Benedikt XVI. hätte nicht zurück treten sollen. So sagt es der FAZ-Journalist Christian Geyer in der neuesten Ausgabe der theologischen Zeitschrift Communio. Dort werden Stimmen zum 90. Geburtstag gesammelt, eben auch die Stimme von Herrn Geyer.
Sein Grund für diese Überzeugung liegt – wenn man das Stück liest – nur zum Teil in der Wertschätzung für den emeritierten Papst, sondern vielmehr in seiner Kritik an dem, was danach kam. Also an Papst Franziskus. Auch wenn der Name nicht fällt.
Geyer sagt, dass sich Papst Franziskus der argumentativen Vermittlung von Tradition und Reform verweigere. Das Risiko: Das Christentum werde eine „intellektuell belanglose“ Angelegenheit.
Zugegeben, Herr Geyer nennt davor noch zwei andere Gründe für seine Einschätzung des Rücktritts, und beide haben mit Argument drei zu tun: es geht um intellektuelles Nachvollziehen, um Wichtigkeit der Gottesrede und so weiter. Kein langes Stück, aber pointiert.
Der Papst-Kritiker Geyer hebt sich damit wohltuend von vielen anderen Kritikern ab. Man muss das nicht teilen, was er sagt, aber es ist Ernst zu nehmen.
Die Maßstäbe Roms
Rom setze keine Maßstäbe mehr, sagt er. Und genau da widerspreche ich. Rom – gemeint ist der Papst – setzt Maßstäbe. Nur nicht da, wo er sich das wünscht. Benedikt XVI. hat in seiner eigenen Art, denkend, sprechend, schreibend dafür gesorgt, dass die Vernunft und der Glaube immer beide im Spiel blieben. Dem habe ich ja auch hier an dieser Stelle immer und immer wieder versucht zu nachzugehen.
Das bedeutet aber nicht, dass Papst Franziskus nun daran gemessen werden muss. Die Vermittlung von Reform und Tradition findet sehr wohl auch heute statt, mag ich einwerfen, nur anders. Es ist nicht das intellektuelle Argument, nicht die Tiefe der Kenntnis um Kirchenväter und Philosophien, welche diese Vermittlung kennzeichnet. Dafür ist es medial direkter, erreicht ganz andere Teile der Kirche, ist ein Vorbild an Authentizität und Jesusnachfolge und spricht von einer Freude am Glauben, zu der der Papst noch nicht einmal den Mund öffnen muss, das sieht man einfach.
Das halte ich persönlich für eine sehr effiziente Vermittlung von Reform und Tradition, auch wenn wir uns vielleicht von der Form her erst noch daran gewöhnen müssen.
Auch die Tradition erschöpft sich nicht in Büchern und wird nicht in Bibliotheken gefunden; Tradition ist auch die Tradition der Aufbrüche, des Unfertigen, der Dynamik, all das ist und war immer auch Kirche, nur nicht einer Kirche, die sich in Büchern niederschlägt.
Dies ist auch eine wichtige Vermittlung. Eine Reduktion auf das intellektuelle Argument – so wichtig das auch ist – ist aber letztlich genau so einseitig wie das Gegenteil es wäre.
Wer das Stück nachlesen möchte, muss im Heft Communio März/April 2017 auf Seite 212 nachlesen.
Ich denke gerade Papst Franziskus rührt das Volk an, denn ich gehöre schließlich auch dazu. Er füttert nicht die weiter, die von ihrem Intellekt auch ohne Papst sehr gut leben können, nein, er wendet sich denen zu, die sich im Vertrauen auf Gott täglich im Glauben stärken und dem Papst dafür danken, dass er es ihnen gleich tut, in Wort, Werk und Tat.
Schon wieder eine Lobeshymne von mir für den Papst, ich weiß, doch er spricht mir so sehr aus der Seele, dass ich ihm gar nicht genug dafür danken kann. Ich hoffe und bete dieser Papst möge noch lange die Kraft haben, die sein Amt fordert, um es in ganzer Würde zu erfüllen.
Danke!
Ich schließe mich voll-inhaltlich an, geistig und emotional.
Liebe Roswitha Steffens,
grundsätzlich denke ich auch so. Ich bin glücklich mit diesem Papst, und ich bete auch für ihn! Aber warum der pauschale Unterschied zwischen “Volk” und “Intellektuellen”? Garantiert gibt es Mischungen – vielleicht heißt es in der Fachsprache “Chemische Verbindungen”… Menschliche Verbindungen, Herzenssache, “…Herz über Kopf…” (wie sympathisch intellektuell – DAS muss man erst mal formulieren können!!!)
Mit meiner Aussage wollte ich im Grunde genommen aufgreifen, dass das Volk durch seinen gemeinsamen Intellekt mit dem Papst die “Einzel-Intellektuellen” zu erreichen versucht.
Vielleicht ist mein Wunsch Träger des Gedanken und stärkt die Hoffnung auf dessen Empfangsmöglichkeiten.
Es ist für mich oft schwer meinen Worten den Ausdruck zu verleihen, der in meinem Herzen wohnt, denn unser “Wortschatz” hat sich in einer Art weiter entwickelt, die meist lebt, ohne Rücksicht auf die Mitmenschen zu nehmen, die davon betroffen sind. Damit sorgen diese “intellektuellen Einzelkämpfer” für zusätzliche Fragen, die oft mehr Verwirrung als Aufklärung stiften.
Eigentlich will auch ich nur verstehen, was uns Gott zu sagen hat und glaube deshalb, dass er auch mich täglich dazu ermuntert meinen persönlichen Beitrag zum Leben zu leisten.
Da schrieb ein Kluger:
„Die bestimmten Ausleger einer solchen Schrift sind eben durch dieses ihr Geschäft selbst gleichsam geweihte Personen, und die Geschichte beweist, dass kein auf Schrift gegründeter Glaube selbst durch die verwüstendsten Staatsrevolutionen hat vertilgt werden können; indessen dass der, so sich auf Tradition und alte öffentliche Observanzen gründete, in der Zerrüttung des Staats zugleich seinen Untergang fand.“
Bin ich froh, dass Franziskus die Schrift als wichtig erachtet und die Tradition der roten Schuhe weglässt. So haben wir die Möglichkeit der Zerrüttung und dem Spengler-Untergang zu entgehen.
Es ist ja sehr verbreitet, daß fast jeder nach 1 – 2 Minuten eine unverrückbar feststehende Meinung zu etwas hat. Ich finde nicht, daß Papst Franziskus nicht intellektuell ist, er liest sehr genau und wägt sehr genau ab, das merkt man, daß er das – mehr im Hintergrund – getan hat und tut. Papst Benedikt hat aber über seinen Nachfolger gesagt, er könne viel leichter und offener auf die Menschen zugehen als er es konnte. Das stimmt wohl. Andererseits kann er wohl nicht Klavier spielen, wie Papst Benedikt, aber an seinen Texten merkt man, daß er musikalisch ist. Ob jetzt aus so ein paar kleinen so große Unterschiede, ja alternative Gegensätze konstruiert werden müssen? Man könnte auch die Kirche im Dorf lassen.
….wollte eigentlich viel mehr schreiben, einen längeren Text zu dem Thema der aber auch zum vorherigen Artikel passt, bin aber heute zu MÜÜÜÜÜDÄÄÄÄ!!! um noch viel zu schreiben.
Deswegen nur ein Punkt der ganz wichtig ist um Franziskus zu verstehen:
Er ist gelernter Chemiker. Und als solcher analysiert er die Wirklichkeit und zieht seine Schlüsse aus ihr, statt der Wirklichkeit, wie es die [zensiert] Ökonomen machen ein starres abstraktes Modell überzustülpen.
Ab und zu macht er auch mal etwas falsch, aber er ist ja auch nur ein Mensch. Prinzipiell ist er auf dem absolut richtigen Weg. Er ist auf dem richtigen Weg. Er hat definitiv die richtige Richtung eingeschlagen und auch wenn ich seit 2017 einer wirklich tollen (wenn man von der verschlafenen Jugendarbeit absieht) anderen Kirche angehöre wo ich mich wohlfühle, bin ich doch sehr sehr dankbar daß es ihn gibt und daß er heute da ist.
Und ein ganz wesentlicher Grund weswegen er diesen absolut richtigen Weg geht ist, daß er gelernter Chemiker ist. Das Labor, das praktische Arbeiten, das genaue Analysieren und die Ergebnisse akzeptieren müssen, hat ihn geprägt.
Ich erinnere mich an Gründonnerstag 2013. Ich hatte das im Autoradio gehört. Das Konklave hat mich nicht interessiert, aber als ich das am Gründonnerstag im Radio hörte, als er da in den Knast ging, meine Güte, ich hatte fast einen Unfall gebaut, in der Sekunde habe ich alles kapiert. Ich habe eine schnelle Auffassungsgabe, aber noch nie habe ich so enorm viel so ultraschnell begriffen. Das war eine Sekunde (und ein Beinaheunfall) die ich nie vergessen werde.
Jetzt gute Nacht, falle fast vom Stuhl.
Ups, Korrektur:
“auch wenn ich seit 2017 einer wirklich tollen (wenn man von der verschlafenen Jugendarbeit absieht) anderen Kirche angehöre wo ich mich wohlfühle”
Gemeint war seit 2010! Peinlich…
Ich bin seit 2010 altkatholisch!