
„Bericht aus einer Welt, in der Würde ein Hindernis ist“: Ein Teil einer Überschrift eines Artikels in der SZ vom vergangenen Dienstag, es ging um den Eurovision-Song-Contest. Die Überschrift ist mir hängen geblieben.
Was auch daran lag, dass ich am Freitag an einer Hochschule ein Seminar zu geben hatte, in dem es sowohl um Würde ging als auch um Hindernisse. „Christian Ethics in Journalims – Obstacle or base for professionalism?“ Lautete der Titel, das ganze war Teil eines Vier-Tage-Seminars, das ein Kollege von Radio Vatikan und ich in Lviv in der Ukraine gehalten haben.
Hindernis und Würde also: Damit war ich bereits im Flieger bei der Zeitungslektüre beim Kern der Sache.
Würde war der erste meiner fünf Punkte, die eine christliche Ethik für den Journalismus kennzeichnen. Und zwar durchaus theologisch verstanden: Eine Würde, die sich der Geschöpflichkeit und Ebenbildlichkeit Gottes verdankt.
Beim Zeitungs-Verkaufen und beim Webseiten-Machen scheint Würde tatsächlich manchmal ein Hindernis, wenn es um das Ausbeuten, die Nacktheit, die Direktheit der Kamera geht. Wenn eine Geschichte etwas reißerischer erzählt wird, vom Menschen weg zum Skandal hin bewegt wird. Da werden Menschen – entwürdigt – gerne auch einmal vorgeführt oder lassen sich vorführen. Wer auf Klickzahlen schielt, darf es mit differenzierter, die Würde achtender Schreibe nicht allzu sehr genau nehmen.
Mit Würde also habe ich also angefangen, es folgten die anderen vier Punkte, anhand ich das spezifisch christliche an einer Journalistischen Ethik versucht habe zu debattieren: Hoffnung, Liebe, Glaube, Wahrheit.
Würde, Hoffnung, Liebe, Glaube, Wahrheit
Als erstes musste natürlich angerissen werden, was der Unterschied ist zwischen einer professionellen journalistischen Ethik und einer speziell christlichen. Oder anders formuliert: Was macht ein Christ im Journalismus anders? Viele Dinge sind – wären – von einer Profi-Ethik bereits abgedeckt.
Also haben wir uns anhand der fünf Begiffe auf die Suche gemacht. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die Ergebnisse oder zumindest einige hier vorzustellen, um die Debatte etwas zu erweitern, aber es wurde dann eher persönlich und dialogisch, was sich nicht wirklich im Internet in einem Text darstellen lässt.
Was aber schnell klar war, war die besondere theologische Bedeutung, die die fünf Begriffe haben, über ein Normalverständnis heraus: Gottesebenbildlichkeit zum Beispiel, oder dass Wahrheit ein Name Gottes ist.
Das hat Folgen. Man kann nicht unbedingt sagen, dass jeder und jede gleich reagiert hat oder gleiche Ansichten entwickelt, das Seminar war durchaus kontrovers und spannend. Aber vielleicht ist das ja auch der Sinn: Es geht nicht um Kriterien, sondern um Urteilsfähigkeit.
Ich kann mit an Ethikseminare erinnern, in denen Professoren – ich hoffe, das hier liest jetzt keiner von denen – uns Fälle vorgelegt haben, meist abstrus konstruierte Dilemmata, aus denen wir anhand von ethischen Überlegungen eine Entscheidung treffen sollten. Ziemlich langweilig, weil weltfremd.
In der Debatte im Seminar in Lviv ging es dagegen ganz und gar nicht weltfremd zu, es kamen konkrete und widersprüchliche Sichtweisen auf den Tisch. Urteilsfähigkeit bildet sich genau dort: Wenn man miteinander streitet und sich über die großen Worte wir Würde oder Wahrheit unterhält. Und gleichzeitig dafür sorgt, dass diese nicht abstrakt bleiben.
Unangepasst
Und dann die schwierigste Frage von allen: Ist diese Ethik im Beruf ein Hinderniss oder nicht?
Sie ist ein Hindernis immer dann, wenn man nicht nur Nachrichten oder Geschichten macht, sondern gleich die Werte mit vertreten muss. Konsum und die „Techniken der Überredung“ zum Beispiel, also Werbung. Oder wenn man dem Mainstream folgen muss, weil es das ist, was die Zeitung oder der Sender nun mal sendet.
Christen sind nicht die besseren Journalisten. Aber eine solide christliche Überzeugung kann sehr wohl dabei helfen, frei und gut und unabhängig und ehrlich zu berichten. In diesem Sinne allen Studentinnen und Studenten der Uni in Lviv alles Gute!
Bevor man sich an den schwierigen Begriff der Wahrheit heranmacht (vgl. z.B. Karl Jaspers „Von der der Wahrheit“) wäre es sicherlich lohnenswert, beim Begriff der Gottesebenbildlichkeit einmal ganz praktisch auf den alltäglichen indischen Namaste-Gruß zu schauen, dessen Bedeutung Mahatma Gandhi folgendermaßen erläutert haben soll: „Ich ehre den Platz in dir, in dem das gesamte Universum residiert. Ich ehre den Platz des Lichts, der Liebe, der Wahrheit, des Friedens und der Weisheit in dir. Ich ehre den Platz in dir, wo, wenn du dort bist und auch ich dort bin, wir beide nur noch eins sind.“ Wie armselig nimmt sich da unser „Grüß Gott“, „Guten Tag“ oder „Hallo“ aus! Und auch die Urteilsfähigkeit dürfte nur recht verstanden sein, wenn man eingedenk ist, dass sie lediglich fähig macht, nur einen Teil des Ures, der ganzen Fülle, verlässlich erkennen zu können.
Ich weiß nicht, warum ich diesen Beitrag nach so langer Zeit noch einbringen möchte, doch er wurde zu einem Werk, das mir viel Zeit abverlangte und tief aus meinem Inneren schöpfte, um das wiederzugeben, was ich ihnen heute präsentiere. Im Grunde genommen hat mich der Kommentar von Andreas inspiriert und der erste Satz aus ihrem Beitrag.
Sensibilität ist der menschlichen Würde angemessen, die Hoffnung wachsen lässt, sich an der Liebe nährt, im Glauben an Gott lebt und durch Kunst und Kultur zum Ausdruck bringt, was wesentlich ist. Im Allgemeinen helfen uns Umgangsformen bei den Bemühungen um das Wohlwollen der Nächsten. Das Echo oder auch Rückbesinnung kann dabei in eine Dimension führen, die zur Versicherung der eigenen Existenz beiträgt, indem die differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit unser menschliches Wesen so fördert, das sich aus dem Austausch von Gedanken ein respektvoller Umgang miteinander entwickeln kann. Menschen leben ihre gefühlte Atmosphäre die ihren Anklang findet, indem wir alle das Leben menschlich gestalten. Die dafür nötige Sensibilität zu entwickeln, fördert das Verständnis zwischen Transzendenz und dem Individuum, was geistige Grenzen bricht, um aus dem ganzen Leben zu schöpfen, das Zeit umfasst. Lebendigkeit ist der gefühlte Reinerlös aus Vorzeit und Gedanken um daraus die Wahrheit ans Licht zu führen, die sich durch Herz und Verstand der Sinnlichkeit des Menschen zu erkennen gibt.
Auf der Suche nach dem Wort „Sinn“ in Ihrem Blog fand ich den Beitrag vom 20.05.2013 und möchte dazu folgende Anmerkung abgeben, die mir am 17.12.2015 aufgrund der Abbildung zu Sinn (Wahrnehmung) Gemälde von Hans Markart auf Wikipedia eingefallen ist, die , wie ich glaube hier ganz gut angesiedelt ist:
Eine starke Bindung zwischen „Mutter“, „Gott“ und „Kind“ vermittelt über die Zeit allen Generationen den eigenen Werdegang, um sie der Sinnhaftigkeit aus ihren Handlungen nahe zu bringen, die als wahre Erkenntnis dem Gewissen unterworfen sind. Das Ausmaß und die Tragweite menschlicher Eigenschaften werden durch Gefühle sichtbar und in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit erkennbar.
Wie aber können die natürlichen Fähigkeiten aus den wahrnehmbaren Eigenschaften schöpfen, um das Leben sinnvoll mit dem zu prägen, was angeborene Gewissenhaftigkeit dem Menschen vermittelbar macht?
Der Weg des Lebens wird mit diesen 5 Bildern in meinen Augen zeitlos so zum Ausdruck gebracht, dass er der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit bis zur Aufklärung unterliegt, um dem menschlichen Anspruch des Betrachters als Spiegel seiner Seele zu dienen. Was den Maler seiner Zeit diese Kunst erschaffen ließ, ist ein Anspruch, den man an dieses fünfteilige Kunstwerk anlegen kann, um etwas Sinnvolles für die Gegenwart daraus zu schöpfen. Dabei sich selbst hinein zu interpretieren, um dem Kunstwerk die Aussagekraft zu verleihen, die sein Schöpfer ihm schenkte, als er es schuf.
Die Frau trägt ein Kind menschlicher Natur in die Sinnhaftigkeit der göttlichen Schöpfung, was dem Betrachter Möglichkeiten frei gibt, Wege nachzuempfinden, die in Einklang mit seinem eigenen Werdegang zu bringen sind. Das Kind sitzt im 1. Bild auf der linken Schulter der nackten Frau, entgegen deren Blickfeld, in ihrer rechten Hand hält die Frau einen Schutz für ihre Scham. Das 2. Bild zeigt die Frau mit bedeckter Scham, die rechte Hand am Ohr, die zweite nicht sichtbar. Das 3. Bild lässt die Scham vermuten mit dem Spiegel in der linken Hand, die rechte verdeckt hinter dem Rücken, das 4. Bild mit der rechten Hand an den Rosenblüten, die linke als Hilfe zur Überbrückung der Höhe des Zweiges in leicht abgewendeter Haltung, die Scham bedeckt und das 5. Bild mit beiden Händen an der Frucht eines Baumes, den Rücken zum Betrachter gewendet, die Nacktheit erkennbar.
Allein aus dem Verhältnis zwischen der Schöpferkraft des Malers und der göttlichen Begabung des Betrachters erhält dieses Kunstwerk seine Sinnlichkeit, der es durch das menschliche Werden unterworfen ist, um zeitlos in persönliche Einsichten aus der Gegenwart zu führen.
Um dies auf Ihren Beitrag zu reflektieren, gerade der Journalismus stellt die verantwortungsvolle Aufgabe, Ereignisse so aufzugreifen, dass sie das öffentliche Leben interpretierbar machen, sodass daraus ein sinnvolles Ganzes entstehen kann. Wie Künstler setzen Journalisten ihre Eindrücke in Szene, um damit das wiederzugeben, was den Leser in einen Sachverhalt führen kann, der ihm ohne Journalismus vielleicht nicht zugänglich wäre. Daraus folgt für mich, je unvoreingenommener eine Berichterstattung erfolgt, umso ertragreicher ist deren Aussagekraft für den Leser, je voreingenommener der Verfasser sich äußert, umso persönlicher wirkt das Werk auf die Ansicht des Lesers.
Zurückgeworfen auf das Kunstwerk hätte der Künstler auch seine eigene Familie malen können, doch welch einengende Sichtweise wäre damit auf das Leben frei gegeben worden? So schenkte uns der Maler ein Bild für unsere eigene Vorstellungskraft, das sein Leben durch die Zeit gewinnt, die zwischen Schöpfer und Schöpfung liegt.