Kony 2012 ist Thema. Was als kleine Kampagne im Internet begann, hat durch Berichterstattung – morgen früh auf der Titelseite der ‚Zeit‘ – seine eigene Bekanntheit erlangt. Und das ist die Absicht.
„Kony – wer?“ Joseph Kony ist ein ugandischer ‚Warlord’, den der Internationale Gerichtshof seit 2005 sucht. Bis vor kurzem war das in der breiten Öffentlichkeit so gut wie unbekannt, es gibt so viel anderes zu berichten. Spätestens mit dem 30-Mintuten-Film in Internet, produziert von „invisible children“, hat Kony aber eine Berühmtheit erlangt, die ihm selber sicherlich nicht recht ist. Vor 10 Tagen ist der Film ins Netz gegangen, ich selber war heute der 77.672.554ste Anseher. 77 Mio kann sich bei jeder Aktion sehen lassen.
Der Film baut sich als Internetkampagne auf, um durch die Bekanntheit Konys und der Geschichte des Krieges in Uganda den nötigen Druck aufzubauen, dass Kony gefasst und vor Gericht gestellt wird.
Die Bedenkenträger werfen der Kampagne vor, sich vor politische Karren spannen zu lassen, unprofessionell zu sein oder sogar koloniale Perspektiven und Denkmuster zu vertreten.
Ich habe Pater Jörg Alt gefragt, einen katholischen Lobbyisten, wenn man ihn denn so bezeichnen darf. Seine Erfahrung geht auf die Initiative zum „Erlassjahr“ zurück, im Augenblick wirbt er für die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Ist die Kampagne nicht naiv?
„Mag sein, aber es ist anscheinend ihre erste Aktion und vielleicht sogar die erste Aktion dieser Machart überhaupt. Da darf man ruhig auch ein paar Fehler machen. Ansonsten gab es auch zuvor schon Ideen, die als ‚naiv’ belächelt wurden und die dann doch derartig an Kraft gewannen, dass sie schlussendlich fast selbstverständlich wurden – wie etwa die Kampagne für eine Finanztransaktionssteuer.“
Handlungsort der Kampagne ist das Internet, der Erfolg hängt mit dem Hype zusammen. Sich hier zu engagieren hat wenig Folgen und braucht wenig Anstrengung. Ist das nicht zu einfach?
„Wer dies sagt, versteht die Sache nicht. Beispiel Arabischer Frühling: Dort waren Facebook und Twitter Kommunikations- und Vernetzungsmittel, über die Missstände in der realen Welt mitgeteilt und Aktivitäten in der realen Welt vorbereitet und koordiniert wurden. Auch Kony 2012 bleibt natürlich ein zahnloser Tiger, wenn sich der Einsatz auf das Web 2.0 beschränkt. Wer aber das 30 minütige Video gesehen hat, sollte erkennen, dass sich reale Menschen im schwierigen, mühsamen und teuren Geschäft des Human Rights Activismus engagieren: Durch das Sammeln von Geld, das Erfinden kreativer, PR provozierender Aktionen, Klinkenputzen im Kapitol von Washington …
Für mich ist ausschlaggebend für meine positive Einstellung zu dieser Initiative, dass Human Rights Watch, der Catholic Relief Service, vor allem aber Lluis Moreno Ocampo, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Kony 2012 unterstützt. Die Kampagne hat eine ungeheure Energie freigesetzt, was auch überall in den Medien berichtet wird. Die Internetgemeinschaft kann Kräfte binden und einsetzen.“
Informationen, die einer weiteren Meinungsbildung dienen, bitte auf der Facebookgruppe „Kony 2012 Deutschland“ einstellen, um eine fundierte Diskussion zu ermöglichen.