Das Sprachspiel war einfach zu schön, um es liegen zu lassen. Während er im vergangenen Jahr eine „Liste kurialer Krankheiten“ aufgezählt habe, bringe er in diesem Jahr die Antibiotika dazu mit. Aber auch ohne diese spontan eingefügte Bemerkung wird bei der Ansprache vor der Kurie in diesem Jahr klar, dass die diesjährige und die letztjährige zusammen gehören. Die fünfzehn Versuchungen und die 24 Tugenden, aufgeteilt in 12 Paare, die sich gegenseitig stützen, würde ich sagen. Jeweils eine Tugend sorgt für die Schwächen oder Übertreibungen der anderen. Geistlich sehr klug.
Nun geht es bei beiden Reden um eine Reform. Weniger um die Reform der Strukturen, obwohl natürlich auch die folgen muss. Es geht dem Papst um eine Reform der Haltung, einzeln und als Arbeitsgemeinschaft. Und die muss sich ständig ändern, es wäre falsch jetzt eine Diagnose für heute zu erstellen und dann an den Stellschrauben zu drehen, damit in Zukunft alles besser wird. Wir Menschen sind Menschen und brauchen immer diesen Aufruf zur Reform. Oder christlich gesprochen: zur Umkehr.
Und das ist auch die diesjährige Ansprache: ein Aufruf zur Umkehr. Vielleicht ist es sogar einfacher, den eigenen Schwächen – anhand der Liste vom vergangenen Jahr – nachzugehen als Idealen und Stärken zu suchen und nach denen zu streben, vielleicht ist das auch eine Charakterfrage.
In jedem Fall aber zieht sich ein roter Faden durch die Reden an die Kurie. Die Tugenden, von denen er spricht, zeigen sich erst im Konkreten. Allgemein sind sie schön und nett und bewundernswert, aber erst wenn sie die Zusammenarbeit prägen, dann sind sie echt. Und das ist dann Reform.
Eine wundervolle Ansprache zum Fest der Geburt Christi, wie ich finde. Sie zeigt Tugenden im Licht einer Gefühlswelt die dem Menschen eigen ist und in Barmherzigkeit gelebt werden kann, um durch Liebe ihren Anklang zu finden. Diese Ansprache öffnet die Herzen deren Anspruch in der Hingabe der Person an die göttliche Existenz in Liebe gelebt werden will.
Spirituelles Werkzeugset in24 Teilen bzw. 12 Doppelteilen; liegt leicht in der Hand und passt gut in meinen Rucksack.
Ja, die drei Ansprachen an die Kurier gehören zusammen:
– Der relativ sanfte Einstieg 2013 (Professionalität, Dienst und der heilige Josef).
– Die schmerzhafte Gewissenserforschung 2014 (15 spirituelle Krankheiten).
– Der Aufbaukurs 2015 (24teiliges spirituelles Werkzeugset zum Mitnehmen).
Nun, weit weg von jeglichem kurialem und kirchlichem Dienst geht es mir um Transfer.
Deswegen habe ich mich 2014 gefragt, welche der 15 spirituellen Krankheiten ich selbst ausprobiert habe und wozu dies geführt hat. Zugegeben: keine löbliche Bilanz. Und in schwierigen oder gar aussichtslos scheinenden Momenten denke ich gerne an den “Midnight special”.
https://en.wikipedia.org/wiki/Midnight_Special_%28song%29
“Let the Midnight Special shine her light on me,
Let the Midnight Special shine her ever-loving light on me.”
Hier in einer Version von Odetta. Von Zeit zu Zeit kommt er vorbei, ganz überraschend.
Odetta – Midnight Special – YouTube
https://www.youtube.com/watch?v=ezR896BYu0E
Doch Odetta hat auch gerne etwas anderes gesungen, das besser zur diesjährigen Ansprache passt.
Odetta “This Little Light of Mine” – YouTube
https://www.youtube.com/watch?v=a6vmlg37dto
Und bei Jesaja lese ich diese beiden Verse, die in meinemn Ohren so wunderbar ironisch und erfrischend klingen:
“Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten.
Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? …”
(vgl. Jes 43,18-19)
So geht es mir am Jahresende. 🙂
Herzlichst, Euer Lese-Esel
Ich hoffe die Kure ragiert nicht resistent auf die Ansprache von Papst Franziskus um in medizinischen Sprache zu bleiben 😉
Ich möchte Ihnen Pater Hagenkord für ihre Arbeit, diesen Blog herzlich danken. Ich wünsche Ihnen und allen die diesen Blog so lebendig machen ein gesegnetes Weihnachtsfest.