Ostern sein Christsein zeigen: Das ist für viele Christen auf der Welt nicht selbstverständlich. Ägypten gehört spätestens seit dem arabischen Frühling zu den Ländern, wo es zunehmend Gewalt gegen Christen gibt und in dem die Kirchen in Unsicherheit leben; nicht zuletzt hatte die Arabellion mit einem Angriff auf eine koptische Kirche begonnen. Im Augenblick steht Ägypten vor Präsidentschaftswahlen, bei denen westliche Beobachter mit einem Sieg des Kandidaten der Muslimbrüder rechen. Dazu ist Papst Shenouda III., Oberhaupt der koptisch-othodoxen Kirche und damit der Mehrheit der Christen im Land, vor einigen Wochen verstorben. Joachim Schrödel ist Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Kairo. Ich habe ihn gefragt, wie sich Ostern unter diesen Umständen feiert.
„Unsere koptischen Mitchristen feiern erst eine Woche nach uns, nach den Westchristen. Wir sind jetzt gerade die kleine, kleine Minderheit von katholischen Christen, die in dieser Woche feiern, wobei man noch korrekterweise dazu sagen muss, dass viele mit Rom Unierten sich an den orthodoxen Kalender halten. Wie auch immer, wir sind natürlich in einer sehr spannungsreichen Situation. Die Christen haben doch sehr stark Angst vor der Zukunft und das hat sich in den letzten Monaten eher noch verstärkt. Die hoffnungsfrohe Situation, die man normalerweise zu Ostern hat ist eher sehr gedämpft.“
Sie haben in einem Artikel online neulich geschrieben, dass Sie von Gebet umgeben seien. Wie ist das für einen Christen in Ägypten die Gebetsrufe und die Frömmigkeit wahrzunehmen. Ist das für Sie hilfreich auch für das Osterfest?
„Ich muss ehrlich sagen: Ja! Wenn ich den Muezzin höre, und den hört man doch oft genug, dann verstehe ich ja, was ersagt. Und er ruft dreimal aus: Gott ist größer! Dann sagt er, kommt zum Gebet, kommt zum Dienst, zum Niederfallen. Ich glaube, es sind Ausrufe, die wir doch auch beherzigen können, dass Gott immer größer ist, ist schließlich auch eine alte christliche Deutung oder ein christlicher Ruf: Gott ist der größere, Deus semper major, wie es so schön auf lateinisch heißt. Das passt schon mal eins zu eins und schließlich, was noch dazu kommt, wir haben früher immer wieder regelmäßig gebetet. Nicht nur die Priester, eben auch die Laien. Um 6 Uhr morgens und um mittags um zwölf hat die Glocke geläutet und man betete den Engel des Herrn dann noch ein drittes mal um 18 Uhr. Ich sage das immer meinen Christen hier, haltet mal kurz inne, wenn der Muezzin ruft und sendet auch ein Gebet zum Himmel. Ich glaube viele machen das auch inzwischen, wenn man dann eben erklärt, was da gerufen wird. Das wissen normalerweise sehr wenig Leute.“
Sie schreiben in diesem Artikel, dass auch Nichtchristen zu Ihnen kämen, mit der Bitte um Gebet. Sie sind auch quasi auch ein Fürbeter für andere Menschen, selbst für Nichtchristen.
„Ja, man kann eigentlich sagen in Ägypten beherrscht die Religion letztlich alles. Vom Aufstehen bis zum zu Bett gehen. Die Religion ist allgegenwärtig und da spielt es dann keine Rolle, was man genau für eine Fraktion ist, wenn ich das so etwas locker sagen darf. Ich höre Gott sei Dank oft genug auch von Muslimen: Abuna, bitte beten Sie für mich! Das ist eingentlich etwas erstaunliches, wer würde in Deutschland zu einem Sheikh gehen und sagen: bitte bete für mich! Als Christ. Aber hier ist es eine Selbstverständlichkeit, das man immer wieder höre darf: Salini, bitte bete für mich!“
Herr Schroedel ganz herzlichen Dank und ein gesegnetes Osterfest nach Ägypten.
Das ist sehr interessant, Herr P. Hagenkord. Danke für den Bericht.
Eine Form von Oekumene: die Religion des anderen ernstnehmen.
„…die Religion des anderen ernstnehmen.“
…schlußfolgern und erkennen, warum das Christentum in islamischen Ländern so verfolgt wird. Und dann das notwendge Handeln nicht vergessen.