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PaterBerndHagenkord.blog

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Kategorie: Spiritualität / Geistliches Leben

Artikel und Beiträge über geistliches Leben

Corona: Man schnappt sich die Freiheit, die sich halt bietet

Veröffentlicht am 3. November 20202. November 2020
Kein Gottesdienst Theresienwiese, München Foto (c) Andreas Bohnenstengel

Ein Jürgen Fliege macht noch keinen Gottesdienst. Auch wenn Grabkerzen am Allerheiligenfest angezündet und der vielen Verstorbenen gedacht wird, muss das noch kein Gottesdienst sein. Zum Beispiel der Event auf der Theresienwiese. Auch wenn da gebetet wurde: alles nur Show.

Es war eine „Querdenker“-Demo gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Und weil zu viele Leute da waren, nannte deren Rechtsanwalt das kurzerhand nicht mehr Demo, sondern Gottesdienst. Denn dann hätten die Zahlen-Beschränkungen nicht gegolten.

Kein Gottesdienst

Alles nur üble Show. Liturgie und Gottesdienst ist was anderes. Und alles was Rang und Namen hat, nennt das auch eine Farce. Oder nutzt andere Worte. Auch wenn ich selber ein erklärter Freund gesellschaftlichen Engagements der Kirche bin: das da am Allerheiligenfest war Missbrauch von Religion.

Darauf könnten wir es beruhen lassen. Wenn die Stadt die Demonstranten nicht hätte gewähren lassen. Erst einmal jedenfalls. Auch wenn die Presseberichte danach von nicht eingehaltenem Schutzkonzept berichten, das es ja auch für Gottesdienste hätte geben müssen.

Der Schmutz der Theresienwiese

Wie zynisch muss man eigentlich sein, die angeblichen Freiheiten dadurch verteidigen zu wollen, indem man genau diese verrät? Zur Freiheit gehört auch die Freiheit der Religionsausübung, und genau die wurde hier in den Schmutz der herbstlichen Theresienwiese gezogen.

Alle vernünftigen Kräfte des Landes, der Kirchen und der Stadt München sind sich in ihrer Einschätzung einig. Warum als noch aufregen?

Weil es Anmaßung ist. Und das braucht Widerspruch. Sonst sickert das ein, wird jedes Mal ein Stück normaler und plötzlich haben wir die Freiheit der Religionsausübung ausgehöhlt. Nicht von angeblichen Diktatoren, sondern von selberklärten Freiheitsanwälten.

Liebe Quer“denker“, ihr dürft ja gerne jede Meinung haben, auch ohne Ahnung, aber bitte gefährdet nicht andere damit. Und auch nicht die Freiheiten, die ihr angeblich zu verteidigen gekommen seid.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Corona, Demo, Kirche, München, Querdenker6 Kommentare zu Corona: Man schnappt sich die Freiheit, die sich halt bietet

Den Blick auf Jesus nicht verstellen

Veröffentlicht am 30. Oktober 202030. Oktober 2020
Klerikalismus in der Liturgie Ort des Geschehens, Ort der Inszenierung

„Wo Gott kein Fest mehr wird, hat er aufgehört, Alltag zu sein“: ein Satz von Kurt Marti, der zur Zeit an meinem Rechner klebt. Der passt zu einer Tagung, an der ich – online – in den vergangenen Tagen teilgenommen habe. „Gottesdienst und Macht“ war diese untertitelt, der Untertitel „Klerikalismus in der Liturgie“ gab die Richtung an.

Es ging um Macht. Um Vollmacht, Autorität, um Zugang und Ausübung von Macht in der Liturgie. Und spätestens seit der MHG-Studie wissen wir, dass wir dringend über Macht und deren Missbruch sprechen müssen. Auch in der Liturgie, wie Bischof Ackermann zur Begrüßung sagte.

Klerikalismus in der Liturgie

Den Vorträgen und Debatten bin ich natürlich auch als Priester gefolgt. Auch mir stellt sich ja die Frage, wie ich selber auftrete, handle, Vollmacht als Priester ausübe. Es war also auch eine kleine Gewissens- und Praxis-Prüfung für mich. Außerdem ist Liturgie ja kirchlich kein harmloses Thema, mindestens die Debatte um die außerordentliche Form des Ritus zeigt das immer wieder.

Nun gab es bei der Debatte und der Tagung zwei verschiedene Kritiken an Amt und Macht: zum einen den Klerikalismus. Also nicht im Dienst an Gottesdienst und Gemeinde zu handeln, sondern für sich selbst. Oder auch: die Differenz zum eigenen Profil zu machen. Daneben gab es aber auch grundsätzliche Kritik: die Weise, wie theologisch und liturgisch Amt und Dienst begründet und gestaltet würden, sei nicht sachgerecht.

Nun mag ich die ganzen Debatten hier nicht nachzeichnen, sie ist ja auch noch nicht vorbei und wird mindestens im Synodalen Weg auch weiter geführt.

Glaube ist Fest

Mir geht es hier eher um den Satz vom Eingang. Diesen Charakter von Liturgie, also das Fest, darf das zeichenhafte Handeln nicht verdecken. Fest meint jetzt nicht gute Laune und so, sondern eine Sondersituation, die eben nicht Alltag ist. Im Fest sind die Dinge anders als im Alltag.

Dem steht aber nicht nur Klerikalismus entgegen. Wenn ich im Winter in der Kirche sitze und um mich herum die Menschen in Mänteln in Sitzbänke einsortiert sind, dann frage ich mich schon, ob das noch irgendwas mit Fest zu tun hat.

Wir müssen uns wieder um das Fest kümmern, um die Ausgestaltung und um das, was dem entgegen steht. Das Sprechen über und dann das Gestalten von Liturgie ist eine Quelle von Erneuerung. Wenn wir uns zum Ziel setzen, den Blick auf Jesus nicht zu verbauen. Es gibt Amt und Regeln, es gibt das allgemeine Priestertum und das geweihte Priestertum. Es gibt eine Vielfalt von Liturgien, zu denen vielleicht auch noch neue kommen können. Die Corona-Zeit ermöglicht vielleicht Kreativität aus Not.

All das will belebt sein. Theologisch, aber auch praktisch. Ohne da wird das nichts mit der Umkehr der Kirche und der Ausrichtung auf Verkündigung.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Glaube, Kirche, Klerikalismus, Liturgie3 Kommentare zu Den Blick auf Jesus nicht verstellen

Glauben sprechen

Veröffentlicht am 20. Oktober 202018. September 2020
Sprache ist eines unserer Mittel: Über Glauben, Sprache, ewige Wahrheiten und die Neuheit des Evangeliums. Das Ganze ist lebendig und nicht immer einfach. Einfach ist's, wenn ein Egel spricht. Fresko in Subiaco

Sprache ist eines unserer Mittel, Glauben zu Verkünden und zu erklären. Ein anderes – laut Papst Franziskus das vorzuziehende – ist das gelebte Christsein, das „Zeugnis“, wie wir es nennen. Aber  es ist die Sprache, die wir hier schon einige Male besprochen haben.

Es ist unsere Aufgabe, „ewige Wahrheiten“ und „deren ständige Neuheit“ übereins zu bringen. Was nicht einfach ist. Der Papst skizzierte das 2013 in Evangelii Gaudium, was ich hier nachreichen möchte.

Sprache ist eines unserer Mittel

„Manchmal ist das, was die Gläubigen beim Hören einer vollkommen musterhaften Sprache empfangen, aufgrund ihres eigenen Sprachgebrauchs und -verständnisses etwas, was nicht dem wahren Evangelium Jesu Christi entspricht. Auf diese Weise sind wir einer Formulierung treu, überbringen aber nicht die Substanz. Das ist das größte Risiko. Denken wir daran: » Die Ausdrucksform der Wahrheit kann vielgestaltig sein. Und die Erneuerung der Ausdrucksformen erweist sich als notwendig, um die Botschaft vom Evangelium in ihrer unwandelbaren Bedeutung an den heutigen Menschen weiterzugeben. « (Ut Unum Sint)“. (EG 41).

Mit dieser Erneuerung unserer Sprache (als eine der Ausdrucksformen, über Kunst etwa wäre eigens zu sprechen) tun wir uns schwer. Aber auch das Klickzahlen-erhöhende Bashing hilft nicht unbedingt weiter, es gibt da ja einen kleinen Markt mit Büchern, die viel kritisieren. Das hilft, es braucht aber mehr als Kritik oder den Rückzug auf das Unkritisierbare, auf das immer-wahre Wort, das nur wiederholt werden will.

Einfach ist’s, wenn Engel reden

Die Schrift spricht immer wieder davon, dass sich Engel direkt an einen Menschen wenden. Gott in direktem Kontakt zu den Menschen, über Wesen, die Gott näher sind als wir. Auf Gott hören geht auch heute noch, mit einer Weise – der Unterscheidung der Geister – werde ich mich demnächst mal hier beschäftigen.

Aber dann unsere Weise des Sprechens daraus zu machen, eine Weise die wirklich Kommunikation und Dialog ist und nicht bestimmen will oder klein beigibt, das ist ein nicht so einfacher Schritt. Aber auch hier gilt die Weisheit von Papst Paul VI.: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind“.

Einheit als Erweis der Vollmacht

Von diesem Papst stammt auch die Betonung des gemeinsamen Tuns. Verkündigung oder auch nur Sprechen über den Glauben ist nie nur individuelles, sondern immer kirchliches Tun. Es findet in Gemeinschaft statt, ob die nun präsent ist oder nur Kontext.

Paul VI. zum Beispiel spricht in Evangelii Nuntiandi über die Einheit als Erweis der Vollmacht, aber auch über den Skandal des Fehlens dieser Einheit. Das betont die Wichtigkeit dieser gemeinschaftlichen Dimension. „Die Kirche entsteht aus der Evangelisierung durch Jesus und die Zwölf. Sie ist deren normales, gewolltes, ganz unmittelbares und sichtbares Ergebnis”, beides ist nicht voneinander zu trennen: Kirche ohne Verkündigung ist nicht Kirche und Reden über Jesus ohne die Kirche, die Gemeinschaft der Hörenden, gibt es nicht (Nr. 14, siehe auch Nr. 16).

Dem dient der synodale Weg, das ist letztlich der Kern dessen, was wir da vorhaben. Aber nicht nur die im Saal versammelten, sondern letztlich alle, denen Glaube und Kirche am Herzen liegen.

 

 

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Engel, Glauben, Kirche, Sprache, synodaler Weg, Verkündigung8 Kommentare zu Glauben sprechen

Blumen, Blei und Bilder: Anselm Kiefer und die Bibel

Veröffentlicht am 16. Oktober 202012. Oktober 2020
in Bildern denken Anselm Kiefer in Kochel am See

Wir sollten viel mehr in Bildern denken, wenn es um die Bibel geht. Nicht immer historisch, nicht immer moralisch, sondern eben in Bildern. Eine kleine Debatte unter Jesuiten über einem Kaffee: was heißt das denn genau, in Bildern und nicht in Moral die Bibel zu lesen? Wir haben länger und engagiert debattiert, aber nicht wirklich mit einer Lösung gerechnet.

Zum Glück gibt es dabei Hilfen. Eine davon habe ich in Kochel gefunden, im dortigen Franz Marc Museum. Dieses beherbergt zur Zeit eine Ausstellung von Werken Anselm Kiefers, „Opus Magnum“ heißt die Präsentation.

In Bildern denken

Da gibt es einiges an Skulpturen, die sich biblischen Geschichten verdanken. „Jakobsleiter“ heißt eine Vitrine, „Die fünf klugen Jungfrauen“ eine weitere, „Moses eherne Schlange“ eine dritte. Aber auch nicht streng-biblisches, sich aber den biblischen Geschichten Verdankendes findet sich: „Tagebücher der Könige von Juda“ oder „Liliths Töchter“.

Da steht man dann vor einer dieser Vitrinen, drinnen eine Kombination aus verblühten Blumen, Blei, Stein und anderen Materialien, und der Titel weist einen auf einen Zusammenhang hin. Das war es aber auch schon, mehr gibt es nicht. Dann muss ich erst einmal genau hinsehen: was ist das? Wo sind Verbindungen? Wo sehe ich was Neues? Und dann kann ich Assoziieren.

Genau hinsehen und dann assoziieren

Früher war es ja üblich, Glauben und Glaubensinhalte darzustellen. Das waren theatergleiche und sehr körperliche Darstellungen, wie etwa bei Rubens, oder leicht verkitschte Szenen sehr europäisch aussehender Menschen. Das findet man hier in Kochel überhaupt nicht. Im Gegengeil, die Titel weisen zwar in eine Richtung, legen die Geschichte aber nicht aus. Weder historisch noch moralisch. Es sind Bilder.

Die schönste Erfahrung für mich beim Besuch der Ausstellung: Die Frage, was das genau bedeute, stellte sich nie. Bedeutung ist nicht wichtig. Bilder sind es, Assoziationen, innerhalb des Werks wie auch zwischen den Werken. Das hilft auch, wenn ich die Bibel in die Hand nehme. Den Text und die Geschichte erst einmal lassen, was sie sind. Nicht sofort nach Bedeutung fragen.

Nicht immer gleich Bedeutung

Eine Hilfe ist auch, dass nicht die wohlbekannten Bilder aufgerufen werden. Wenn ich auf die klugen Jungfrauen schaue, sehe ich erst einmal verblühte Sonnenblumen. Wenn ich auf die Jakobsleiter schaue, sieht die nicht sehr vertrauenserweckend aus. Die abgestürzten Engel darunter scheinen auch der biblischen Geschichte zu widersprechen.

Aber so ist das ja zum Glück mit Bildern. Das Fremde, hier das Material und die Zusammenstellung, lassen uns anderes sehen. Die Werke sind inspiriert, sie sind keine Darstellungen. Und das sollte uns ja mit der Schrift auch gelingen: uns in unserem Leben inspirieren lassen.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kunst, Kultur und Können, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Anselm Kiefer, Bibel, Kunst, Schrift30 Kommentare zu Blumen, Blei und Bilder: Anselm Kiefer und die Bibel

Entscheiden und Unterscheiden

Veröffentlicht am 12. Oktober 202011. Oktober 2020
Zeiten von Unsicherheit Das nun erschienene Buch

Was tun in Zeiten von Unsicherheit? Eine Frage, die wir uns heute dauernd stellen. Nicht zuletzt die Debatten um den synodalen Weg, um Theologie und Vorstellungen von Kirche in unserer pluralen Welt machen das sehr deutlich. Wenn wir aber debattieren, was nun zu tun sei, gilt es einige Fallen zu beachten. Versuchungen, wie es die geistliche Sprache nennt. Und Papst Franziskus empfiehlt, zu unterscheiden, noch so ein Wort aus der geistlichen Tradition. Texte aus der Tradition des Jesuitenordens möge helfen zu verstehe, was damit gemeint ist.

„Ideen werden diskutiert, Situationen werden unterschieden.“ Das ist O-Ton Jorge Mario Bergoglio/Papst Franziskus, geschrieben in einem Vorwort zu einem Sammelband von 1987. Die Zeitschrift Civiltà Cattolica hatte den Text von Pater Bergoglio vor fast zwei Jahren neu veröffentlicht. Jetzt ist das Ganze auch auf Deutsch erschienen. Das Buch, das mit dem Text eingeleitet wurde, versammelt außer den Bergoglio-Einleitungen interessante Texte aus der Geschichte des Jesuitenordens, und dazu die Einleitung vom Pater Bergoglio.

Zeiten von Unsicherheit

An dieser Stelle habe ich darüber schon einmal geschrieben, anlässlich der deutschen Ausgabe erlaube ich mir aber eine Auffrischung.

Im Buch abgedruckt sind Briefe von zwei Generaloberen des Jesuiten-Ordens. Von Lorenzo Ricci SJ (gewählt 1758), der erleben musste, wie die Bourbonen-Könige Europas den Orden anfeindeten und schließlich erreichten, dass der Orden aufgelöst wurde. Ricci selber wurde vom Papst in der Engelsburg festgehalten und starb dort auch, ohne Prozess. Jan Roothaan SJ (gewählt 1829 nach der Wiederzulassung des Ordens) erlebte Anfeindungen des erstarkenden antikirchlichen Liberalismus gegen den Orden.

Mehr braucht man nicht wissen, Bergoglio skizziert die Situationen auch nur kurz, um dann auf den geistlichen Inhalt einzugehen. Und die Lehren für Jesuiten – und nicht nur Jesuiten – heute.

Nicht gleich das innere Schwert ergreifen

In solchen schwierigen Situationen treten immer Versuchungen auf, damit beginnt P Bergoglio. Eine Versuchung ist es, über Ideen zu streiten und damit der Ursache für den Zweifel oder die Anfeindung zu viel Macht zuzugestehen. Die beiden Jesuitengeneräle empfehlen also getreu der geistlichen Haltung des Ordensgründers Ignatius, erst mal in sich selber nachzuschauen. Der Leser soll auf die inneren Stimmen hören, statt direkt innerlich das Schwert zu ergreifen und sich gegen etwas oder jemanden zu wenden.

Auffällig sei – so Bergoglio über die Briefe und ihre Schreiber – dass nicht versucht würde, mit den Anfeindungen zu streiten. Normal wäre das Gegenteil: Man beklagt die Ungerechtigkeit und definiert sich als Opfer. Man sieht etwas Bösartiges gegen sich am Werk und dieses Gefühl bestimmt dann die eigene Reaktion. Natürlich gibt es diese Ungerechtigkeit, aber das gerät in der geistlichen Tradition nicht in den Fokus. Thema ist vielmehr die innere Verwirrung, die durch die Anfeindungen ausgelöst werden. Ich wende mich mich nicht gegen etwas oder jemanden, ich schaue erst einmal auf mich.

Innere Verwirrung

Natürlich ging es damals um Ideen, etwa im Liberalismus, der Aufklärung, der Moderne, und auch dort gibt es Irrtümer und Fehler. Aber das lassen die beiden Schreiber erst mal beiseite. Weil Ideen diskutiert werden, die Situation, in der man sich befindet, aber unterschieden wird. Hier ist es wieder, das Wort „Unterscheidung“.

Wahrheit oder Falschheit ist nicht Gegenstand einer Unterscheidung, unterschieden werden nur „Geister“ in der Sprache der Spiritualität. Also was wir innere Bewegungen, Stimmungen, Emotionen nennen würden. Hier gäbe es die von außen ausgelöste Verwirrung, und die könne man unterscheiden: woher kommt das? Was löst das in mir aus? Und dann kann man sein Verhalten danach ausrichten. Nicht als Reaktion auf die Anfeindung oder auf eine Idee, sondern auf dem aufbauend, was ich als Gottes Willen für mich erkenne.

Es geht – und hier ist Bergoglio ausdrücklich – nicht darum, eine Lösung zu finden, die mir Ruhe gibt, bzw. die mich in Ruhe lässt. In Zeiten der Unsicherheit ist Sicherheit nicht die Lösung, sondern ein Friede – auch ein innerer Friede – der von Gott her kommt. Das ist eine steile Ansage, entspricht aber ganz dem geistlichen Vorgehen, das wir auch sonst bei Papst Franziskus sehen.

Nicht Sicherheit, sondern innerer Friede

„Es ist nicht Gott gemäß, die Wahrheit auf Kosten der Barmherzigkeit zu verteidigen, und auch nicht die Barmherzigkeit auf Kosten der Wahrheit, oder ein Gleichgewicht auf Kosten beider,“ heißt es in dem Text. Das muss man sich ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen. Bergoglio buchstabiert das dann aus, man würde entweder ein wahrheitsliebender Zerstörer werden oder ein barmherziger Lügner oder ein paralysierter Verwirrter.

Zurück zur Situation, in der die Briefe spielen: Die Generaloberen sprechen auch von den Schwächen der Jesuiten, was nicht nur eine rhetorische Spielerei ist. Es geht in Zeiten der Anfeidung nämlich darum, den Willen Gottes zu suchen, durch Unterscheidung, und da gehören diese Schwächen oder Sünden und Fehler hinein. Es geht ersteinmal nicht darum, die Auslöser der Anfeindung als solche zu bekämpfen.

Wahrheitsliebender Zerstörer, barmherziger Lügner

Das Betrachten der Verwirrung, welche durch Versuchung oder Anfeindung ausgelöst wird, hat auch den Vorteil, dass ich mich selber nicht mehr in der Position des Opfers sehe. Ich schaue auf all die verschiedenen inneren Bewegungen und sehe mich nicht nur als Opfer, als ungerecht Behandelter. Das vermeidet Selbstgerechtigkeit, welche dem Blick auf den Willen Gottes immer im Weg steht.

Jorge Mario Bergoglio: Briefe in Bedrängnis. Trost in Zeiten der Not. Edition Communio, 2020

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Bergoglio, Buch, Jesuitenorden, Krise, Papst Franziskus, Tradition, Unterscheidung5 Kommentare zu Entscheiden und Unterscheiden

„Was ganz konkret und naheliegend ist“

Veröffentlicht am 8. Oktober 20208. Oktober 2020
Text für stürmische Zeiten Ort der Inspiration: Assisi

Es ist ein Text für stürmische Zeiten. Eine Pandemie, inmitten von Finanzkrisen und Schuldenspiralen, inmitten von ökologischen Desastern und globaler Erwärmung, die uns alle gefährdet: wie soll ein gläubiger Mensch darauf reagieren? Politisch, sagt Papst Franziskus. So zumindest habe ich seine neue Enzyklika in meiner ersten Betrachtung genannt.

Ich könnte auch träumerisch-realistisch sagen, das träfe es genauso. Angesichts der Stürme um uns nimmt die Tendenz zu, sich nur um sich zu kümmern. Das geschieht entweder unter dem Deckmantel des Liberalismus oder dem des Populismus. Beides beschädigt aber unsere Gewissheit, Teil einer einzigen Menschheit zu sein. Gerechtigkeit und Frieden rücken so in weite Ferne, anstatt unter möglichen Lösungen für unsere Probleme aufzutauchen (FT 30).

Text für stürmische Zeiten

Der Weg, den der Papst vorschlägt: erstens träumen, zweites ganz praktisch handeln. Beides gehört zusammen. Franziskus ist kein Träumer, der fern von der Realität Utopien verfolgt. Träume müssen sich verwirklichen lassen, sonst bleiben sie formal (FT 219). Und hier kommt nun der Samariter ins Spiel: er handelt ganz praktisch. Er tut was.

„Wir können von unten, bei einer Sache beginnen und für das kämpfen, was ganz konkret und naheliegend ist, und bis zum letzten Winkel des eigenen Landes und der ganzen Welt weitergehen – mit der gleichen Sorgfalt, mit der sich der Reisende von Samaria jeder einzelnen Wunde des verletzten Menschen annahm. Suchen wir die anderen, und nehmen wir die uns aufgetragene Wirklichkeit in die Hand, ohne Angst vor Schmerz oder Unvermögen, denn dort liegt all das Gute verborgen, das Gott in das Herz des Menschen gesät hat.“ (FT 78)

Hier wird Nächstenliebe politisch, die Welt prägend.

Politische Nächstenliebe

Aber braucht es dafür überhaupt Nächstenliebe? Reicht nicht das Recht, oder ist das Recht nicht sogar die bessere Grundlage, weil nicht auf Emotion gebaut? Das ist eine Kritik an der Enzyklika. Franziskus will aber keine abstrakte Weltordnung schaffen. Er beobachtet und benennt die Schwächen er gegenwärtigen, setzt dann aber eine Motivation dagegen. Einen inneren Motor, der allen Menschen eigen ist, wenn sie nicht um sich selber kreisen: die Geschwisterlichkeit. Das Zusammen-Gehören.

Und genau das wird für Christinnen und Christen im Samariter sichtbar. Nur so, konkret und handelnd, entsteht das „Wir“.

„Wir werden immer neu gerufen, obwohl es auch als  grundlegendes Gesetz in unser Sein eingeschrieben ist: dass die Gesellschaft sich auf den Weg macht, um das Gemeinwohl zu erstreben, und von dieser Zielsetzung her seine politische und soziale Ordnung, sein Beziehungsnetz und seinen Entwurf des  Menschen immer neu gestaltet. Mit seinen Gesten hat der barmherzige Samariter  gezeigt, dass die Existenz eines jeden von uns an die der anderen gebunden ist: das  Leben ist keine verstreichende Zeit, sondern Zeit der Begegnung.“ (FT 66)

So entsteht ein „Wir“

Und so verlässt die Nächstenliebe auch den Status einer reinen Predigt, nett und ungefährlich. Wie seit Jahren schon die Barmherzigkeit wird auch die Nächstenliebe bei Papst Franziskus weltgestaltend und praktisch. Dazu enthält die Geschichte vom Samariter auch eine deutliche Kritik an Religions-Praxis:

„Bei jenen, die vorbeigehen, gibt es eine Besonderheit, die wir nicht übersehen dürfen: Sie waren religiöse Menschen. Mehr noch, sie widmeten sich dem Gottesdienst: ein Priester und ein Levit. Das ist eine besondere Bemerkung wert: Es weist darauf hin, dass die Tatsache, an Gott zu glauben und ihn anzubeten, keine Garantie dafür ist, dass man auch lebt, wie es Gott gefällt. […] Es gibt hingegen Weisen, den Glauben so zu leben, dass er zu einer Öffnung des Herzens gegenüber den Mitmenschen führt, und dies ist Gewähr für eine echte Öffnung gegenüber Gott. Der heilige Johannes Chrysostomus hat diese Herausforderung für die Christen mit großer Klarheit zum Ausdruck gebracht: »Willst du den Leib Christi ehren? Dann übersieh nicht, dass dieser Leib nackt ist«.“ (FT 74)

Selbstkritik der Religion

Die Enzyklika will ausbuchstabieren, was das nun heißt, Nächstenliebe und Geschwisterlichkeit zu praktizieren. Das geschieht nicht von selbst Es ist auch nicht selbstverständlich, selbst wenn ‚Nächstenliebe‘ ein beliebter Predigtbegriff ist. 

Aber wo soll man anfangen? Franziskus antwortete mit einer katholischen „Sowohl-als-auch“-Strategie: träumen und konkret handeln. Und daran schließt der Papst dann die Sätze an, die vor allen anderen auch in der Kirche selber abgelehnt werden, Sätze aus der katholischen Soziallehre. Das Recht auf Privatbesitz ist nicht absolut (FT 120). Das Recht von Migranten und Flüchtlingen (FT 129). Die Ungerechtigkeit von Krieg und Todesstrafe (FT 255). Das alle bekommt seine besondere Schärfe.

Da darf und kann die Gemeinschaft der Gläubigen nicht abseits stehen. „Wir dürfen nicht alles von denen erwarten, die uns regieren; das wäre infantil. Wir genießen einen Raum der Mitverantwortung” (FT 77). Da muss auch die Kirche das Wort ergreifen:

„Aus diesen Gründen respektiert die Kirche zwar die Autonomie der Politik, beschränkt aber ihre eigene Mission nicht auf den privaten Bereich. Im Gegenteil, sie kann und darf beim Aufbau einer besseren Welt nicht abseits stehen, noch darf sie es  versäumen, die seelischen Kräfte zu wecken, die das ganze Leben der  Gesellschaft bereichern können“ (FT 276).

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Enzyklika, Fratelli Tutti, Glaube, Papst Franziskus, Politik, Samariter, Solidarität, Wirtschaft29 Kommentare zu „Was ganz konkret und naheliegend ist“

Du wirst noch Größeres sehen!

Veröffentlicht am 29. September 202029. September 2020
Der spirituelle Komparativ „Es sind die Dinge, die ihr nicht kennt, die euer Leben verändern“: Ein Plakat in Rom

Es ist der Satz, den Natanaël von Jesus zu hören bekommt. Der spirituelle Komparativ, Größeres sehen. Der Satz steht am Ende einer ganzen Kaskade von Berufungen. Johannes-Jünger sprechen Jesus an, dann erzählen die es andern weiter, und die dann wieder anderen. Das sitz ihm Kleinen die Kirchengeschichte, die Nachricht von Jesus wird weiter gegeben, und darin erklingt der Ruf des Herrn an jede und jeden.

Der spirituelle Komparativ „du wirst noch Größeres als dieses sehen“ erinnert uns daran, dass das aber nicht statisch bleibt, sondern eine Dynamik enthält. Größeres! Unsere Erfahrungen mit Gott und Glauben haben uns an einen gewissen Punkt gebracht, aber das ist nicht alles, scheint die Schriftstelle uns zu sagen.

Der spirituelle Komparativ

Dieser Satz Jesu klingt wie ein Versprechen, aber er ist auch mehr.

Das Plakat in Rom, das als Bild für diesen Beitrag dient, gibt einen Hinweis: das Größere ist nicht etwa bekannt. Es gibt kein kapitalistisches Verständnis von „immer mehr vom Selben“. Es gibt kein olympisches „höher, schneller, weiter“, dessen was wir kennen. Sondern das Größere ist im Kern unbekannt.

Unbekannt

Uns geht es wie den Aposteln. Wir wissen, wie wir hierhin gekommen sind. Aber was ist da das Größere? Die Kirche anhand der Kriterien, wie wir sie kennen? Und uns besser vorstellen?

Aber wie es dem Apostel gegangen ist, so wird es auch uns gehen: das Größere, das uns versprochen ist, ist noch unbekannt.

Der Papst spricht immer wieder vom Gott der Überraschungen, und genau das ist gemeint. Wer glaubt, zu wissen und sich auf diese seine Überzeugung zurück zieht, den nennt der Papst „in sich selber eingeschlossen“. Das sind diejenigen, die das Größere aus dem Reservoir des Bekannten hervorgehen sehen. Also letztlich aus dem Kontrollierbaren, weil wir es kennen. Gott durchbricht das durch Überraschungen, also durch ein Aufbrechen dieser Sicherheiten, die in unseren Plänen nicht vorkommen.

Nicht aus dem Reservoir des Kontrollierbaren

Die Beton-Form dieses Selbst-Einschlusses sind die Regeln und Normen, die einen gegen derlei Überraschungen absichern und im Fall eines Eintritts verteidigen sollen: „Die Norm gibt (…) die Sicherheit, sich überlegen zu fühlen, eine genaue Orientierung zu besitzen. Darin findet er seine Kraft, nicht im sanften Hauch des Geistes“, wie der Papst sagt.

Das Größere, auf das wir zugehen und zuglauben, lässt sich aber nicht einhegen. Es sind die unbekannten Dinge – so sagt das Plakat – die unser Leben ändern werden.

Ich lese dieses Jesus-Versprechen durchaus als etwas uns „Gefährdendes“. Das gehört dazu. Mein Plädoyer: keine Angst! Das kann man nicht dekretieren, aber wir können uns um innere Offenheit bemühen. Wenn wir denn wollen. Und wenn wir uns an die Seite von Natanaël stellen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Berufung, Bibel, Glaube, Jesus, Kirche20 Kommentare zu Du wirst noch Größeres sehen!

Baut nicht auf Sand!

Veröffentlicht am 23. September 202022. September 2020
angewendete Soziallehre der katholischen Kirche DER Ort der Nächstenliebe und Soziallehre: Assisi

Der Mensch lernt durch Wiederholungen. Ein pädagogisches Prinzip, dessen sich der Vatikan seit einigen Wochen wieder bedient. Es ist bekannt, dass der Papst eine Enzyklika veröffentlichen wird. Die Themen werden bis dahin schon gut vorbereitet: es ist Zeit für die aktualisierte und angewendete Soziallehre der katholischen Kirche.

Seit August etwa spricht der Papst bei den Generalaudienzen Themen der kirchlichen Soziallehre an, Auslöser ist immer die durch Corona ausgelöste oder auch sichtbar gemachte Krise. Er verbindet seine Aussagen zur Soziallehre der Kirche, wie er sie in Laudato Si’ formuliert hat, mit der aktuellen Krise: „Unsere Gesundheit hängt von der Gesundheit der Ökosysteme ab, die Gott geschaffen und die zu hüten er uns aufgetragen hat (vgl. Gen 2,15). Sie zu missbrauchen, ist eine schwere Sünde, die schadet und krank macht (vgl. LS, 8; 66)“.

Angewendete Soziallehre der katholischen Kirche

Oder eine Woche früher: „Die Krise, die wir wegen der Pandemie erleben, betrifft alle; wir können besser aus ihr herauskommen, wenn wir alle gemeinsam das Gemeinwohl suchen. … wenn die Lösungen für die Pandemie Spuren von Egoismus tragen, sei es von Menschen, Unternehmen oder Nationen, können wir vielleicht aus der Coronavirus-Pandemie herauskommen, aber sicherlich nicht aus der menschlichen und sozialen Krise, die das Virus hervorgehoben und akzentuiert hat. Seid also vorsichtig, nicht auf Sand zu bauen (vgl. Mt 7,21-27)! Um eine gesunde, alle Menschen einschließende, gerechte und friedliche Gesellschaft aufzubauen, müssen wir dies auf dem Fels des Gemeinwohls tun.“ Wir kennen unseren Papst, das ist alles schon Vorbereitung auf die Enzyklika, bzw. die Enzyklika wird diese Katechesen dann bündeln.

Aber nicht nur das: der Papst trifft sich mit Menschen, die seine Anliegen teilen. Und die Rede vor der UNO-Genertalversammlung kommt auch noch dazu. Und dann kommt dann nich ein Buch, das ein US-Amerikanischer Verlag schon angekündigt hat. Autor: Papst Franziskus. Titel: Let us dream! Alles umkreist derzeit diesen Themenkomplex, so scheint es.

Umkreisung des Themas

Den Rahmen oder die Entwicklungsspur dafür gibt der Kardinalstaatssekretär des Vatikan, Kardinal Pietro Parolin, in einem langen Interview wieder, er zieht die Linie der Sozialaussagen der Kirche von Benedikt zu Franziskus: „Benedikt sprach [Caritas in Veritate] von einer Ökonomie, in der die Logik des Gebens, das Prinzip der Unentgeltlichkeit, das nicht nur Solidarität, sondern noch tiefer menschliche Brüderlichkeit ausdrückt, Platz finden muss. Franziskus [Laudato Si’] hat das Thema der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung im Kontext einer „integralen Ökologie” wieder aufgegriffen: ökologisch, wirtschaftlich, sozial, kulturell und spirituell.“ Die Soziallehre der Kirche sei eine solide Orientierung, die sich „ständig aktualisiere“. Genau das dürfen wir wohl von der Enzyklika erwarten.

Auch in Deutschland beraten die Bischöfe gerade bei ihrer Vollversammlung unter anderem die Corona-Auswirkungen auf die Kirche und die Antworten aus dem Glauben auf die Probleme, die entstanden sind oder die sichtbar wurden. Genau an diesen Antworten versucht sich der Papst: „Die gegenwärtige Pandemie zeigt, wie sehr wir alle miteinander verbunden sind – im Schlechten wie im Guten. Daher können wir nur gemeinsam und solidarisch diese Krise überwinden. … Solidarität ist mehr als die ein oder andere großzügige Geste. Es geht dabei um eine Mentalität, eine Gesinnung des „Wir“, für die jeder Mensch gleich wichtig und wertvoll ist. Solidarität bedeutet also auch Gerechtigkeit.“

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Benedikt, Enzyklika, Laudato Si, Papst Franziskus, Soziallehre15 Kommentare zu Baut nicht auf Sand!

Synodaler Weg: Zum Beginn des Tages eine Frage

Veröffentlicht am 4. September 20204. September 2020
Ein Impuls für alle Schrift und Kreuz: Nürnberg, St Sebald

Im Anfang schuf Gott das Fragezeichen. So begann vor Jahren der Servitenpater Ermes Ronchi die Exerzitien für Papst Franziskus. Und so beginnen heute die Impulse bei den fünf Veranstaltungen des einen synodalen Weges, ein Impuls für alle. Und weil der Weg ja für alle da ist, nicht nur für die im Raum versammelten, mag ich den Impuls auch hier anbieten.

Also: Im Anfang schuf Gott das Fragezeichen. Fragen sind wichtig. Fragen – und nur Fragen – führen zu Neuem. Ein durchschnittliches vierjähriges Kind stellt angeblich über 400 Fragen am Tag, so wollen es Pädagogen in einer Studie gezählt haben. Alle Eltern mögen an dieser Stelle nicken oder seufzen.

Ein Impuls für alle

Fragen sind die Art, wie wir uns auf die Welt zu bewegen. Wir sind Fragende, Suchende. Und bleiben es auch, wenn wir uns nicht zu schnell mit dem, was ist, zufrieden geben.

Deswegen ist die Frage auch ein beliebtes Mittel Jesu, die Menschen um ihn herum auf den Weg zu Gott zu führen. Die Aussage, er lehre nur in Gleichnissen, ist so nicht ganz korrekt, so scheint es, ein Bibelwissenschaftler will 307 Fragen gezählt haben, die Jesus im Laufe der Evangelien stellt.

„Für wen haltet ihr mich?“, „Frau, warum weinst du?“, „Liebst du mich?“ oder auch „Wie viele Brote habt ihr?“

307 Fragen Jesu

Eine dieser Fragen habe ich deswegen an den Beginn des Tages gestellt:

Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und zwei seiner Jünger; und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wirst du bleiben? Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen’s und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde.

Joh 1:35-39 (Lutherübersetzung 2017)

„Was sucht ihr?“ Die Frage kann nur hören, wer nicht betäubt ist von dem, was ist. Vom Erreichten. Vom Erfolg. Vom Status.

Fragen befreien von der Selbstbeschränkung. Wir haben doch genug. Wir sind doch schon. Wir haben doch schon. Aber auch von der Selbstbeschränkung im Kleinmachen: Wir können doch nicht. Das geht doch nicht.

Deswegen zum Impuls, vor all den Debatten, einige von der Frage Jesu abgeleitete Fragen an alle Teilnehmenden und in den Gemeinden Mitmachenden:

Was sucht ihr?

Was fehlt dir?

Was suchst du?

Was ist in deiner Berufung, in deinem Christsein lebendig? Was will da weiter werden, wachsen?

Was suchst du hier, heute, bei diesem Treffen?

Und lassen wir uns von Christus fragen: „Was soll ich dir tun?“, „Was soll ich für euch tun?“

Allen Beteiligten einen geistvollen Tag!

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Frage, Gebet, Impuls, Jesus, Johannes, Kirche, synodaler Weg17 Kommentare zu Synodaler Weg: Zum Beginn des Tages eine Frage

Synodaler Weg und Corona: Wir müssen reden

Veröffentlicht am 1. September 202029. August 2020
Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen Dieses Mal nicht in Frankfurt, sondern an 5 Orten: der synodale Weg. Foto: Januar vor der ersten Vollversammlung

Es geht auch um Corona. In der kommenden Woche treffen sich die Regionalkonferenzen des synodalen Wegs, und das erste Thema wird „Die Corona-Pandemie – Herausforderungen für den synodalen Weg“ sein. Das ist gut so, die Erschütterungen durch die Pandemie sind massiv, darüber müssen wir reden. Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen.

Die Debatte soll durch ein Impulspapier angeregt werden, das im Internet zu lesen ist. Die Seite katholisch.de fand das aber wohl nicht wirklich interessant, das einzige, was gemeldet wurde, ist dass es um Digitalisierung gehe.

Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen

Ist das alles? Kann das alles sein? Nein, es geht um mehr. Die Herder-Korrespondenz macht es in der aktuellen Ausgabe vor, hier wird die Frage nach Gott und nach unserem Gottesbild gestellt, nichts weniger als das. Ich muss gestehen, dass mir das in dem Impuls-Papier fehlt. Natürlich hat das die Aufgabe, Corona auf den synodalen Weg hin zu reflektieren, aber ist das nicht etwas eng gedacht?

Mir fehlt die Erschütterung. Die Unsicherheit und die Sprachlosigkeit angesichts einer Pandemie, welche das Leben von so vielen Menschen schwer beeinträchtigt hat und noch beeinträchtigen wird. Die Erschütterung ist spürbar, sie macht sich Luft in Protesten, in Sorgen, in Angst.

Unruhe!

Das betrifft auch die Kirche. Angesichts einer Pleitewelle und den sozialen Erschütterungen bei uns, vom Rest der Welt ganz zu schweigen, nur von Digitalisierung und Kirchenreform zu sprechen, reicht mir nicht aus.

Corona hat uns unruhig gemacht. Unsere normalen religiösen Antworten passen nicht mehr. Und das gilt auch für die Reform-Debatten. Das meint nicht die reine Emotion, die Betroffenheit, wie wir es im Pastoral-Deutsch gerne nennen. Die Erschütterungen gehen tiefer. Wie tief und mit welchen Auswirkungen, das müssen wir noch ergründen, und genau dazu helfen solche Formate wie die Regionalkonferenzen.

Corona ist mehr als die Bestätigung des einmal eingeschlagenen Wegs. Corona stellt Fragen an uns, an unsere Weise Kirche zu sein, an unsere innerkirchlichen Gespräche und Debatten. Ich hoffe, dass das am Freitag in den Regionalkonferenzen Thema wird. Corona sagt uns “Weiter so” reicht nicht aus.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Corona, Glaube, Kirche, Reform, synodaler Weg31 Kommentare zu Synodaler Weg und Corona: Wir müssen reden

Christen der Zukunft

Veröffentlicht am 27. August 20202. August 2020
Das unmittelbare Gottesverhältnis Nikolaikirche, Berlin

„Das Erste und Wesentliche, was auch die Frömmigkeit von morgen bestimmen muss, ist das persönliche unmittelbare Gottesverhältnis.“ Ein Satz Karl Rahners aus seinem Artikel über die Zukunft des gelebten christlichen Glaubens, den Mystiker. Alle Reform, alle Veränderung, alle Tradition wird bestimmt durch den Blick auf Gott, direkt, unverstellt.

Das ist gar nicht so selbstverständlich, wie es zunächst klingt. Wir reden viel zu sehr über Sekundäres. Über Kirche, über Struktur, über Entscheidungen. Das ist nicht unwichtig, aber eben sekundär. Folgen wir Rahner, dann muss sich alles über die Frage nach Gott und das persönliche Gottesverhältnis bestimmen.

Das unmittelbare Gottesverhältnis

Nehmen wir den synodalen Weg: wie schwer ist es hier, aus den etablierten Debatten und Text-Diskussionen heraus zu kommen! Es soll ein geistlicher Weg sein, wurde und wird immer wieder betont. Aber es bleibt ein Ringen, diese Dimension tatsächlich unterzubringen. Damit will ich niemanden die Absicht oder Spiritualität absprechen, überhaupt nicht. Aber die Dynamiken der Debatte haben eben bei uns eine lange Tradition und damit eine eigene Kraft.

Um so wichtiger ist es, die Mahnung Rahners, der Fromme von morgen werde ein „Mystiker sein, einer der etwas „erfahren“ hat, oder er werde nicht mehr sein, ernst zu nehmen. Der Glaube ist nicht mehr selbstverständlich. Der Glaube ist nichts selbstverständliches, überpersonales mehr, das sich im soziologischen „Milieu“ manifestiert. Für Glauben ist jeder und jede selber verantwortlich.

Ein geistlicher Weg

Rahner verlegt aber in seinen Gedanken das Christliche nicht ausschließlich in eine rein geistig missverstandene Mystik, jeder und jede für sich mit Gott und so. Es geht ihm genauso um das Handeln, die „Welttat“, wie es in seiner manchmal uns eigenartig vorkommenden Sprache lautet. Um ein redliches uns verantwortetes Leben vor Gott und den Nächsten.

Dass diese beiden Dimensionen, das Gottesverhältnis und das Handeln, keineswegs veraltet sind, zeigen auch die Diskussionen um die Kirche und den Glauben heute: „Das Tun des Guten und die Bereitschaft, an geeigneter Stelle auch seine geistlichen Quellgründe offenzulegen, dürfte die wirksamste Antwort auf die Glaubenskrise sein.“

Neue Aszese

Und dann ist da noch die dritte Dimension des „Frommen von morgen“, des gelebten Glaubens: die „Neue Aszese“. Nun ist das ein Wort, dass fast ins Vergessen gerutscht ist. Früher war sie – so Rahner – die „geduldig getane Hinnahme der Kärglichkeit und Mühsal des Lebens“.

Das ist nicht mehr unsere Welt. Und das liegt auch daran, dass die Welt sich geändert hat, das ist kein Vorwurf an die Menschen heute. Wir leben nicht mehr in einer Welt, in der uns alles vorgegeben ist, sondern wir machen unsere Welt. Im Guten wie im Schlechten.

Selbstbeschränkung ist gefragt

Aszese heute bedeutet also eine Selbstbeschränkung mit Blick auf all die Macht der Welt gegenüber. Rahner wusste noch nicht, wie dramatisch die Macht der Menschen – einiger Menschen – die Welt in Sachen Umweltzerstörung prägen würde, aber ich kann an dieser Stelle nicht anders, als zum Beispiel genau daran zu denken.

Hier ist Aszese kein duldendes Hinnehmen mehr, sondern eine bewusste, frei gesetzte und im Glauben verantwortete Haltung der Welt gegenüber. Und zwar eine Beschränkung. Eine „solche neue Aszese gehört zur christlichen Frömmigkeit von morgen“, so Rahner.

Viele Frömmigkeiten

Drei Blicke vom Ende des Konzils her auf das gelebte Christsein der Zukunft, also auch auf uns. Zur Abrundung betont Karl Rahner noch einen weiteren Punkt: „Es wird in der Zukunft viele Stile christlicher Frömmigkeit geben. Das  gilt einfach auch deshalb, weil der Mensch, trotz der Massengesellschaft, schon im Weltlichen viel mehr und viel unterschiedlichere Lebensweisen als früher entwickeln kann“.

Auch das etwas, was bei Papst Franziskus und vielen anderen vorkommt, wenn wir von Verschiedenheit in Einheit sprechen. Und wahrscheinlich wird das die größte der Herausforderungen sein: sich nicht gegenseitig die „Frömmigkeit“ – um Rahners Wort zu benutzen – abzusprechen, sondern die Vielgestaltigkeit zu akzeptieren.

Das gelebte Christsein von morgen ist kein einheitliches. Wenn es in der persönlichen und direkten Gottesbegegnung gründet, kann es das auch gar nicht. Und doch gilt, dass das gut so ist. Nur einfach ist es nicht.

 

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… wird ein Mystiker sein

Veröffentlicht am 24. August 20202. August 2020
Christsein und Kirche-Sein Nikolaikirche, Berlin

Wer sich mit Kirche befasst, kann das halbe Zitat aus dem Titel automatisch füllen. Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein. so wird der Theologe Karl Rahner SJ zitiert. Die Art, Christsein und Kirche-Sein zu leben, bekommt durch dieses Zitat einen Vektor, eine Richtung. Und sie bekommt eine Kategorie, an der beide messbar sein werden, so scheint uns das Zitat zu sagen.

Nun ist das Wort „Mystiker“ ja besetzt. Wir vermuten zu wissen, was gemeint ist und vermuten auch, dass wir alle ungefähr dieselbe Vorstellung haben. Und deswegen gehen wir mit diesem Zitat etwas fahrlässig um.

Christsein und Kirche-Sein

Mystik, das hat den Klang des Individuellen, der direkten Verbindung mit Gott, ohne Lehr-Sätze. Eine auf persönliche Gotteserfahrung und nur auf diese bauender Glaube scheint anzuklingen.

Spätestens ein Zitat von Papst Franziskus kann daran etwas rütteln: „Heute (..) spüren wir die Herausforderung, die „Mystik“ zu entdecken und weiterzugeben, die darin liegt, zusammen zu leben, uns unter die anderen zu mischen, einander zu begegnen, uns in den Armen zu halten, uns anzulehnen, teilzuhaben an dieser etwas chaotischen Menge, die sich in eine wahre Erfahrung von Geschwisterlichkeit verwandeln kann, in eine solidarische Karawane, in eine heilige Wallfahrt.“ (EG 87)

Chaotische Menge, solidarische Karawane

Mystik ist hier etwas anderes als das vermutete Individuelle, ganz Persönliche. Und doch nimmt es in Anspruch, Mystik zu sein. Und der Papst führt das auch weiter, in seinem Schreiben „Gaudete et Exsultate“: „(aus der Gemeinschaft) erwachsen auch echte mystische und in Gemeinschaft gelebte Erfahrungen“ (GE 142). Da ist Mystik eben nicht aufs Persönliche und Gott-direkte reduziert, sondern öffnet sich für andere Glaubende.

Helfen uns Rahner und sein Zitat also überhaupt weiter? Das tun sie, meine ich. Vor allem dann, wann man sich genauer anschaut, was Rahner mit seinem Ausdruck gemeint hat. Und dazu schlage ich vor, den Artikel von 1966 noch einmal zu lesen, in dem das vorkommt. Erschienen ist er in der Zeitschrift Geist und Leben unter dem Titel „Frömmigkeit heute und morgen“.

„Frömmigkeit heute und morgen“

Und da sind wir schon bei der ersten Auffälligkeit. Rahner sagt gar nicht „der Christ von morgen …“, in dem Artikel sagt er „der Fromme von morgen …“. Das vollständige Zitat lautet: „Der Fromme von morgen wird ein „Mystiker” sein, einer der etwas „erfahren” hat, oder er wird nicht mehr sein.”

Das Erste, was auffällt: es geht darum, wie Christsein morgen gelebt werden kann. Was Rahner da „der Fromme” nennt, oder weiter gefasst die „Frömmigkeit”, um die es geht, meint ja nichts anderes als den gelebten Glauben. Und das Zweite: es geht tatsächlich um Erfahrung des Glaubens, um Gotteserfahrung, da passt das zum Thema Mystik wie oben beschrieben, aber auch wie vom Papst formuliert.

Gelebter Glaube

Der Artikel macht auf mit dem Bezug zum Zweiten Vatikanischen Konzil, das bei Erscheinen des Artikels erst zehn Monate in der Vergangenheit lag. Der Ankerpunkt der Überlegungen ist also die Frage nach Erneuerung von Glaube und Kirche. Nicht nach Struktur, sondern nach dem Kern. Es könne kein Zweifel bestehen daran, dass die Kirche in Unruhe sei, beginnt der Text.

Wobei sich schon in seinen Überlegungen von damals unsere Probleme heute abzeichnen: wir seien uns über die Unruhe einig, „selbst wenn viele vielleicht nur darüber besorgt sind, dass andere „keine Ruhe geben”, wieder andere aber gerade wünschen, daß diese Unruhe größer sei, als sie ist.” Es gibt also verschiedene Formen der Unruhe.

Ausgangslage: Unruhe

Das Wort „Unruhe” wiederum lädt einmal mehr dazu ein, den Papst zu Rate zu ziehen, denn für Franziskus ist diese Unruhe ja etwas prinzipiell Gutes. Auch für Karl Rahner SJ ist der Ausgangspunkt ein guter, denn ohne das Konzil und die dadurch ausgelöste Unruhe wäre es ja nicht besser gewesen.

„Wer (die Unruhe) dem Konzil zum Vorwurf machen wollte, muss sich ernstlich fragen, ob er wünschen kann, dass die Kirche diese Kenntnisnahme ihrer wahren Situation noch ein paar Jahrzehnte – länger hätte es gewiß nicht gehen können – hinausgeschoben hätte und dann erst, aber noch viel radikaler als jetzt, in die „Krise” geraten wäre, die jetzt tatsächlich gegeben ist.“ Das ist Rahner-Sprech und kommt sprachlich fremd daher, passt inhaltlich aber auch noch heute. Das Prophetische dieses Artikels gilt auch jetzt, denn die ausgelöste(n) Unruhe(n) sind ja noch nicht vorbei.

Die Krise von heute

Hier, bei der Unruhe, setzt Rahner mit seinen Überlegungen an, „die Frage, die wir stellen, heißt also: Wie sieht die nachkonziliare Frömmigkeit von morgen aus?“ Sie braucht eine schöpferische Unruhe, greift Rahner noch mal den Ausgangspunkt auf.

Wichtig: Frömmigkeit oder auch modern gesprochen ‚Spiritualität‘ (ein Wort, was in dem Artikel bei Rahner nur ein mal vorkommt und das auch in Anführungszeichen, ein Zeichen der Veränderung unserer Sprache): das gibt es nicht im Singular. Oder als Einheitlichkeit. Es gibt nicht DIE Frömmigkeit, ein Maß an dem alles zu messen wäre. Da ist Rahner eindeutig.

Das Erbe und das Neue

Bevor er auf einzelne Dimensionen dieser Frömmigkeit eingeht, betont er die Balance zwischen Erbe und Neuem. Beides ist ihm wichtig und er warnt geradezu davor, das eine gegen das andere auszuspielen. Schmunzelnd darf ich Rahner noch mal zitieren: „Identität innerhalb des geschichtlichen Wandels zwischen alter und neuer Frömmigkeit besagt zunächst einmal eine Selbigkeit durch Bewahrung eines geschichtlichen Erbes in seiner Faktizität.“ Schmunzelnd deswegen, weil das nun wirklich eine Sprache ist, die ihr Alter verrät.

Es geht um ein „lebendiges Verhältnis zur Vergangenheit“, wie er verständlicher sagt. Das klingt selbstverständlich, war es aber in der wilden Phase direkt nach dem Konzil ebensowenig wie heute, die einen reklamieren das Neue für sich, die anderen die Tradition, beides ist verkürzt und verkürzend.

Gewohnheiten des Glaubens

Und noch ein wichtiger Punkt, bevor Rahner auf die einzelnen Dimensionen der Spiritualität von morgen eingeht: er nennt es die „inkarnatorische Kraft der christlichen Frömmigkeit“. Das Ausbilden von Gewohnheiten, von Institutionellem, von Form und Gestalt. „Man findet komplizierteste Yoga-Techniken sinnvoll und betrachtet alte christliche meditative Gebetsweisen, wie z. B. den Rosenkranz, als unmodern. Warum eigentlich?“

Es geht dabei nicht um das Festhalten an Formen, die nicht mehr die unseren sind. „All dieses Institutionelle der christlichen Frömmigkeit unterliegt vielfältigem Wandel. Gott sei Dank, dass es diesen Wandel gibt,“ so Rahner. Aber dabei dürfen wir eben nicht die Vorstellung von Gewohnheiten und Formen an sich über Bord gehen lassen.

Das ist die Basis. Danach geht es Rahner um drei Punkte, die ich in einem kommenden Post genauer anschauen möchte: um das persönliche und unmittelbare Gottesverhältnis – was ja das Wort Mystik legitimiert – es geht ihm um das Handeln als Teil des gelebten Glaubens und um eine „Neue Aszese“, wie er es nennt.

Aber schon in den vorausgeschickten Gedanken wird klar, in welche Richtung seine Mystik geht.

 

 

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