Wo beginnen mit der Debatte? Die meisten Katholikinnen und Katholiken – ob jung oder nicht – sitzen ja nicht drin in der Synodenaula. Die wenigsten werden sich deswegen auch mit dem Material beschäftigt haben, an dem die Synode arbeitet.
Das ist auch vielleicht zu weit, noch zu provisorisch, zu locker und zu wenig präzise, es ist ja auch nicht als fertiges Stück gedacht. Trotzdem findet sich das eine oder andere, worüber zu sprechen sich auch außerhalb der Synode lohnen wird.
Zum Beispiel ein Zitat des Papstes, gefallen vor fast einem Jahr, aber ausführlich zitiert.
Es zeit die Richtung an, in die der Papst Religiosität, Glaube und Kirche denkt. Und möchte, dass sie gedacht werden.
„Ein Glaube, der uns nicht in eine Krise führt, ist ein Glaube in der Krise; ein Glaube, der uns nicht wachsen lässt, ist ein Glaube, der wachsen muss; ein Glaube, der nicht Fragen aufwirft, ist ein Glaube, über den wir uns Fragen stellen müssen; ein Glaube, der uns nicht belebt, ist ein Glaube, der belebt werden muss; ein Glaube, der uns nicht erschüttert, ist ein Glaube, der erschüttert werden muss.“ (Papst Franziskus, Ansprache an die mische Kurie anlässlich des Weihnachtsempfangs, 21. Dezember 2017).
Das ist halt ein Zitat in der so typischen „Sprache der Kirche bzw. Bibel“:
Diese Sprache ist vollgestopft mit Paradoxien. Diese Stilform klingt immer super, ist es aber nicht immer.
Vereinfachen wir das Zitat mal, klingt es gleich weniger überzeugend und schön:
Ein wünschenswerter Glaube muss folgende Punkte enthalten:
Krise, Wachstum, Fragen stellen, Belebung, Erschütterung.
Fragen dazu: Was soll am Status der Krise gut sein? „Wachstum“ (ist gleich Beweglichkeit) bzw. die „Belebung“ als eigene(r) Punkt(e) wird/werden ja eh genannt.
Das „Fragen stellen“ finden viele Kirchenleute zudem eher nicht so phantastisch:
Zwei Beispiele aus dem Leben:
Wenn ich etwa einer Benediktinerin zu viele Fragen stelle, dann gelte ich oft als unfähig in mich zu gehen bzw. geschwätzig – ganz im Sinne von „Verteidige den Glauben und wenn es sein muss mit Worten.“ Heißt: Reden wird nicht sonderlich hoch eingeschätzt in der Tradition der Kirche und meint eine Art Notlösung.“
Wenn ich etwa bei einem „Fortbildungskurs für Kommunionhelfer“ als unter 60jährige, der von einem Priester geleitet wird, teilnehme und zu viel rede, dann wird das irgendwie nicht gern gesehen. Erstens weil ich eine Frau bin und zweitens weil ich jung bin. Ist echt so. Die Laien sind oft noch nicht mal so abgeneigt, aber wenn der Priester dazu tendiert, mir das Wort verbieten zu wollen, dann muss man wirklich den Mund halten und schweigend und lieb in der Gegend rumschauen. Und es gibt gar nicht so wenige Priester, die Spaß dran haben, einen als Frau unter zu buttern. Stichwort: Machtgehabe.
Fazit für mich: In der echten katholischen Welt (also nicht im anonymen Internet) stell ich lieber keine Glaubensfragen mehr. Und hey: ich lebe in Deutschland. Das muss man sich mal vorstellen.
Und zum Punkt „Erschütterung“: Der ist eigentlich wie die „Krise“ ein negativ besetzter Ausdruck. Im Gegensatz zur Krise ist die Erschütterung dadurch gekennzeichnet, dass etwas in Bewegung kommt.
Weiß nicht, mich überzeugt das Zitat nicht – wie gesagt, hört sich schön an – ist eben gut formuliert – aber sagt so viel auch nicht aus.
Also ich finde das Zitat gut und für mich brauchbar.
„Das “Fragen stellen” finden viele Kirchenleute zudem eher nicht so phantastisch:
..
Fazit für mich: In der echten katholischen Welt (also nicht im anonymen Internet) stell ich lieber keine Glaubensfragen mehr.“
Im echten Leben wird bei meinen Fragen eher zu Schulterzucken geneigt; im anonymen Internet ist das Fragen beantworten auch bei manchen nicht so innig geliebt.
Kann Ihrer Erfahrung also leider nicht widersprechen.
Und dass der Papst hier Fragen als etwas begrüßenswertes darstellt, wirkt auf mich auch nicht direkt überzeugend.
Der Papst findet es ja auch gut, wenn man ein ewig „Suchender“ ist. Das kann ich gut nachvollziehen, weil Fragenstellen tatsächlich jung hält.
Aber ich ernte da nur Spott – und zwar von Geistlichen, die nicht mal 40 sind.
Da wird mir dann geraten, Zitat: „Um Erleuchtung und das „Licht“ zu beten. So als wär ich ein wenig bescheuert oder im Zustand der Sünde.
Da kommt man sich nicht verstanden vor (weil die tatsächlich keinen Deut zuhören) und ärgert sich einfach nur über die wirklich maßlose Arroganz von vielen jungen Klerikern, die meinen, dass die Kenntnis des Kathechismus und der Bibel sie zu kleinen unfehlbaren Päpsten macht.
Irgendwie lustig: Genau solche Leute werden heute (zumindest in meinem Bistum) noch Priester.
Dann stellen Sie doch – sofern sinnvoll möglich – einfach hier die Fragen. Vielleicht lassen sich ja Antworten finden.
„im Zustand der Sünde“
Je nachdem was genau gemeint ist, kann man das leicht sein, ohne sich dessen vollkommen bewusst zu sein. Das hat nicht mal was mit Dummheit zu tun.
Z.b. gibt es hochintelligente und gebildete Menschen mit sehr fundiertem Wissen, die in Debatten anregen, dass man doch die Lebensbeendigung von neugeborenen Babys bis zum Alter von 6 Monaten rechtlich den Eltern/der Mutter/den zur Sorge verpflichteten vollkommen freistellen soll; sowas öffentlich ernsthaft zu propagieren ist ziemlich wahrscheinlich etwas, was unter den Begriff „Sünde“ fällt; diese hochintelligenten und gebildeten Menschen sind sich aber dennoch keiner Schuld bewusst.
Die eigene Sünde nicht richtig zu bemerken hat somit nicht zwangsläufig mit Dummheit zu tun.
Falls Ihnen das Priester vermittelt haben sollten, dann waren die mindestens nicht sorgsam bei ihrer Wortwahl.
„Der Papst findet es ja auch gut, wenn man ein ewig “Suchender” ist. Das kann ich gut nachvollziehen, weil Fragenstellen tatsächlich jung hält.“
Ich habe einen gewissen Verdacht, dass einige Fragen, die für mich wichtig sind, beim Papst kein begeistertes Lächeln auslösen würden.
Vielleicht weil sie der Form nach Fragen, der Aussage nach aber Forderungen/Mahnungen sind?
Mh, danke für die Tipps. 😉 Aber ich hab einen Weg gefunden, der praktisch umsetzbar ist in der gegenwärtigen katholischen Welt:
Priester, die ich im echten Leben kenne, haben für mich mittlerweile nur noch die „Funktion“ des Gottesdiensthaltens.
Wenn ich Beichte, dann bei einem Ordensmann, dessen Gesicht ich nicht kenne (also in so einem lustigen Beichtzimmer mit Gitter).
Na, und wenn ich Fragen hab, den Glauben betreffend, dann halt im Internet bei Leuten wie dem Pater Hegenkord, die ich nicht kenne. Da kann ich dann alles Fragen und Schreiben, was ich möchte. Oder ich betreibe das „Selbststudium“ der Bibel – also für mich allein: stell mir selber Fragen.
Bei Fragen zur Lebensführung und in Krisenzeiten geh ich zu einer mir sehr lieben Pastoralreferentin (absichtlich: einer Frau).
Es ist halt schon zum Wundern: der Papst will, dass wir Fragen stellen bzw. uns mit dem Glauben kritisch auseinander setzen (also jeder von uns, auch die Laien), aber mit Geistlichen oder Ordensleuten kann man das eben oft gar nicht so offen.
Es scheint so, als würden die den Papst gar nicht groß wahr nehmen bzw. nicht groß über seinen neuen Kurs nachdenken.
Glaube ist jedenfalls was sehr Spannendes und man kann da sehr kreativ mit arbeiten: auch in der Kunst. Ich find das herrlich.
Aber die Priester sehen oft nur die Dogmen oder Gesetze und die schränken ein.
Grad kreative Menschen wenden sich deswegen auch ab von der Amtskirche und leider auch Volkskirche.
@Amica
Ich habe ganz andere Erfahrungen als Sie gemacht, obwohl ich auch eine Frau und unter 50 bin.
Ich finde immer noch nicht alles an der Institution Kirche toll, aber ich habe Geistliche und Ordensleute gefunden, bei denen ich in meinen Glaubensfragen auch mal Tacheles reden kann und von denen ich mich ernst genommen fühle.
Auch beim Beichten bevorzuge ich die „gegenteilige Methode“ und mache nur noch Beichtgespräche bei mir bekannten Geistlichen aus. Diese Beichten bringen wirklich was.
Man muss sich die Vertrauensleute aber suchen (wie auch gute Ärzte, Werkstätten etc.) und das gute Verhältnis muss auch wachsen.
Vielleicht erfüllen Sie, liebe Christa, ja die Vorstellungen der katholischen Kirche besser als ich:
Ich bin im Grunde eine Art „Antikatholikin“: nicht verheiratet, erst im Erwachsenenalter in der Kirche mehr oder eher minder „heimisch“ geworden, keine Kinder, künstlerisch aktiv, abgeschlossenes Kunststudium, kein wirkliches Gemeinschaftstier, zu nichts nütze. 😉
Selbst bei Gesprächen mit Ordensfrauen hab ich oft gemerkt, dass mir zwar zugehört wird, aber da eigentlich nie Interesse an meiner Person da war.
Die Ordensfrauen haben leider auch ihre Denkweise wie eine Frau außerhalb eines Ordens leben sollte.
Ein Tipp (der sympathischste – übrigens von einer Benediktinerin) war etwa: „Wie wär’s denn mit Mamiwerden“, ein anderer Tipp: „Gehen Sie doch mal einen stringenteren Weg – seien Sie weniger sprunghaft! Berufung sieht anders aus.“ Und die dritte Schwester war immer drauf erpicht, mich komplett umzumodeln und im Grunde fühlte ich mich meistens unwohl bei ihr: sie ist auch eine so 100 Prozentige – eine, die vermeintlich alles weiß.
Da fühlt man sich einfach nur noch wie ein missglückter Mensch.
Aber in letzter Zeit hab ich begriffen, dass nicht ich „falsch gewickelt“ bin, sondern die Schwestern einfach keine Menschen wie mich kennen und sich deshalb nicht in mich reinversetzen können.
Ich bin den Schwestern auch nicht böse: das sind Frauen, die haben wirklich viel zu tun und müssen immer für jeden ein offenes Ohr haben. Aber – und jetzt kommt das große und wichtige „Aber“: mir tut der Umgang nicht gut und deshalb bleib ich lieber da, wo ich herkomme: im Bereich und Umfeld „Kunst“.
Trotzdem find ich Kirche und Gottesdienste schön – aber ich reduzier das einfach mehr.
PS: Und kommen Sie mir jetzt nicht mit der „Künstlerseelsorge“.
Die betreffende Person hab ich mindestens drei mal per Email kontaktiert und bis heute immer noch keine Nachricht erhalten. Wohl völlig überlastet. Ich drück es sehr freundlich aus. 😉
Wie gesagt: Kunst und Religion das sind zwei Welten, die leider nicht zusammen passen obwohl sie sich doch so viel zu sagen hätten.
Wer als erster von beiden da nicht zugehört hat (ignorant war), das will ich nicht beurteilen.
Hab keinen Bock mehr, mich noch groß aufzuregen.
Den Dialog such ich jedenfalls nicht mehr.
Ich produzier meine Bildchen und die Kleriker sollen ihre Gottesdienste halten und gut is es.
Tschuldigung für die falsche Namensschreibung