Die Predigt, die Papst Franziskus an diesem Sonntag frei hielt, war weniger eine Predigt im klassischen Sinn als mehr eine geistliche Vorstellungsübung. Der Beter soll sich das Geschehen vorstellen und dann seine eigene Position finden, seinen Zugang, seinen Ort im Geschehen.
Bekannt ist das als Methode aus den Exerzitien des Ignatius von Loyola, immer wieder greift der Papst auf diese Tradition zurück, um das gesamte Leben ergreifen zu lassen von dem, was er uns sagen will.
Die Predigt will ausdrücklich die gesamte Woche prägen, Franziskus will uns für die gesamte Woche etwas mitgeben. Also stelle ich sie hier noch einmal ein. Es geht weniger ums Zuhören gestern oder nachlesen heute, es geht um ein meditieren, ein sich sinnlich in die Situation hinein versetzen, ein sich Vorstellen, wo und wie man selber dabei ist und sich in den einzelnen Situationen sieht.
Das geht so: Man lese noch einmal langsam die Passionsgeschichte, im Ganzen oder Stück für Stück und stelle sich die Personen vor, die da vorkommen und dann fragt man sich, was das mit dem eigenen Leben zu tun hat. Genau so, wie der Papst fragt.
Die Predigt des Papstes:
Diese Woche beginnt mit der festlichen Prozession mit den Olivenzweigen: Das ganze Volk empfängt Jesus. Die Kinder, die Jugendlichen singen und loben Jesus.
Aber diese Woche setzt sich fort im Geheimnis des Todes Jesu und seiner Auferstehung. Wir haben die Passion des Herrn gehört: Es wird uns gut tun, wenn wir uns nur eine Frage stellen: Wer bin ich? Wer bin ich vor meinem Herrn? Wer bin ich vor Jesus, der festlich in Jerusalem einzieht? Bin ich fähig, meine Freude auszudrücken, ihn zu loben? Oder gehe ich auf Distanz? Wer bin ich vor dem leidenden Jesus?
Wir haben viele Namen gehört – viele Namen. Die Gruppe der führenden Persönlichkeiten, einige Priester, einige Pharisäer, einige Gesetzeslehrer, die entschieden hatten, ihn zu töten. Sie warteten auf die Gelegenheit, ihn zu fassen. Bin ich wie einer von ihnen?
Auch noch einen anderen Namen haben wir gehört: Judas. Dreißig Silberlinge. Bin ich wie Judas?
Weitere Namen haben wir gehört: die Jünger, die nichts verstanden, die einschliefen, während der Herr litt. Ist mein Leben eingeschlafen?
Oder bin ich wie die Jünger, die nicht begriffen, was es bedeutet, Jesus zu verraten; wie jener andere Jünger, der alles durch das Schwert lösen wollte: Bin ich wie sie? Bin ich wie Judas, der Liebe heuchelt und den Meister küsst, um ihn auszuliefern, ihn zu verraten? Bin ich – ein Verräter?
Wie ein Vorsteher, wie Pilatus?
Bin ich wie jene Vorsteher, die in Eile zu Gericht sitzen und falsche Zeugen suchen: Bin ich wie sie? Und wenn ich so etwas tue – falls ich es tue –, glaube ich, dass ich damit das Volk rette?
Bin ich wie Pilatus? Wenn ich sehe, dass die Situation schwierig ist, wasche ich mir dann die Hände, weiß ich dann meine Verantwortung nicht zu übernehmen und lasse Menschen verurteilen oder verurteile sie selber?
Bin ich wie jene Menschenmenge, die nicht genau wusste, ob sie sich in einer religiösen Versammlung, in einem Gericht oder in einem Zirkus befand, und Barabbas wählt? Für sie ist es gleich: Es war unterhaltsamer, Jesus zu demütigen.
Bin ich wie die Soldaten, die den Herrn schlagen, ihn bespucken, ihn beleidigen, sich mit der Demütigung des Herrn amüsieren?
Bin ich wie Simon von Zyrene, der müde von der Arbeit kam, aber den guten Willen hatte, dem Herrn zu helfen, das Kreuz zu tragen?
Bin ich wie die, welche am Kreuz vorbeikamen und sich über Jesus lustig machten: „Er war doch so mutig! Er steige vom Kreuz herab, dann werden wir ihm glauben!“ Sich über Jesus lustig machen…
Bin ich wie jene mutigen Frauen und wie die Mutter Jesu, die dort waren und schweigend litten?
Bin ich wie Josef, der heimliche Jünger, der den Leib Jesu liebevoll trägt, um ihn zu begraben?
Bin ich wie die beiden Marien, die am Eingang des Grabes verharren, weinend und betend?
Wo ist mein Herz?
Bin ich wie diese Anführer, die am folgenden Tag zu Pilatus gehen, um zu sagen: „Schau, der hat gesagt, er werde auferstehen. Dass nur nicht noch ein Betrug geschieht!“; und die das Leben blockieren, das Grab zusperren, um die Lehre zu verteidigen, damit das Leben nicht herauskommt?
Wo ist mein Herz? Welchem dieser Menschen gleiche ich? Möge diese Frage uns die ganze Woche hindurch begleiten.
Ich habe diese Nacht nicht schlafen können weil ich so sehr in dieser Geschichte war und immer noch bin. So habe ich dieses Passageschichte noch NIE gesehen sondern ehre von außen betrachtet. Ich bin wirklich komplett aufgewühlt und hoffe eine Antwort für mich zu finden, wer war ich, wie bin ich jetzt?
Ja, das sollten alle Menschen sich mal fragen wem sie gleichen. Könnte sein das wir alle von jedem etwas in uns tragen? Bin ich mir fast sicher.
Für mich hat sich die Frage erweitert…Da sich ja Jesus in jedem Menschen offenbahrt, stellte/stelle ich mir die Frage: Wie bin ich zu meinem Umfeld, zu jedem Mitmenschen und dies lässt mich wie Carmen Fink nicht schlafen.
Die Eindringlichkeit und Betroffenheit, mit der Papst Franziskus predigt, trifft ins Herz. Auch mich. Einen Namen aber hat er ausgelassen: Petrus. Tu es Petrus… Ist ihm dieser, der seinen Meister verleugnet hat, zu nahe gegangen, dass er ihn nicht genannt hat?
Petrus wird genannt….er ist der a n d e r e Jünger, der sein Schwert gezogen hat….
und dann auf Geheiss Jesu zur Einsicht kam
Mt. 26,51:” Da hob einer von denen, die mit Jesus waren, seine Hand und zog sein Schwert…” : Dieser Jünger ist unbestimmt und er verleugnet seinen Meister auch nicht, sondern wehrt sich, wenn auch mit falschen Mitteln, für ihn. Die Tragik des Petrus, in der ich auch mich erkenne, wird in Vers 58 ff. geschildert: “”Petrus aber folgte ihm…” und weiter Vers 69ff: Die dreimalige Verleugnung im Hof des Hohen Rates auf die Bemerkung der Umstehenden:”…Auch du warst mit Jesus dem Galiläer. Er aber leugnete…Und dann krähte der Hahn. Da erinnerte sich Petrus an das Wort Jesu, der zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.”
Soll heissen…. es soll kein Hauen und Stechen sein im Namen Gottes
Solche “Spiegelungen” gelingen umso klarer, je mehr einem (hoffentlich) die eigene Mutter (oder eine Ersatzperson) in der frühsten Kindheit ein ungetrübter Spiegel war.