Wir verstehen Kommunikation vielfach noch als etwas, was eine Botschaft von A nach B bringt. Als eine Vermittlung, als eine Übertragung, als „Sendung“. Worte transportieren Bedeutung, wie Behälter. Wenn es irgendwo Probleme gibt, wenn es Unverständnis gibt, dann ist die Reaktion oft die, mehr und besser zu kommunizieren, mehr Informationen zu geben.
Wenn das so ist, wenn wir Kommunikation so verstehen, dann denken wir fest in analogen Abläufen. An diesem Dienstag hatte ich mal wieder Gelegenheit, einfach einem guten Vortrag zuzuhören, es ging um digitale Medien und unsere Weise der Kommunikation. Was mir aber die ganze Zeit über durch den Kopf ging waren gar nicht so sehr die abstrakten Beschreibungen, sondern vielmehr das sehr konkrete Beispiel unseres Papstes.
Aufgefallen ist mir das an der Stelle, an der es um die Frage der Gedanken ging. Gedanken formen sich nicht und werden dann kommuniziert, so die These unseres Referenten, sondern Gedanken gibt es gar nicht außerhalb von Kommunikation. Sprache „gibt“ es nicht einfach, sie ist eine lebendige Sache die erst in ihrem Gebrauch entsteht.
Analog denken heißt, in Buchstaben zu denken und daran, dass etwas haltbar ist, wenn es geschrieben, besser noch gedruckt ist. Dem sei aber nicht so.
Damit kann ich viel von dem verstehen, was Papst Franziskus tut. Dass er ein Kommunikator ist, habe ich schon oft gesagt. Aber das war etwa auch Papst Johannes Paul II. Papst Franziskus aber ist es auf neue Weise, ZweiPunktNull sozusagen. Was er tut und sagt, sind Akte der Kommunikation. Was er macht und sagt und wie er etwa mit Gesten umgeht, macht überhaupt keinen Sinn, wenn man es aus dem Zusammenhang seiner Kommunikation heraus nimmt.
Bedeutung liegt in der Kommunikation
Was er macht und sagt und wie er mit Gesten umgeht, transportiert nicht eine wahre Botschaft, die es außerhalb dieser Kommunikation gibt, sondern die Bedeutung liegt in dieser Kommunikation selber, sie entsteht erst in der Kommunikation.
Nein, liebe Leser mit Schnappatmung, das verneint nicht Wahrheit und Lehre und Bibel und so weiter. Aber es lässt sich nicht auf einen Satz feste Buchstaben zurück führen, es muss immer wieder in kommunikativem Handeln eingeholt werden. Um traditionelle Begriffe zu benutzen: im Ablegen von Zeugnis für den Glauben und in der Verkündigung.
Überhaupt fassen diese beiden Begriffe, altmodisch wie sie vielleicht erscheinen mögen, diese Kommunikation am besten, weil sie eben nicht Bedeutung von A nach B transportieren, sondern reines kommunikatives Handeln sind.
Kein analoger Papst
Umgekehrt ist der Papst schwer zu verstehen, wenn man „analog“ denkt. Wenn man eine vom Menschen und seiner Kommunikation – Zeugnis und Verkündigung – unabhängige Botschaft festlegen möchte. Eine Denkweise, die uns das analoge Denken vorschlägt, das Gedanken druckt und ins Regal stellt, die dann auch noch in hundert Jahren dieselben sind, sprich Gültigkeit für sich beanspruchen, unabhängig von der Kommunikationssituation.
Was den Papst auch zu einem „ZweiPunktNuller“ macht ist die Frage nach der Wirklichkeit. Die digitalen Medien sind nicht virtuell in dem Sinn, dass sie nicht real seien. Sie sind real, weil sie Wirkung haben, weil sie unsere Welt verändern. Das tun sie aber nicht über das Argument, sondern über den kommunikativen Prozess. Auch der Papst wirbt, predigt, begegnet in Prozessen, dort findet Veränderung statt, wenn man die denn zulässt.
Die Überschrift über unserem Vortrag lautete „Medien vermitteln nicht, Medien transformieren“. Wenn man „Medien“ durch „Papst“ ersetzt, wird der Satz dadurch nicht falsch.
ZweiPunktNull.