Maßlosigkeit schadet. Das meinen die Schweizer und haben mit „Ja“ gestimmt, als es um die Frage der Zuwanderungsbeschränkung ging. Die Europäische Union – nicht ihr Geld, aber ihre Menschen – sollen mehr als bisher draußen gehalten werden.
Wie in der Physik, die uns erklärt dass auf jede Aktion eine gleichgroße Reaktion folgt, fordern jetzt die Politiker im Umkehrschluss Folgen für die Schweiz: Sie könnte nicht nur vom Binnenmarkt profitieren, sich ansonsten abschotten und die Früchte für sich behalten wollen.
Man kann die Haltung der Schweizer, die für „ja“ gestimmt haben, ganz verschieben beschreiben: Sorge, Angst, Unsicherheit etc. Vor etwas über einer Woche war ich in Genf unterwegs und habe die Plakate gesehen, die dort an jeder Ecke standen: Da ging es für die Kampagne-führende Partei genau um diese Begriffe. Aber das beste Wort zur Beschreibung finde ich ist das Wort ‚Unbehagen’. Das lässt im Unklaren, worum und wogegen es genau geht. Es gibt ein Gefühl des zu kurz Kommens, der letztlich nicht fassbaren Sorge, nicht mehr entscheiden, bestimmen und prägen zu können. Alles könne sich ändern und die, die nicht hierher „gehören“, könnten das entscheiden. Wie in Bayern, als es um die Freizügigkeit von Südost-Europäern ging, da wurde genau dieses Unbehagen zu Wahlkampfzwecken angesteuert.
Maßlosigkeit schadet: Das ist in der Allgemeinheit erst einmal richtig. Aber in der Tugendlehre ist das Gegenstück der Maßlosigkeit die Klugheit. Klug ist, wer das richtige Maß hält, wer die Kräfte und Bewegungen abschätzen und einschätzen kann. Dazu gehört dann auch eine geistliche Haltung oder ein Charakter oder eine innere Sicherheit, wie man das auch immer nennen will.
Der Wunsch sich zu schützen ist falsch. Und auch der Gegenwunsch, dann auch sich selber gegen die Schweizer abzuschotten, ist falsch. Alles was Mauern baut ist falsch. Vor Globalisierung und der Veränderung, die damit einher geht, kann man sich nicht abschotten, man muss sie gestalten. Das wäre die Aufgabe, auch der Schweiz.
Angst ist immer ein schlechter Ratgeber und baut Mauern, je größer die Angst desto größer die Mauer. Fazit helfen wir einander die Angst abbauen, reissen wir Mauern ein.
Es gibt auch eine andere Sichtweise, welche diese Abstimmung rechtfertigt und die für mich ausschlaggebend war. Ich habe der Initiative zugestimmt, weil ich grosse Angst vor einer Islamisierung unseres Landes habe. Wir hatten z.B. In unserem Dorf, wo heute etliche Moslems wohnen, vor ca. 5 Jahren folgendes Vorkommnis: in einem Vorgarten, welcher an eine Strasse grenzt, war seit vielen Jahren ein grosses Holzkreuz verankert, wo früher die Bittprozessionen vor Christ Himmelfahrt Halt machte, um zu beten und das Feld zu segnen. Nun kaufte eine moslemische Familie dieses Haus mit Vorgarten und das als erstes verlangte sie die Entfernung dieses Kreuzes aus ihrem Garten. Die Gemeinde musste diesem Wunsch nachkommen und versetzte dieses Kreuz zum Glück nun ausserhalb des Gartenzauns auf Gemeindeboden. Darum sage ich mir und mit mir noch viele meiner Mitbürger: Wehret den Anfängen.
Liebe Rebekka, was Ihre Angst vor der Islamisierung angeht, kann ich Sie sehr gut verstehen, da wünschte ich mir auch von unserem deutschen Staat Schutz unserer Kultur und unserer Religionsfreiheit als Christen.
wenn ich ein Haus kaufen würde, an dem ein Halbmond oder irgendwelche muslemischen Symbole angebracht wären, würde ich die auch schnellstens entfernen – weil ich kein Moslem bin. Ich würde aber nicht versuchen, die Moslems aus meiner Umgebung zu entfernen! Haben wir denn nicht Religionsfreiheit? Gilt das denn nicht für alle Menschen? Gilt das nur für Christen? Nur für Christen in meiner Nähe? Das erste Merkmal eines echten Christen ist: Toleranz!
Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es ist doch eine andersgläubige Familie. Warum erwarten Sie, dass ein christliches Kreuz auf ihrem Grundstück stehen bleibt, wo sie doch Moslems sind. Sie hätten gerne ein muslimisches Symbol in Ihrem Vorgarten ?
“Der Wunsch sich zu schützen ist falsch”. Sagt wer? Die Schlange zum Kaninchen?
Beim Lesen stellte ich mir vor, wie die Herren Unternehmer und die Herren Bischöfe und die Herren Priester an einem Rotarierabend ein hervorragendes Menü mit sowohl harmonischen als auch überraschenden Geschmackserlebnissen genießen, gerade richtig komponiert vom Maître de Cuisine nicht zuviel und nicht zu wenig vom Besten der Saison und der Region.
Das Volk hingegen bekommt einen Klatscher Labskaus in den Napf geknallt verbunden mit dem Hinweis, dass Unbehagen oder gar Ablehnung dieses
Einheitsbreies schon verdächtig nahe an eine Pathologie kommen könnte……. Da wäre nun alles drin, was es halt so gäbe, Widerstand wäre im Übrigen zwecklos!
(Tut mir leid, die Ironie konnte ich mir nicht verkneifen, es erinnert mich an Wasser predigen und Wein trinken).
Ironie soll das sein? Was hat das denn nun wieder mit Bischöfen und Priestern bei Rotariern zu tun? Sie sprechen in Rätseln.
Pater Hagenkord, die “Schlange” war an dieser Stelle ironisch gemeint….. Vergessen wir es einfach.
Zu den Rotariern: diese Gruppe, der auch Priester und Bischöfe angehören, steht in meinem Kommentar analog zu vielen anderen Gruppierungen, die ebenfalls geschlossene Zirkel bilden, also quasi eine unsichtbare Mauer um sich errichtet haben. Ich finde das grundsätzlich nicht verwerflich, man sollte es aber bittschön auch allen anderen zugestehen Es gibt in bestimmten Bereichen des Lebens gute Gründe, seine Privatsphäre zu wahren, sei es nun als Einzelperson oder als Gruppe. Wenn nun die Schweizer in Mehrheit entschieden haben, dass sie keine unkontrollierte Zuwanderung wollen, von Mauer kann keine Rede sein, so ist das zu respektieren. Das Volk hat hier als Souverän gesprochen, und außer möglichen diffusen Ängsten kann in dem Entscheid ja auch das Selbstbewusstsein der Schweizer zum Ausdruck kommen, als Subjekt die Geschicke ihres Landes mitgestalten zu wollen und das mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Viele betroffene Schweizer sind nicht bereit als Spielball wirtschaftlicher oder ideologischer Interessengruppen zu fungieren. Man kann ja auch mal fragen, warum so viele Menschen in die Schweiz wollen? Weil es da so nett zugeht?
Aber die Schweiz lebt von Europa! Ohne den Binnenmarkt gäbe es den Wohlstand, den so viele bewahren wollen, so gar nicht. Hier geht es nicht um Privatsphäre, sondern um Wohlstand. Ein Blick auf die Plakate zur Abstimmung macht das ganz deutlich. Wenn wir die Probleme der Welt wirklich angehen wollen, dann geht das nur zusammen. Das bedeutet nun einmal Wandel, das geht so seit es Menschen gibt auf der Welt.
Ich sehe in der Entscheidung keine Sorge, Angst oder Unsicherheit, sondern den Egoismus des durchschnittlichen Wohlstandsbürgers in Europa. Wären wir nicht in der EU so gäbe es bei uns ähnliche politische Entscheidungen. Am liebsten würden wir Sinti und Roma aus Bulgarien und Rumänien gar nicht erst reinlassen, von (armen) Nicht-EU-Ausländern ganz zu schweigen.
Die Mauern fallen erst, wenn es auf unserem Erdenball keine Nationalstaaten und keine Hoheitsgrenzen mehr gibt. Ich stelle mir auch vor, dass in einem fernen Sonnensystem mit mehreren intelligent bewohnten Welten solche Mauern von vornherein überflüssig wären, weil die Bewohner jeder Welt im Hinblick auf die anderen Nachbarwelten zu einer größeren, natürlichen Gesamtverbundenheit fähig wären. So ist es eigentlich schade, dass die Schweizer nicht auf dem Mars leben.
Was andere Blogger dazu meinen
http://blog.fefe.de/?ts=ac07f179
Übrigens: “Vor Globalisierung und der Veränderung, die damit einher geht, kann man sich nicht abschotten, man muss sie gestalten. Das wäre die Aufgabe, auch der Schweiz.” …..genauso wie die des Kirchenstaats Vatikan.