Er hat es zu was gebracht: Paolo Ghizoni kam vor Jahrzehnten ins Amazonasgebiet, weil es hier Land gab und es immer schon sein Traum war, eigenes Land zu bebauen. Die Regierung habe damals gefördert, Pionier sei er gewesen, mit wenig Land und viel harter Arbeit habe er angefangen. Und es zu etwas gebracht. Aber heute sähen viele das anders, ob er Held oder Verbrecher sei, sei nicht mehr so klar.
Ghizoni ist wohlhabend, er hat sich durch harte Arbeit eine Existenz aufgebaut. Ja, er habe von dem Land das er gekauft hat mehr abgeholzt als er durfte, aber sonst hätte er gar nicht überleben können. Und Land und Wald gäbe es schließlich genug hier, sagt er.
Held oder Verbrecher
„Früher waren wir Helden, heute sind wir Verbrecher”, sagt Ghizoni, aber ihm ist klar, wer ihm das alles vorwirft: „Das sind Leute, die nicht wissen was Arbeit ist. Wir haben Staub gefressen und gearbeitet und mussten abholzen, um überleben zu können“. No nonsense, so würde man ihn beschreiben können. Ein freundlicher Mann, mit der Selbstsicherheit dessen, der sich alles selber aufgebaut hat.
Landwirtschaft hat ihre eigenen Regeln, meistens geschrieben von der Notwendigkeit harter Arbeit. Rauh geht es auch schon mal zu, Diebe müsse er auch schon mal mit einer Ladung Schrot vertreiben, sagt Ghizoni lachend. Er wirkt wie einer, der sich nichts vorzuwerfen hat weil er mit eigenen Händen und viel Schweiß aufgebaut hat.
Mit eigenen Händen aufgebaut
Genauso wie Manuel Maia. Auch er ist ein Viehbauer, in Autazes, und ganz modern hat er mit 38 weiteren Bauern eine Kooperative gegründet. Die große Gefahr, sagt er, seien die Zwischenhändler, die machten ihnen das Leben schwer. Dagegen helfe Solidarität untereinander. Wirtschaftlich klug gedacht. Er hat Büffel, deren Milch sei besser für Käse, und er empfängt uns in der Milchverarbeitung der Kooperative. Modern, sauber, solidarisch. Eigentlich ein Erfolgsmodell. Wären wir nicht in Amazonien, wo Land und Wald Konfliktstoff sind.
Invasives Verhalten? Wegnahme von Land? Drohungen? Illegales Abholzen? Das stimme alles nicht, sagt er. Ja, es gebe Konflikte mit Indigenen, aber die seien geschürt, von außen. „Wir brauchen die und die brauchen uns”, sagt er. Auch er ist wie Paolo Ghizoni einige hundert Kilometer weiter jemand, der weiß was Arbeit ist. Und er hat das Selbstbewusstsein, wie es nur Arbeit bringt.
Selbstbewusstsein, wie es nur Arbeit bringt
Dass Amazonien aber nicht Land wie jedes andere ist, dass indigene Kultur nicht ohne weiteres kompatibel ist, davon ist bei beiden nicht die Rede. Sie sehen die Welt aus der Sicht derer, die Land erschlossen haben. Da ist kein Platz für eine andere Sicht.
Beide haben kein Verständnis dafür, dass sie heute als für ihr eigenes Land gefährlich gesehen würden, als Verbrecher, wie Ghizoni es gesagt hat. Was haben sie denn falsch gemacht? Sie haben Land gekauft und es bestellt. Man muss Menschen wie Paolo Ghizoni und Manuel Maia zuhören, um das Land verstehen zu können.
1.000 Argumente fallen sofort ein, man will sofort widersprechen, argumentieren. Von Zerstörung sprechen, vom Klima, von unwiederbringlichen Kulturen. Aber wenn man die Geschichte der beiden Viehbauern hört, dann wird klar, dass auch die beiden zu Amazonien gehören. Wie alle anderen auch. Ein zurück zur Zeit davor kann es nicht geben. Wer Amazonien zuhören will, wie es die Synode sagt, der muss auch Paolo Ghizoni und Manuel Maia und all die anderen hören. Und auch ihnen eine Perspektive bieten.
Verbrecher sind sie nicht, auch wenn das die einfache Lösung wäre sie einfach als solche abzutun. Sie sind Teil des Problems. Jetzt kommt es darauf an, die zum Teil der Lösung zu machen.