Es ist der Schlussakkord der Osterzeit. Pfingsten ist sie liturgisch zu Ende, davor feiern wir Himmelfahrt, danach Fronleichnam. Jedenfalls habe ich diese Feste mein Leben lang immer zusammen gedacht und wahrgenommen. Der Leib Christi ist noch einmal Thema, das schien und scheint mir passend nach dem Sprechen und Feiern des Geistes.
Hier in Italien wie auch woanders sind diese klassischen Donnerstags-Feste bereits verlegt, sie werden sonntags gefeiert, um das Feiern auch zu ermöglichen. Seit kurzem macht das auch der Papst so. Eine pragmatische Lösung, die nicht alle befriedigen kann, aber in einer sich ändernden Welt kann man nicht alles haben.
Der Leib Christi ist noch einmal Thema
Bei dem Fest geht es nicht um ein Ereignis, auch wenn natürlich der Gründonnerstag und das letzte Abendmahl hervordrängt. Es ist aber die Prozession, die wir heute – noch – damit verbinden. Das geht auf das Zeigen der Eucharistie hervor, die besonders um die Reformation herum wichtig wurde.
Was mir immer sehr gefallen hat ist, dass hier nicht gesprochen wird. Die Prozession unterstreicht das Zeigen und Schauen. Hier wird Jesus nicht zu einer These, nicht einmal zu einer Geschichte. Der Unsagbare Gott bleibt unsagbar und gewissermaßen in der Schwebe. Die Eucharistie ist auch aus ihrem unmittelbaren Zusammenhang – der Feier – herausgenommen.
Bei uns bis zum Ende der Welt
Nun höre ich in meinem Hinterkopf die Bibelstelle in der Jesus uns verspricht, bei uns zu sein bis zum Ende der Welt (Mt 28:20). Ist das hier gemeint? Wie ist die Präsenz, das bei-uns-Sein des Auferstandenen zu verstehen? Wenn das Versprechen Jesu nicht Mythos werden soll, dann muss es irgendeine Art von Entsprechung im Leben von Christen haben. Ist es das hier? Die Eucharistie?
Schauen wir uns an, was die Schrift von den Begegnungen mit dem Auferstandenen berichtet. Es sind alles Einzelerzählungen, Ereignisse, keine zusammenhängende Geschichte. Es wird nicht erklärt, was es mit dieser Auferstehung auf sich hat. Man erfährt nichts über deren Natur. Was wir lesen und hören ist die Beziehung Jesu zu den Menschen, denen er begegnet. Auferstehungsgeschichte ist Beziehung des Glaubenden mit Christus.
Auferstehungsgeschichte
So auch Fronleichnam: stundenlang könnten wir darüber sprechen, was wir dort verehren. Es ist aber die Verehrung selber, die im Zentrum steht, ein Beziehungsgeschehen. Es ist nicht die Natur des Brotes. Das ist genauso wie bei unserer Beziehung zu dem, was wir Auferstehung nennen: Wir können es nicht genau wissen, was uns bleibt ist der Glaube und das Vertrauen in die Zeugen. Auch das ein Beziehungsgeschehen.
Das passt wunderbar zum Zeigen und Schauen. Das Gehört auch zum Glauben dazu, ist vielleicht sogar der zugänglichste und einfachste Teil.
Die Prozession deutet darauf hin, dass wir die Eucharistie GEMEINSAM feiern. Und es wird immer ein Geheimnis bleiben, was der einzelne im Heiligsten Sakrament an Gottesnähe empfindet. Das finde ich gut so. Also wenn ich mit anderen Gläubigen über die Wandlung etc. diskutiere, kommen manch erstaunliche Unterschiede zu Tage. Es ist ein Mysterium. Letztlich ist es für mich noch immer die Inkarnation des dreifaltigen Jesus, die wir nur einigermaßen begreifen.
Nach Pfingsten, Geburtsstunde der Kirche, feiern wir die Dreifaltigkeit. Auch schon sehr schwierig. Im Alpenraum gibt es einen Sprichwort, es gibt Tage, die sind so heilig (3 sollten das sein: 15. August, Dreifaltigkeit und Christi Himmelfahrt), da verstecken sich alle Schlangen in den Bäumen, aus Gottesfurcht. Der Dreifaltigkeitssonntag gehört also dazu. Dreifaltigkeit und HEILIGEN GEIST kann ich in meinem Empfinden ALLEINE feiern. Z.B. wenn ich eine Wallfahrt mache oder einfach durch einen schönen Wald, am Wattmeer oder wo auch immer spazieren gehe und erkenne “das alles kann kein Zufall sein”. So verstehe ich das.
GEMEINSAM feiern, Eucharistie: dann benötigen wir im Sakrament eben den Priester, der das gut moderiert. Gut so. Ob die Wandlung immer an den Zölibat geknüpft ist, das sei dahin gestellt. Es wird schon gemunkelt, der Amazonas kriegt rein aus Mangel an Eucharistiefeiern den Dispens zumindest für den “vir probatus”.
Aber das führt wieder zu weit. Fronleichnam ist einfach wichtig. JESUS GEMEINSAM SUCHEN UND BEGEGNEN.
Zur Prozession hat die Religionsabteilung vom ORF dieser Tage auch was historisch Interessantes zusammengestellt, da klingt halt sofort wieder Kritik durch. Man soll einfach mal erkennen, dass die gläubigen Katholiken eh schon in der Minderheit sind.
Ob die Prozessionen wirklich Macht-Demonstrationen der Katholiken vor allem nach der Gegenreformation waren – ich zweifle dran. Die Leute früher waren durchaus inwendig gläubig.
https://religion.orf.at/stories/2986703/
Man sucht eben immer das Haar in der Suppe. Dennoch finde ich, wir sollten unsere Feiertage verteidigen. Fronleichnam ist extrem wichtig, und schön. Aber auch schwierig.
EXKURS zum Fronleichnamwochenende : ein kleiner weiterer Event- und Medienskandal in WIEN.
https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2019-06/vatikan-oesterreich-fussball-eklat-provokation-fairplay.html
https://religion.orf.at/stories/2987286/
Der Eklat um Frauenfussball in Wien gestern. Mir scheint, die Diskussionen in diesem Blog sind manchmal der Realität ein paar Tage voraus. Erstaunlich irgendwie
Österreich bekam ja einen neuen Nuntius, tja, dieser wird nun auch wissen, wie es in Mitteleuropa derzeit “rennt”.
Die Kameras etc. waren schon vorher positioniert, etwas professioneller als simple Smartfons.
Abends war das sofort in den Hauptnachrichten des ORF. Die Aktivistin meinte, sie wolle sich gegen die gezielte Provokation des Vatikans wehren!!!??? Nur am Rande, sie sprach eher bundesdeutsch und nicht österreichisch.
Ich sehe keinen Ausweg aus dieser Medienspirale.
Möge sich der neue Nuntius in Österreich dennoch gut einleben, es ist ein schönes Land. Eigentlich. Nur bei den Medien soll man nicht naiv sein. Auch mit einem Füllwort – eigentlich und – schluchz.
Und doch passen die Themen zusammen.
Denn was macht einen Menschen zum Menschen?
Und was macht den Leib Christi zum Leib Christi?
Es ist das Wunder des göttlichen Willens, das uns still werden läßt und nicht lautstark.
Ich wünsche dem vatikanischen Frauenteam alles Gute und beglückwünsche zu der guten Entscheidung das Spiel abzusagen.
Das Geheimnisvolle.
Ja natürlich. Jesus ist immer unter uns, wenn “zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind”.
Und in Person der Armen, Kranken, Rechtlosen und Unfreien, der Asylanten und HIV Positiven können wir jederzeit Jesus begegnen.
Keine Frage.
Aber wir brauchen auch diese “besondere”, diese “geheimnisvolle” und “mystische” Präsenz in der Eucharistie. Es entspricht uns und unseren Bedürfnissen, wie Gott auf uns zugeht.
Meint
Euer Christoph
Gerne möchte ich an dieser Stelle ein paar Gedanken zu Fronleichnam anführen. Ihr Gedanke vom “Beziehungsgeschehen” scheint es auf den Punkt zu bringen. Anbei sind mir noch so andere Bezüge in den Sinn gekommen.
Wir Christen suchen immer wieder einen Ort, einen „Raum“ auf, wo wir von etwas berührt werden. Wir beginnen zu betrachten und zu erkennen und sind gebannt von dem, was außerhalb unser selbst ist, zu uns spricht und zugleich zutiefst in uns selbst angelegt ist. Für viele Menschen scheinen die Kathedralen und Kirchen mit ihren Kunstwerken wichtige Orte zu sein, um die Herrlichkeit und Schöpfung Gottes zu erahnen. Wortlos, einfach nur im Sein und Schauen und Hören. An Fronleichnam scheint das „Ave Verum“ ein zutiefst vertrautes Lied zu sein, nicht nur für Gläubige.
Wenn wir in Kirchen von der Schönheit ergriffen sind und von uns selbst wegschauen können, können wir etwas von dem erfassen, was Jahrhunderte auf unterschiedliche Weise Menschen berührt, ermutigt und bewegt hat. Wir können etwas erahnen von dem, was unsere Vorfahren zutiefst geprägt und inspiriert hat. Sie Bilder und Vorstellungen in großer künstlerischer Schönheit darstellen konnten, trotz großer Einfachheit und Verzicht im Alltag.
Was ist dies an Fronleichnam? Was ist das, was uns berührt. Ist es hier eine Bewegung, die uns ermutigt? Oder ist es ein inniges Flehen vor der Monstranz, mystisch, weltabgewandt? Jedoch für andere auch anstößig wird? Der Leib Christi als kleine flache essbare Scheibe? Kann ich davon satt werden? Oder was ist es, das mich nährt? Ist alles nur symbolhaft? Oder identifiziere ich mich mit dem Leib Christi, was ich mir selbst nicht geben kann? Ohne schwärmerisch, naiv oder abgehoben zu werden.
Es ist nicht eine (Bundes) „Lade“ sondern gleich ein „Himmel“, der mitgetragen wird. Und im Mittelpunkt steht ein „Leib“ als der auferstandene Christus (an dieser Stelle nicht das Kreuz). In meinem Verständnis als Gedenken an die Menschenfreundlichkeit und Weisheit Gottes, das sich in Christus offenbart. Das zum Frieden, zur Barmherzigkeit und zur Versöhnung aufruft. Jenseits von sehr menschlichen Sichtweisen.
Scheint Fronleichnam für Christen als bewusste, freie Begegnung mit dem Leben – über Generationen hinweg? Und dies jenseits der alten „Totentänze“ mit ihrer mittelalterlichen Mystik und weltlichen und geistlichen Rangordnung. In der Fronleichnamsprozession scheint es keine Rangordnungen zu geben. Denn hier gilt: Christus in vobis – Christus ist unter Euch.
Heute haben wir die Freiheit, daran teilzunehmen. Sind frei, uns von kritischen Fremddeutungen beeinflussen zu lassen. Wir dürfen auf der Straße und an geschmückten Altären Christus feiern! Was für ein Geschenk! Dies unseren Großeltern in früheren Zeiten nicht generell gegeben war. Und es geschieht auch außerhalb der Räumlichkeiten der Kirche. Auf den Straßen, mitten im Leben. Vielleicht können wir erst dann das Pauluswort begreifen: „Wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist.“ Oder „Ihr seid der Leib Christi“. Hoffnung für die Welt, mitten im Leben.
Und doch scheint das Fest Fronleichnam auch ein schwieriges Fest für uns Christen zu sein. Luther selbst tat sich schwer und evangelische Mitchristen meiden tw. das Wort “Fronleichnam”. Manchmal kommen mir Bilder aus Irland in den Sinn, wo kirchliche Prozessionen zur Plattform für Provokation, Ausgrenzung und vertrauter Feindschaft geworden sind. Vielleicht möchten dies die meisten nicht, und doch geschieht es. Doch dies ist nur die eine Seite.Denn u.a. haben irische Missionare uns in Europa vor Jahrhunderten und vor der Kirchenspaltung das Evangelium gebracht. Und es gibt heute noch die vielen irischen Segenssprüchen. Vielleicht würde der folgende irische Spruch zu Fronleichnam passen:
„Möge Gott Zeichen aufstellen an der Straße deines Lebens, damit du weißt, wohin du gehst.“