Es ist eines der Hauptargumente der Freunde der aktiven Tötung von Kranken, allgemein Sterbehilfe genannt: Es sei nur unter strengen Regeln möglich. Aber immer und immer wieder werden diese ach so strengen Regeln danach – nach einer Einführung – aufgeweicht. So ist es zum Beispiel in Belgien möglich, Minderjährige zu töten. Und in den Niederlanden gibt es jetzt den Vorschlag, auch Nichtkranke sollten das in Anspruch nehmen können.
Wohlgemerkt: Der Vorschlag kommt nicht von irgendwelchen Aktivisten, sondern aus dem Kabinett. Die wollen das wirklich. Wahrscheinlich heißt es auch hier dann, dass das nur unter strengen Regeln möglich sein soll, mal wieder.
Vor Kurzem war der deutsche Gesundheitsminister in Rom, Hermann Gröhe sprach über genau dieses Thema. Eigentlich ist das in Deutschland doch durch, dachte ich damals. Weit gefehlt. Vorstöße wie der in den Niederlanden zeigen, dass das Thema bleiben wird und dass wir immer und immer wieder den Schutz und die Würde des Menschen verteidigen müssen.
Gröhe sagte in seinem Vortrag, dass man die Würde des Menschen nur verteidigen kann, wenn man sein Leben verteidigt. Außerdem sei er gegen den Begriff „Sterbehilfe“. Ich zitiere noch einmal, was er mir ins Mikrophon gesagt hat: „Wer möchte nicht einem Schwerkranken und einem Sterbenden helfen? Die Frage ist aber, ob es richtig ist, unter ‚Sterbehilfe‘ zu verstehen, dass einem Sterbenden durch das Reichen eines Giftbechers und das Ausstellen eines Sterbescheins geholfen wird, oder durch das Pflegen und Schmerzen-Lindern.“ Die Menschen brauchten Hilfe beim Sterben, nicht Hilfe zum Sterben.
Angst vor dem Druck
Auch sei es falsch, Suizid als einen Akt der Freiheit und Selbstbestimmung zu überhöhen. Aber genau das ist jetzt das Thema in den Niederlanden. Es wird mit ebendieser Selbstbestimmung argumentiert, die auch ältere Menschen hätten.
Dabei ist die Realität anders: Von Freunden aus den Niederlanden weiß ich, dass dort viele ältere Menschen Angst haben, getötet zu werden, oder dass sie sich dem Druck ausgesetzt sehen, jetzt doch vielleicht endlich Schluss zu machen. Das mag als Gefühl eine übertriebene Reaktion sein, aber es zeigt, was für ein Klima entsteht. Es ist wie beim „Neusprech“: Man sagt „Selbstbestimmung“, erzeugt aber Druck, dass Menschen doch bitte anderen nicht mehr zur Last fallen mögen.
Es gibt gute und menschliche und würdevolle Wege, mit dem Sterben umzugehen, auch mit dem Sterben anderer Menschen. Die Forderung, dass Selbsttötung zu den Optionen für ein selbstbestimmtes Leben gezählt werden soll, gehört nicht dazu. Sie ist lebensfeindlich und damit die Würde verletzend.