
Die Welt ist fasziniert von Papst Franziskus. Auch wenn das große Aufsehen vor allem in den Medien nachgelassen hat, so sind die Reaktionen auf diesen „Neuen“ im Vatikan immer noch von Begeisterung und Zuspruch geprägt.
Vor allem die Morgenmessen haben ihr eigenes Publikum gefunden, daneben aber auch die vielen Gedanken und Formulierungen aus Predigten und Ansprachen, denen der Papst in seiner ihm eigenen Direktheit einen ganz eigenen Charakter gegeben hat.
Auf die gleiche Weise findet er aber auch Widerspruch: Wie kann er etwa die Flüchtlinge in Lampedusa so sehr in den Fokus rücken ohne die politischen Rahmenbedingungen anzugehen? Oder kürzer formuliert: Ist er nicht etwas naiv?
Am Montag wird der Papst nach Brasilien aufbrechen und wir bekommen – so der Plan – etwa fünfzehn Ansprachen, Predigten etc. des Papstes. Vielleicht ist es deswegen Zeit, sich etwas vorzubereiten. Ich möchte – auf die Vorarbeit meines Mitbruders P Andrzej Koprowski zurückgreifend – einige Schlüsselbegriffe vorstellen, die hilfreich sein könnten, den Papst in der kommenden Woche zu verstehen.
Erstens: Die Kirche gehört nicht uns, sie ist die Kirche Christi. Planungen und auch Reformen müssen zuerst die Frage stellen, was Christus von mir will und dann was Christus von uns, der Kirche, will. Dieser Gedanke findet sich immer wieder in seinen Predigten und Ansprachen.
Zweitens: „Auf dem Weg“, „lebendiger Stein“, „nicht langweilig“, „auf den Spuren Jesu“, das sind alles Charakteristiken eines Christen, wie der Papst ihn beschreibt. Dazu gehören andere, meist sehr einfach formulierte packende Beschreibungen. Er nennt genauso häufig aber auch das Gegenteil, ganz und gar nicht christliche Charakteristiken: „Gesicht wie eine Chili in Öl“, „Sklaven der Dinge“, „Karrierismus“, letztlich alles was den christlichen Glauben als etwas versteht, was dem Christen einen festen Platz in der Welt und in der Gesellschaft verschafft, was traurig aussehen lässt. „Wo ist der Heilige Geist, der vorwärts drängt?“, fragt da der Papst.
Drittens: „Der Glaube ist kein Rückzugsgebiet für Menschen ohne Mut, sondern eine Ausweitung des Lebens“ (Lumen Fidei 53). Das ist kein Plädoyer zum Aktivismus, sondern die Beschreibung des Glaubens als etwas grundsätzlich sozialem. Glaube gehört mir nicht, er schützt mich nicht vor der Welt, sondern gehört in die Welt, die Familien, die Gemeinden, in die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir sind komplementär als Mann und Frau geschaffen und grundsätzlich soziale Wesen. Genau dorthin gehört der Glaube.
Viertens: Wir sind alle Teil der Schöpfung, des Kosmos. Deswegen ist es unsere Aufgabe, diese Schöpfung zu schützen, ganz persönlich aber auch – wie der Papst diplomatischen Botschaftern mit auf den Weg gegeben hat – auch politisch und ökonomisch. Wir sind aufgerufen zu versuchen, den Schöpfungscharakter der Welt zur Grundlage des Umgangs und Tuns zu nehmen. Wichtig: Das ist nichts rein Christliches, das ist etwas Menschliches, das alle Menschen betrifft (Antrittspredigt 19. März). Papst Franziskus nennt den heiligen Josef, der Schützer sei, weil er zu hören verstehe und sich leiten lasse.
Dazu gehören aber auch die „Herodes“ der Welt, die das Gegenteil wollten, Tod und Zerstörung zur Förderung ihrer eigenen Interessen und aus ihrer eigenen Angst heraus.
Schutz der Schöpfung bedeutet deswegen auch, das eigene Herz und die eigenen Gefühle zu beachten, denn dort hat das Handeln seinen Ursprungsimpuls.
Fünftens: Die wirtschaftliche und finanzielle Krise der Staaten und Gesellschaften, in der wir im Augenblick leben, ist zunächst eine zutiefst menschliche Krise, eine „Krise des Menschen selbst“. Wie leben in einer Welt, in der der Mensch in einer Abfallkultur lebt, also keine Wertschätzung kenne. Alles, was nicht unmittelbar dient, wird weggeworfen, bis hin zum menschlichen Leben, das keinen Nutzen erkennen lässt. Auf Lampedusa hat Franziskus das die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ genannt.
Die Wurzel findet sich laut Franziskus in der Vorstellung der absoluten Autonomie eines jeden Einzelnen, es entsteht eine „unsichtbare, ja virtuelle Tyrannei“. Das Unterwerfen des Staates unter diese egoistischen Prinzipien wird dadurch noch schlimmer gemacht, dass Korruption das auch noch zum individuellen Vorteil Einzelner ausbeutet: Die Kultur des Habens und Besitzens kennt keine Grenzen mehr.
Gott ist eine Gefahr für dieses Denken, denn er führt aus dem Sklavenhaus hinaus in die Freiheit.
Sechstens: Offene Türen! Keine Angst vor dem Nächsten zu haben und sich nicht gegen ihn abzuschotten bedeutet, offen zu sein. Diese offenen Türen funktionieren in beide Richtungen, wir nehmen andere auf und gehen durch sie hindurch, bis an die „Peripherien“ des Lebens.
Wie? Durch Dialog. Der Dialog baut Brücken zwischen Menschen und lässt ihn als Bruder und Schwester, nicht als Konkurrenten erkennen. Dialog ist nicht so sehr eine Methode als eine Haltung.
Dieses Brückenbauen ist aber ohne Gott nicht möglich. Umgekehrt gilt das Gleiche: Man kann keine Gottesbeziehung leben, ohne Brücken zum Nächsten zu bauen. Das gelte für jeden Einzelnen, aber auch für Kulturen und Religionen – Papst Franziskus nennt hier ausdrücklich den Islam und die Nichtglaubenden.
Siebtens: Papst Franziskus spricht oft und vor allem während der Morgenpredigten über die Wirklichkeit der Kirche, wie sie ist und erscheint. Vor dem Weltjugendtag lohnt es sich vor allem einen Punkt herauszuheben: Ängstliche Christen schaden der Kirche. Ohne Horizonte, ohne Mut das Evangelium zu verkünden oder auch nur ohne Mut zu beten machen wir die gesamte Kirche ängstlich. Das ist dann die „weltliche“ Kirche, unfähig das Kreuz zu tragen, das Teil des Lebens der Kirche und der Christen ist.
Achtens: Gott vergibt, immer. Wie schwach, sündig, suchend wir auch sind, die Barmherzigkeit und die „zärtliche Liebe“ Gottes, von der Papst Franziskus immer und immer wieder spricht, sind sein stärkstes Thema. Beginnend mit seinem ersten Angelusgebet betont er immer wieder die Barmherzigkeit Gottes uns gegenüber: Gott ist offen, Gott hat offene Arme, wir dürfen immer zu ihm gehen, ihn bitten, uns Gott anvertrauen.
Das Wort „zärtlich“ [tenerezza] ist keines, was im deutschen kirchlichen Sprachgebrauch alltäglich ist, weswegen es seine ganz eigene Kraft entfaltet. Papst Franziskus legt großen Wert darauf, Gottes Liebe genau so zu beschreiben. Auf unserer Seite entspricht dem die Großherzigkeit, auf die Papst Franziskus immer wieder zu sprechen kommt.
Neuntens: Besonders zum Weltjugendtag lohnt es sich, noch einmal das zu betonen, was Papst Franziskus zur und über die Jugend gesagt hat. Das Neue an der Botschaft Jesu ist nicht wie das Neue, das wir aus der Welt kennen, es ist nicht vorläufig. Der Papst legt großen Wert auf diesen Gegensatz: vorläufig – gültig, besonders in Begegnungen mit Jugendlichen. Gott macht im Heiligen Geist die Welt neu und das eigene Leben neu, aber eben nicht wie die Welt um uns herum schnell und dann wieder vergessen. Die Welt ist immer auf der Suche nach Attraktion und Neuigkeit, die vorläufig ist. Papst Franziskus wirft der „Kultur des Provisorischen“ vor, wirkliche Entscheidungen schwer zu machen. Gott dagegen verwandelt, und diese Umwandlung bleibt (Predigt 28. April, Anglus 23. Juni). Auf menschlicher Seite hat das Hoffnung zur Folge, Gott verwandelt und wir leben in der Hoffnung.
Aus dieser Hoffnung heraus kann man – kann vor allem die Jugend – gegen den Strom des Zeitgeistes und damit des Provisorischen schwimmen. Die Jugendlichen sind die ersten, die das können.
Andrzej Koprowski SJ, Bernd Hagenkord SJ
Papa Franziskus ist ein Geschenk für uns alle, für das wir nicht dankbar genug sein können. GOTT schütze ihn.
Auch ich empfinde Papst Franziskus als ein Geschenk Gottes an die Kirche und sogar an die ganze Christenheit.
Man spürt: Papst Franziskus “verkauft” nicht sich selbst, sondern zeugt Leben aus dem Evangelium Jesu Christi, durch das und aus dem er selber lebt.
Zu Erstens:
Entschuldigung, dass ich widerspreche, aber ich persönlich würde das eher so sehen:
Im Namen und auf Geheiß unseres himmlischen Vaters hat “Jesus der Christus” uns Menschen allen diese Kirche gestiftet.
Die Kirche gehört nicht nur Christus, sondern sie ist auch Christus. So sind wir auch alle in Christus die Kirche Christi.
Ich bin mir sicher, dass er nicht erst die Gläubigen fragt und dann die Kirche, denn Planungen und Reformen gehören der ganzen Kirche an und somit auch die Mitbestimmung aller Gläubigen Christen und nicht ein Diktat einiger weniger privilegierter Amtsträger in allen Angelegenheiten dieser unserer Kirche.
Dann könnten wir gläubigen Christen mit Freude sagen, wir, die Gemeinschaft sind Kirche. Für uns wäre es dann auch leichter nachzuvollziehen und zu erkennen, dass diese Kirche für unser aller Wohlergehen und zur Erlangung unseres ewigen Heiles bei Gott in der ewigen Herrlichkeit und nicht als Selbstzweck für eine kleine bestimmende Minderheit, geschaffen ist. Gott liebt uns uneingeschränkt und ist darauf bedacht, uns stets als seine treuen Schäflein um sich zu haben. Er ist auch täglich unter und bei uns, so dass wir nie ohne seine Begleitung und seines Schutzes durch seine himmlischen Helfer sein müssen. Hier haben wir auch zu jeder Zeit Gelegenheit zum direkten gedanklichen Gespräch im Gebet mit ihm ohne dabei die ganze Kirche als Vermittler anrufen zu müssen. Erst liebt er jeden einzelnen von uns und dann in uns allen die Gemeinschaft. So verstehe ich die Hl. Schrift.Wenn wir die himml. Helfer bei Problemen anrufen (nicht anbeten, da nur Gott angebetet werden darf und das die Helfer auch nicht wollten) und um Hilfe bitten, können wir uns ihres Beistandes stets garantiert sicher sein, sofern wir das in guter Absicht tun. So ist es auch die Aufgabe aller gläubigen Christen, nicht nur des kirchl. Amtes, das Wort Gottes und die Lehre unseres „Jesus der Christus“ weiterzugeben und anderen nahe zu bringen.
Wir gläubigen Christen alle, sind die eine, allumfassende, universale „Christliche Kirche im Leib Christi“.
Das kirchliche Amt sehe ich eher in administrativer Funktion. Die Aufgabe aller Kleriker sehe ich darin, Diener Gottes und des „Jesus der Christus“ sowie Hirten ihrer Herde zu sein. Den Papst sehe ich dabei als Verwalter Gottes auf Erden, der auch allein nur dem Dreifaltigen Gott verantwortlich ist. Eine wahrhaft verantwortungsvolle und stets fordernde Berufung eines Menschen für die Sache Gottes. Zwischen Klerikern und den gläubigen Christen dürfte nach der Lehre Christi, außer in der Lehr- und Hirtenausbildung als Berufene, menschlich und personal kein Unterschied sein. „Wer dabei der Größte sein will, soll der Diener aller sein, sagt Jesus der Christus“.
Aber, bitte sehen Sie es mir nach, in dieser Hinsicht scheint das kirchliche Amt sich zu ungunsten der gläubigen Christen fehl entwickelt zu haben. Für mich ist hier ein deutliches Über-/Unterordnungsverhältnis zu ungunsten der gläubigen Christen, ohne Amt vor Ort, bewusst und gewollt vom Amt aufgebaut und ausgelebt worden.
So ist nun mal meine Sicht der Dinge. Euch allen Gottes Segen.
Ja, lieber Dolorus, ER liebt jeden Einzelnen von uns in allererster Linie, so wie wir sind, und nicht mal, weil wir uns für IHN entschieden haben, das glaube ich auch, Die I)nstitution Kirche besteht auch nur aus solchen Menschen, aber es sind alles Menschen, die das sicher auch wissen, denn sie sind ja im Gegensatz zu mir auch noch besonders theologisch ausgebildet, daran zweifel ich gar nicht: ER liebt sie, und sie machen ebenso Fehler wie Sie und ich, und haben z.T. Ansichten und Erkenntnisse, die so unbedeutend wie meine oder Ihre vor Gott sein mögen. Ein Gott – Vater / Christus/ Jesus -, der mich liebt, so wie ich bin, in dessen “Umarmung” kann ich mich absolut geborgen fühlen, und dafür brauche ich kein weiteres menschliches Urteil, Allerdings musste ich es von jemandem erfahren, dass es IHN gibt, Das hat mir die Gemeinschaft der Glaubenden vermittelt, einschließlich ihren Priestern. Ich hatte Glück, denn ich gehöre zu der Generation, die von BEGEISTERTEN des II. Vat. Konzils , von Aufbrechenden, von offenen Theologen, in die Reifezeit und die Erwachsenenwelt begleitet wurde. Es gibt doch noch immer genug Lebende von denen, und auch genug “Infizierte”! Mich beeindruckt Papst Franziskus mit seinem liebevollen Auftreten und seiner Art der Verkündigung, die er konsequent lebt. Dass die weltweite Gemeinschaft dieser Glaubenden eine Struktur braucht, um Inhalte des christlichen Glaubens im Rahmen dieser Kirche zu vermitteln – in allen möglichen Formen in diesem Sinn -, ist doch aber unerlässlich, finde ich. Wir Menschen können jeden Tag neu anfangen, unser Verhältnis zu Gott / Christus / Jesus in SEINEM Sinn in Ordnung zu bringen – ich genauso wie jeder Andere.
@ Dolorus: Ja, man kann es so sehen, dass es eine unbiblische Entwicklung in Richtung eines Über-Unterordnungsverhältnisses gegeben hat. Papst Franziskus – und dies ist das wiederkehrende Motiv seiner Predigten – betont immer wieder den Dienstcharakter des Amtes, ohne den die verliehene geistliche Macht missbraucht wird. Neben der Gefahr der Fehlentwicklung in Richtung Überordnung besteht allerdings auch die Gefahr der Gleichmacherei, in der die verschiedenen Aufgaben innerhalb der Kirche verwischt werden. Gegen beides muss vorgegangen werden.
Sie sprechen hier den Unterschied an zwischen dem wie es sein soll und dem wie es tatsächlich ist.. Außerdem nehmen Sie säkulare Maßstäbe und messen daran die Kirche. Die kirchlichen Ämter werden von Menschen ausgefüllt und daher werden Machtpositonen missbraucht. Das ist leider so. Das Priesteramt soll jedoch ein dienendes Amt sein. Hier kommt Ihre säkulare Perspektive ins Spiel. Man kann das Weiheamt in der Kirche, so wie es von Chritus gestiftet ist und ausgeübt werden soll, nicht mit einem weltlichen Amt vergleichen. Es ist also nicht per se eine privilegierende, Macht gebende Angelegenheit. Deshalb verdient der “Klerikerstand” nicht aus Prinzip Kritik und braucht Kontrolle und Gegengewicht, wie das in Demokratien der Fall ist. Es handelt sich also nicht um eine dem Evangelium entgegenstehende Fehlentwicklung, sondern im Gegenteil. Wir sind nur schon so gewohnt, ausschließlich säkular zu denken, dass wir was die Kirche angeht, Legastheniker geworden sind.
Diesen guten Wünschen schließe ich mich an.
Papst Franziskus, ich wünsche Ihnen eine gute Reise !
Es wird für den besuchten Kontinent und für die gesamte Kirche eine sehr wichtige Reise.
Ich wünsche Ihnen viele sehr gute und gewinnbringende Treffen, z.B. mit den Ureinwohnern Brasiliens. Diese sollen auch so bleiben dürfen wie sie sind.
Und vor allem wünsche ich Ihnen: Kommen Sie wieder gut “heim” (in den Vatikan, wobei Sie ja gerade auf dem besuchten Kontinent, aber auch überall zuhause sind).
Zu Zweitens:
In den von Papst Franziskus treffend sinnbildlich beschriebenen Eigenschaften werden wir uns wohl alle immer mal wieder im Laufe unseres Lebens erkennen und finden können. Wir sind und bleiben eben nur fehlbare, aber wie ich meine, meist auch reuige Abbilder Gottes. Auch das finde ich eine Eigenschaft von uns Menschen, die Gott gerne an uns erkennt, anerkennt und uns deshalb immer wieder in seiner großen Liebe und Barmherzigkeit durch seinen verzeihenden Großmut erneut stabilisiert und an sich zieht. Sehr im Gegensatz dazu, wie wir Menschen oft vorgehen, finde ich und erkenne dies gelegentlich auch bei mir. Dabei halte ich es aber für dringend notwendig, dass wir unser aller Lebensziel, nämlich die ewige Herrlichkeit, nicht aus dem Blickfeld verlieren. Der Heilige Geist, der vorwärts drängt ist, so sehe ich es wenigstens, ein Geduldiger. Er ist aber immer in unserer Nähe, ebenso wie der Vater und der Sohn, so dass unsere göttliche Führung allumfassend präsent in und bei uns ist. Deshalb sollten wir und auch der Hl. Vater nicht ungeduldig sein und ihn drängen, sondern zum Hl. Geist und für Papst Franziskus und für Papst em. Benedikt XVI. um den Hl. Geist und seine Kraft für sie beten.