einem missratenen Satz des Papstes zu einem Fall von Verantwortung von Bischöfen für Missbrauchsaufklärung in Chile, nach einem sehr, sehr deutlichen Papstbrief zum Thema, nach Jahren der Auseinandersetzung und der Vorwürfe, nach schwierigen Bischofsernennungen und viel Streit in der Kirche in Chile waren die Bischöfe des Landes beim Papst, drei Tage lang, und als Ergebnis – nur eine Presseerklärung?

So sah das aus: Das Treffen der Bischöfe mit dem Papst
So sah das aus: Das Treffen der Bischöfe mit dem Papst

So mag es sich vielen darstellen, denn der Brief des Papstes und die dramatische Situation im Land haben enorme Erwartungen geweckt.

Man dürstete geradezu nach einem erlösenden Wort, nach den erlösenden Entscheidungen, nach einem Machtgestus, der den Knoten endlich lösen würde. Aber genau den gab es nicht. Wieder nicht, so der Vorwurf.

Die Anklagen bleiben im Raum stehen, die Bischöfe, die sich den Vorwürfen ausgesetzt sehen, kehren nach Chile zurück und manch ein Journalist, der extra nach Rom angereist war, mag sich schon fragen, ob das nun der gerühmte Reformgeist von Papst Franziskus ist.

 

Dramatischer Vertrauensverlust

 

Und zunächst haben die Erwartungen ja recht, gerade Papst Franziskus springt immer sehr deutlich mit seinem Bischöfen um. Was er aber nicht macht und auch hier nicht gemacht hat, war eine Gerichtsverhandlung abhalten. Es gab keine Anklagen, Vorwürfe, Aufklärung, Abrechnung.

Vier Treffen mit dem Papst hatte es gegeben, zwei davon zum Abschluss an diesem Donnerstag.

Zunächst waren wir hier überrascht, dass das erste der Treffen schon nach kurzer Zeit zu Ende ging. Die Journalisten aus Chile hatten sich schon verabredet, vor dem Ausgang des Vatikan zu warten, aber keiner hatte damit gerechtet, dass es so schnell gehen würde.

 

Ein geistlicher Prozess

 

Warum bestellt der Papst 34 Bischöfe ein, um dann nach einer halben Stunde wieder auseinander zu gehen? In gewohnt trockener Manier gab der Pressesaal und in persönlichen Berichten dann Bischöfe wieder, warum die Kürze durchaus Sinn hatte: Es sollte ein geistlicher Prozess sein. Weiterlesen “Chiles Bischöfe beim Papst – und jetzt?”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Papstreise, VatikanSchlagwörter Bischöfe, Bischofskonferenz, Chile, Papst Franziskus, Vatikan2 Kommentare zu Chiles Bischöfe beim Papst – und jetzt?

Papst-Sprache

Veröffentlicht am 12. April 2018

Papst Franziskus hat einen Brief geschrieben, gerichtet an die Bischöfe Chiles. Die Geschichte ist bekannt, es geht um Vorwürfe gegen einen Bischof, er habe einen Missbrauchstäter gedeckt. Und Papst Franziskus decke nun diesen Bischof. Der Papst hatte sich im Januar sehr deutlich geäußert – Verleumdung war das Wort – und musste schnell zurück rudern, auch Kardinal O’Malley, der die Missbrauchskommission im Vatikan leitet, hat sich schnell und differenziert geäußert.

Und jetzt hat sich der Papst wieder geäußert:

„Soweit es mich betrifft, erkenne ich an, und möchte Sie bitten es getreu zu übermitteln, dass ich bei der Beurteilung und Wahrnehmung der Situation schwerwiegende Fehler gemacht habe, insbesondere aufgrund eines Mangels an wahrheitsgemäßen und ausgewogenen Informationen. In diesem Augenblick entschuldige ich mich bei allen, die ich beleidigt habe, und ich hoffe, ich werde es in den kommenden Wochen persönlich bei den Treffen mit Vertretern der befragten Personen persönlich tun können.”

Fehler bekennen: Papst Franziskus, hier beim Kreuzweg am Kolosseum
Fehler bekennen: Papst Franziskus, hier beim Kreuzweg am Kolosseum

Es braucht sicherlich noch Zeit, einsinken zu lassen, was das genau bedeutet. So eine Sprache aus dem Mund eines Papstes, dieses Papstes. Als ich den Bericht gestern gemacht habe, habe ich zuerst meinem Spanisch nicht über den Weg getraut.

Aber einen Eindruck habe ich jetzt schon: Die deutlichen und harten Worte, die er gegenüber anderen verwendet, die ist er auch bereit auf sich selber anzuwenden. Respekt!

Bei Facebook hat jemand unter dem Stück kommentiert, Ehrlichkeit sei die Schwester der Gerechtigkeit. Es gehört geistliche Reife dazu, das so öffentlich und in so einer Rolle auch sagen zu können.

Hoffen wir, dass es für diejenigen, die daran leiden mussten, ein Schritt in die richtige Richtung ist.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Papstreise, VatikanSchlagwörter Barros. Missbrauch, Chile, Papst Franziskus, Papstbrief16 Kommentare zu Papst-Sprache

Ausgesprochen

Veröffentlicht am 16. Januar 201817. Januar 2018

Es ist eines der großen Themen der Kirche in Chile, wie es das ab 2010 in Deutschland auch war: die sexuelle Gewalt, ausgeübt von Klerikern und Ordensleuten. Und während im Vorfeld des Papstbesuches dort zunächst der Blick auf die Spannungen mit der indigenen Bevölkerung des Landes auf den Titelseiten landeten – der Versuch, Kirchen anzuzünden, wird einer gewaltbereiten Gruppe von Mapuche zugeschrieben – ist es nun der Missbrauch, der sich als Thema durch den Besuch zieht.

Und das liegt auch am Papst selber. Gleich in seiner ersten Ansprache hat Papst Franziskus das angesprochen. Klar und deutlich:

„Und hier kann ich nicht umhin, den Schmerz und die Scham zum Ausdruck zu bringen, die ich angesichts des nicht wieder gutzumachenden Schadens empfinde, der Kindern von Geistlichen der Kirche zugefügt worden ist. [Applaus] Ich möchte mich mit den Mitbrüdern im Bischofsamt vereinen; denn es ist recht, um Verzeihung zu bitten und mit allen Kräften die Opfer zu unterstützen. Zugleich müssen wir uns dafür einsetzen, dass sich dies nicht wiederholt“.

Santiago de Chile, die Franziskanerkirche, älteste Kirche des Landes
Licht und Schatten der Kirche: Santiago de Chile, die Franziskanerkirche, älteste Kirche des Landes

Und das in einer Rede vor allen Vertretern von Staat und Gesellschaft, samt diplomatischen Corps. Das ist ein deutliches Signal zu Beginn der Reise. Das zeigt sehr deutlich, dass der Papst und der Vatikan verstanden haben, welch gesellschaftliche Sprengkraft das Thema hat.

In Chile geht es vor allem immer wieder um einen Täter, der von der Kirche als Priester auf Lebenszeit suspendiert ist und der nicht auftreten darf, dessen Taten strafrechtlich aber verjährt sind. Zu seinen Vertrauten gehören einige, die seitdem Bischöfe geworden sind, in eine Versetzung eines solchen Bischofs war auch Papst Franziskus involviert. Erst vor einigen Tagen hatte die Washington Post von einem angeblichen Brief des Papstes zu diesem Thema berichtet. Ob das alles so stimmt, ist nicht klar, die Geschichte zeigt aber, wie verworren der Umgang mit den Tätern ist.

 

Für Gerechtigkeit arbeiten

 

In seiner Predigt während der ersten öffentlichen Messe hat er das Thema nicht angeschnitten, aber einen in Chile sehr bekannten Satz eines ehemaligen und sehr verehrten Bischofs zitiert: „wenn du den Frieden willst, arbeite für die Gerechtigkeit“, und das kann man durchaus auch in diesem Zusammenhang sehen.

Es folgte ein Treffen in einem Frauengefängnis, auch da war das nicht Thema, mittags traf der Papst dann eine kleine Gruppe von Missbrauchsopfern. Das war nicht Teil des offiziellen Programms, wohl auch um den Betroffenen die Entscheidung zu überlassen, das öffentlich zu machen oder nicht. Nur sie und der Papst waren dabei, niemand sonst, und der Papst habe zugehört und mit ihnen geweint, berichtete der Pressesprecher des Vatikan nachher.

Gesprochen hat der Papst dann aber wieder – wie sollte es auch anders sein – sehr deutlich beim Treffen mit Priestern, Seminaristen und Ordensleuten: Weiterlesen “Ausgesprochen”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, PapstreiseSchlagwörter Chile, Kirche, Kleriker, Missbrauch, Papst Franziskus, Papstreise, sexuelle Gewalt28 Kommentare zu Ausgesprochen

Indigene, Diktatoren, Umwelt: Papstreise nach Chile und Peru

Veröffentlicht am 13. Januar 201813. Januar 2018

Auf den ersten, europäischen Blick mag es wie ein Heimspiel aussehen: Papst Franziskus geht wieder auf Reisen, wieder nach Lateinamerika, dieses Mal nach Chile und Peru. Wieder nicht nach Argentinien, das ist so ziemlich das einzige, was merkwürdig erscheint, haben doch vergangene Päpste ihre Heimatländer immer wieder besucht.

Aber wenn man genauer hinschaut, dann ist das Ganze doch nicht so einfach, wie man denkt.

Ansicht der Kathedrale von Santiago de Chile
2009 war ich einige Monate in Chile: ein Foto von der Kathedrale von Santiago

Nehmen wir Chile: Vier Angriffe mit Brandbomben auf vier Kirchen der Hauptstadt, in Protest gegen den Papstbesuch. Dazu noch die kurze gewaltsame Besetzung der Nuntiatur – also der diplomatischen Vertretung – in Santiago. Das mag nach einigen verwirrten Seelen klingen, ist aber ein Indikator.

Und das nicht erst seit heute: die Kirche und auch der Papst (damals Johannes Paul II.) haben eine schwierige Geschichte mit der Diktatur des Landes, Johannes Paul war auf Friedensmission im Land und ist von General Pinochet damals vorgeführt worden, was zu Vorwürfen geführt hat, der Papst würde den Diktator unterstützen. Dabei hatte er davor mit dazu beigetragen, einen fast schon ausgebrochenen Krieg zwischen Chile und Argentinien zu vermeiden.

Die Monate vor meiner Ankunft in Rom habe ich selber in Chile verbracht und weiß um die Wunden, welche die Diktatur in der Gesellschaft und der Kirche hinterlassen hat, das ist noch längst nicht verheilt.

 

Proteste

 

Dann gibt es auch Spannungen in der Gesellschaft, weitere Proteste gegen die Papstreise sind angekündigt. Auch in der Kirche selbst ist es nicht einfach, auch hier in Chile hat es Missbrauchsfälle gegeben, mit denen nicht richtig umgegangen wurde, ein Mitarbeiter eines Täters ist sogar vor wenigen Jahren Bischof geworden.

Und schließlich sind da die Mapuche, die Ureinwohner des Landes, die seit einigen Jahren teilweise sogar mit Gewalt, in jedem Fall aber mit Protesten um ihre Rolle in der Gesellschaft streiten. Da wo ich in Chile war wurde sehr viel wert darauf gelegt, dass die Mapuche ihre Kultur erhalten können, das ist aber nicht immer so gewesen und auch heute nicht überall so. Der Papst wird sie besuchen, da wird natürlich erwartet, dass er sich dazu verhält. Weiterlesen “Indigene, Diktatoren, Umwelt: Papstreise nach Chile und Peru”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Kirche und Medien, PapstreiseSchlagwörter Amazonien, Chile, Indigene Völker, Mapuche, Papst Franziskus, Papstreise, Peru9 Kommentare zu Indigene, Diktatoren, Umwelt: Papstreise nach Chile und Peru

Das Mehrheitsprinzip reicht nicht

Veröffentlicht am 29. Dezember 2017

Mit nicht wenig Freude sehe ich, dass gerade wieder die Frage nach Kirche und Politik, genauer: Parteipolitik, debattiert wird. Zumindest in Deutschland. Bild und Welt, FAZ und Domradio, Kardinäle und Bischöfe, Theologen und Journalisten: was darf, soll, kann Kirche sagen und wie sich einbringen oder gar einmischen?

Nein, ich werde dazu an dieser Stelle nicht schreiben, das habe ich schon einige Male getan, zuletzt erst vor einer Woche. Ich mag nur einfach zitieren, und zwar aus der Bundestagsrede von Papst Benedikt XVI., September 2011.

„Im ersten Buch der Könige wird erzählt, dass Gott dem jungen König Salomon bei seiner Thronbesteigung eine Bitte freistellte. Was wird sich der junge Herrscher in diesem Augenblick erbitten? Erfolg – Reichtum – langes Leben – Vernichtung der Feinde? Nicht um diese Dinge bittet er. Er bittet: „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht“ (1 Kön 3,9). Die Bibel will uns mit dieser Erzählung sagen, worauf es für einen Politiker letztlich ankommen muß. Sein letzter Maßstab und der Grund für seine Arbeit als Politiker darf nicht der Erfolg und schon gar nicht materieller Gewinn sein.

Die Politik muss Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Friede schaffen. Natürlich wird ein Politiker den Erfolg suchen, ohne den er überhaupt nicht die Möglichkeit politischer Gestaltung hätte. Aber der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet. Erfolg kann auch Verführung sein und kann so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit.(…)

Wie erkennen wir, was Recht ist? Wie können wir zwischen Gut und Böse, zwischen wahrem Recht und Scheinrecht unterscheiden? Die salomonische Bitte bleibt die entscheidende Frage, vor der der Politiker und die Politik auch heute stehen.

In einem Großteil der rechtlich zu regelnden Materien kann die Mehrheit ein genügendes Kriterium sein. Aber dass in den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen und der Menschheit geht, das Mehrheitsprinzip nicht ausreicht, ist offenkundig: Jeder Verantwortliche muss sich bei der Rechtsbildung die Kriterien seiner Orientierung suchen.“

Und zurück zum Thema: Was darf, muss, soll Kirche? Weiter sagte der Papst damals.

„Im 3. Jahrhundert hat der große Theologe Origenes den Widerstand der Christen gegen bestimmte geltende Rechtsordnungen so begründet: „Wenn jemand sich bei den Skythen befände, die gottlose Gesetze haben, und gezwungen wäre, bei ihnen zu leben …, dann würde er wohl sehr vernünftig handeln, wenn er im Namen des Gesetzes der Wahrheit, das bei den Skythen ja Gesetzwidrigkeit ist, zusammen mit Gleichgesinnten auch entgegen der bei jenen bestehenden Ordnung Vereinigungen bilden würde …“.

Nun leisten wir gottlob keinen Widerstand gegen die Rechtsordnung, aber das Prinzip bleibt bestehen. Es ist vernünftig, eine Vereinigung zu bilden, spricht sich einzubringen, mitzumachen, mitzureden. Und wenn das zum lauten Aufschrei wird, um so besser, dann merkt man, dass es den richtigen Punkt trifft.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Papstreise, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Bundestagsrede, Deutschlandreise, Kirche, Politik14 Kommentare zu Das Mehrheitsprinzip reicht nicht

Spannungsfeld Papst

Veröffentlicht am 1. Dezember 20171. Dezember 2017

Mit meinem letzten Post habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt. Und falsch gelegen. Der Papst kann mit seiner Reise nach Myanmar und Bangladesch nicht gewinnen, habe ich gesagt. Und zu den Gründen stehe ich auch nach wie vor. Aber jetzt, da die Reise läuft, muss ich meine Schlussfolgerungen dann doch ändern.

Einen Schritt dazu habe ich schon gemacht, in einem Artikel für die Zeitung Die Zeit. Jetzt hat der Papst Bangladesch für die Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen gelobt. Ohne das Wort ‚Rohingya‘ zu benutzen. Und er hat drei Familien von Rohingya auf die Bühne gegrüßt und sie so ins Rampenlicht gesetzt. Und um Vergebung gebeten. Und das Wort Rohingya gebraucht. Wer jetzt nicht versteht, dem ist auch nicht zu helfen.

Ankunft in Bangladesch: Begrüßung der Gläubigen vor der Messe an diesem Freitag
Ankunft in Bangladesch: Begrüßung der Gläubigen vor der Messe an diesem Freitag

Für die Zeit habe ich das „Methode Franziskus“ genannt, bewusst undiplomatisches Verhalten, das Unruhe schafft und Spielräume öffnet. Der Papst macht etwas, tut etwas, sagt etwas, und geht damit einen ungewohnten Weg. Er nutzt das Wort ‚Rohingya‘ im August, obwohl die Bischöfe des Landes schon im Juni gebeten hatten, das nicht zu tun. Dann sind alle aufgeregt, die Bischöfe, die Generäle, alle Journalisten wollen wissen ob er das durchhält, Druck auf Aung San Suu Kyi, auf die Machthaber, alle sind unter Spannung weil nicht alles nach fein abgezirkeltem Plan läuft.

In Myanmar wurde vor allen offiziellen Terminen erst einmal ein informelles Treffen mit den Generälen eingeschoben, danach außerdem ein interreligiöses Treffen. Da war auf einmal Bewegung drin.

 

Im Kern konstruktiv

 

Vorsicht: das ist kein Elefant-im-Porzellanladen verhalten. Also erst mal Schaden anrichten und dann sich als gegen-das-Establishment aufspielen, wie das der Herr im Weißen Haus drüben tut. Was der Papst macht ist im Kern konstruktiv, nur geht es eben über Spannung.

Und es geht – und das ist die ganz große Stärke – über Religion. Es sind religiöse Botschaften, die er bringt, auch die vom Frieden und das Sprechen von Flüchtlingen ist keine rein humanitäre Aktion, das ist mehr. Und das gibt ihm überhaupt erst die Möglichkeit, diese Spannungsfelder zu erzeugen.

Und damit untergräbt er auch nicht seine moralische Autorität. Das ist ja der Vorwurf, der ihm von unserer westlichen Seite aus gemacht wurde. Demnach hat man nur moralische Autorität, wenn man offen und ehrlich die Dinge anspricht und die Konsequenzen in Kauf nimmt. Das mag so sein, das bringt aber nicht das, wofür der Papst einstehen will: Frieden und Hilfe für die Menschen vor Ort.

 

Religiöse Autorität

 

Genauer betrachtet ist es also kein „Versuch“, den der Papst unternimmt, wie ich etwas ungenau im vergangenen Kommentar hier geschrieben habe. Ich habe dazu gelernt. Es ist seine Art des Beitrags zum Gemeinwohl. Er betet an der Trennmauer, die Israel baut, und schafft Unruhe im Land, was zu Reaktionen führt. Das heißt, man reagiert. Er fährt dahin, wohin schon keiner mehr fährt. Er spricht mit Leuten, mit denen keiner mehr spricht, weil ja eh klar ist, was die sagen. Und er schafft diese Spannungsfelder, in denen auf einmal etwas an Bewegung möglich ist, wo es vorher keine geben konnte.

Geistliche Politik, Beitrag von Religion zum Gemeinwesen und zum Frieden, man nenne es, wie man will. Aber es ist zutiefst päpstlich.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Papstreise, Sprechen von GottSchlagwörter Bangladesch, Diplomatie, Flüchtlinge, Myanmar, Papst Franziskus, Politik, Rohingya, Vatikan60 Kommentare zu Spannungsfeld Papst

Er kann nicht gewinnen

Veröffentlicht am 27. November 201727. November 2017

Er kann gar nicht gewinnen. Und probiert es trotzdem. So etwa mag ich das Projekt zusammenfassen, was der Papst in diesen Tagen unternimmt: die Papstreise nach Myanmar und Bangladesch.

Die große Frage ist natürlich die nach den Rohingya, der ethnischen Minderheit, die aus Myanmar fliehen und die von Bangladesch nicht aufgenommen werden. Das Problem ist natürlich viel größer, es betrifft auch noch andere Länder, aber die besuchten Länder sind sind die beiden Länder im Fokus. Und ein Papst, der sich die Flüchtlingsproblematik so sehr auf die Fahne geschrieben hat – siehe Papstbotschaft zum Friedenstag in der vergangenen Woche – der richtet ganz natürlich das Augenmerk auf die Situation der Menschen dort.

Der Papst ist wieder unterwegs: hier bei seiner bisher letzten Reise, in Kolumbien
Der Papst ist wieder unterwegs: hier bei seiner bisher letzten Reise, in Kolumbien

Warum kann er nicht gewinnen? Weil er in einer der berühmten Zwickmühlen steckt. Nehmen wir das Beispiel Aun Sang Suu Kyi, ihr wird vorgeworfen, nicht deutlich genug gegen die Verfolgung der Rohingya aufzustehen, obwohl sie das Land faktisch regiert. Dasselbe wird man dem Papst vorwerfen: Dass er nicht laut genug protestiert habe.

Die Kirche im Land hat wiederholt darauf hingewiesen, und das auch öffentlich, dass es viel mehr Minderheiten gibt als nur die eine und dass das Leben auch für die anderen mit Leid verbunden ist.

Die Bischöfe haben den Papst sogar direkt gebeten, auf den Begriff „Rohingya“ zu verzichten. Schon im Juni, also weit im Vorlauf, hätte man das Anliegen vorgebracht, so Erzbischof Alexander Pyone Cho, zu dessen Bistum auch das Krisengebiet Rakhine gehört. Die Agentur Ucanews zitiert ihn: „Wir haben gesagt, dass das Wort Rohingya im Land immer noch ein sensibler Punkt ist und daher während der Reise besser nicht benutzt wird“. Die Konzentration auf die Rohingya verdränge andere Probleme und gebe außerdem den Militärs die Macht und die Legitimität, wieder einzugreifen.

Wenn er also den Hinweisen der Ortskirche folgt, dann macht er es uns Westlern nicht recht, wenn er es uns Westlern recht macht, dann richtet er vielleicht im Land selber mehr Schaden an als Nutzen.

 

Schaden oder Nutzen?

 

Das meinte ich damit, dass er nicht gewinnen kann. Aber er probiert es trotzdem. Ich muss kein Prophet sein um vorauszusagen, dass es um Frieden, Frieden und Frieden gehen wird. Religionen tragen zum Frieden bei, wenn es echte Religionen sind, das war und ist sein Thema.

Gespräch mit den Religionen überhaupt ist wichtig, das kann man mit Blick auf das Programm sehen. Ob es dann aber tatsächlich zu mehr Frieden beiträgt, hängt vor allen an den Menschen vor Ort.

Natürlich darf man nachfragen, ob die Tatsache, dass etwas im Land ein sensibler Punkt ist, ausreicht für die Begründung eines Verzichts. Aber das ist eine Debatte, die vor allem im Land geführt werden muss.

Und: Der Papst hat eine starke geistliche Autorität. Das ist etwas, was wir im weitgehend säkularisierten Westen fast nicht mehr spüren. In einer geistlich starken Region wie Südasien spielt das aber eine große Rolle. Ob nun Buddhisten in Myanmar oder Muslime in Bangladesch, gemeinsam mit den vielen Minderheiten: es wird sehr wohl wahrgenommen, was er sagt. Dass er also nicht gewinnen kann, muss ich an dieser Stelle zurück nehmen.

Es ist eine diplomatisch schwierige Reise in eine Konfliktzone, von der wir hier lange nichts haben mitgekommen wollen. Es ist eine geistlich anspruchsvolle Reise.

Unsere westlichen und medialen Erwartungen in Bezug auf die Flüchtlingskrise sind enorm. Aber er hat keine Angst, sich den Vorwurf zuzuziehen, er habe mit irgendwem paktiert. Der Papst fährt hin und versucht sich am Dialog, diplomatisch, menschlich, geistlich.

 

Kategorien Allgemein, Glaube und Gerechtigkeit, Kirche und Medien, PapstreiseSchlagwörter Bangladesch, Myanmar, Papstreise, Rohingya5 Kommentare zu Er kann nicht gewinnen

Schon wieder „nie wieder“

Veröffentlicht am 15. Oktober 2017

Wir haben es nach der Gewalt in Ruanda gehört: „nie wieder“ wollte die Weltgemeinschaft zusehen, wie Menschen sich gegenseitig in solcher Menge und Grausamkeit umbringen. Und dann hieß es etwas später wieder „nie wieder“, als die Grausamkeit im Sudan und dann in Syrien bekannt wurde. Die Weltgemeinschaft schafft es aber nicht, diesem „nie wieder“ auch Taten folgen zu lassen.

Denn was jetzt in Myanmar passiert, die Verfolgung der Rohingya, das ruft auch nach einem „nie wieder“.

Die internationalen Organisationen rufen seit Monaten um Hilfe, bis hin zur UN. Aber die Rohingya werden weiter verfolgt, vertrieben, und wenn man den Berichten aus dem unzugänglichen Land glaubt vergewaltigt, umgebracht, isoliert und nicht mit Lebensmitteln versorgt.

 

Wie soll man das berichten?

 

Wie soll man über so etwas schreiben? Wie das berichten? Ende November wird der Papst in dieses Land fahren, danach in das Land, in das viele der Rohingya fliehen, nach Bangladesh. Ganz bewusst hat dieser Blogeintrag kein Bild, irgendwie gaukeln uns Bilder vor, dass wir etwas wüssten und sehen könnten, was sich uns aber entzieht.

Zum einen warnt die Kirche in Myanmar davor, sich zu sehr auf die Rohingya zu konzentrieren. Es gebe sehr viele Minderheiten im Land (über einhundert), die ebenso von national-buddhistischen Bewegungen und vom Militär verfolgt würden. Diese bekämen aber nicht die mediale Aufmerksamkeit.

Außerdem helfe die vom Militär verursachte Krise dem Militär, das dürfe sich dann die Macht im Land wieder nehmen, das hatten sich die Generäle in die Verfassung geschrieben, als das Land langsam zur Demokratie überging. Weiterlesen “Schon wieder „nie wieder“”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, PapstreiseSchlagwörter Flüchtlinge, Myanmar, Papst Franziskus, Papstreise, Rohingya18 Kommentare zu Schon wieder „nie wieder“

Der Papst und seine Jesuiten

Veröffentlicht am 4. Oktober 2017

Es ist mittlerweile Teil der Reisetätigkeit: Papst Franziskus trifft auf allen Auslandsreisen (fast) immer seine Mitbrüder aus dem Jesuitenorden. Mal ist es eine kleine Kommunität wie in Havanna auf Kuba, mal ist es wie zuletzt in Kolumbien die ganze Ordensprovinz. Immer ist es ganz vertraulich, selbst für die teilnehmenden Jesuiten, erst im Abstand von einigen Wochen gibt es dann einen Bericht. Und zwar ebenfalls von einem Jesuiten, vom Italiener Antonio Spadaro, der immer dabei ist und für den Papst diese Treffen organisiert.

Im Allgemeinen betont der Papst seine Zugehörigkeit zum Orden nicht zu stark. Die Ernennungen von Jesuiten zu Bischöfen etwa ist eher noch zurück gegangen, auch gibt es derzeit keinen einzigen wahlberechtigten Jesuitenkardinal (obwohl sich das wohl mit Luis Ladaria SJ ändern wird, der seit kurzem die Glaubenskongregation leitet). Das finde ich gut, als Papst einen Orden und sei es den eigenen zu bevorzugen darf auch nicht sein.

Papst Franziskus, umgeben von den Jesuiten Kolumbiens
Papst Franziskus, umgeben von den Jesuiten Kolumbiens

Und doch haben diese Treffen etwas Familiäres. Zu Beginn, 2013 und 2014 hatte Papst Franziskus mit uns römischen Jesuiten einige Male die Messe gefeiert, ab und zu schaut er auch auf ein Mittagessen in der Generalskurie vorbei (aber nicht in den anderen Häusern des Ordens). Ständiger Fixpunkt der Orden-Papst-Treffen sind aber die Begegnungen bei den Reisen.

In Polen zum Beispiel hatte er uns auf den Weg mitgegeben, sich um „Unterscheidung“ zu kümmern. Beim Papst ist dieses Wort ganz neu in den Vordergrund getreten, auch weil es in der Spiritualität der Jesuiten eine große Rolle spielt. Es sei nun an den Jesuiten, das zu verbreiten und zugänglich zu machen.

In Kolumbien hat er auf eine Frage zur Theologie sein Mantra wiederholt, Theologie dürfe man nicht im Labor betreiben, sie müsse im Dialog und im konkreten Leben geschehen. Theologie sei ein Weg, kein festes System.

 

Was er uns auf den Weg gibt

 

Solche Sachen sind zwar für alle Christinnen und Christen richtig und wichtig, dass er es aber uns sagt bedeutet uns viel. Damit gibt er uns keine Richtung vor. Er greift nicht ein in den Orden und regiert ihn sozusagen irgendwie mit. Vor einem Jahr etwa tagte in Rom die Generalkongregation des Ordens, die oberste Versammlung, und da erwartete man vom Papst so etwas wie eine Richtung für die Beratungen, wie sie Papst Paul VI. dem Orden gegeben hatte durch den Auftrag, sich vor allem im Dialog mit dem Atheismus einzusetzen. Das geschah aber nicht. Papst Franziskus greift nicht ein, gibt uns nicht vor.

Das ist gut, weil wir dadurch diesem Papst nicht näher stehen als vorher Benedikt oder nachher seinem Nachfolger. Wir sind ein besonders dem Papstamt verbundener Orden, immer schon gewesen, das darf aber nicht zu sehr an einer bestimmten Person oder einer anderen hängen.

Das hat aber auch den Nachteil, dass vor allem die deutschsprachigen Jesuiten in meinen Augen zu wenig tun, um diesen Papst und seine Spiritualität zu erklären. Da könnten wir einen großen Dienst leisten, aber der Wunsch, nicht zu sehr papistisch zu werden (oder zu wirken), wiegt schwer.

Der Papst ist Jesuit, trifft Jesuiten, bevorzugt Jesuiten aber nicht. So soll es sein. Aber am „Projekt Franziskus“, der Reform von Kirche und Glaubensleben, dürften wir uns durchaus noch etwas sichtbarer beteiligen. Meine jedenfalls ich persönlich.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Papstreise, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Gesellschaft Jesu, Jesuit, Jesuitenorden, Papst Franziskus54 Kommentare zu Der Papst und seine Jesuiten

Bischöfe, revisited

Veröffentlicht am 20. September 201719. September 2017

„Wenn [der Papst] vor den Bischöfen spricht, dann ist das meistens die Übersetzung seiner Vorstellung von Kirche in die pastorale Wirklichkeit eines Landes, und das wie gesagt gerne in aller Deutlichkeit.” Vor eineinhalb Jahren hatte ich schon einmal darüber geschrieben, wie sich Papst Franziskus Bischöfe und die Ausübung des Amtes vorstellt,

Der Papst und sein Bischof: Beim Treffen mit den Neugeweihten im Vatikan
Der Papst und sein Bischof: Beim Treffen mit den Neugeweihten im Vatikan

Nah am Volk, keine „Prinzen-Psychologie“, Geruch der Schafe, das sind die Stichworte, die einem dazu einfallen. Und wenn das stimmt, wenn seine Bischofs-Ansprachen die Umsetzung seiner Vorstellung von Kirche in die pastorale Wirklichkeit übersetzen wollen, dann haben wir gerade Glück, denn der Papst hat innerhalb kurzer Zeit drei solcher Ansprachen gehalten.

Die jüngste an die neu geweihten Bischöfe, die in Rom zu einem Kurs versammelt waren, und davor zwei in Kolumbien.

 

Nicht die eigenen Projekte und Ideen

 

Fangen wir an mit der Ansprache am 14. September: Das erste, was bei der Ansprache an die Jungbischöfe ins Auge fällt, ist dass es auch hier wieder um die innere Haltung geht. Nicht überraschend, aber vielleicht muss es gerade deswegen noch einmal betont werden.

Zunächst dreht sich alles um die Kunst der geistlichen Unterscheidung und der inneren Einstellung dazu: wer sie als erworbenes Recht betrachtet, also meint das sei jetzt seine und nur seine Aufgabe, bleibe unfruchtbar in seinem Dienst. Bei Unterscheidungen ginge es um menschliche Schwäche, psychologische Bedingungen, und vor allem und zuerst um viel Gebet, denn der Heilige Geist sei der Hauptakteur dabei. „Die Unterscheidung ist eine Gabe des Geistes an die Kirche, dem wir durch Zuhören antworten.“ Das ist die Grundhaltung: Hören auf Gott. Und das heißt: seinen eigenen Standpunkt aufgeben können, um die Perspektive Gottes zu finden.

Die geistliche Unterscheidung wird dann weiter ausbuchstabiert: sie ist immer eine Gemeinschaftshandlung, nicht isoliert sozusagen am Schreibtisch gemacht. „Wer nicht mehr auf die Schwestern und Brüder hört, der hört auch nicht mehr auf Gott“, eine kleine Warnung des Papstes. „Euer Auftrag ist nicht, eigene Ideen und Projekte voran zu bringen, und auch nicht abstrakt erdachte Lösungen.“

 

Evangelium, Lehre, Kirche, Normen

 

Als Anker: Unterscheidung heißt aber auch nicht, alles frei entscheiden zu können, Hören auf den Geist heißt auch Hören auf das Evangelium, „das letzte Kriterium“, auf die Kirche, die Lehre und die Normen. Trotzdem sei es ein „kreativer Prozess“, der sich nicht darauf beschränke, feste Schemata umzusetzen. Also: Anwendung von Lehre und Evangelium ist kein Anwenden abstrakter Ideen auf die Wirklichkeit, und pastorale Entscheidungen entstehen nicht im Augenblick und rein charismatisch, sondern immer mit Bezug auf Evangelium und Kirche. So lese ich das. Weiterlesen “Bischöfe, revisited”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Papstreise, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Bischof, Kirche, Papst Franziskus, Papstreise, Pastoral14 Kommentare zu Bischöfe, revisited

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