In Österreich wehrt sich die evangelische Kirche gegen die staatliche Überprüfung des Glaubens. Und in Deutschland wird ein Fall diskutiert, bei dem jemand dem Staat durch das Zitieren von Bibelversen beweisen muss, dass er ein gläubiger Christ sei. Aber kann der Staat Glauben messen? Überprüfen? Darf er das?
Dahinter liegen eine ganze Reihe von Fragen, die nach Asyl und Gefährdung und so weiter, auch die nach der Konversion von Migranten, die schon länger debattiert wird. Mir stellt sich aber bei der Lektüre der Geschichten aus Österreich und Deutschland noch eine weitere Frage: Können wir etwas vom Glauben der anderen Wissen? Ihn feststellen?
Kann der Staat Glauben messen?
Spontan in den Sinn gekommen ist mir eine Geschichte, über die ich mich damals sehr aufgeregt habe. Der chinesische Kardinal Zen hatte im Februar 2018 Kardinalstaatssetretär Pietro Parolin vorgeworfen, dieser sei ein Mann „schwachen Glaubens“, „un uomo di poca fede“. Es ging um die China-Politik des Vatikan, eine sehr komplexe und umstrittene Sache. Aber so schwer auch der Konflikt ist, jemandem den Glauben abzusprechen geht weit über jede rote Linie hinweg.
Man kann Glauben nicht messen. Und deswegen auch niemandem aberkennen. Der Staat kann das nicht, die Kirche auch nicht. Dass daran Probleme hängen wie etwa die Frage, ob man sich nur zum Asyl-Schein einer christlichen Kirche anschließt, ist klar. Aber ich gehe einmal davon aus, dass die Kirchen, die Menschen aufnehmen, das ernst nehmen und die Taufe nicht verschenken.
Taufe wird nicht verschenkt
Zum Glauben dazu gehört der Zweifel, die beiden bilden ein Paar. Oder nennen wir es suchen, fragen, tasten. Spätestens hier versagt das Prüfen eines Glaubens. Glaubenswissen ist eben nicht dasselbe wie Glauben.
Letztlich betrifft das auch meine Selbstwahrnehmung: Ich sage „ich glaube an Gott …“ und spreche das Glaubensbekenntnis, aber selbst meines eigenen Glaubens kann ich nicht sicher sein. Wenn Glaube unsere Antwort auf die Liebe Gottes ist, unser innerer Halt, dann kann ich den nicht beweisbar vorzeigen, nicht einmal vor mir selbst. Wir sind ganz bei der biblischen Figur die Jesus gegenüber ausruft: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9:24)
„Hilf meinem Unglauben!”
Die Debatte um die Überprüfung des Glaubens in Österreich und in Deutschland hat so auch etwas Gutes. Seien wir uns selber unseres Glaubens nicht zu sicher. Glaube ist eine Gottessache, kein Verdienst, kein Tun, kein Entschluss. Glauben bleibt suchen und tasten und zweifeln. Glauben braucht das Entgegenkommen Gottes, das Wirken des Geistes in uns und die Begleitung durch Jesus Christus.
Ungläubiges Staunen können wir an der Krippe lernen, die wir in diesen Tagen wieder aufbauen. Jedes Jahr wieder aktuell finden wir dort die Erinnerung, dass Gottes Menschwerdung eben nicht so funktioniert, wie wir uns das so vorstellen. Sondern dass Hirten aufbrechen und Weise suchen und forschen müssen. Nur so kann man sich dem Glauben, auch dem eigenen, nähern.