Es geht weiter. Unter den schrägen Bedingungen, die Corona gebietet, und nicht wirklich in einer Form, die man sich aussuchen würde. Aber der Synodale Weg macht nächste Schritte. Rein virtuell. Anders als im eigentlich vorgesehenen Ablauf.
Zu Beginn des Prozesses hatten einige Beobachter geunkt, dass es dieses Format kirchenrechtlich eigentlich gar nicht gebe, es sei rechtlich unförmig. Dass diese Undefiniertheit sich aber auch auf anderer Ebene so drastisch ausdrücken würde, hatten wir alle nicht geahnt. Nicht nur inhaltlich, auch rein organisatorisch muss der jeweils nächste Schritt auf dem Weg neu gefunden und erfunden werden.
Nächste Schritte
Mit Freude sehe ich, dass die Frage, was genau es bedeutet, einen geistlichen Weg zu gehen, diskutiert wird. Mich freut es vor allem, dass diese Frage nicht an die „Offiziellen“ delegiert wird. Aber auch Organisationsfragen, Absprachen, Vorgehens- und Kommunikationswege, das alles will beim Gehen entwickelt werden. Das ist nicht immer einfach und droht auch manchmal, die eigentlichen Debatten zu überschatten. Aber es gehört halt alles dazu.
Bevor es nun in dieser Woche wieder konkret wird, vielleicht noch einmal die Erinnerung, was das alles eigentlich soll.
Missbrauch und Synodalität
Erstens: Der Anlass. Das war die MHG-Studie als Auslöser, aber dahinter liegt natürlich die gesamte Missbrauchsthematik. Es kann so nicht weiter gehen und braucht mehr als ‚nur‘ organisatorische Reformen, es braucht eine neue Selbstvergewisserung von Kirche. Und das bedeutet auch eine Debatte über die strittigen Punkte und den gemeinsamen Weg in die Zukunft.
Die Missbrauchsdebatte hat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Wurzeln der Verbrechen und deren Vertuschung breit sind. Deswegen muss es die Debatte über die Kirche auch sein. Das macht dann längst nicht alles so wie vorher, die Illusion hat wohl niemand mehr, aber es ist die notwendige Klärung dafür, dass das christliche Zeugnis überhaupt wieder zum Vorschein kommt.
Leider gibt es da immer noch massive Hindernisse, man braucht nur den Namen „Köln“ zu erwähnen und allüberall versinken Gläubige vor Scham in den Boden. Das kann nicht außen vor bleiben und wird es auch nicht.
Zweitens: Synodalität. Kirche wandelt sich und braucht neue Formen von Einheit. Oder Leitung und Beratung und Entscheidung, wie man will. Und das Stichwort dafür ist „Synodalität“. Die neue Balance von Vielfalt in Einheit. Dazu trägt der Synodale Weg als Experiment bei. Er nutzt nicht vorgegebene Formen des Kirchenrechts, sondern wagt sich aus der Box heraus. Probiert was, wagt Offenheit. Und wenn wir achtsam sind, dann kann da was entstehen, was zur Entwicklung der Synodalität in der Kirche beitragen kann.
Dazu gehört drittens auch die Frage nach der Demokratie in der Kirche. Papst Franziskus hatte ja einige Bemerkungen gemacht, die von einigen als Kritik verstanden wurden. Auch sein – und nicht nur sein – Reden gegen „Parlamentarisierung“ kam nicht bei allen gut an. Mal so gefragt: kann das Hören auf den Willen Gottes nicht auch Ausdruck in demokratischen Prozessen haben? Dass das missbraucht werden kann ist kein Argument, dasselbe ist mit monarchischer Machtfülle auch passiert. Und zwar reichlich.
Demokratie in der Kirche?
Und dann sind da viertens noch die konkreten Themen. Wie die angegangen werden und was dann dabei heraus kommt kann hier nicht Thema sein, das entsteht alles erst noch. Aber vergessen wir nicht, dass diese Themen nicht einfach so gewählt sind. Sie fokussiere eine Debatte, die es schon lange gibt. Da kommt viel zusammen, an Fragen wie auch an Konflikten. Und es ist gut, dass das debattiert wird. Das allein wäre den Synodalen Weg wert.
Zum Schluss noch eine Bemerkung aus meiner eigenen Perspektive, der Perspektive des Geistlichen Begleiters. Es soll ein geistlicher Prozess sein. Das umzusetzen ist mindestens so schwer wie all die anderen Dinge. Aber ich finde es hilfreich, das als Hilfestellung zu sehen. Ein geistlicher Prozess ist eine Form des Realismus, nicht der Verschleierung. Und diesen Realismus brauchen wir mit Blick auf uns selbst, die Kirche, genauso wie auf das, was Gott von uns will.
Glaube und Zweifel müssen gemeinsam ihren Weg gehen
und sich gegenseitig stützen,
wenn sie nicht von der schmalen, wackelnden Brücke,
die sie heutzutage nicht umgehen können,
in den Sumpf des Fanatismus oder der Hoffnungslosigkeit abstürzen wollen.
Tomas Halik