Über Kirche zu sprechen ist gefährlich. Es besteht immer die Versuchung, der Institution zu großes Gewicht zu geben. Vor allem bei Leuten, denen die Kirche wichtig ist. Es ist die Versuchung, Kirche und Glauben gleich zu setzen. Trotzdem oder vielleicht deswegen kennt die Tradition die „Regeln, mit der Kirche zu fühlen“. Das berühmte „Sentire cum Ecclesia“. Wobei das „sentire” gar nicht einfach zu übersetzen ist, ein „Gespür haben“ kommt dem wohl am nächsten.
„Regeln, mit der Kirche zu fühlen“
Genau diese Regeln nahm sich Papst Franziskus in Panamá vor, in seiner Ansprache vor den Bischöfen Zentralamerikas. Der Anlass: „Sentire cum Ecclesia“ steht auch auf dem Grabstein von Oscar Romero, es war sein Bischofsmotto. So nahm er sich also in der Ansprache diese Regeln vor, genauer die Exerzitien-Regeln des Ignatius von Loyola, gelesen durch eine Romero-Brille.
Bei Ignatius soll man viel loben: lange Gebete, Messfeiern, Enthaltsamkeit, Gelübde, Reliquien und so weiter und so weiter. Loben heißt hier aber nicht nur Lippenbekenntnis für die Tradition, sondern ist bei Ignatius auch immer eine Haltung, etwas Innerliches. Man soll dafür sein.
Man darf dabei nicht vergessen, dass die Liste der Regeln all das aufzählt, was zur Zeit der Entstehung der Exerzitien im 16. Jahrhundert unter Beschuss war (Stichwort: Reformation) bzw. was von allerlei Missbrauch verformt war. In all dem war eben nicht so sehr Glaube und Christus sichtbar als vielmehr „Mundanität“, verweltlichte Kirche. Das soll man laut dieser Regeln also loben, so Ignatius.
Kein Kritikverbot
Damit will er aber nicht etwa einen historisch-kulturellen Stillstand generieren. Es soll nicht eine historische Situation eingefroren werden. Es sollen auch nicht Fehlformen des Glaubenslebens einfach für gut erklärt und über die Wirklichkeit hinweg geschaut werden. Ganz und gar nicht.
Die Regeln sind auch kein Kritikverbot. Wenn man die Briefe Ignatius liest, dann findet man da sehr viel Kritik. Immerhin hat sich auch die Inquisition für Ignatius interessiert, einige Male wurde er von ihr vernommen, bestimmt nicht weil er viel zu unkritisch war.
Die größte Gefahr allerdings ist es, diese Regeln nicht für anzuwenden, sondern gegen. Sie also zum Maßstab zum Richten des Verhaltens Anderer zu nehmen. Gibt es ja auch hier im Blog, bei den Kommentaren: ich lobe und halte mich an die Sätze der Kirche und darf deswegen urteilen und verurteilen. So läuft die verquere Logik.
Kein Mittel zur Selbstrechtfertigung
Die Regeln haben aber ihren Platz in den Exerzitien, sie sind also eine Übung, für den Übenden, nicht zur Selbstrechtfertigung gegen andere. Und genau so versteht sie auch der Papst in seiner Ansprache:
„Wenn der heilige Ignatius von Loyola die Regeln für das „Sentire cum Ecclesia“ vorschlägt (..), versucht er, dem Exerzitanten dabei zu helfen, jegliche Art von falschen Dichotomien oder Gegensätzen zu überwinden, die das Leben des Geistes auf die gewöhnlich auftretende Versuchung reduzieren, das Wort Gottes dem Eigeninteresse anzupassen.“
Die Übung dient also zur Überwindung festgesetzter Interpretationsmuster in Sachen Kirche, in denen sich der Einzelne gerne mit guten Noten versieht. Da muss man heraus, um die Übung richtig machen zu können.
Teil einer Gemeinschaft
Und noch ein zweiter Punkt ist wichtig, so der Papst. Nur so – in der Überwindung dieser falschen Dichotomien – könne man sich als Teil einer Gemeinschaft erfahren, die den Auftrag hat, die Botschaft Jesu weiter zu geben. Das passt zu der Predigt vom 31. Juli 2013, die ich weiter oben schon verlinkt habe
„Zur Zentralität Christi gehört auch die Zentralität der Kirche: Es sind zwei Fokusse, die nicht voneinander trennbar sind: ich kann Christus nicht nachfolgen, wenn ich es nicht in der Kirche und mit der Kirche tue.”
Noch ein zweiter Punkt aus der Papstansprache, der für unseren Umgang mit Kirche und für das Gespür mit der Kirche wichtig ist: sie ist Volk Gottes. Dieses Gewicht welches das Konzil der Kirche gegeben hat sei für Romero entscheidend gewesen, und es müsse es auch für die Glaubenden heute sein.
„Denn der Herr wollte uns nicht einzeln und ohne Verbindung retten, sondern wollte uns zu einem Volk machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll“. (vgl. Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 9)
Kirche ist nicht abstrakt
Das ist natürlich ganz biblisch, im Alten Testament ist „Volk“ eine ganz zentrale Kategorie, es ist der Ort des Glaubens und der Befreiung. Aber es ist eben auch der Hinweis auf das Konkrete. Kirche ist kein Abstraktum, es geht nicht um eine Institution, sondern um Menschen. Und das meint der Papst nicht soziologisch:
„In der Kirche lebt Christus unter uns, und sie muss daher demütig und arm sein, da eine hochmütige Kirche, eine Kirche voller Stolz, eine sich selbst genügende Kirche nicht die Kirche der Kenosis (Menschwerdung, Selbstentäußerung Jesu) ist.”
Dass muss auch unser Sprechen und Denken über Kirche prägen. Ein Gespür für die Kirche haben kann eben nicht bedeuten, sich zu Urteilen über andere aufzuschwingen. Oder um es mit Paulus zu sagen, wie sollen Diener der Freude anderer sein und nicht Herren über deren Glauben.
“Die größte Gefahr allerdings ist es, diese Regeln nicht für anzuwenden, sondern gegen. Sie also zum Maßstab zum Richten des Verhaltens Anderer zu nehmen. Gibt es ja auch hier im Blog, bei den Kommentaren: ich lobe und halte mich an die Sätze der Kirche und darf deswegen urteilen und verurteilen. So läuft die verquere Logik.”
Sie machen sich es etwas einfach, wenn Sie pauschal solche Kommentare so abstempeln.
Das kann auch – der im Ton vielleicht misslungen – Versuch sein, den Weisungen von Jesus nach Mt 18, 15-17 nachzukommen:
https://www.bistum-trier.de/heiliges-jahr-der-barmherzigkeit/2-mal-7-werke-der-barmherzigkeit/die-geistigen-werke/suenderinnen-zurechtweisen/
“Jeder Mensch ist für sein Tun selbst verantwortlich. Wenn ich aber sehe, dass jemand sich in seine bösen Taten verrennt, habe ich letztlich die Pflicht, ihn zurechtzuweisen, und zu versuchen, ihn von seinen bösen Taten abzubringen. Das ist eine zugegebenermaßen schwierige Aufgabe. Ich will und darf mich auch nicht als Richter über einen andern erheben. Dennoch habe ich auch eine Verantwortung für den Mitmenschen. Darauf weist Jesus im Matthäus-Evangelium hin: „Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurück gewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner (Mt 18, 15-17).”
Meiner Ansicht nach gibt es in innerchristlichen Debatten oft eine Immunierung gegen Zurechtweisung gerade dadurch, indem darauf abgestellt wird, dass doch der andere etwas falsch mache, indem er sich zum Richter aufschwingt (daraus wird dann noch irgendwie fehlerhaft gefolgert, dass deshalb die Kritik des anderen nicht mehr zu interessieren braucht; was unlogisch ist; selbst wenn sich jemand in Worten unzulässig zum Richter über mich aufschwingt, kann der Anlass seines Angriffs trotzdem einen berechtigten Kern haben, denn ggf. mache ich ja wirklich was falsch)..
Ferner wird meinem Eindruck nach der Einwand, man möge sich doch nicht zum Richter über andere aufschwingen, sehr einseitig verwendet; also z. B. gerne dann, wenn einer diese oder jene Sünde beim Thema Sexualität thematisiert oder diese oder jene “Flexibilität” beim Umgang mit den Sakramenten oder dieses oder jenes Unterlassen des Verkündens von auf den ersten Blick “unmodern” wirkenden Teilen der Botschaft Jesu; da ist der Kritik vorbringende ganz schnell der in verwerflicher Weise richtende (dessen Kritik man dann selbstverständlich in die Rundablage legt).
Aber z. B. eher selten, wenn Christen auf der falschen Demo mitmachen oder ihren Amtssitz nach dem eigenen Glauben dekorieren; die werden dann öffentlich von einem Bischof angegriffen oder der Bischof unterstellt gar explizit “unchristliches” Verhalten; und derselbe Bischof hat dann vielleicht ein paar Monate davor oder danach noch davon geredet oder gar gepredigt, dass man doch nicht so urteilend sein soll, etc.
Da würde man gerne im Detail mal nachfragen, wie das passieren kann, dass seine öffentliche Kritik aber nicht verurteilend ist, sondern legitimes christliches Zurechtweisen, aber zufälligerweise andere immer nur richtend in seinen Augen sind.
Ich persönlich versuche immer darüber hinweg zu sehen, wenn jemand anders mir als Richter gegenübertritt; und versuche mich darauf zu konzentrieren, ob ich nicht wirklich etwas falsch mache, was dem anderen erst den Anlaß für sein Fehlverhalten geliefert hat; denn wenn ich das abstelle, dann fällt es dem anderen auch leichter sein Fehlverhalten abzustellen.
Zum zweiten Teil Ihres Beitrags: das klingt irgendwie beleidigt, das träfe immer nur die einen, selten die anderen. Das ist in meiner Wahrnehmung aber ganz anders, das gibt es in allen Farben und Formen.
Und Sie vermischen auch die Frage nach Kritik und Richten. Es gibt das Werk der Barmherzigkeit, Sünder zurecht zu weisen. Hier geht es darum, Menschen zu helfen, falsche Wege zu erkennen und zu verlassen. Das ist aber etwas ganz anderes als das Richten. Ein Richter spricht mit Mandat, er spricht aus einer Rolle, der des Gesetzes. Ein Richter handelt als Amt, nicht als Person. Und so wird aus dem Richten er Anspruch, andere beurteilen zu dürfen, ohne sich selber in den Diskurs einzubringen. Ohne zu debattieren. Ohne sich selber Nachfragen oder Anfragen stellen zu müssen.
“das klingt irgendwie beleidigt”
Soll es eigentlich, da ich nur versuche, eine Wahrnehmung meinerseits wiederzugeben.
“Das ist in meiner Wahrnehmung aber ganz anders”
Glaube ich Ihnen. Ich sehe aber nicht, wie man die eine oder andere Wahrnehmung belegen kann. Ist ja nicht so, dass man in 100% der Fälle sofort mit vorwurfsvollen Fragen in Großbuchstaben angegangen wird, wenn man quasi aus “Traditionssicher” etwas kritisiert.
“Und Sie vermischen auch die Frage nach Kritik und Richten.”
Mir geht es aber darum, dass man nicht immer gut erkennen kann, ob jemand gerade das eine oder das andere machen will und auch macht.
Da kann ich auf reichhaltige Erfahrung zurückblicken, dass man mir immer wieder vorwirft, ich würde richten; und meist daneben liegt; kann ich deshalb sagen, weil ich den “Richter” in mir kenne und der schlägt ganz andere Töne an, wenn er mal zu Wort kommt.
“andere beurteilen zu dürfen, ohne sich selber in den Diskurs einzubringen. Ohne zu debattieren. Ohne sich selber Nachfragen oder Anfragen stellen zu müssen.”
Da haben Sie recht, wenn jemand die Debatte darüber verweigert und nicht seine Position weiter begründen mag auf Nachfrage, dann ist das eher richten denn ermahnen.
Upps, da fehlt ein nicht:
“Soll es eigentlich (!)nicht(!), da ich nur versuche, eine Wahrnehmung meinerseits wiederzugeben.”
Ein ganz persönliches praktisches Beispiel, bei dem ich selber etwas unterlassen habe, weil ich erwartete, dass man mir ohnehin nur vorwerfen würde, über andere zu urteilen.
Ich selber versuche die Regel einzuhalten, dass ich nur zur Kommunion gehe, wenn ich denn gerade “würdig” sein könnte; was das genau heißt, weiß ich zwar nicht sicher; aber z. B. ist es mir letztens passiert, 2 Sonntage nicht zur Messe zu gehen; hatte zwar vielleicht legitime Gründe, aber eher so Graubereich (waren die anderen Pflichten wirklcih wichtig genug? Habe ich mich wirklich genug bemüht, Kollissionen mit den mehreren zur Verfügung stehenden samstäglichen udn sonntäglichen Terminen zu meiden? Weiß ich nicht so genau); dann endlich wieder geschafft, aber nicht vorher bei Beichte gewesen und: Du Volltrottel!!!! Messe wurde doch von 11 Uhr auf 10:30 Uhr vorverlegt; warum hast du das vergessen?
Ergo, beim Betreten der Kirche während der Predigt beschlossen, dass das mit dem “würdig” heute vielleicht nicht so richtig geklappt hat und dann halt nicht nach vorne gegangen.
Also eine Regel, die ich selber versuche einzuhalten.
Und nun zu der Situation, wo ich dann flugs ein “richtender Pharisäer” gewesen wäre; Jahr 2014 oder 2015 oder 2016, also noch lange vor den Debatten über Weiterentwicklung der Regeln über Kommunionempfang bei gemischt konfessionellen Ehen.
Ich war auf Reise, habe aber am Sonntagmorgen Messe besuchen können, Internet sei Dank, denn da findet man ja, wo und wann Messe ist. Der Priester hat dann gleich zu Beginn der Messe die evangelischen Mitbrüder und -schwestern begrüßt und etwas über die schon lange andauernden ökumenischen Aktivitäten gesagt und dass eine solche gemeinsame Feier jahrweise abwechselnd mal in einer evangelischen Kirche und dieses Jahr halt wieder in der katholischen. Ok, soweit so nett.
Und hat dann alle zu der ökumenischen Messfeier begrüßt. Ok, “ökumenische Messfeier”, es gibt halt manch lokale Besonderheiten, als Durchreisender muss man damit leben.
Vor der Kommunion hat er dann alle, die sich “würdig fühlen” dazu eingeladen, die Kommunion zu empfangen; die Einladung richtete sich ersichtlich an alle Anwesenden, also auch an die anwesenden evangelischen Christen; nicht nur an die gemischtkonfessionellen Eheleute, sondern an alle. Ausführungen, was “würdig fühlen” denn heißen könnte, wann man ggf. würdig ist und wann nicht und dass hierzu ab und an mal eine Beichte bei einem katholischen Priester hilfreich sein kann, ersparte er sich.
Ich habe ihn nach der Messe unter 4 Augen gefragt, was es damit auf sich hat, da ich das aus meiner Heimatgemeinde nicht kenne. Seine Antwort war im Endeffekt, dass eben noch nicht alle Gemeinden soweit sind und sie hier eben etwas weiter sind; er hat auch angedeutet, dass sein Bischof Bescheid wüsste und kein Problem damit hat.
Klarerweise hat dieser Priester gegen Kirchenrecht verstoßen; ggf. war es sogar eine Sünde gegenüber Jesus, denn die Kirche lehrt ja klar, dass sein Leib nicht einfach so jedem gegeben werden sollte, denn siehe Paulus, entsprechender Brief.
Hätte ich also eine brüderliche Zurechtweisung aka Brief an seinen Bischof versuchen sollen? Immerhin sagt ja Bistum Trier, dass ich eine Pflicht hätte, wenn ich sehe, dass sich jemand verrannt hat; und dieser Priester war völliger Gewissheit, dass es absolut unproblematisch sei, jeden zum Kommunionempfang einzuladen ohne irgendwelche weitergehenden Erläuterungen; wenn daran also was sündhaft war, war er verrannt.
Habs aber nicht gemacht; denn ich wäre ohnehin nur als einer abgestempelt worden, der doch selbstherrlich richtet, etc.
Gab aber noch einen anderen Grund: wer mutmasslich die anwesenden evangelischen Christen waren, war gut erkennbar; die saßen nicht in der ersten Reihe und haben sich nicht bei der Wandlung hingekniet; und von denen ist keiner nach vorne gegangen.
Da die evanglischen Christen größtenteils es unterlassen haben, auf die Einladung einzugehen ist das seltsame Verhalten des Priesters wohl hoffentlich im Endeffekt nicht so problematisch, denn die Einsicht, die dem Priester fehlte, war ja immerhin in gewissem Sinne bei den evangelischen Mitchristen vorhanden.
Aber was soll das, das man immer gleich fürchten muss, als veurteilend abgestempelt zu werden, weil man etwas oder jemanden von Geboten, Tradition und Regeln der Kirche her kritisiert?
Ich versteh eines nicht: Haben SIE sich für würdig gehalten? Sind SIE zur Kommunion gegangen?
Und wenn ja, haben Sie verstehen können, was Jesus meint, wenn er alle zu sich lädt?
Alles andere ist doch in der Gemeinde in der Sie zu Gast waren in guten und verantwortungsvollen Händen.
Fragen sollen beantwortet werden:
“Haben SIE sich für würdig gehalten?”
Nein.
“Sind SIE zur Kommunion gegangen?”
Nein (außer meine Erinnerung spielt mir einen bösen Streich).
“Und wenn ja, haben Sie verstehen können, was Jesus meint, wenn er alle zu sich lädt?”
Erübrigt sich eigentlich, da vorherige Antwort Nein; jedoch nein, ich kann es nicht verstehen, alleine schon da in Punkto Verständnis göttlicher Pläne immer noch ssehr, sehr viel Luft zwischen mir und Jesus ist. Ist also normal, dass ich seine Worte nicht richtig verstehe.
Was sollen die Fragen?
Was würde sich ändern, wenn meine Antwort Ja, Ja, Ja oder Ja, Nein, Nein oder Ja, Nein, Ja oder Ja, Ja, Nein oder Nein, Ja, Nein oder irgendeine andere Permutation gewesen wäre? Was würde das an meiner Behauptung ändern, dass man oft präventiv als verurteilend abgestempelt, wenn man “liberale” Kirchenpraxis kritisiert?
Erkennen Sie eigentlich die Ironie, wenn ich einen Post mache ala “Aber was soll das, das man immer gleich fürchten muss, als veurteilend abgestempelt zu werden, weil man etwas oder jemanden von Geboten, Tradition und Regeln der Kirche her kritisiert?” uns Sie reagieren mir scharfen Nachfragen unteer Nutzung von GROßBUCHSTABEN?
Und verstehen Sie diese Aussage meinerseits:
QED
?
Was die Fragen sollen?
Nun, wenn Sie sich um Ihre Würdigkeit kümmern, haben Sie doch genug zu tun. Dann sind all die anderen Gedanken darüber was in der Gemeine falsch läuft oder falsch laufen könnte überflüssig.
Das ist letztlich die Sache mit dem Splitter und dem Balken. Kenn ich ja bei mir auch. Die Splitter, die ich meine in den Augen der anderen zu finden sind, meiner Erfahrung nach, meist vom gleichen Holz wie der Balken in meinem Auge oder wie das Brett vor meinem Kopf.
Zur Kenntnis genommen, dass Sie sich dazu berufen fühlen, mir Fragen zu stellen und Antworten zu erwarten, aber selber den Großteil der zurückgestellten Fragen nicht beantworten mögen (4 von 5 Fragen nicht beantwortet).
“Kenn ich ja bei mir auch.”
a) Wenn Sie zu oft auf den Splitter bei anderen statt auf den eigenen Balken schauen, was sollten dann Ihre Nachfragen an mich? Denn die waren ja dann eher wieder die Wiederholung des gleichen Fehlers, dass Sie bei mir auf den Splitter im Auge deuten.
b) Ihre Vermutung Sie würden die Erfahrung kennen, wenn man regelmäßig den völlig unzureichend begründeten und pauschalen Vorwurf des Richtens bekommt, ist meiner Ansicht nach unzutreffend.
Danke, dass Sie mir eine Berufung zusprechen. Ich schaue mal, ob ich diese Berufung wirklich in mir spüre.
Ich halte Ihre Fragen ja eben nicht für hilfreich und daher auf das Thema hin nicht für zielführend.
Wenn Sie sich mehr damit befassen, was andere eventuell falsch machen, dann ist es doch nur verständlich, wenn Ihnen der Vorwurf gemacht wird, dass Sie richten.
Ich wollte Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Chance für Sie darin besteht, dass Sie in dem vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlverhalten der Anderen Ihren Weg in die Nachfolge Jesu finden könnten.
Jesus hält ja gerade mit den Sündern Mahl. So wird es uns überliefert. Und dies ist dem Matthäus anscheined so wichtig, dass er Jesus gleich zwei mal in diesem Zusammenhang das Hosea Zitat in den Mund legt: Barmherzigkeit will ich nicht Opfer.
Und Jesus dann sagen lässt. Ich bin gekommen die Sünder zu rufen. Nicht die Gerechten.
Also: Den Balken bei mir bearbeiten und nicht Die Splitter bei anderen rauspulen.
Sie hatten doch einen super Ansatz, indem Sie das Gespräch gesucht haben. Was haben Sie denn von den Beweggründen verstanden, die der Pfarrer bzw. Die Gemeinde für ihre Praxis gefunden hat?
“Konservativ und doch liberal? Mut zum Dezentralismus. Orden als Stärke. Es gibt verschiedene Wege, die zu Gott führen”
ich möchte einen Gedanken einbringen, die vielleicht auch noch zum letzten Stück (II. Vatik. Konzil und der harte Streit zwischen Konservativen und “Reformwilligen”) passen.
Beginnen will ich damit, dass ich mal versuchte, mich in den veritablen Bilderstreit Konstantinopels im 8. Jh reinzudenken, weit vor den Glaubenskriegen, die man normalerweise im Westen behandelt. Es floss Blut, viel Blut. Ein Bürgerkrieg im frühen Mittelalter.
Vereinfacht ging es um die Frage, darf man Jesus als Ikone malen und was ist das richtigste Jesusbild. Ja, sehr lange Haare oder doch nicht. Die Menschen waren zumindest so gläubig, dass sie sich wegen sowas Nasen abschnitten etc.
Eine wesentliche Erkenntnis bei dem Friedensschluss war: Gott ist so gewaltig und grossartig, dass kein Mensch, auch der genialste, ihn “RICHTIG” malen kann. Und dennoch ist der Versuch gültig, das ist jetzt der zentrale Gedanke. Denn wir sollen an die Inkarnation glauben. Daher ist die Darstellung als Jesusbild = Menschenporträt (bei den Orthodoxen bis heute sehr verehrt) trefflicher als zB das Bilderverbot des Alten Testaments (das ja irgendwo auch der Islam übernommen haben) oder die sehr abstrakten Siegel der Urkirche wie Fisch oder Anker.
Anders ausgedrückt: Glaube heißt, Gott hier auf der Welt zu suchen. Ob ich ihn finde, sei dahin gestellt. Der Herr wird es würdigen, wenn ich ihn ehrlich gesucht habe. Meine Irrtümer wird er am Ende aufklären.
Nun, was können wir 1300 Jahre später davon lernen: keiner hat das Recht zu sagen, er kann die Botschaft des Dreifaltigen endgültig richtig auslegen. Jesus ist zu schön, um ihn zu umschreiben. Egal ob per Ikone oder per Enzyklika.
Damit haben die Oströmer irgendwann Frieden geschlossen. Ich finde, das ist eine wunderbare Sache, irgendwo vermisse ich das am Ende von Reformation und Gegenreformation. Auch am Ende vom II. Vatikanum.
Also: der Papst und die Kurie sollen dezentraler werden. Wen ich dann noch ausschließe oder verbanne, das ist sicherlich ein schwieriger Punkt. Da sollte der Katechismus ggf. auch angeschaut werden. Wir müssen die Grundlagen unseres katholischen Glaubens umreißen, wie: Dreifaltigkeit, Inkarnation, Glaube an die Auferstehung, 10 Gebote… Alles andere ist reine Kirchenpolitik. Wie seinerzeit mit Pharisäern, Sadduzäern und Essern. Wichtig ist die Einstellung, in allen Gruppen gab es Gerechte, die es vermutlich bis in den Himmel, zumindest in das Purgatorium schaffen (daher sind Nikodemus und Joseph von Arimathäa in der Passion so wichtig).
Vielleicht meint das auch der große Denker Ignatius. Wenn einer mit dem Opus Dei in den Himmel kommt, warum nicht. Der andere liebt die Fokolar Bewegung oder die Befreiungskirche. Ich selbst, wenn ich das erwähnen darf, hab massive Probleme mit dem Neokatechumenat, wie er in österr. Pfarren Leute in die Glaubensvertiefung führen will. Ich kenne in dem “Orden” (?) aber Leute, die sehr sympathisch und bewundernswert sind.
Der Kommunismus wurde von Johannes Paul II in Osteuropa wohl zu Recht verteufelt, die Befreiungstheologie im Sinne von Gerechtigkeit mag in Südamerika weit andere Relevanz haben.
Lassen wir das Spinnen und Streiten doch zu, aber mit Liebe und Respekt. Da sehe ich genau die Stärke der katholischen Kirche.
Und vermutlich würden mich im Bekanntenkreis einige eher zu den Konservativen zählen, wenngleich ich dann mit Vehemenz sogar die historische Dimension des Pflichtzölibats in Frage stelle. Das ist hier aber nebensächlich.
“…wenngleich ich dann mit Vehemenz sogar die historische Dimension des Pflichtzölibats in Frage stelle.”
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Wieso “historische Dimension”?
Mein eigentliches Argument ist, dass die Ostkirchen (schon vor 1054) und Kopten (gleich alte Kirche wie Rom; Markus als Patriarch von Alexandria) auch ohne Pflichtzölibat ein vergleichbares Priestertum haben. Wann genau auf welchen Konzilen der katholische Zölibat verfestigt wurde, dafür bin ich kein Experte, das hab ich zu flapsig formuliert. Für mich ist es eben keine wesentliche Frage des Glaubens aber eine wesentliche Frage der Tradition und der Kirchengeschichte. Und damit wird es kompliziert. Dazu gibt es heute eh eine Klarstellung vom Heiligen Vater. Das müssen Theologen diskutieren. Und ich fürchte, es dauert noch lange.
In der Frühkirche gab es den Zölibat so wohl nicht. Oder um es noch frecher auszudrücken, weil wir sollten in schwierigen Fragen des öfteren das Alte Testament zur Klarheit heranziehen. König David oder Abraham und viele andere hatten sogar mehrere Frauen, was jetzt auch nicht das optimale Modell ist. Ich sehe als schönes Beispiel für verheiratete Priester am Beginn der christlichen Kirchengeschichte die Eltern von Johannes dem Täufer, Elisabeth und Zacharias. Es gibt sogar das Modell eines humanen Priesters vor Abraham, Melchisedek, der oft als Schutzpatron der Ökumene gilt? Mit ihm kann man auch schließen, positiv, auf der Welt gab es immer Priester und es wird diese auch in Zukunft geben…
Für mich sind z.B. in Abgrenzung zu den Lutheranern, die man ja als christliche Geschwister sicher schätzt, andere Elemente als Definition des Katholischen wichtiger, z.B. welche Sakramente es gibt (Eucharistie vs. Abendmahl) und dass wir Maria besonder für wichtig halten und auch etwas mystisch manchmal irrational an Wunder, Heilige etc. “glauben”.
(zur Einordnung: Bin nur Laie, verheiratet, habe Familie mit Kindern).
“Mein eigentliches Argument ist, dass die Ostkirchen (schon vor 1054) und Kopten (gleich alte Kirche wie Rom; Markus als Patriarch von Alexandria) auch ohne Pflichtzölibat ein vergleichbares Priestertum haben.”
Warum in die Ferne schweifen: Es gibt 23 (in der genauen Zahl darf mich P. Hagenkord verbessern) katholische Rituskirchen, die den Papst als irdischen Letztentscheider anerkennen (Oberhaupt möchte ich nicht sagen, das ist immer noch Gott selber, den man auch schlecht stellvertreten kann). 22 kennen den Pflichtzölibat für Weltgeistliche nicht, nur eine hat ihn. Natürlich ist die eine – die lateinische Kirche – die weitaus zahlenstärkste Kirche.
Ich halte die Frage daher für falsch gestellt. Was rechtfertigt eigentlich den innerkatholischen Sonderweg der lateinischen Kirche? Um nicht missverstanden zu werden: Ich wünsche mir zahlreiche ehelose Priester (und auch Priesterinnen) – aber dann bitte im Orden, denn dort gehört das Charisma des Verzichts auf gelebte Geschlechtlichkeit hin.
Ich bin wahrscheinlich – nein sicher – nicht der “bravste” aller Katholiken.
Ganz besonders hadere ich mit dem “Absolutheitsanspruch” und mit dem Begriff der “Wahrheit”, da ich nach meiner Ausbildung Elektrotechniker bin und mich jeder Widerspruch zwischen Glauben und Naturwissenschaften mitten in meiner Persönlichkeit sehr hart träfe.
Bis jetzt – toi toi toi – kein Widerspruch.
Falls sich jemand für diese “kleinen religiösen Büchlein” interessiert – clicke auf meinen Namen und öffne die Seite “kleine religiöse Büchlein”.
Leider gibt es das Service eines “Nihil obstat” nur für Lehrbücher und Bücher, die in der Liturgie verwendet werden.
So, jetzt ist aber Schluss mit Eigenwerbung.
Was ich sagen wollte:
Das Gefühl, ein Teil des “neutestamentlichen auf dem Weg zur ewigen Heimat pilgernden Gottesvolkes” zu sein und mit diesem “Mitzudenken und Mitzufühlen”, tut sehr gut.
Übrigens: nicht nur mitfühlen, sondern auch mitdenken!!!
Meint
Euer Christoph
Von der Freude, die diese Ansprache des Papstes ausstrahlt, kommt am Ende in diesen Kommentaren leider wenig an. Es ist dabei sogar noch in der Weihnachtszeit, jauchzet, frohlocket! Auf! Preiset die Tage! Ich werde hoffentlich wieder das ganze Jahr über die Weihnachtsfreude im Herzen tragen können. Man sah jetzt schon abends um sechs in Deutschland einen hellen Schimmer hinterm Horizont. Bald ist Mariae Lichtmess, wir werden wieder Kerzen segnen lassen für die schlechten und die guten Tage des kommenden Jahres und Schuhe für die Arbeit und die Wege. Der Papst weiss etwas von dieser tiefen, währenden Freude und möchte sie ausbreiten.