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PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

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Schlagwort: Autorität

Autorität geht anders

Veröffentlicht am 26. September 202026. September 2020
Souverän war das nicht Der Vatikan, immer wieder Fokus vom Problemen, die die ganze Kirche hat

Souverän ist anders: völlig aus blauem Himmel kam die Nachricht, dass ein italienischer Kurienmitarbeiter und über Jahre enger Mitarbeiter zweier Päpste seinen Kardinalshut verliert. Angelo Becciù erzählte danach, wie er nichts ahnend auf einmal seine Position in der Kirche verloren habe.

Es ist nicht das erstes Mal, dass Papst Franziskus so reagiert. Die Ablösung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller war für diesen ebenfalls eine Überraschung. Und da in Personalentscheidungen keine Begründungen gegeben werden, bleiben Spekulationen. Souverän war das nicht, in beiden Fällen.

Souverän war das nicht

Und was ist mit den anderen?, mag man fragen. Da sind ja einige, über denen die schwarze Wolke einer Anklage hing. Kardinal Barbarin in Frankreich, Kardinal Pell in Australien, beide angeklagt, beide haben ihren Hut behalten.

Und nun polizeiliche Ermittlungen in einem Finanzskandal und schon entscheidet der Papst, ohne dass es zu einem zivilrechtlichen Prozess gekommen ist. Ich nehme an, dass es gute Gründe dafür gibt, die über die Anklage hinaus gehen. Und ich merke, dass ich mit dieser Annahme im Feld der Spekulation lande.

Es bleiben uns nur Spekulationen

Nun muss in Personalfragen nicht alles offengelegt werden, trotzdem entsteht ein merkwürdiges Bild, in dem das Wort „Willkür“ im Hintergrund mitschwingt. Und die Frage, wie in der Kirche eigentlich Autorität ausgeübt wird.

Nicht zu Unrecht spricht ja auch der synodale Weg genau darüber.

Debatte um Autorität in der Kirche

Es ist zu begrüßen, dass Korruption – so es denn welche war – im Vatikan keinen Platz mehr hat. Das war nicht immer so, wie die lange Liste an Skandalen erzählt. Aber dazu gehört auch Transparenz, und die vermisse ich hier. Warum Becciù und nicht Pell oder Barbarin? Liegt das alleine an der empfundenen Wahrheit des Papstes? Oder war da anderes im Spiel? Und wie kann man das klären, außer im Gewissen des Papstes?

Die Geschichte um Erzbischof Becciù zeigt einmal mehr, dass wir in Sachen Autorität in der Kirche Kontrolle brauchen. Transparenz, Verfahren, Nachvollziehbarkeit, Gewaltenteilung. Denn so, wie es hier gelaufen ist, baut das kein Vertrauen auf.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Rom, VatikanSchlagwörter Autorität, Entlassung, Kardinal, Papst Franziskus, synodaler Weg, Vatikan6 Kommentare zu Autorität geht anders

Demontage

Veröffentlicht am 14. August 202014. August 2020
Was dürfen Laien in der Kirche? Unterm Kirchturm wird immer mehr unklar: Pfarrei im Westfälischen

Die Gewitterwolken haben sich schon verzogen. Und ich komme mit diesem Beitrag etwas spät. Aber auch noch Wochen später bleibt die uns Debatte um die viel diskutierte Instruktion aus dem Vatikan ja erhalten. Was dürfen Laien in der Kirche? Und was folgt praktisch aus der Instruktion für die Strukturprozesse in den Bistümern und für den synodalen Weg?

Nur haben sich die Themen etwas verschoben. Mittlerweile ist klar geworden, dass es sich um einen Text handelt, der seine ersten Schritte während des Pontifikats Benedikt XVI. gemacht hat. Und deswegen klingt er vielleicht auch so zweigeteilt, die vielen Franziskus-Zitate zu Beginn lesen sich wie ein Aufhübschen.

Was dürfen Laien in der Kirche?

Mir zeigt sich in der Debatte neben all den anderen noch ein weiterer Punkt: die Frage der Autorität und der Legitimierung von Autorität in der Kirche. Die schon im Titel der Instruktion genannte Bekehrung und die Frage der Autorität gehören für Papst Franziskus ja immer schon zusammen. Aber sie reiben sich auch aneinander, auch nach sieben Jahren Papst Franziskus noch.

Der Papst betont, dass es in der Kirche nicht allein um Autorität gehen kann. Es müsse „glaubwürdige Autorität“ sein. Die kann man nicht mit einer Mitra oder einem roten Kardinalshut einfach aufsetzen, die komme vom Menschen. Darum muss man werben. Das ist kein Populismus, sondern die Unterfütterung der Ausübung. Autorität ist in unserer Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich, man kann sie nicht einfach herbei behaupten.

„Glaubwürdige Autorität“

Und genau hier ist die Vatikan-Instruktion problematisch. Am besten vielleicht kann man das an dem Verantwortlichen zeigen, dem Kurienkardinal Beniamino Stella. Der hat scheinbar zur Versachlichung der Debatte zum Gespräch geladen. Aber das mit der Versachlichung hat nicht recht hingehauen, weil das Angebot nicht wirklich ein Werben um Zustimmung ist, sondern ein Pochen auf Autorität.

Wie berichtet, würde man nämlich gerne in Rom die „Zweifel und Ratlosigkeit“ der deutschen Bischöfe ausräumen. Diese Formulierung hat schon etwas Anmaßendes. Es sind die deutschen Bischöfe, die ein Problem haben, und der Vatikan sei die Instanz, das auszuräumen. Kein Dialog, keine Offenheit, sondern die versteckte Behauptung, der Vatikan habe alles richtig gemacht und nun müssten nur noch Unsicherheiten ausgeräumt werden. Was das Problem derer sei, die unsicher seien.

Kein Dialog, keine Offenheit

In der Vergangenheit war immer wieder auch aus dem Mund des Papstes davon die Rede, dass Autorität bedeute, wachsen zu lassen, „und zwar in der Originalität, die der Schöpfer für sie gewollt und vorgesehen hat. Autorität auszuüben bedeutet also Verantwortung im Dienst der Freiheit zu übernehmen, nicht eine Kontrolle zu bewerkstelligen, die den Menschen die Flügel stutzt und sie in Ketten hält” (Vorbereitungsdokument der Jugendsynode).

Das ist eine Form der Autorität, die keine Probleme damit hat, Anerkennung zu finden. Nicht immer nur Applaus, hier geht es nicht um Beliebtheitswerte, schließlich gehört auch der Gehorsam immer noch dazu. Davon spürt man recht wenig, wenn die die Instruktion und die Begleitgeräusche aus Rom dazu betrachten. 

Vatikanische Autorität wird hier über ein Beharren auf ihr demontiert.

Beharren demontiert

Nehmen wir noch mal die Jugendsynode, an den kommenden Generationen wird der Verfall und die Demontage von Autorität in der Kirche ja besonders deutlich. Im Abschlussdokument ist von Pfarreien die Rede:

„Daher ist ein pastorales Umdenken darüber, was Pfarrei ist, notwendig, und zwar aus einer Haltung der kirchlichen Mitverantwortung und des missionarischen Schwungs heraus, indem Synergien in der Fläche entwickelt werden. Nur so kann sie dann als bedeutsamer Raum erscheinen, der die jungen Menschen in ihrem Leben abholt. In dieselbe Richtung einer größeren Offenheit und eines gemeinsamen Erlebens ist es wichtig, dass sich die einzelnen Gemeinschaften hinterfragen um zu prüfen, ob die Lebensstile und eingesetzten Strukturen den Jugendlichen ein leicht verständliches Zeugnis des Evangeliums vermitteln.“ (Nr. 129, 130)

Mir geht es nun nicht darum, Texte gegeneinander auszuspielen. Aber im Synodendokument ist der Geist der Frage spürbar. Es braucht Offenheit. Der Schwung – wenn ich es polemisch formulieren darf – kommt nicht daher, dass ich das Kirchenrecht dogmatisiere.

In der Instruktion aus dem Vatikan wird sichtbar, dass es Ungleichzeitigkeiten in der Kirche und auch in der Leitung der Weltkirche gibt. Die Synodendebatten, die nun wirklich nicht als Hort der Revolution bezeichnet werden können, sind trotzdem viel offener und interessierter an der Dynamik der Weitergabe des Glaubens, als der Geist der Instruktion. Und letztlich ergibt sich nur daraus wirkliche Autorität. Die Instruktion hat dieser Autorität, die sie ja einbetonieren möchte, einen Bärendienst erwiesen. Und Papst Franziskus sich selbst damit auch.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Autorität, Gemeinde, Gemeindeleitung, Instruktion, katholisch, Kirche, Klerikalismus, Laien, Papst, Papst Franziskus, Pfarrei7 Kommentare zu Demontage

Nicht von der Angst leiten lassen

Veröffentlicht am 31. Mai 202031. Mai 2020
Es geht aber nicht um die Institution Wollen wir das nicht alle? Der Ort dafür ist das Gewissen.

Es wurde aber auch Zeit. In all dem Sprechen über Corona und Kirche war die Betonung lange und viel zu sehr auf der Kirche. Auf Institution und auf den Verantwortlichen. Das ist den Reflexen einer stark institutionalisierten Kirche geschuldet, und durchaus ein ökumenisches Phänomen, wie die Debatte um die Lieberknecht-Kritik zeigt. Es geht aber nicht um die Institution.

Und deswegen kommt jetzt ein anderer Begriff in der Debatte gerade richtig. Er hätte da schon lange hin gehört. Und zwar der des Gewissens. Und der kommt nicht nur in der Corona-Debatte vor, wie etwa das neue Buch von Kardinal Reinhard Marx zeigt.

Es geht aber nicht um die Institution

Dummerweise gibt es in unserem Normalgebrauch der Sprache das Wort fast nur noch in Kombination mit der Qualifizierung „schlecht“. Es ist das ‚schlechte Gewissen‘, das uns vertraut ist. Aber das verzerrt. Es geht nicht nur um die Warnung vor Falschem, sozusagen um die Warnleuchte am inneren Armaturenbrett. Mein Gewissen leitet mich nicht nur, wenn ich falsch liege. Sondern auch sonst.

Nur so ist zu verstehen, dass das Gewissen auch in anderen Debatten der Kirche ein Rolle spielt. Etwa bei Bischof Kohlgraf, mit Blick auf die Macht-Frage: „Im Kern geht es auch um die Frage, ob wir eigenständige Gewissensentscheidungen von Menschen unterstützen und damit den Menschen zugestehen, mit Hilfe des Wortes Gottes und auch mit Hilfe seelsorglicher Begleitung zu eigenen Entscheidungen zu kommen – oder ob wir im letzten die Deutungshoheit beanspruchen, der sich die anderen Menschen dann einfügen.“

Die eigene Entscheidung

Dass es hier nicht um einen falschen Widerspruch von Ich und Wir geht, also um den eigenen Freiheitsdrang gegen die Gemeinschaft und deren Tradition, sollte klar sein. Sollte, ich bin da vorsichtig geworden. In jedem Fall aber finden hier, im Gewissen, die entscheidenden Weichenstellungen für die Kirche der Zukunft statt.

Dazu gehört etwa – in den Worten von Papst Franziskus – dass wir uns nicht von der Angst, sondern vom Stern leiten lassen sollen. Also vom Glauben, der Hoffnung, der Vision, der Gemeinschaft. Das vertreibt die Ängste nicht, nimmt ihnen aber die Macht, uns zu dominieren.

Dazu gehört auch das, was jetzt Kardinal Rainer Maria Woelki in einem Zeitungsbeitrag geschrieben hat: „Nächstenliebe, die Sorge um die Schwachen, ist vor allem durch das Christentum zu einem zentralen Begriff unserer Gesellschaften geworden. Man nennt es heute zumeist Solidarität. Ohne dass wir uns jetzt in dieser großen Not wechselseitig umeinander sorgen, wird aus der Naturkatastrophe eine viel größere, eine menschliche Katastrophe.“ Der Ort dafür ist das Gewissen.

Wo Neues geboren wird

Und damit sind wir beim Festtag heute. Denn was es vor allem anderen braucht, ist Heiliger Geist. Das Gewissen ist nicht autonom in dem Sinn, dass wir dort mit uns alleine sind. Es ist immer auf den Nächsten gerichtet und ohne Gott bleibt es leer. Der Heilige Geist wirkt in uns genau hier, das will am Pfingstfest gefeiert werden und im Rest des Jahres gepflegt werden.

Wenn wir also jetzt in die Debatte um Corona & Co das Gewissen einführen, dann sind wir mit dieser Debatte endlich da, wo Neues geboren werden kann: aus dem Heiligen Geist. Und nur dort.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Autorität, Corona, Gewissen, Glaube, Kirche8 Kommentare zu Nicht von der Angst leiten lassen

Horizontale und Vertikale

Veröffentlicht am 29. Februar 202029. Februar 2020
Sind beim synodalen Weg alle gleich? Das Kreuz des synodalen Weges, schräg aufgenommen so dass Vertikale und Horizontale nicht erkennbar sind

Sind wir alle gleich? Eine von Kardinal Woelki zum Abschluss der Vollversammlung des synodalen Weges aufgeworfene Frage, die viel Unruhe erzeugt hat. Im Saal war in den letzten Januartagen viel von „Augenhöhe“ die Rede. Gibt es die? Sind beim synodalen Weg alle gleich? Und wie und wo übersetzt sich Gleichheit in Gleichberechtigung?

Ja und nein, so lautet die erste Antwort. Ja, weil wir alle grundsätzlich als Geschöpfe Gottes gleich sind. Nein, weil es realitätsfremd wäre, die Autoritätsunterschiede im Raum zu negieren. Weswegen die Satzung ja zum Beispiel vorsieht, dass jede Abstimmung auch zwei Drittel der Bischöfe braucht, weil es letztlich ja die sind, die das umsetzen müssen. So sieht es die Verfasstheit der Kirche vor.

Sind beim synodalen Weg alle gleich?

Es sind drei Worte, die durch die Debatte schwirren: Gleichheit, Gemeinsamkeit, Gleichberechtigung. Die sind nicht dasselbe, aber die bilden die Pole des Problems. Weil wir katholische Kirche sind, kommt das diese Debatte natürlich ohne Polemiken nicht aus. Da ist der Kirchenrechtler, welcher den synodalen Weg als „Partizipations-Avatar“ bezeichnet. Hier sollen wahre Hierarchie-Verhältnisse vertuscht werden, so verstehe ich ihn.

Da ist auch der Journalist, der einen „Geist des Miteinanders“ als „Konsensbefehl“ versteht. Mit völlig anderer Intention tut er dasselbe wie der Kirchenrechtler, er sieht den synodalen Weg als Mogelpackung. Kirche sei nun Mal Hierarchie, alles andere sei zu demaskierendes Gerede, so lese ich das.

Gleichheit, Gemeinsamkeit, Gleichberechtigung

Zustimmen möchte ich in dem Punkt, dass man Macht und Autorität nicht verdecken darf. Es gibt eine Struktur der Kirche, die mehr ist als nur eine Struktur. Die ist auch nicht willkürlich zu verändern. Um so schlimmer wäre es so zu tun, als ob es sie nicht gäbe. Aber genau hierin sehe ich eben die Chance des synodalen Weges. Die meisten Menschen, die dabei sind, wollen – meiner Wahrnehmung nach – gar nicht ihre eigene Kirche bauen, wie es uns von Kritikern vorgehalten wird. Auch geht es nicht um nette Worte, die um „Augenhöhe“ oder „Dialog“ kreisen, aber nichts erreichen.

Wenn wir in der Kirche vom Überwinden von Blockaden sprechen, dann ist das auch nicht – wie der Journalist polemisch behauptet – eine Anbindung an das persönliche Wohlgefühl. Sondern das will praktische Konsequenzen haben. Und hier sind die Alternativen falsch. Es gibt zu überwindende Blockaden und Augenhöhen, die eben nicht so tun, als ob es die Hierarchie der Autoritäten nicht gäbe.

Falsche Alternativen

Beispiel gefällig? Die Schweiz etwa kennt die Vernehmlassung, die ich hier schon einmal angeführt habe. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, um Akzeptanz, Partizipation, Verwirklichungschancen und Fachwissen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens. Das muss jetzt nicht unbedingt ein Modell sein für uns und die Kirche, soll aber zeigen, dass es mögliche Wege über unsere Erfahrungen hier hinaus gibt. Man muss nur kreativ sein.

Die Warnung gilt, wir dürfen Hierarchien nicht verdecken. Aber vielleicht entdecken wir im Gehen dieses Weges auch noch die Mittel, wie so etwas heute umzusetzen ist.

Meine Priesterweihe fand in Sankt Peter in Köln statt, der damalige Pfarrer dort, P Friedhelm Mennekes SJ, hat uns in der Vorbereitung eine Lektion mit auf den Weg gegeben, die ich seitdem nicht vergessen habe: Für eine Vertikale braucht es eine klare Horizontale. Soll heißen: damit der Priester am Altar in seiner Rolle und Funktion klar erkennbar ist, braucht es um ihn herum die Horizontale, die Gleichheit. Vielleicht ist das ja schon mal ein Gedanke: Eine Entscheidung, die dann mal auf der Basis der gemeinsamen Debatten und Diskussionen von den Zuständigen getroffen und umgesetzt wird, ist anders als eine Entscheidung, die auf getrennten Wegen entsteht. Da geht es nicht um Wohlbefinden und auch nicht um die Auflösung oder Vertuschung von Hierarchie, sondern letztlich um deren Klärung.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Autorität, Diskussion, Kirche, Kritik, Macht, synodaler Weg4 Kommentare zu Horizontale und Vertikale

Autoritätendämmerung

Veröffentlicht am 16. Januar 20208. Januar 2020
eine glaubwürdige Autorität der Kirche Risse und Brüche in der Kirche: l'Aquila nach dem Erdbeben

Er war einer der bekanntesten Bischöfe der USA, Fulton Sheen. Eine eigene Fernsehsendung hatte er, er konnte Menschen für den Glauben begeistern. Sogar den Emmy hatte er für seine Sendung bekommen. Ein moderner Verkünder also, eine glaubwürdige Autorität der Kirche. Der Seligsprechungsprozess lief ebenfalls glatt, bis er urplötzlich auf eine Klippe lief: drei Wochen vor dem Termin wurde die Seligsprechung abgesagt. Der Vatikan hatte noch einmal gebremst. Die Begründung: “In our current climate it is important for the faithful to know that there has never been, nor is there now, any allegation against Sheen involving the abuse of a minor.” Vorsicht, Missbrauch!

Auch in Deutschland erleben wir das gerade, wenn auch nicht gleich bei Seligsprechungen. Bei immer mehr Bischöfen der älteren und emeritierten Generation erscheint das Fragezeichen, was sie denn getan hätten. In den USA ist das besonders deutlich, weil da alles an die Öffentlichkeit kommt, mit Klarnamen und allem drum und dran. Bei uns wäre das gar nicht erlaubt.

Eine glaubwürdige Autorität der Kirche

Wir sind zu recht vorsichtig geworden. Eine glaubwürdige Autorität der Kirche gibt es fast nur noch mit Vorbehalt. Nicht nur aber gerade bei Bischöfen kommt das nun immer wieder auf die Tagesordnung, obwohl nicht nur die weggeschaut haben.

Wir müssen also über Autorität reden. Die kann nicht so bleiben, wie sie ist, sie ist beschädigt. Ihre Legitimierung wird nicht mehr ohne weiteres akzeptiert, nach all den Geschichten über falsch und missbräuchlich ausgeübte Autorität. Papst Franziskus führt die Debatte um die Autorität in der Kirche gerne mit dem Begriff des Klerikalismus. Und er zieht eine eindeutige Verbindung zwischen dieser Form von falscher Autorität und dem Missbrauch bzw. der Vertuschung.

Formen falscher Autorität

Nun muss man vorsichtig sein, die Kritik am „-ismus“ ist wichtig, wenn sie aber als Schutzschild fungiert und damit Selbstkritik ausschließt, hilft sie nicht weiter. Im Gegenteil. Deswegen ist es so wichtig, neue Formen von Autorität in der Kirche einzuführen, Gewaltenteilung etwa.

Es bleibt leider der Verdacht, dass einige Autoritätsinhaber bei allen Debatten nur Zugeständnisse machen und so Herren des Verfahrens bleiben wollen. Das kann nicht sein. Ein wenig ändern, damit dann doch alles bleibt wie es ist, das kann nicht das Ziel sein.

Autorität steht unter Vorbehalt. Das können wir nicht weg blenden und auf alten Legitimität pochen. Zeit, sich vielleicht einige Bibelzitate zum Thema vorzunehmen:

„Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus.“ (Mt 23).

Und dann fügt Jesus an: Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Wenn das in der Umsetzung mehr sein soll als Prosa, dann müssen wir den Bibeltext noch einmal genau ansehen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, ÖkumeneSchlagwörter Autorität, Bischof, Kirche, Krise, Missbrauch, Papst Franziskus, Zukunft11 Kommentare zu Autoritätendämmerung

Demokratie und der Wille Gottes

Veröffentlicht am 12. Januar 20208. Januar 2020
Synode ist kein Parlament Ein Parlament unter vielen: da können wir was lernen. Reichstagsgebäude in Berlin, September 2019

Warum eigentlich nicht? Synode ist kein Parlament, diesem Satz von Papst Franziskus habe ich mich immer angeschlossen. Und bin damit neulich auf Widerstand gestoßen, was denn schlecht am Parlamentarismus sei, dass man ihn nicht auch in der Kirche mehr gebrauchen könne.

Es geht natürlich um den synodalen Weg, oder im Fall von Papst Franziskus allgemein um Synoden in der katholischen Kirche. Da scheint etwas abgewehrt werden zu müssen. Jedenfalls höre ich aus dem Papst-Zitat und aus vielen Interviews in den vergangenen Wochen genau das heraus.

Synode ist kein Parlament

Das ZDK – die Laienvertretung der Kirche in Deutschland – hat vor Beginn des synodalen Weges einen Beschluss getroffen, in dem es um die Segnung von homosexuellen Paaren und Partnerschaften geht. Drunter steht „beschlossen durch …“. Ein Beschluss. Eine Stellungnahme weil sich das Gremium in Abstimmung dafür ausgesprochen hat. Und mindestens ein Bischof schließt sich dem an. Da ist also ein wenig Demokratie dabei. Ist das so schlimm?

Kirche hat immer die politischen und gesellschaftlichen Formen integriert, Adel und König haben ihre Stempel aufgedrückt, viel Kirchen- und vor allem Bischofs- und Papstgeschichte ist Machtgeschichte. Soziale und politische Formen haben Autorität in der Kirche geprägt. Warum also nicht auch jetzt? Jetzt, wo eben nicht mehr Oligarchen und Fürsten bestimmen, was der Rest der Welt zu tun hat, warum sollen wir ausgerechnet jetzt aufhören, Machdefinitionen von „außen“ auch bei uns in der Kirche anzuwenden?

Kirche hat sich Macht immer abgeschaut

Mal so gefragt: kann das Hören auf den Willen Gottes nicht auch Ausdruck in demokratischen Prozessen haben? Dass das missbraucht werden kann ist kein Argument, dasselbe ist mit monarchischer Machtfülle auch passiert. Und zwar reichlich.

In der Vergangenheit haben sich selbst Päpste in ihren Rüstungen an der Spitze von Armeen gesetzt, haben Bischöfe ohne Weihe nur nebenbei ihr Bistum geleitet und waren ansonsten als Fürsten unterwegs. Das mögen Einzelfälle sein, aber es hat Kirche eben auch geprägt. Wenn Autoritäts-, Macht- und vor allem Legitimitätsformen früher übernommen wurden, warum ausgerechnet jetzt damit aufhören wollen?

Formen von Autorität und Legitimität

Noch einmal zurück zum Papstzitat vom Anfang: Synode sei kein Parlament. Das ist natürlich richtig in dem Sinne, dass Parlament immer Repräsentation bedeutet. Glauben kann man aber nicht repräsentieren. Auch gibt es so etwas wie Gehorsam. Kein beliebtes Wort, wir können es aber nicht einfach fallen lassen.

Demokratische Elemente aber müssen dem doch nicht entgegen stehen. Wenn man das klug anstellt und transparente Vereinbarungen trifft, warum denn nicht? Nehmen wir ein dogmatisch ungefährliches Beispiel: Geld. Wie viel Schaden ist angerichtet worden durch intransparenten, dummen Umgang mit Geld? Und wie viel von dem könnte man vermeiden, wenn man auf Transparenz und Rechenschaft setzt? Aufbauend auf demokratische Prinzipien? Nicht weil es besser funktioniert, sondern schlicht weil Geld nicht Kirchenoberen gehört sondern allen?

Gottes Kirche heute

Wir wollen und sollen auf Gottes Willen hören. Der kommt aber in den seltensten Fällen direkt, sozusagen als Stimme aus dem „Off“. Der Wille zeigt sich uns vermittelt und will dann unterschieden werden. Warum sollte das nicht durch demokratische Elemente möglich sein?

Kreativität ist hier gefragt. Nicht um uns zeitgeistiger zu machen, sondern um besser zu hören und zu verstehen, was Gottes Kirche heute sein kann und soll.

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, VatikanSchlagwörter Autorität, Demokratie, Entscheidung, Kirche, Parlament, synodaler Weg6 Kommentare zu Demokratie und der Wille Gottes

Auf dem Speiseplan: Synodalität à la Franziskus

Veröffentlicht am 4. September 20194. September 2019
Kirche in Deutschland braucht Einheit Archivbild: Generalaudienz, (c) Osservatore Romano

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: zwei Mal hat Papst Franziskus direkt in Deutschland interveniert. Beide Male mit demselben Thema: Einheit. Die Kirche in Deutschland braucht Einheit wohl sehr dringend, könnte man meinen.

Es ist gerade mal etwas über ein Jahr her, dass eine Gruppe von Bischöfen auf Einladung des Papstes in Rom war, um den Streit um die Frage des Kommunionempfangs für nichtkatholische Ehepartner beizulegen. Franziskus war nicht selber dabei, aber es war seine Initiative, das nicht in Deutschland, sondern in Rom zu tun.

Kirche in Deutschland braucht Einheit

Wobei, das stimmt nicht ganz, einige deutsche Bischöfe hatten sich an Rom gewandt, weil sie eine Klärung darüber wollten, on eine einzelne Bischofskonferenz eine solche in ihren Augen gesamtkirchliche Frage entscheiden könne.

Der Appell dabei: das jetzt in Einheit zu lösen, gemeinsam. Inhaltlich ist Papst Franziskus in dieser Frage nicht entschieden, Amoris Laetitia lässt die Frage letztlich offen (Nr. 247), in Evangelii Gaudium hatte er (Nr. 23) den Bischofskonferenzen eine „gewisse Lehrautorität“ zuerkannt, aber ohne genaue Festlegungen dazu zu trennen.

Keine Vorgaben im Kommunionstreit

Nun hatte also eine Bischofskonferenz ein Lehrproblem, sein Appell war der das gemeinsam zu lösen. Er macht keine Vorgaben. Er zieht die Frage nicht an sich. Er nutzt nicht das Autoritätsargument.

Stattdessen führt das Offenlassen eines solchen Konfliktes dazu, dass keine schnelle Lösung, sondern ein tragfähiges Fundament möglich wird. Änderungen, Vertiefungen, neue Dimensionen von alten Fragen, all das entsteht nicht per Entscheid von oben. Sondern per Entwicklung von unten. Im Brief an die Gläubigen in Deutschland nennt Papst Franziskus das „Synodalität von unten“, aber zum Brief gleich noch.

„Synodalität von unten“

Die vor einem Jahr am Gespräch in Rom Beteiligten einigten sich darauf, dass eine „möglichst einmütige Regelung“ gefunden werden soll. Was im Umkehrschuss heißt, dass die Bischofkonferenz solch betreffende Regelung verabschieden darf.

Und jetzt der Brief an die Gläubigen. Ein anderes Thema, weitreichender, es geht nicht um eine Einzelfrage, sondern um die Debatte innerhalb der deutschen Kirche. Und auch hier der Appell des Papstes, in Einheit vorzugehen. Sein Einheitsappell geht dieses Mal in eine andere Richtung, Einheit innerhalb der Weltkirche, aber die Intention bleibt dieselbe.

Einheit nicht per Autorität

Auch hier hatte es Streit gegeben, ein Bischof hatte sich dem „synodalen Weg“ nach dessen Beschluss sogar noch verweigert, andere sagen jetzt, dass er so nicht stattfinden könne. Aber der Papst sagt das nicht, er lässt die inhaltlichen Fragen offen, ermutigt zum Gespräch, ja sagt dass es „notwendig“ sei. Die Dringlichkeit spürt man aus seinem Brief heraus.

Und auch hier: kein Rekurs auf Autorität. Synodalität à la Franziskus ist, wenn nicht alles am Papst hängt, sondern wenn der Papst dafür sorgt, dass alle beteiligt sind und werden. Einheit – sei es in einer Ortskirche, sei es in der Weltkirche – lässt sich nicht per Autorität herstellen. Einheitlichkeit ja, aber Einheit nein.

„Was macht der Heilige Geist? … Der Geist schafft ‚Verschiedenheit’ in der Kirche.“ Ein immer wieder kehrender Gedanke von Franziskus. „Er schafft Verschiedenheit! Und diese Verschiedenheit ist reich und schön. Und dann macht derselbe Heilige Geist die Einheit, und so ist die Kirche eine Einheit in Vielfalt,” sie ist „versöhnte Vielfalt“.

Das macht die Sache anstrengend, man kann nicht einfach Rom fragen und bekommt eine Antwort. Das war mal so, das ist vorbei. Die Kirche der Zukunft wird anders agieren müssen, und Papst Franziskus macht uns vor, wie.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Ökumene, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Autorität, Bischöfe, Deutschland, Glaube, Heiliger Geist, Kirche, Kommunionstreit, Ökumene, Papst Franziskus, synodaler Weg, Synodalität13 Kommentare zu Auf dem Speiseplan: Synodalität à la Franziskus

Wer sagt mir was ich tun soll?

Veröffentlicht am 6. April 20192. April 2019
Geleitet werden: Menschen in einer Ausstellung Marlene Dumas: The Image as Burden. Stedelijk Museum Amsterdam

Die Frage nach Leitung ist „in”. Und das nicht erst seit heute. Um das aber zu können, um herauszuragen unter all den anderen, um sich zu qualifizieren gibt es dafür all-überall Ausbildungskurse. Auch in der Kirche. Exerzitienkurse leiten kann man lernen, Gruppen leiten und moderieren, Institutionen, Verwaltungen, Events, und all das andere, was im Leben der Kirche und nicht nur da heute alles geleitet werden muss. Selber habe ich unzählige Gruppenleiter-Kurse für Jugendliche organisiert. Was man aber scheinbar nicht lernen kann: geleitet werden.

Leiten ist ja nur die eine Seite, geleitet werden gehört ja auch dazu. Wer bringt uns das bei? Dafür gibt es keine Kurse, offenbar nimmt man einfach an, dass Leitung nur am Chef liegt. Nicht an denen, die geleitet werden. Aber ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass das falsch ist. Auch geleitet werden will gelernt sein.

Was man nicht lernen kann: geleitet werden

Auslöser für die Gedanken zu geleitet werden war die Frage, wie weit ich bereit bin, mich kontrollieren zu lassen. Es gab eine Menge Rückmeldungen dazu und eine Reihe von Gesprächen. Ein erstes Ergebnis: Was für das Leiten gilt, gilt auch für das geleitet Werden: Nicht von der Angst, sondern vom Stern leiten lassen, in den Worten des Papstes. Das ist das erste biblische Beispiel aus der Jesusgeschichte: die Weisen machen sich auf und lassen sich leiten, erst vom Stern, dann von einer Aufgabe, die ihnen im Traum gegeben wird. Dasselbe passiert Josef, auch er lässt sich von einem Traum leiten, nach Ägypten zu gehen mit Maria und Jesus. Und so weiter.

Auf den Philosophen Blaise Pascal geht der Gedanke zurück, dass ein König nicht wie ein König behandelt wird, weil er einer ist, sondern dass er wie ein König erscheint, weil er wie ein solcher behandelt wird. Soll heißen, Autorität wächst von unten. Es gibt kein „Blut“, keinen „Adel“ und kein Vererben von Macht, das sich nicht auf die Akzeptanz der anderen stützt. Wenn wir alle auf einmal aufhören würden, sagen wir den Adel als Adel zu behandeln, dann wäre er keiner mehr.

Macht und Autorität

Wir unterscheiden Auctoritas von Potestas, also Autorität von Amtsgewalt. Letztere wird übergeben, übertragen, erstere wird erworben. Erstere hat aber auch eine interessante Bedeutung vom Wortstamm her, Autorität ist das, was wachsen lässt.

Wenn es um das geleitet Werden geht, ist das besonders wichtig. Ich lasse denjenigen Macht über mich ausüben, der mich wachsen lässt. Das ist der Deal beim Leiten. Leider ist das noch nicht bei allen angekommen, zu oft wird Autorität mit Potestas verwechselt, als ob in der Kirche ‚geleitet werden’ mit ‚keine Entscheidung treffen’ gleich gesetzt wird.  Dem ist aber nicht so. Ich lasse leiten. Ich Anerkenne die Leitung, die dadurch erst zur Leitung wird.

Lehrer wissen, wovon ich rede. In einer Schulklasse kann man sich schlicht nicht durch einen Verweis ‚Hey, ich bin hier der Chef’ durchsetzen. Eine Berufung auf Autorität klappt nicht. Selbst Strafen sind nur eine Notlösung. Echte Autorität in der Schulklasse kommt woanders her, vom Mitmachen der Schüler.

Wie im Klassenzimmer

Das gilt auch für die Seelsorge und die Leitung dort. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat das treffend ausgedrückt: „Im Kern geht es auch um die Frage, ob wir eigenständige Gewissensentscheidungen von Menschen unterstützen und damit den Menschen zugestehen, mit Hilfe des Wortes Gottes und auch mit Hilfe seelsorglicher Begleitung zu eigenen Entscheidungen zu kommen – oder ob wir im letzten die Deutungshoheit beanspruchen, der sich die anderen Menschen dann einfügen.”

Womit wir das kritische Wort erreicht haben: Gewissen. Beim geleitet Werden überlasse ich jemandem anders die Führung, weil mich das wachsen lässt. Das nimmt mir aber nicht das eigene Gewissen. Das Gewissen bleibt was es ist, Ort der Begegnung mit Gott und Ort unserer verantworteten Entscheidungen, auch wenn diese aus dem Bauch heraus getroffen werden.

Leider kommt das nicht immer so deutlich vor. Oft werden die Gewissen in der Seelsorge wenn nicht missachtet so doch eingelullt. Zu viele Entscheidungen werden durch Überbetreuung durch Fachleute erledigt, wie der Papst in Evangelii Gaudium oder auch der Theologe Johan Baptist Metz beklagen.

Gewissen im Kopf oder im Bauch

Letzteren zitiere ich hier noch einmal, weil er das Rezept heraus aus der Misere hat: „Haben wir nicht selbst die Betreuungskirche so sehr verinnerlicht, dass wir meinen, alles an kirchlicher Erneuerung hinge schließlich davon ab, dass die Betreuer, also vorweg der Papst und die Bischöfe, sich ändern? Tatsächlich geht es darum, dass die Betreuten sich ändern und sich nicht einfach wie Betreute benehmen.“ Und das geht nur mit dem Gewissen, dem eigenen.

Und nein, beim Gewissen geht es nicht nur um die Warnung vor Falschem. Das Gewissen ist nicht die Warnleuchte am inneren Amaturenbrett. Es leitet mich auch wenn ich nicht falsch liege. Es ist in mir und leitet mich.

Die Qualifizierung lautet dann immer, dass es nicht das Gewissen als solches sei, sondern das gebildete Gewissen. Wenn man sich nicht um das eigene Gewissen kümmert, wenn man es wuchern lässt und nicht bildet, dann – so die Unterstellung – gelte das nicht wirklich. Das gebildete Gewissen, nicht das frei wuchernde, binde.

Keine Hintertüren

Aber Vorsicht: Gebildetes Gewissen ist nicht die Hintertür, durch die dann doch wieder extern vorgeschrieben wird, was das Gewissen Bitteschön zu entscheiden habe. Das entscheidet nicht über die „Gültigkeit” von Gewissensentscheidungen. Hier werden nicht Regeln eingeführt, die dann doch das Gewissen bedingen.

Womit wir wieder beim geleitet-werden-Lernen sind: Darüber entscheiden wir. Autorität wird erworben, das alles kann nicht eingefordert werden. Letztlich liegt das an unserem Gewissen, wie wir uns leiten lassen.

Ob man das lernen kann? Vielleicht. In jedem Fall können wir lernen, das Gewissen zu nutzen. Und Leitung von dort aus zu sehen. Das hilft dann auch den Leitenden.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter Autorität, Gewissen, Kirche, Kontrolle, Leitung, Seelsorge, Weiterbildung12 Kommentare zu Wer sagt mir was ich tun soll?

Bereitschaft sich kontrollieren zu lassen

Veröffentlicht am 28. Februar 201927. Februar 2019
Kirchliche Macht: Kardinal Marx spricht über gute Verwaltung Die Theologie einer guten Verwaltung: Vortrag von Kardinal Reinhard Marx bei der Kinderschutz-Konferenz

Es muss eine komische Sache sein, wenn „Verwaltungsgerichtsbarkeit“ zum Hoffnungsträger wird. Aber den Wert davon erkennt man halt nur, wenn man sie nicht hat. Die Kirche kennt keine Gewaltenteilung was Leitung angeht. Und eben auch keine Überprüfung der Verfahren, spricht Verwaltungsgerichtsbarkeit. Kirchliche Macht ist immer auch religiös begründet, das macht es schwer, die kontrollieren zu lassen.

Kardinal Marx hatte das in seine Ansprache bei der Kinderschutz-Konferenz eingebaut. Es war so etwas die eine Theologie der guten Verwaltung. Erst klang das sehr merkwürdig, das Hohelied auf die Bürokratie. Aber dann wies er eben auch auf die Schwächen hin, bei uns in den deutschsprachigen Kirchen hat Missbrauch eben das Gesicht von Verwaltung. Vertuschung und Versetzungen haben genau so stattgefunden, auf dem Verwaltungswege.

Kirchliche Macht

Seine Ansprache hat aber noch wegen eines anderen Punktes bei mir einen Nachhall. Und zwar formulierte er auch die Frage nach der Bereitschaft zur Kontrolle. Nach abstrakten Instanzen für abstrakte Verfahren rufen ist eine Sache. Aber er stellt noch eine weitere Frage: „inwieweit ist man bereit, sein eigenes Handeln vor anderen zu rechtfertigen und sich in gewissem Rahmen kontrollieren zu lassen?“ Hier geht es ans Eingemachte. Kirchliche Macht ist halt immer auch persönlich.

Wenn Teilung von Macht nicht nur formal wird sondern persönlich, wenn es auf einmal um meine persönliche Bereitschaft geht, sich kontrollieren zu lassen, da wird es haarig. Dann sind es auf einmal eben nicht mehr nur strukturelle Dinge, die zur Verhandlung stehen, dann wird es schnell persönlich. Und muss es auch werden, wenn man den Gedanken zu Ende denkt.

Die Freiheit der Christen

Lasse ich andere in mein persönliches Leben hinein schauen? Und zwar nicht etwa einen geistlichen Begleiter oder einen Freund, sondern jemand wie einen Oberen oder jemanden, der mit dem Blick der Kontrolle kommt? Bei einer ganzen Generation von Klerikern gehen spätestens an dieser Stelle die Warnblinker an, hatten sich sich doch mit und nach dem Konzil von einer engen Kontrollkirche befreit. Einer Kirche oder einem Orden, der alles genau vorschrieb und die Freiheit der Christen und des Glaubens oft genug unter den Gehorsam setzte.

Das zu verteidigen ist noch kein Klerikalismus, kein Standesdenken. Die hier gewonnene Freiheit ist ein Wert, auch ein religiöser Wert. Aber wie verträgt sich das mit der Bereitschaft, sich kontrollieren zu lassen? Kirchliche Macht und Autorität, meine persönliche Autorität und deren Ausübung kontrollieren und damit automatisch in Frage stellen zu lassen?

Infragestellung von Autorität

Nun wird niemand etwas dagegen haben, wenn es um Kinderschutz und überhaupt Schutz von Schwachen in der Kirche geht, Verbrechen können und dürfen damit nicht gedeckt werden. Aber was ist, wenn das weiter geht?

Was ist, wenn damit die Kirchenoberen wieder Kontroll-Instrumente in die Hand bekommen? Was ist, wenn es nicht bei dem Bereich stehen bleibt, der bei der Konferenz behandelt wurde? Wenn die Instrumente, die nun entwickelt werden, auch für andere Bereiche priesterlichen und kirchlichen Lebens angewandt werden?

Ratschlag an den Novizen

Ich kann mich an die Formulierung aus dem Noviziat erinnern, 26 Jahre ist das her: „Bedenken Sie, welche Standards Sie setzen“. Das war der Rat an uns Jung-Jesuiten. Das war der an Kant geschulte Ratschlag, zu bedenken, dass es nicht nur die eigene Entscheidung ist, die hier zur Debatte steht, sondern das wir irgendwie für den ganzen Orden agieren. Und um gekehrt: dass wir uns selber kontrollieren müssen, ob das was wir in unsere Freiheit tun wirklich dem Ordensleben entspricht.

Und dann der nächste Schritt, nämlich sich kontrollieren lassen. Lebensstil zum Beispiel, wie sieht es damit aus? Würde ich mich da kontrollieren lassen? Oder das nicht unheikle Thema der Priesterkleidung, würde ich da Vorgaben akzeptieren? Denn wenn stärker Kooperation und Verbindlichkeit eingefordert wird, warum sollte das nur bei einem Thema stehen bleiben?

Richtige Strukturen, richtige Haltung

Kardinal Marx hatte völlig Recht, dieses Thema bei der Konferenz aufzumachen. Es geht um die richtigen Strukturen, aber dahinter geht es auch um eine richtige Einstellung zu meiner persönlichen Freiheit und die Bereitschaft, die in gewissem Rahmen kontrollieren zu lassen. Eine gute Leitung gehört eben dazu.

Und damit sind wir wieder beim Kern: es ist eine Einstellungsfrage. Es ist die Frage nach meinem Umgang mit Freiheit und Verantwortung. Es ist das Zentralthema der Religion der Zukunft, wie ich es auch bei Papst Franziskus sehe: kein Machtwort, kein Dreinschlagen, sondern ein beharrliches und von vielen Rückschlägen begleitetes Arbeiten an einem Wandel der Haltung.

Danke an Kardinal Marx, dass er dieses heikle Thema aufgemacht hat. Denn das zu diskutieren darum kommen wir nicht herum. Besser früher als zu spät.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter #PBC0219, Autorität, Gewaltenteilung, Kardinal Marx, Kirche, Kontrolle, Missbrauch, Papst Franziskus, Verwaltung6 Kommentare zu Bereitschaft sich kontrollieren zu lassen

Koordinieren, nicht herrschen: El Krausismo

Veröffentlicht am 14. Februar 201913. Februar 2019
Ausüben von Autorität: Platon Der erste der großen Staatsphilosophen: Platon. Büste in den Kapitolinischen Museen, Roma

Es beginnt mit Platon. Die Philosophie des Staates, oder das Nachdenken darüber, wie sich Gesellschaft Organisiert und Regeln gibt. Und wer genau diese Regeln geben soll. Es geht immer auch um das Ausüben von Autorität. Einig sind wir Menschen uns seitdem nicht geworden, aber Ideen haben wir viel mehr bekommen.

Zum Beispiel von einem der wirkmächtigsten deutschen Philosophen: Karl Christian Krause? Bitter wer? Genau. Krauses Theorien prägen einen ganzen Kontinent, nämlich den lateinamerikanischen. Deswegen ist der Mann bei uns so gut wie unbekannt.

Ausüben von Autorität

Und weil seine Bedeutung vor allem in Lateinamerika liegt, hat seine Schule einen spanischen Namen: El Krausismo. Und wie Sie jetzt schon richtig vermuten: Das ist etwas, was unser Papst mit nach Europa gebracht hat. Oder das er kennt und von dem er beeinflusst ist.

Der „Krausismo“ ist die Staatsphilosophie schlechthin in weiten Teilen Lateinamerikas. Vor allem Argentinien und Uruguay, aber auch Mexiko, Brasilien, Ecuador und viele andere Länder kennen den „Krausismo“ als eine integrierende Philosophie von Gesellschaft und Staat, mit der man viele aktuelle Probleme anpacken und lösen kann.

Politischer Harmonismus

Religiös ist er nicht so interessant für uns, als Freimaurer – auch wenn er da rausgeworfen wurde – und als Panthers steht er dem katholischen Glauben fremd gegenüber. Aber seine politischen und gesellschaftlichen Ansichten und damit sein Reden über Ausübung von Autorität kann uns vielleicht interessieren.

Bei Krause geht es um einen sozialen und politischen „Harmonismus“, also um die Aussöhnung der verschiedenen Interessen. Sein gesellschaftliches Denken sucht bewusst nicht den Klassenkampf und die Auseinandersetzung, der Krausismo wird als sozial integrierende Lehre präsentiert.

„Die Menschheit soll Ein organisches, harmonisch belebtes Ganzes seyn. Alle Menschen sollen wie Ein großer, allgebildeter Geist, wie Ein schöner, allgesunder, kraftvoller Leib, wie Ein großer Mensch leben, in Einer allseitigen Harmonie mit Gott, mit Vernunft, mit Natur, in vollendetem inneren Ebenmaß und Wohlordnung, in Tugend, Gerechtigkeit, Innigkeit und Schönheit.” Zitat.

Ein harmonisch belebtes Ganzes seyn

Es fallen Begriffe wie Gewissens- und Religionsfreiheit, freiheitliche Selbstbestimmung, dazu die Harmonisierung durch einen koordinierenden, nicht herrschenden Staat. Es ist ein praxisnahes Denken, nicht zu abstrakt, verantwortungsvoll gesellschaftlichen Problemen gegenüber.

Warum bringe ich das hier an? Weil wir hier und überhaupt um unseren Papst herum immer auch eine Autoritäts-Debatte führen. Dass es in der Kirche Autorität gibt, steht außer Zweifel. Dass wir sie auf Jesus selbst zurück führen, ist auch klar. Nur darf es eben nicht bedeuten, dass Autorität gleichgesetzt wird mit den kulturell und historisch geprägten Ausformungen von Autorität. Das Ausüben von Autorität kann anders passieren, als wir es gewohnt sind und erwarten. Und das kann dann verwirren. Oder zu „Dubia” führen.

Franziskus-Padarox, revisited

Vor einem Jahr hatte ich das hier Das Franziskus-Padarox genannt. Unsere Vorstellung von der Ausübung von Autorität ist, dass der Ort der Autorität von Stärke und Entscheidung geprägt ist. Dass jemand der Papst Autorität wahrnimmt dadurch, dass er nicht autoritativ agiert, verwirrt. Er will nicht die Konfrontation, die er wenn möglich mit einem Machtwort entscheiden kann. Sondern einen Verlauf, einen Prozess.

Wir haben jetzt mit der Kinderschutz-Koneferenz wieder ein wichtiges Ereignis vor uns. Viele werden versuchen, den Event zu prägen. Vor allem medial. Papst Franziskus könnte auch hier ein Machtwort sprechen. Aber gerade in dieser Debatte, in der Debatte um Missbrauch und Vertuschung und Aufarbeitung und Prävention, ist Macht ja das Problem. Nicht die Lösung.

Vielleicht lohnt sich also, sich alternative Modelle von Ausübung von Autorität anzusehen. Man muss ja nicht gleich Krause studieren. Ein Reflektieren der eigenen Erwartung führt da vielleicht schon weiter.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Autorität, Krause, Lateinamerika, Leitung, Papst Franziskus, Philosophie, Staats35 Kommentare zu Koordinieren, nicht herrschen: El Krausismo

Autorität in der Kirche, Folge 2: Gehorsam

Veröffentlicht am 21. Dezember 201821. Dezember 2018
Autorität Kirche und Gehorsam: Papst Franziskus im Gespräch auf dem Petersplatz Papst Franziskus spaziert über den Petersplatz, 16. November 2018

Katholiken wissen, wie man Autorität inszeniert, im guten Sinn des Wortes. Wie man sie sichtbar macht. Der Petersplatz ist der perfekte Ort dafür, aber auch jede Liturgie zeigt das. Kleidung, Zeichen, all das zeugen von sichbarer Autorität in der Kirche. Diese Autorität ist aber nicht alles, denn dazu gehört das Gegenstück. In meiner ersten Folge zum Thema habe ich über Autorität geschrieben, mit diesem Stück möchte ich das aufrunden auf Autorität, Kirche und Gehorsam.

Am 24. November traf Papst Franziskus die Seminaristen des Bistums Agrigent in Italien, wie er das gerne tut legte er den Redetext beiseite und sprach frei, sein Thema war die Spiritualität des Priesters. Aber das Thema dahinter war das des Gehorsams, der mehr ist als nur das Ausführen von Befehlen. Da hört man wieder den Jesuiten heraus, aber was er sagt ist weiter als nur für Ordensleute gültig. Und darauf mag ich mich hier stützen.

Autorität, Kirche und Gehorsam

Holen wir etwas weiter aus: Papst Franziskus begann – und das ist ganz jesuitisch – mit dem Gedanken, dass man das Priestertum nicht ohne eine „Mission“ leben kann. Und das Wort müssen wir hier geistlich verstehen, es ist durch die Geschichte des „Missionars“ etwas verdorben, aber es bedeutet halt mehr als nur „Auftrag“. Es geht nicht ohne eine Mission. Oder eine Sendung, eine Aus-Sendung.

Ohne eine solche „Sendung” spaziert man nur herum, so Papst Franziskus, ohne den Horizont der Mission bricht man nicht auf sondern verirrt sich in einem Labyrinth.

Und wie stellt der Priester fest, ob das was er tut wirklich Wille Gottes und damit Sendung ist? Dafür gibt es den Bischof. Oder im Fall von Orden füge ich an: den Oberen und die Obere.

Im Layrinth verirrt

„Der Bischof ist derjenige, der im Namen Gottes sagt: ‚Das ist der Weg‘.“ Eine steile Ansage: Der Bischof – oder Obere oder Oberin – spricht „im Namen Gottes“. Hier sind wir beim Thema Gehorsam, denn auf einmal geht das weit über Funktionalität und Stellenpläne und Machbarkeit hinaus. Und hier bekommt dann auch das Wort „Mission“, „Sendung“, seinen Sinn.

Dieser Gehorsam muss dialogisch sein, denn „jeder hat seine eigene Persönlichkeit, seine eigene Art zu fühlen, seine eigene Denkweise, seine eigenen Tugenden, seine eigenen Fehler“. Und der Bischof – die Oberen – helfen beim Wachsen. Dieser Gehorsam ist „nicht verhandelbar“. Das wird nicht in Verhandlungen oder Versammlungen entschieden, sondern vom Oberen.

Man könnte jetzt sagen, dass das dem Bischof und den Oberen viel Macht gibt, und das ist einerseits auch richtig. Aber das stellt andererseits auch ziemlich starke Ansprüche an diejenigen, welche diese Autorität ausüben.

Anspruch an die Autorität

Der Papst spricht über den Bischof: „Er ist nicht der Besitzer der Firma, … er ist nicht der Boss. Es ist nicht das, was er befiehlt: ‚Hier befehle ich‘, einige gehorchen, andere geben vor, zu gehorchen, und andere tun nichts.“ Das ist der Gehorsam, wie wir ihn vielleicht kennen, Zwang und das Bemühen, dem zu entgehen. So ist das aber nicht fruchtbar. So hat das keinen Heiligen Geist, so der Papst.

Und noch etwas fügt der Papst in Bezug auf diesen Gehorsam an: er ist eingeordnet. Für Priester ist das: eingeordnet sein in die Gemeinschaft der Priester, und eingeordnet sein in das Volk Gottes. Sonst macht der Gehorsam überhaupt keinen Sinn und sonst hat auch die Autorität des Bischofs keinen Sinn.

„Denn oft, wenn wir das vergessen, fallen wir in den Klerikalismus und vergessen die Menschen, von denen wir kommen.“ Wer das vergisst, fühlt sich überlegen, und das wird dann die „schlimmste Perversion“ des Priesterseins. Starke Worte.

So gehören Autorität und Gehorsam zusammen

Wenn man jetzt beides zusammen packt, die Autorität auf der einen und den Gehorsam auf der anderen Seite, beide richtig verstanden, wird ein Schuh draus. Es geht nicht um Verwaltung und Herrschen, auch wenn das sicherlich zwei Versuchungen dieser Autorität sind. Es geht auch nicht um eine Engführung des eigenen Verkündens auf das, was der Chef sagt. Das ist nicht Gehorsam. Beides gehört zusammen und beides gehört in die Kirche.

Wir haben beides irgendwie als böse markiert: Freiheit ist gut und Gehorsam nicht, Autorität wird immer mehr und aus guten Gründen in Frage gestellt, es gibt einfach zu viele Beispiele von schlecht ausgeübter Autorität. Um so wichtiger wäre es, die Sprache darüber wieder zu gewinnen und uns zu fragen, was wir – die Priester, die Ordensleute – darüber zu sagen haben. Wie wir über diese Dimension unseres Lebens sprechen. Ich bin ja kein freischaffender Künstler, nur mir selbst gegenüber verantwortlich.

Die Einbindung in Gemeinschaft, in Kirche, in Tradition und so weiter, die geschieht eben über Autorität und Gehorsam. Das kann etwas sein, was gut ist, was man zeigen kann, von mir aus auch inszenieren. Aber dann muss klar sein, was das eigentlich ist.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Autorität, Gehorsam, Kirche, Leitung, Papst Franziskus, Sendung11 Kommentare zu Autorität in der Kirche, Folge 2: Gehorsam

Autorität in der Kirche, Folge 1: Wachsen lassen

Veröffentlicht am 18. Dezember 20185. Dezember 2018
Autorität in der Kirche: Der Papst und die Leitung der Kirche Die letzte Tiara: von Paul VI. im Juni 1963 zuletzt getragen

Wer in der Kirche Autorität ausübt, hat es nicht leicht mit dem Papst. Ob es nun Kardinäle und Amtsträger im Vatikan sind, ob er bei Papstreisen deutliche Ansagen an die Bischöfe macht, oder dass er immer wieder streng über Priester spricht, alle bekommen es ab. Die wahre Macht ist der Dienst, sagt der Papst, und genau in diese Richtung drängeln seine Ansagen die Inhaber von Autorität.

Aber nicht nur vom Papst her können die sich unter Druck fühlen. Von überall her wird diese Autorität angefragt. Bei uns durch Finanzskandale, durch die Vertuschung von Missbrauch, durch Moral-Lehre an den Menschen vorbei und so weiter. Man lässt sich ungerne was sagen, sondern sagt lieber selber was.

Die Zeichen der Zeit nicht gelesen

Und da gibt es immer wieder Autoritäts-Inhaber, welche die Zeichen der Zeit nicht lesen können. Nehmen wir die Abstimmung zum Abschlussdokument der Synode. Alle Punkte haben weit über zwei Drittel aller Stimmen bekommen, die meisten sogar knapp an Einstimmig vorbei. Aber es gab einige Punkte, bei denen eine signifikante Gruppe von Bischöfen mit Nein gestimmt hat.

Es sind die Punkte über die Einbeziehung von Frauen in Entscheidungsprozesse, die Frage nach der Bedeutung des Gewissens, die beiden Abschnitte zum Missbrauch oder auch allgemein das Thema der Synodalität. Nun kann ich zu den Motivationen für die Gegenstimmen nichts sagen, es ist aber auffällig, dass das alles mit dem Thema Autorität zu tunhat. Zumindest bei einigen vermute ich da Verlustängste, was die eigene Autorität angeht.

Autorität in der Kirche

Zeit also, sich des Themas noch einmal neu anzunehmen. Dringende Zeit sogar, die Anfragen werden stärker. Vor der Synode zum Beispiel hat es das Vorbereitungskommittee so formuliert: Die Kirche übt ihre Autorität so aus, dass sie „generativ“ wirkt (Nr. 141): „Einigen Analysen zufolge ist Autorität, im etymologischen Sinn verstanden, die Fähigkeit, jede Kreatur „wachsen zu lassen“ (aus dem Lateinischen augeo, und von dort auctor und auctoritas), und zwar in der Originalität, die der Schöpfer für sie gewollt und vorgesehen hat. Autorität auszuüben bedeutet also Verantwortung im Dienst der Freiheit zu übernehmen, nicht eine Kontrolle zu bewerkstelligen, die den Menschen die Flügel stutzt und sie in Ketten hält.”

Diese Art von Autorität braucht keine Verlustängste haben. Und wo Verlustängste sind, da ist dann offenbar nicht diese Art von Autorität. Die Eltern unter meinen Leserinnen und Lesern werden wissen, was ich meine, genau um diese Form geht es. Wenn Kinder nachher alleine stehen können, dann war es eine gute Erziehung. Wenn sie immer die Autorität der Eltern brauchen, immer eine Ersatz-Autorität suchen, dann hat es nicht funktioniert.

Es ist wie bei Eltern

Eine Problemanzeige, wenn ich darf: In der Kirche bestehen viele Bischöfe auf die Autorität, die ihnen qua Amt und Weihe zukommt. Wenn dann aber was schief geht, dann heißt es „wir“ oder „die Kirche“, das Thema wird sozusagen sozialisiert und die Verantwortung ist nicht mehr bei der Autorität. Dadurch verliert Autorität aber Autorität, wenn ich das so sagen darf.

Auch das Beharren auf dem wörtlichen Zitieren von Dogmen und der Schrift hilft hier nicht. Das soll bloß Immunisieren, überzeugt aber niemanden. Autorität kann man nicht einfordern, sie wird einem zugestanden. Mit den Vollmachten, die einem per Weihe und Beauftragung zukommen, ist das etwas anderes, aber hier geht es um die Leitung, das hat mit Freiheit und mit Verantwortung zu tun.

Autorität ist nicht etwas, was ich habe, was meins ist, was ich besitze. Autorität dienst zu etwas, hat einen Sinn und ist damit auf etwas hingeordnet: das Wachsen des anderen.

Nun ist das alles wohlfeil, es muss nur noch real werden. Versuche gibt es, zum Beispiel die Trennung von Leitung und Weihe im Erzbistum München und Freising. Das ist nur der jüngste der möglichen Schritte. Wenn wir aber Autorität in der Kirche als mehr verstehen wollen als nur das zurückdrängen des so genannten Zeitgeistes, dann brauchen wir viel mehr davon.

 

Autorität hat aber auch eine Kehrseite: in religiöser Sprache nennen wir sie den Gehorsam. Die beiden gehören zusammen. Und was das heißt, dazu dann mehr in Folge 2 dieses Stücks.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Autorität, Gehorsam, Kirche, Leitung, Papst Franziskus, Synodalität, Synode32 Kommentare zu Autorität in der Kirche, Folge 1: Wachsen lassen

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