Kein Chilene ist von Papst Franziskus während seiner Reise häufiger zitiert worden als der heilige Alberto Hurtado. Wenn ich richtig gezählt habe, waren es nur zwei Ansprachen oder Predigten, in denen er nicht vorkam. Und irgendwie spiegelt das auch die Realität in Chile wieder, es gibt kaum ein katholisches Haus, in dem kein Bild des Heiligen hängt. Er bedeutet der Kirche dort sehr viel, und auch über die Kirche hinaus hat er eine feste Rolle in der Gesellschaft des Landes. Während meines Jahres dort in Chile habe ich oft erlebt, wie jemand einen Satz des Heiligen begann, etwa in deiner Predigt, und der Rest der Versammelten den Text mitsprechen konnte. Er ist eine Bezugsgröße der Menschen und vor allem der Christen.
Hurtado war ein Jesuitenpater und er hat es als einziger katholischer Heiliger weit und breit an die Fassade des Hauptgebäudes der Gewerkschaften Chiles gebracht. Das liegt wohl daran, dass er eine Gewerkschaftsbewegung mit gegründet hat, eine christliche und durchaus in Konkurrenz zu den marxistischen, aber die Rechte der Arbeiter standen bei ihm immer um Fokus.
Hurtado war zunächst Jurist, bevor er in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Jesuit und Priester wurde. Sein 1944 gegründetes Projekt „Hogar de Cristo“ besteht noch heute und versorgt monatlich weit über 20.000 der Ärmsten Chiles.
Im Vorhof der Kirche des Wallfahrtsorts Alberto Hurtado in Santiago steht heute noch der kleine grüne Pickups-Truck aus den 40er Jahren, mit dem Hurtado durch die Hauptstadt fuhr, Kinder aufsammelte oder ihnen zumindest Essen und was zum Anziehen brachte. Für die obdachlosen Kinder hatte er sehr bald ein Heim errichtet und dazu eine Organisation, die sich um die Kinder kümmern sollte.
Sozialer Humanismus
Als er 2005 heilig gesprochen wurde, konnten noch viele von den Kindern, die er von der Straße geholt hatte, dabei sein.
Das spricht für sein Engagement aus katholischer Soziallehre heraus, ein aktiv gelebtes Christentum. Und wenn man die Jesuiten fragt, die ihn noch gekannt haben – er starb 1952 an Krebs – dann war es sogar ein sehr, sehr aktiv gelebtes Christentum. Nicht immer einfach für die Menschen um ihn herum. Als Mensch hatte er durchaus auch depressive Phasen, Heiligkeit bedeutet eben nicht Perfektion. Weiterlesen “Die Genialität des Pater Alberto Hurtado SJ”