Es gibt Menschen, die wollen nicht von Sternsingern besucht werden. Zugegeben mit einiger Verspätung hat das nun ein kleines Nachspiel in Brandenburg. Dort waren Sternsinger zu Besuch, und zwar beim Neujahrsempfang im Bildungsministerium des Landes.
Der Personalrat ist nun gebeten worden, das „Unverständnis“ einiger Mitarbeiter „für die Präsentation dieser religiös geprägten Teile im Zusammenhang mit einer dienstlichen Veranstaltung zum Ausdruck zu bringen“. So eine Nachricht, die heute über den Ticker ging. Zum Recht auf Religionsfreiheit gehöre auch das Recht auf ein bekenntnisfreies Leben.
Dass man nicht hören möchte, dass Jesus der Heiland geboren ist, kann ich ja noch nachvollziehen. Jeder wie er mag. Aber aus der Religionsfreiheit folgt nicht die aseptische Freiheit von allem, was irgendwie nach Religion riecht oder schmeckt.
Müssen nicht wenigstens Dienstzeiten von Beamten frei sein? Nein. Diese „Präsentation religiös geprägter Teile“ gehört zu uns, zu unserer Kultur. Niemand verlangt von den Mitarbeitern ein Bekenntnis, weder dafür noch dagegen, sie können hinten stehen bleiben und nicht sagen und nichts spenden. Aber sie haben kein Recht darauf, dass alles von ihnen fern gehalten wird, das eine Meinung zur Religion herausfordert.
Denn darum geht es ja im Kern. Niemand stellt die Bekenntnisfreiheit in Frage. Wenn es die nicht gebe, wäre ja auch das Bekenntnis selber nicht viel wert. Sie wird aber absurd, wenn von ihr verlangt wird, auch jede Auseinandersetzung schon mit der Frage allein auszuschließen.
Ein Einzelfall und vielleicht auch eher ein komischer denn ein zu Ernst zu nehmender. Irgendwie klingt das so, als ob auf Gretchens Frage, wie wir es mit der Religion halten, das Verbot religiöser Bezüge bei Goethe gefordert wird.
Aber ein Geschmäckle hat es schon.
Der mündige denkende Bürger hat es halt lieber, wenn er nicht denken muß. Er ist sich aber wenigstens bewußt, daß er denken könnte, wenn er denn wollte. Allein, er will nicht. Aber wenigstens das will er.
Zum Denken nötigen, in dem ihm etwas gezeigt wird, das seinen Widerspruch provoziert, läßt er sich aber nicht. So etwas geht gar nicht. Das darf nicht sein.
Achtung: Dieser Beitrag kann Spuren von Satire enthalten.
In der Tat, Denken ist sogar Glücksache. Denke ich mir oft bei Beiträgen dieser Art.Sternsinger sind nicht nur christlich, sondern katholisch. Da ist so Mancher allergisch gegen.
Denken ist keine Glücksache, denken kann jeder nur wird es nicht gewünscht und man möchte Andere nur als “Ja Sager”. Nicht das Denken sondern die Äußerungen sind das Problem die viele nicht möchten und andere lieber klein und einfach halten möchten.
Auch Atheismus kann Züge einer Religion annehmen, siehe Dawkins die Atheismus-Werbe Busse.
Richtig! Und nicht-Briefmarken-sammeln ist bei Ihnen ein Hobby!
Ich fürchte, Sie haben den Kern von Religion nicht verstanden. Missionieren alleine genügt nicht, um eine Religion zu sein, das tut auch die CSU! Auch wenn die, zugegeben, manchmal sektenhafte Züge annimmt, ist sie noch lange keine Religion. Obwohl gepredigt wird auf Teufel-komm-raus! Zum Beispiel morgen wieder beim politischen Aschermittwoch in der Dreiländerhalle in Passau. Da ist wieder eine Predigt wie Donnerhall von Horst Seehofer zu erwarten. Gegen den altbösen Feind von links.
Da Sternsinger in guter Absicht kommen und auch für durchaus sinnvolle Dinge Geld sammeln, kann man sie sicher auch als Atheist tolerieren.
Ich glaube aber, dass das Axiom “Diese „Präsentation religiös geprägter Teile“ gehört zu uns, zu unserer Kultur” für Deutschland so pauschal nicht mehr zutrifft. In einer Behörde mitten in Köln sicherlich schon, weil dort auch die Nichtchristen (die ja in einer Minderheit sind) diese Kultur im Alltag noch spüren. In Brandenburg und anderen Regionen Ostdeutschlands sieht das aber anders aus. Denn für viele Nichtchristen (die in Brandenburg insgesamt 80 % der Bevölkerung bilden) gehört das Sternsingen nicht mehr zu ihrer Kultur, als DDR-Sozialisierte bereits in dritter und vierter Generationen. Die Kultur des Nichtchristseins hat in Ostdeutschland eben jetzt auch Tradition und hat eine eigene Kultur herausgebildet. Insofern ist es durchaus nachvollziehbar, wenn Menschen in einer Behörde in Brandenburg mit dem Sternsingen (inklusive Segen), das in Köln völlig selbstverständlich ist und noch als lebendige Tradition empfunden wird, nichts anfangen können, weil es ja doch maßgeblich von den katholischen Gemeinden getragen und gepflegt wird, die nach aktuellen Zahlen 3,1 Prozent der brandenburgischen Bevölkerung repräsentieren. In der besagten Behörde dürften die Anteile an Christen wahrscheinlich ähnlich niedrig sein und es ist dort eine Situation entstanden, in der die Mehrheit der Mitarbeiter sich aufgerufen sieht, einem Neujahrsempfang beizuwohnen, in dem Traditionen gepflegt werden, die gar nicht ihre sind. Das erscheint durchaus paradox. Perspektivwechsel: Wenn in einem Land, das über viele Jahrhunderte maßgeblich muslimisch geprägt war, aktuell nur noch ein sehr kleiner Anteil Muslime lebte und der große Rest zu bestimmten muslimischen Traditionen seit ungefähr 70 Jahren keinen besonderen Bezug mehr hat bzw. diese auch nicht mehr pflegen möchte: Würde man es den Leuten nicht auch zugestehen, dass sie ein Problem damit haben, dass das Neujahrsfest am Arbeitsplatz im Zeichen einer muslimischen Tradition steht, der sie sich nicht mehr zugehörig fühlen? Warum haben sie als nichtmuslimische Mehrheit nicht das Recht, das Neujahrfest bekenntnisfrei zu feiern und sich an diesem Tag an ihrem Arbeitsplatz nicht in den Dialog mit einer muslimischen Minderheit zu begeben, die argumentiert, dass die Präsentation muslimischer Traditionen immer Kultur des Landes war und weiter zu sein hat,völlig unabhängig davon, wie viele Menschen sich dieser muslimischen Tradition überhaupt noch zugehörig fühlen?
Ja, wir befinden uns mitten in einer Art Kulturkampf. Und so schmerzhaft es ist, fällt es mir schwer die Seite der katholischen Kirche zu vertreten. Gibt es eigentlich eine offizielle Stellungnahme der Bischöfe in Uganda und Nigeria zu den Gesetzen zur Verfolgung von Homosexuellen in diesen Ländern?
Ich schreibe hier jetzt keine Argumente, die Nichtchristen überhaupt als Argumente stehen ließen. Darum schreibe ich hier einfach nur über meine tiefe existentielle Angst davor, uns Menschen könnte irgendwann unsere Glaubensausübung in unseren öffentlichen Räumen gesetzlich verboten werden.
Mich versetzen solche Meldungen echt in Panik. Ich warte auf den Tag, an dem wir uns in unseren Allmachtsphantasien unabhängig vom Sauerstoff oder vom Wasser erklären, wenn wir uns schon zunehmend unabhängig erklären vom Leben selbst, von Jesus.
Sowas von Blindheit macht mir schreckliche Angst. Und dass dies, was ich gerade schreibe, für die meisten Menschen gar nicht mehr nachvollziehbar ist, macht mir noch mehr Angst. Ich habe als Kind Gott und Jesus als liebevolle und Familienmitglieder kennen gelernt, die einzigen, auf die ich mich immer verlassen konnte. Jetzt soll ich sie irgendwann “rechtlich korrekt und gefordert” hintanstellen und verleugnen?
Wer hat nochmal gesagt: “Wer nicht an Gott glaubt, muss an alles glauben.”? Welche Zwänge und Süchte aus den scheinbaren “Alternativen” zu Gott Menschen zunehmend besetzen und ruinieren, ist erschreckend nachzulesen in Johannes Fischlers Buch “NEW CAGE”.
Denn wir als Menschen scheinen auf Glauben ausgelegt zu sein. Uns fehlt was im Leben. Das zeigen ja schon alle LebenssehnSÜCHTE. Das ist also viel mehr als ein Kulturkampf. Da geht es um den Verzicht auf unsere Lebensgrundlage. Das kann von mir aus noch so rechtlich korrekt und fordernd gemacht werden, hier gilt für mich: “Ich diene zuerst Gott.” An allem anderen muss ich nämlich sterben. Ohne Gott in meinem Alltag und als Familienmitglied hätte ich in meinem Leben schon an verschiedensten Stellen keine weitere Lebenskraft mehr gehabt.
Erinnert mich an einen Satz: “Wir hatten unsere Grünpflanze fast soweit, ohne Wasser leben zu können, da ging dieses blöde Ding doch kaputt.”
In Mecklenburg gibt es gerade mal noch 50 000 Katholiken. Was mir als zugereiste Wessi aus kath. Landen auffällt: Gerade bei den Atheisten sind die ehemals christlichen Feiertage inkl. Sonntage besonders “heilig”! Da ist frei, und wird auch nichts gemacht, was den freien Tag stören könnte.
Aber mit Gott und Glauben haben sie nix am Hut. Dann könnten sie allerdings auch an den christlchen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten oder an Christi Himmelfahrt arbeiten gehen – aber nein, das ist der Herrentag – mit all seinen Folgen!
Ich erinnere an die Situation im Bundestag, als Papst Benedikt XVI. dort sprach. Da hielten es einge Teile unserer Bundestagsabgeordneten auch nicht für nötig, der Rede eines Oberhaupts der Katholiken beizuwohnen und sich damit auseinanderzusetzen. Als Repräsentant der Wähler hat man sich mit allen Facetten der Kultur auseinanderzusetzen, das verlange ich als Wähler, der diese Herrschaften für ihre Tätigkeiten überdurchschnittlich aus meinen Steuergeldern entlohnt. Da darf man sich auch mal für ein paar Minuten mit katholischem Glaubensgut konfrontieren lassen müssen. Wir Katholiken müssen andererseits – gänzlich unbezahlt und unprivilegiert – ihre atheistischen Einstellungen ja auch über uns ergehen lassen.
Ironie Ende.
Werte Gabriele
Dievon Ihnen aufgeführten Feiertage sind gesetzliche Feiertage. Diese stehen jedem Bürger zu. Vielleicht sollten diese Feiertage abgeschaftt werden und wer sie als freien Feiertag haben will, sollte sich unbezahlten Urlaub nehmen. Nur mal so, um der Gerechtigkeit willen.
Man könnte auch sagen, daß die Leute ein paar Tage mehr Urlaub bekommen und die Feiertage abschaffen. Derlei Ideen gab es schon öfter und auf den ersten Blick hört es sich ja auch „gerecht “. Dann kann jeder zu der Zeit seinen privaten „Feiertag“ feiern, wann er will.
ABER:
Dann müßte es auch eine Verpflichtung geben, jedem Arbeitnehmer dann Urlaub zu gewähren, wenn er es wünscht. Das hätte aber zur Folge, daß an bestimmten Tagen wie etwa Weihnachten 80% der Arbeitnehmer Urlaub beantragen. Mit den restlichen 20% läßt sich aber die Produktion nicht aufrecht erhalten und so ist das Unternehmen gezwungen, Betriebsferien auszurufen und den restlichen 20% – gegen ihren Wunsch – auch Urlaub zu geben.
Das wären dann „Feiertage durch die Hintertür“ und damit wäre niemandem geholfen. Lediglich auf dem Papier gäbe es dann eine religiöse Neutralität; de facto aber eben nicht.
Aber gerechter wäre es, wie durch Gabriele beschrieben, wenn die Christen weil sie an Gott glauben frei machen, und andere, welche nicht an Gott glauben dafür arbeiten gehen ?
Werter Herr Lehmann,
die Feiertage sind heute gesetzlich, aber christlichen Ursprungs (die historischen Bezüge auf heidnische Feiertage lassen wir hier mal undiskutiert). Sie spiegeln in ihrer Bedeutung auch als Feiertage gesetzlichen Charakters die ursprüngliche Bedeutung des christlichen Glaubens für die einst entstandene und heute scheinbar wieder im Verschwinden begriffene christlichenKultur Europas wieder.
Somit ist zu fragen, wer hier unbezahlten Urlaub nehmen müsste: der an Gott und Chrisuts glaubende Christ, für den diese Feiertage noch einen entsprechenden Inhalt haben, oder derjenige, für den sie nur bezahlte gesetzliche Feiertage ohne jeden inhaltlichen HIntergrund sind. Die Gerechtigkeitsfrage kann ich hier als Christ auch für die gläubigen Christen stellen.
Gerecht wäre es wenn Christen frei machen, weil sie an Gott glauben, und andere, welche nicht an Gott glauben dafür arbeiten gehen ? Oder müsste diesen dann nicht wenigstens die gleiche Anzahl freier Tage zugebilligt werden ?
Im Grunde können die Christen doch froh sein, dass diese Tage für alle als gesetzliche Feiertage gelten. Denn der Glauben ist eine persönliche Sache (wie z. B. ein Hobby). Durch die Anerkennung der christlichen Feiertage als gesetzliche Feiertage werden die Christen gegenüber anderen Menschen, welche für Ihre persönlichen Belange (ihr Hobby) keine gesetzlichen Feiertage erhalten und eben Urlaub (bezahlt oder unbezahlt) nehmen müssen, sogar bevorzugt.
Die Sternsinger verweisen letzlich auf die Sterndeuter der früheren Kulturen im vorderen Orient. Diese gehörten in der Regel der Priesterkaste an und waren erfahren, die Gestirne zu beobachten und (für die Herrschenden) zu deuten. Im Kern liegt eine Ambivalenz darin, dass der Sternsingerbrauch auf einem astrologischem Weltbild fußt, das vom Christentum in vielen Ismen-Streiten vehement als abergäubisch oder häretisch abgelehnt wurde und und wird.
Ich bin verwirrt. Der Sternsingerbrauch ist vollständig biblisch, da ist nichts von einem astrologischen Weltbild drin.
Der Sternsingerbrauch geht auf die sogenannten heiligen drei Könige zurück, die ursprünglich (zahllose) Magier oder Weise, mitunter dargestellt mit phrygischen Mützen, waren. Diese Sterndeuter besaßen das astronomisch-astrologische Wissen ihrer Zeit. vgl. u.a. auch:
http://www.uni-ulm.de/fileadmin/website_uni_ulm/nawi.inst.220/publikationen/Stern_von_Bethlehem_nov05.pdf
Es geht um die Verkündigung des Herrn, dass die Weisen einem Stern folgend den Herrn finden ist vielseitig deutbar, hat auch seine direkten Bezüge im Alten Testament. Die Sternsinger verkünden die Geburt des Herrn, da ein astrologisches Weltbild hinein zu geheimnissen ist wirklich weit hergeholt. Sehr weit.
Wenn die sternkundigen Weisen einem Stern folgen in der Annahme, dass dieser Wegweiser am Himmel sie zu etwas außergewöhnlich Irdischem lenkt, handelt es sich um astrologisches Gedankengut (der damaligen Zeit). Das mag für viele weit hergeholt klingen, ist aber kein Geheimnis, sondern nüchterne heutige Erkenntnis in dem gleichem Sinne, wie die gewohnte Namensreihenfolge der Wochentage ein überkommenes Weltbild widerspiegelt, bei dem die Erde im Zentrum des Alls ruht.
Interesant ist, dass auf dem Grabstein Martin Heideggers kein Kreuz, sondern ein Stern angebracht. “Auf einen Stern zugehen, nur dieses”, schreibt er in philosophischer Haltung. Für die Weisen war es einfacher, denn ihr Zugehen fand ein glückliches Ende. Auch dies mag weit hergeholt sein.
Ich lebe in Berlin. Wir hatten auch dieses Jahr die Sternsinger bei uns. Sie waren vorher bei einer Nachbarsfamilie und auf dem Weg zu ihrer nächsten Adresse trafen die süßen Kinder, die von wirklich netten Erwachsenen begleitet wurden einen Nachbarn von uns im Treppenhaus. Die Begleitperson sprach ihn freundlich an und sagte, dass sie die Sternsinger seien. Der Nachbar ist vor ihnen geflüchtet, als hätten sie eine ansteckende Krankheit. War traurig, aber das ist leider eine verbreitete Realität im ansonsten so schönen Berlin.