Martin Luther lässt mich nicht los. Es gibt so viele Meinungen, Ansichten, Erfahrungen und Lesarten des gestrigen Tages, an dem der Papst in Erfurt im ehemaligen Augustinerkloster war – dem Kloster, in das Martin Luther eingetreten ist und in dem er bis zu seinem Wechsel nach Wittenberg lebte – dass ich genau überlegen musste, was eigentlich mich am meisten beeindruckt hat. Und das war die Gestalt Luthers, der irgendwie immer da war. Sei es durch den Genius Loci, sei es durch die Deutlichkeit der Worte des Papstes, sei es durch die Würdigung des Ringens um einen gnädigen Gott, die der Papst ausgelegt hat.
Im Studium musste und durfte ich mich an Luthers Übersetzung des Römerbriefes abarbeiten. In wenigen Lehrveranstaltungen habe ich so viel Theologie gelernt und auch betrieben wie in diesem Seminar. Wenn man Luthers Gedanken folgt und seine Übersetzung unter die Lupe nimmt, dann kann man gar nicht anders, als selber einen Standpunkt einzunehmen. Wie ist das nun mit Gottes Zorn zu verstehen? Stehe ich als Getaufter immer noch in Gefahr ewiger Verdammnis? Wie gehen wir nach Christus um mit den Verheißungen des Alten Bundes? Wir haben nicht nur Luther studiert, aber allein schon wegen seiner Gestaltmacht in der Sprache ragte er heraus.
Mich hat auch beeindruckt, wie Präses Nikolaus Luther als ein „Scharnier zwischen den Konfessionen“ bezeichnet hat, schließlich habe er ja beiden angehört. Im Frühjahr habe ich eine kleine Sendereihe zu ‚Luther in Rom’ gemacht. Der junge Mönch war entweder 1510 oder 1511 zu einer mehrmonatigen Pilgerreise in Rom, wann genau, das war der Gegenstand der Debatte. An der einfachen Jahreszahl – 1511 oder 1510 – hängt auch die Frage, warum er in der Stadt war und ob er damals schon, Jahre vor der Reformation, Kritik am Papsttum und der Gestalt der Kirche übte (wen die Sendereihe interessiert, dem sendet der Freundeverein von RV das gerne zu).
Ohne jetzt ein Ergebnis zu versuchen, hatte das Machen dieser Sendungen den Effekt, dass ich mich auch aus den Augen Luthers mit Rom, der Stadt und der Kirche dort, befasst habe. Und dabei lernt man. Als Katholik Luther in den Blick zu nehmen, ihn zu studieren, hilft. Kulturell war das spannend, überhaupt einmal die Stadt damals in den Blick zu nehmen. Aber auch die Hintergründe seiner Romkritik, seiner Reform, seines Mönchtums und seiner Suche helfen, neu die eigene Kirche zu sehen.
Später im Leben schimpft Luther ja nicht schlecht herum, in den Tischreden lässt er wenig Gutes am Papsttum und der Gestalt der Kirche. Wenn man das aber wegnimmt, denn schließlich ist es später geschrieben und bezeichnet nicht wirklich die Erfahrungen des echten jungen Luther, dann zeigt sich die Suche und das Tasten, aber auch die geistige Welt von damals, das theologische Denken und Streiten, die Welt der Mönche und der Pilger.
Das alles ging mir noch einmal durch den Kopf, als ich der Lutherwürdigung des Papstes noch einmal nachgegangen bin.
Jetzt, wo die Polemik eindeutig und hoffentlich endgültig außer Mode gekommen ist, lohnt es sich auf für Katholiken, Luther in den Blick zu nehmen und sich an ihm zu reiben. Ein Scharnier, kein Gegner. Ökumenischer Dialog eben.
Man darf nicht vergessen, dass Martin Luther ein katholischer Mönch gewesen ist, der eigentlich nur eines wollte: Neuevangelisierung, Erneuerung im, mit und durch den HEILIGEN GEIST: dem WORT GOTTES.. Deshalb auch seine Antwort an die kirchliche Obrigkeit:”hier stehe ich und kann nicht anders.” Katholischer geht es in diesem Moment nicht. Martin teilte halt nicht mehr die römische Auffassung des katholischen Glaubens. Und das wurde ihm zum Verhängnis. Letzten Endes denke ich, dass sich Rom durch dessen Vorgehensweise gegenüber Martin, endgültig vom katholischen Glauben verabschiedet hat und nur noch als römisch-vatikanischer Glaube gesehen und gewertet werden kann: also nicht mehr alles umfassend (katholisch). Und Martin Luther ist nicht der einzige, der die römische Sichtweise anprangerte. Da war man und ist man auch heute noch für Rom ein Ketzer oder Sektierer.
Eine sehr bedenkliche Haltung, die alles andere, nur nicht katholisch ist.
Deswegen glaube ich, dass sich diese römische Sichtweise des katholischen Glaubens zu einem eigenständigen Glauben entwickelt hat und heranwachsen ist: der Papst also in der Tat der Vater und Urheber: das Oberhaupt dieser römischen Kirche und deren Glaubensweise ist: oberster Lehrer und Richter dieses Glaubens. Nicht aber CHRISTUS. Darum stellt Rom nicht Christus dar, sondern eben den Papst. Es ist ein absolut irdisch gesinnter Glaube, der dieserhalb nur das anerkennt und annimmt, was in den irdischen ( den römischen) Glaubensverstand passt. Alles andre ist nicht römisch, was man nunmehr mit “nicht katholisch” verwechselt, bzw. vertauscht. Wohl deshalb kehrt der Leib zurück zur Erde, weil diese römische Glaubensweise nicht dem uns offenbarten WILLEN GOTTES entspricht.
So kocht jeder irgendwo sein eigenes Süppchen, so dass die vielen Köche den “Brei” den katholischen Glauben: das WORT GOTTES, verderben.
Hat es also je eine wirkliche, rein katholische Kirche gegeben, die also wirklich alles umfasst? Momentan kann ich mich nicht an eine solche erinnern. Und selbst ein Paulus hatte schon mit diesem Problem zu kämpfen, da einige sagten, dass sie zu diesem gehören und andre wiederum zu jenen…
Man kann also garnicht genug schief die Realität denken um zur Wirklichkeit zu gelangen….