Es geht um nicht weniger als die Weltverbesserung. In einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung – online zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Stücks (noch) nicht verfügbar – nimmt sich der Autor des Themas Abtreibung, Aufklärung und Toleranz an. Unter dem Tenor „Die Weltverbesserung ist ein umstrittenes Projekt“. Und da es um Glaube und Religion auf der einen und die moderne tolerante Gesellschaft auf der anderen Seite geht, um das Gemeinsame und das Schwierige, habe ich das Stück gelesen, genauer als ich normalerweise morgens Artikel lese.
Die Geschichte handelt von einem Arzt, der aus Glaubensgründen keine Abtreibungen durchführen will und ein Krankenhaus, dass diese Ablehnung erlaubt. Dass das eine heutzutage schwierige Konstellation ist, ist klar, umso wichtiger ist eine saubere Betrachtung.
Leider fehlt es daran. Gleich im ersten Absatz heißt es in dem Artikel, dass jemand, der versucht, Glaube und Vernunft zusammen zu bringen, sich „dabei teilweise fühlen wie ein Eisläufer auf der Sandbank“. Damit ist klar: hier geht es nicht um saubere Betrachtung, hier ist die Wertung beim Schreiben immer mit drin.
Eisläufer auf Sandbank
Und so kommen auch Fehler zustande, die mich überhaupt erst dazu bringen, das hier zu schreiben. Denn die Debatte dahinter ist ja sehr aktuell. Wenn der Autor sagt, dass Toleranz heißt, Positionen anzuerkennen, die nicht ins Weltbild passen (dankenswerterweise in beide Richtungen), dann ist da eine Akzentverschiebung. Toleranz heißt eben nicht Akzeptanz. Toleranz heißt tolerieren und akzeptieren nennt man Akzeptanz. Das mag jetzt wie Haarspalterei klingen, wird aber in dem Augenblick relevant, wo die Kategorien verschwimmen.
Jemand, der keine Abtreibung vornehmen will, den kann ich als Nichtchrist tolerieren, wie es das Gesetzt es tut, ohne seine Position zu akzeptieren. Und umgekehrt. Wenn wir mit Glauben und Nichtglauben zusammen leben wollen, dann muss das möglich sein. Niemand kann mich zwingen, eine Geisteshaltung zu akzeptieren, aber man kann erwarten, dass ich toleriere. Über alles andere muss dann diskutiert werden.
Noch einmal zu den verschwimmenden Kategorien: Der Arzt, um den es hier geht, ist ein evangelikaler Christ. Weiterlesen “Toleranz? Akzeptanz?”